E-Book, Deutsch, 279 Seiten
Lorenz Voll auf Ex-Kurs
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98952-675-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman | Romantische Komödie über zweite Chancen für die Liebe
E-Book, Deutsch, 279 Seiten
ISBN: 978-3-98952-675-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wiebke Lorenz, geboren 1972 in Düsseldorf, war jahrelang als Journalistin für verschiedene Print- und Online-Medien tätig sowie als Drehbuchautorin für diverse TV-Sender. Heute arbeitet sie fast ausschließlich als Roman- und Thrillerautorin und schreibt als Charlotte Lucas und Anne Hertz (gemeinsam mit ihrer Schwester Frauke Scheunemann) romantische Komödien. Ihre Bücher landen regelmäßig auf der Spiegel-Bestsellerliste und sind bisher in über zwanzig Ländern erschienen. Wiebke Lorenz lebt mit Mann und Kindern in Hamburg. Die Website der Autorin: wiebke-lorenz.de/ Die Autorin bei Facebook: www.facebook.com/lorenzwiebke Die Autorin auf Instagram: @wiebkelorenz Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre Romane »Mein wunderbarer Brautsalon« und »Voll auf Ex-Kurs«.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
Ground Zero
Ich kann nicht verstehen, was er sagt. Das heißt, physisch kann ich es schon verstehen, also, wenn es um das reine Hören geht. Nur psychisch begreife ich es nicht. Da lösen seine Worte in der verquirlten Masse zwischen meinen beiden Ohren (auch »Hirn« genannt) gerade einen kompletten Systemabsturz aus. Er, das ist Sebastian, mein Freund, mein Liebster, mein Ein und Alles. Seit fünf Monaten schon, fünf Monaten voller Glück, Harmonie, Seelenverwandtschaft und, ähm … Streit. Aber auch voller phantastischem Sex, das soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.
Nur darüber redet Sebastian gerade leider nicht. Von dem phantastischen Sex, meine ich. Nein, er hält sich lieber beim Thema »Streit« auf, bei der kleinen Auseinandersetzung, die wir gestern Abend hatten und die nun dazu führt, dass er die bereits erwähnten Systemabsturz-Worte sagt.
Das heißt, er sagt sie nicht, er scheint sie vielmehr zu rappen, was vielleicht daran liegt, dass Sebastian seine Brötchen als Produzent bei einem kleinen Hip-Hop-Label verdient. Aber möglicherweise ist es auch nur das Blut, das laut durch meinen Kopf pocht und jeden seiner Sätze mit einem gnadenlosen Rhythmus unterlegt. Spiel mir das Lied vom Beziehungstod, Requiem für eine beerdigte Liebe:
»Es geht einfach nicht mehr. ES GEHT NICHT MEHR. Ich fühle mich zerrieben und von dir getrieben, bin überfordert und ausgebrannt, du hast mich völlig überrannt.«
Nein, so hübsch reimt er das nicht, während er am Fußende meines Bettes hockt und dabei den Kleiderschrank fixiert. Er bringt es mehr stockend vor, leise purzeln Worte wie »vorbei« und »Ende« aus seinem Mund. Bei mir hingegen purzeln die Tränen, zwar ebenfalls leise, aber keineswegs stockend. Mehr sturzbachähnlich, quasi aus weit geöffneten Schleusen.
»Kannst du mich nicht ansehen, während du mir das sagst?«, will ich wissen. Wer mich abserviert, soll mir dabei wenigstens in die verheulten Augen blicken. Doch Sebastian schüttelt den Kopf.
»Nein, das kann ich nicht. Und ich möchte dich bitten, mir jetzt keine Szene zu machen.« Szene? Was für eine Szene?
»Hab ich schon mit was geworfen?«, frage ich und denke gleichzeitig darüber nach, ob meine Nachttischlampe nicht in der Tat ein ausgezeichnetes Wurfgeschoss wäre. Gefällt mir sowieso nicht mehr, ich wollte längst mal eine neue kaufen.
»Pia.« Er seufzt und starrt weiter die Schranktür an. »Wir haben es versaut. Wir haben es beide versaut und kriegen es einfach nicht hin.«
»Aber warum denn nicht?« Ich bin versucht, ein kleines »Menno« hinterher zu schieben. Aber dann fällt mir ein, dass ich mit meinen dreiunddreißig Jahren dafür wohl ein bisschen zu alt bin.
»Das weißt du doch selber.«
»Wenn ich es wüsste, würde ich nicht fragen. Also hätte ich gern eine Antwort.« Doch anstatt einer elaborierten Antwort, ob nun gerappt oder nicht, erhalte ich nur einen weiteren Seufzer. Dann steht Sebastian auf, geht hinaus in den Flur und legt den Zweitschlüssel zu meiner Wohnung auf die Kommode neben der Tür. Jetzt löse ich mich aus meiner Bewegungsstarre, springe vom Bett auf und folge ihm.
»Kannst du«, frage ich, als er schon die Klinke in der Hand hat, »mich wenigstens noch einmal in den Arm nehmen?« Er dreht sich zu mir um. Und irgendwie wusste ich, dass das vielleicht ein Fehler sein würde. Aber jetzt steht er vor mir, mein großer, mein stattlicher Held. Mit seinen 1,90 Metern, den dunklen gelockten Haaren und den stahlblauen Augen, die dazu genau den faszinierenden Kontrast bilden, der Pierce Brosnan zu Weltruhm und einigen Milliönchen auf dem Konto verholfen haben dürfte.
Und er tut es. Er nimmt mich in den Arm. Ganz fest drückt er mich an sich, so dass ich seinen Herzschlag spüren kann. Stumm stehen wir da, seine »Kleine«, wie er mich immer genannt hat, und mein »Basti«. Nur eine Sekunde scheint es zu dauern, dann macht er sich von mir los und schlurft mit hängenden Schultern durch die Tür. Als sie hinter ihm ins Schloss fällt, explodiert es in mir. Ground Zero. Na, prima!
Der erste Morgen nach Ground Zero
Okay. Die Situation ist einigermaßen unschön: Gestern hat mich mein Freund verlassen, weil er meinte, es ginge mit uns beiden nicht mehr. Heute – wir schreiben Montag, den 27. September –, sitze ich um sechs Uhr morgens in der verschnarchten Werbe-Agentur, in der ich meine Brötchen verdiene, und bin mit Sebastian absolut einer Meinung. Es geht nicht mehr. Es geht nicht mehr, dass ich hier hocke und mich mit einem schwachsinnigen, unnützen und noch dazu schlecht bezahlten Prospekt für eine piefige Baumarktkette befasse, während irgendwo da draußen meine große Liebe herumläuft und … und … ja, was, und? Und schon bald irgendeine andere kennenlernt? O mein Gott, plötzliche Panik steigt in mir auf. Er wird eine andere kennenlernen, mit Sicherheit wird er das! