E-Book, Deutsch, 240 Seiten
Lütje Ein Stück vom Himmel
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-95609-214-5
Verlag: el!es-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Liebesroman
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-95609-214-5
Verlag: el!es-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
An einem stürmischen Tag schneit Sarah plötzlich in Maries Leben, weil sie vom Regen durchweicht vor ihrer Tür steht und eine Adresse sucht, die es nicht gibt. Sarah ist Stewardess und bringt Maries ruhiges Leben als Anwältin mit ihren blauen Augen völlig durcheinander. Doch dann stellt sich heraus, dass Sarah ihre eigenen Probleme hat. Marie versucht ihr zu helfen, aber will Sarah das überhaupt?
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1
»Verflixt nochmal, können Sie nicht aufpassen, wo Sie hinlaufen?« Erbost bückte Marie sich nach ihren Einkäufen, die sich eben auf dem Boden verteilt hatten. So ein Mist! Da hatte sie ohnehin schon keine Lust gehabt, einkaufen zu gehen, dann regnete es auch noch in Strömen, sie hatte mit dem Schirm und ihren Einkaufstaschen gekämpft, und zu allem Überfluss rempelte sie noch irgend so ein Idiot an! »Sie könnten mir wenigstens helfen, statt nur dumm herumzustehen!«, fügte sie schnaubend hinzu, während sie Spaghetti und Bananen zusammenklaubte. Trotz ihres scharfen Tons erfolgte jedoch keinerlei Reaktion. Das machte sie nur noch wütender, und sie richtete sich mit einer heftigen Bewegung auf. »Also hören Sie mal –« Zwei weit aufgerissene blaue Augen starrten sie erschrocken an. Obwohl sie eben noch so wütend gewesen war, konnte sie auf einmal nicht mehr weiterschimpfen. Irgendetwas in diesen Augen besänftigte sie. Die junge Frau vor ihr ließ ihren Koffer los, jagte ein paar Äpfeln nach, die vom Wind abgetrieben worden waren, fing sie ein, kam zu Marie zurück und hielt ihr das Obst entgegen. »Es tut mir so leid, ich habe Sie nicht gesehen.« Maries Blick wanderte von den sanften Augen hinunter auf die schmalen, gepflegten Hände mit dem fast unsichtbaren Nagellack. Schöne Hände, die bestimmt – Sie rief sich selbst zur Ordnung, riss sich zusammen und lächelte schief. »Bei dem Wetter sieht man auch schlecht. Kann jedem passieren. Ich habe wohl auch nicht aufgepasst.« Obwohl das Obst triefte und sie sich über sich selbst wunderte, weil sie eben noch so wütend gewesen war und nun plötzlich alles verraucht schien, kam es ihr auf einmal so vor, als wäre die Sonne aufgegangen. Die junge Frau war in eine Uniform gekleidet, doch wie eine Polizistin sah sie nicht aus. Maries Blick schweifte weiter zu dem großen Koffer, der hinter ihr auf dem Bürgersteig stand, dem kleineren Rollenkoffer und der Handtasche, die darauf befestigt war. Jetzt erst erkannte sie die Uniform einer Stewardess. Allerdings sah die mittlerweile ziemlich durchnässt aus, ebenso wie Haare und Gesicht der jungen Frau. Sie schaute sich um, dann kehrten ihre blauen Augen zu Marie zurück. »Sie kennen nicht zufällig Saskia Winter?« Sie seufzte. »Ich kann bei ihr übernachten, aber ich finde die Adresse nicht. Es müsste eigentlich hier irgendwo sein.« Sie streckte Marie einen durchweichten Zettel entgegen. Marie schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid. Eine Saskia kenne ich nicht. Und die Straße gibt es hier in der Gegend auch nicht. Sind Sie sicher, dass Sie in der richtigen Stadt sind?