Lovell | Das abenteuerliche Leben | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 992 Seiten

Lovell Das abenteuerliche Leben

Eine Biographie von Richard & Isabel Burton
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-99200-278-8
Verlag: Braumüller Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Biographie von Richard & Isabel Burton

E-Book, Deutsch, 992 Seiten

ISBN: 978-3-99200-278-8
Verlag: Braumüller Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Richard Francis Burton war ein brillanter Denker, Gelehrter, Abenteurer und Forscher und ist eine der interessantesten und schillerndsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Er beherrschte 29 Sprachen, war britischer Geheimdienst-Offizier in Indien, britischer Konsul, der erste Europäer in der verbotenen heiligen afrikanischen Stadt Harar, entdeckte auf seiner Suche nach der Quelle des Nil den Tanganjika-See und unternahm das waghalsige Unterfangen, als Pilger verkleidet die heiligen islamischen Städte Mekka und Medina zu besuchen. Seine Faszination für intime Bräuche anderer Ethnien und deren Erforschung brachten ihm - auch wegen seiner Übersetzung des Kama Sutra und des Parfümierten Gartens - den Ruf des Erotomanen ein. Nach der umstrittenen Hochzeit mit der streng (katholisch) gläubigen Isabel Arundell führte er das abenteuerliche Leben an der Seite seiner Frau fort. Authentisch, einfühlsam und mit gebührendem Respekt hat Mary S. Lovell ein mitreißendes Porträt dieses außergewöhnlichen Paares verfasst.

Mary S. Lovell ist eine britische Schriftstellerin und hat u. a. Biographien über Beryl Markham, Amelia Earhart, Jane Digby und die Familie Churchill geschrieben. Sie ist besonders für ihre genaue Recherche bekannt und sieht sich als Geschichtenerzählerin: 'Jedem gefällt eine gute, rasante Geschichte, und das ist es, was ich zu schreiben versuche, nur sind meine Geschichten Fakten, keine Fiktion.'
Lovell Das abenteuerliche Leben jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1


EINE ZIGEUNER-KINDHEIT


1821–1840


Richard Burton eröffnet seine Autobiographie mit den Worten: „Autobiographen beginnen gewöhnlich zu spät. Respektable, ältere Gentlemen setzen sich hin, um ihre Erinnerungen zu Papier zu bringen, und beschreiben mit liebevoller Genauigkeit ihre Säuglingsjahre, die Kindheit und die Knabenzeit und legen die Feder aus der Hand, ehe sie noch bei der Adoleszenz angelangt sind …“1 Glücklicherweise hat Burton seine Feder nicht aus der Hand gelegt. Da viele seiner frühen Schriften in einem Lagerhausbrand vernichtet wurden, ist er für das meiste, das uns über seine ersten Lebensjahre bekannt ist, die einzige Autorität. Auch wenn sich einige der wesentlichsten Fakten durch sorgfältige Recherche bestätigen lassen, müssen wir ihn für die farbenprächtigeren Anekdoten (manchmal ) beim Wort nehmen.

Burton begann seine Autobiographie, deren Anfänge er 1876 auf dem Weg nach Indien seiner Frau diktierte,2 mit einem erstaunlichen Fehler. Er gab an, dass sein Geburtsort das Haus seiner Großeltern gewesen sei, Barham House, Barham Wood, nahe Elstree in Hertfordshire. Tatsächlich aber ist er am 19. März 1821 um halb zehn Uhr abends in Torquay, in der Grafschaft Devon, zur Welt gekommen. Man könnte nun vermuten, dass er selbst nicht wusste, dass er dort geboren wurde, wäre da nicht der Umstand, dass er in seinem Aufnahmeantrag für das Trinity College, Oxford, im Alter von 19 Jahren, seinen Geburtsort als „Torquay“ angab. Er war das erste Kind von Captain Joseph Netterville Burton und dessen Frau Martha. Zum Zeitpunkt der Taufe, sechs Monate nach der Geburt, war die junge Familie bereits nach Barham House umgezogen, um bei den Eltern seiner Mutter, Richard und Sarah Baker, zu leben. Auf Verlangen der Eltern machte der amtierende Geistliche neben dem Taufeintrag einen Vermerk über Richards Geburt und Geburtsort.