« Etwas resigniert lachte die junge Frau auf. »Sie haben Recht. In meinem Beruf kann man da schon einmal durcheinanderkommen.« »Oh, ich wollte nicht Ihren Orientierungssinn in Frage stellen.« Marie schmunzelte. »Aber ich glaube, wir sollten das nicht hier auf der Straße diskutieren. Viel nasser können wir zwar nicht werden«, sie verzog leidend das Gesicht, »aber ich würde vorschlagen, Sie kommen erst einmal mit zu mir hoch. Dann setzen wir das Gespräch in einem etwas trockneren Zustand fort, und vielleicht können wir gemeinsam Ihre Freundin finden.« Die junge Frau schaute sie zweifelnd an. »Eigentlich habe ich Ihnen ja schon genug Ärger gemacht. Ich möchte Sie nicht belästigen.« »Ich möchte vor allen Dingen nicht mehr länger im Regen stehen.« Marie steckte ihren Schlüssel ins Schloss der schweren Haustür und schob sie auf. »Kommen Sie?« Etwas zögernd zog die blonde Stewardess ihre Koffer ins Haus hinein und folgte Marie den Gang entlang zum Aufzug. Sie fuhren in den sechsten Stock, und Marie war froh, als sie endlich in ihrer Wohnung waren und sie die Einkaufstaschen abstellen konnte. Sie zog ihre nasse Jacke aus und hängte sie auf einen Bügel an der Garderobe. »Geben Sie mir Ihre?« Sie streckte den Arm aus. Die junge Frau stand etwas verloren neben ihren Koffern, aber bei Maries Aufforderung kam doch Leben in sie. Sie schlüpfte aus ihrer Jacke, und Marie konnte nicht umhin, ihre eleganten und fließenden Bewegungen zu bewundern. Sie griff nach der Jacke, wandte sich schnell ab und hängte sie neben ihre eigene. Eine Uniform hatte dort noch nie gehangen, das war etwas Neues. »Ich ziehe mir schnell etwas Trockenes an.« Sie drehte sich zu ihrer Besucherin um. »Sie können gern meine Dusche benutzen, wenn Sie wollen.« Einladend wies sie nach rechts. »Das Bad ist hier.« Sie lächelte. »Wenn Sie fertig sind, können wir dann zusammen Tee trinken. Ich glaube, etwas Warmes tut uns beiden gut.« Ein schüchternes Lächeln antwortete ihr. »Ich mache Ihnen wirklich viel zu viel Mühe.« »Gar nicht«, widersprach Marie. Du kannst mir gar keine Mühe machen, dachte sie. Schon dein Anblick entschädigt mich dafür. »Frische Handtücher liegen im Regal. Fühlen Sie sich wie zu Hause.« Sie lächelte noch einmal, drehte sich um und ging ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Schnell entledigte sie sich der nassen Kleidung und nahm trockene aus dem Schrank. Für einen Moment verharrte sie. Was für eine wunderschöne Frau, dachte sie lächelnd. Und das an einem so hässlichen Tag. Das Leben hält doch immer wieder Überraschungen bereit. Immer noch lächelnd zog sie sich an, ging in die Küche, verstaute ihre Einkäufe und setzte Teewasser auf. »Es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen so viele Umstände mache.« Die weiche Stimme in ihrem Rücken ließ Marie zu der jungen Frau herumfahren, die in der Tür stand und sie freundlich lächelnd beobachtete. Sie trug nun keine Uniform mehr, sondern ein T-Shirt und eine schlichte Hose. »Tun Sie nicht, das sagte ich doch schon.« Marie lächelte zurück, sie konnte gar nicht anders. Das Lächeln der blondgelockten Schönheit rief automatisch diese Reaktion in ihr hervor. Sie war es sicherlich gewöhnt zu lächeln, das gehörte zu ihrem Beruf, aber dieses Lächeln hier hatte nichts Professionelles, es war ganz persönlich. »Setzen Sie sich.« Marie stellte zwei Tassen auf den Tisch. »Leider nur Beuteltee, ich hoffe, das macht nichts.