Die Kräfte des Schicksals waren im Leben des Kindes schon früh am Werk, denn es scheint, dass ein Streit zwischen dem König und der Königin von England letztlich, zumindest teilweise, für das Wanderleben verantwortlich war, das Richards Eltern sich später aneigneten und das wohl die Ursache für die lebenslange Rastlosigkeit ihres Sohnes war.

Captain Joseph Burton stammte mütterlicherseits aus Irland. Er wird als sehr gutaussehend, mit hohem „römischen“ Profil, dunklem Teint, schwarzen Augen und durchdringendem Blick beschrieben. Er war der dritte Sohn von zwölf Kindern eines protestantischen Geistlichen, der von Westmorland im Norden Englands nach Irland ausgewandert war und seine Pflichten als Geistlicher mit denen eines Gutsherrn in Tuam, in der Grafschaft Galway, verband. Von Josephs Mutter, auch das Kind eines Geistlichen, hieß es, dass sie die Urenkelin von König Louis XIV. und seiner Geliebten, der Gräfin von Montmorency, sei und die „unverkennbaren bourbonischen Charaktereigenschaften“ geerbt hätte. Das Leben in Irland war nicht teuer, und die Familie lebte in komfortablen Umständen, dennoch war Joseph – wie seine Brüder – dazu angehalten, sich seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. „Vornehm geboren“ gab es nur zwei akzeptable Optionen, die ihm offenstanden: ein Offizierspatent in der Armee zu erwerben, was teuer sein konnte, oder seinem Vater in die Kirche zu folgen.

Sein Dilemma löste sich relativ einfach, als die Armee König Georgs III. bei Rekrutierungen in Irland freie Offizierspatente für Gentlemen feilbot, so sie eine Anzahl Männer aufboten, die bereit waren, in den Sold des Königs zu treten. Der siebzehnjährige Joseph trieb ein paar Dutzend Jugendliche vom Gut seines Vaters zusammen, die froh waren, den jungen Herrn, schon um des bloßen Abenteuers willen, zu begleiten. Es dauerte jedoch nicht lang, bis der Reiz des Abenteuers verflogen war und die jungen Männer von Tuam in die Heimat zurückkehrten, doch da hatte Joseph Burton bereits sein Offizierspatent erhalten und war auf Sizilien stationiert, wo er seinen Dienst im Jahre 1802 unter Sir John Moore versah und 1807 zum Leutnant befördert wurde. Ein gutes Jahrzehnt später zeichnete er sich bei der Eroberung von Genua aus und im Jahr 1815 war er zwar immer noch Hauptmann, doch mit dem „lokalen Rang“ eines Majors, rangältester Offizier einer kleinen britischen Garnison in Genua in Italien.

An diesem Punkt seiner militärischen Karriere intervenierte das Schicksal in der üppigen Gestalt Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Caroline, der in Ungnade gefallenen Frau des Prinzregenten. Im April und im Mai 1815, während des Genua-Besuches der Prinzessin, hätte sich Captain Burton wohl kaum gedacht, welch großen Einfluss sie, wenn auch indirekt, auf sein künftiges Leben haben würde. Für ihn und seine Offizierskameraden war sie die Frau des Thronerben und als solcher gebührte ihr, gemäß ihrer Position, uneingeschränkt Respekt und Loyalität. Sie ihrerseits erwies sich den britischen Offizieren gegenüber als äußerst liebenswürdig und lud sie ein, sie in ihrer Residenz zu besuchen, die ungefähr eine halbe Meile vor der Stadt, in den vornehmen Vorstädten lag. Ihre heitere Leutseligkeit wurde geschätzt, und man kann ohne große Übertreibung sagen, dass sie während ihres kurzen Aufenthaltes die Zuneigung und Bewunderung der Offiziere errang.

Als Napoleon in St. Helena sicher verwahrt war und endlich Frieden herrschte, kehrte Joseph nach Irland zurück, wo er das Familiengut, nach dem Tod seines Vaters, in katastrophalem Zustand vorfand. Mit Erlaubnis seiner Mutter bestellte er die Pächter, die seit geraumer Zeit keinen Zins gezahlt hatten, zu sich und machte ihnen deutlich, dass er in Zukunft persönlich die ausstehende Pacht und die Rückstände eintreiben würde. Danach wurde, wenn er den Besitz abritt, in regelmäßigen Abständen auf ihn geschossen, Zins hob er jedoch keinen ein. Er brauchte nicht lange, um sich darüber klar zu werden, dass eine bukolische Existenz in Irland kein Ersatz für die Herrlichkeiten Italiens sein konnte. Seinen zahlreichen Brüdern und Schwestern hatte er sich entfremdet, und das feuchtkalte Klima verschlimmerte sein Asthma. Deshalb kehrte er zu seinem Regiment, der 36. Infanterie in Nottinghamshire, zurück. Doch das Asthma machte ihm weiterhin zu schaffen, und sein Urlaub wurde, krankheitsbedingt, verlängert.

Auf einer jener Partys oder Bälle – unverheiratete Offiziere wurden zwangsläufig mit solchen Einladungen regelrecht überschüttet – begegnete er Martha Baker, einer von drei Erbinnen eines reichen Gutsbesitzers in Hertfordshire. Sie heirateten zu Beginn des Jahres 1820, ungefähr zur selben Zeit, als König Georg III., nach einer Rekordregierungszeit von 59 Jahren, starb. Der neue Monarch, Georg IV., hatte nicht die Absicht, den Thron mit seiner verstoßenen Ehefrau, die er verabscheute, zu teilen, und als Konsequenz daraus wurde der unglückselige Joseph im Mai oder Juni jenes Jahres – er war gerade erst von seiner Hochzeitsreise aus dem Lake District zurückgekehrt – vor ein geheimes Komitee zitiert, dessen Aufgabe es war, Beweise für die Untreue der Prinzessin (jetzt Königin) Caroline zu sammeln. Er sollte gegen sie aussagen, um dem König die Scheidung von ihr zu ermöglichen.

Joseph konnte sich vermutlich an wenig erinnern, soweit es das sogenannte skandalöse Verhalten der Prinzessin in Italien betraf, das eher einen Verstoß gegen den guten Geschmack darstellte, als ein moralisches Fehlverhalten. Ihr schlimmstes Vergehen in Genua schien darin bestanden zu haben, dass sie sich in einem illuminierten Phaeton, der die Form einer Muschel hatte, durch die Straßen kutschieren ließ. Der Wagen war mit Perlmutt dekoriert und wurde von zwei winzigen gescheckten Ponys gezogen, die ein Kind anführte, das als rosafarbener Cupido gekleidet war. Im Inneren ruhte die Prinzessin: „Eine üppige Frau um die fünfzig, klein, rundlich und mit stark gerötetem Gesicht, eingehüllt in ein gazeartiges, Kleid mit einem rosa Korsett. Die rosa Federn ihres Kopfschmucks wehten im Wind und ein kurzer weißer Rock, der kaum ihre Knie bedeckte, gab den Blick frei auf zwei fette rosa Beine.“3

Es heißt, George IV. sei erbleicht vor der schieren Vulgarität des Ganzen und errötet wegen des Bildes, das so in Europa von der Britischen Königlichen Familie entstand, die durch Verschulden der unglückseligen Prinzessin, die nun Königin war, zur Zielscheibe des Gespötts geworden war. Doch Seiner Majestät besonnenere Untertanen, welche die oftmals ausschweifenden und kostspieligen Vulgaritäten des Königs in seiner Zeit als Thronerbe toleriert hatten, waren nicht so leicht davon zu überzeugen, dass die Sünden der Königin in einem Maße anstößig waren, dass sie es verdient hätte, abgesetzt zu werden. Captain Joseph Netterville Burton nahm, wie die Mehrheit der britischen Oberschicht, Partei für die Königin, nicht zuletzt, weil sie sich vor fünf Jahren gegenüber den Männern seiner...


Mary S. Lovell ist eine britische Schriftstellerin und hat u. a. Biographien über Beryl Markham, Amelia Earhart, Jane Digby und die Familie Churchill geschrieben. Sie ist besonders für ihre genaue Recherche bekannt und sieht sich als Geschichtenerzählerin: "Jedem gefällt eine gute, rasante Geschichte, und das ist es, was ich zu schreiben versuche, nur sind meine Geschichten Fakten, keine Fiktion."



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.