« Wenn das überhaupt möglich war, wurde das Lächeln der charmanten Besucherin noch bezaubernder. »Den serviere ich jeden Tag ungefähr tausendmal. Gibt es auch noch anderen?« Das Blitzen in ihren Augen zeigte an, dass das keine ernsthafte Frage war. Marie lachte. »Ja, ich vergaß. In Flugzeugen gibt es wohl nichts anderes.« »Entschuldigung«, sagte die junge Frau plötzlich. »Sie laden mich so einfach in Ihre Wohnung ein, und ich habe mich noch nicht einmal vorgestellt.« Sie streckte die Hand aus. »Sarah Hartmann.« »Ja, wir sind so plötzlich zusammengestoßen, dass dafür keine Zeit blieb.« Marie lachte erneut und nahm die Hand. »Marie Petersen.« Sie setzte sich Sarah gegenüber und hob ihre Tasse. »Dann wollen wir uns mal aufwärmen, bevor der nächste Sturm kommt.« »Ach, die Dusche war schon herrlich warm.« Sarahs Gesicht bekam einen fast schwärmerischen Ausdruck. »Das ist eins vom Schönsten nach einem langen Flug: endlich unter die Dusche.« Die Vorstellung von Sarah unter der Dusche machte Marie etwas unruhig. Denn sicherlich hatte sie nicht in Uniform geduscht. Sie versuchte das Bild aus ihren Gedanken zu vertreiben. »Fliegen Sie schon lange?«, fragte sie hastig, um Sarah die Uniform in Gedanken wieder anzuziehen. »Ein Leben lang.« Sarah winkte leicht lachend ab. »So kommt es mir jedenfalls vor.« Marie konnte nicht anders, sie musste einfach schmunzeln. »So sehen Sie aber gar nicht aus. Oder werden Stewardessen zu Beginn der Dienstzeit eingefroren?« Diesmal lachte Sarah laut. »Nicht, dass ich wüsste.« Ihre himmelblauen Augen hielten Maries einen kurzen Augenblick fest. »Du hast nicht zufällig einen Trockner? Für meine Uniform.« Marie schluckte. Nicht die Frage nach dem Trockner irritierte sie, sondern das unvermittelte Du. »Kann man die einfach so da reinstecken?«, fragte sie. Sarah nickte. »Ja, das geht schon. Leider muss ich morgen früh sehr früh wieder los, und ich befürchte, dass ich sie anders nicht so schnell trocken bekomme.« In Maries Kopf begann sich einiges zu drehen. Hatte Sarah gerade angedeutet, dass sie hier übernachten wollte? Sie traute sich kaum, Sarah direkt anzuschauen. Vor dem Duschen hatte sie noch Make-up getragen, aber jetzt trug sie keins mehr, und es kam Marie so vor, als wirkten ihre Augen dadurch noch intensiver. »Und?« Sarah hob die Augenbrauen. »Was . . . und?« Marie hörte, dass ihre Stimme fast krächzend klang. Sie räusperte sich. »Hast du einen Trockner?« Fast fiel Marie ein Stein vom Herzen, dass sich Sarahs Frage nur auf den Trockner bezogen hatte. »Ja.« Sie nickte. »Habe ich.« Sie wies auf eine Ecke in der Küche. Ein schiefes Lächeln schlich sich in ihre Mundwinkel. »Leider habe ich keinerlei Erfahrung mit Uniformen.« »Das mache ich schon.« Sarah stand auf, holte ihre Uniform und packte sie in den Trockner, schaute kurz auf die Bedienelemente und schaltete ihn an. Sie lachte leicht, als sie sich zu Marie umdrehte. »Ich weiß nicht, in wie vielen Ländern ich das schon gemacht habe.« »In erster Linie in den nassen vermutlich«, erwiderte Marie unvermutet keck. Es war ihr einfach so in den Sinn gekommen. Sie konnte sich kaum von Sarahs lachenden Augen lösen, von ihrem schönen Gesicht, von ihrer zauberhaften Ausstrahlung. Wieder lachte Sarah, und Marie ging dieses Lachen durch und durch, ebenso wie ihr ganzer Anblick, ihre Gegenwart, einfach nur, dass sie hier war. »Du siehst fast zu ernst aus für so eine Bemerkung«, sagte...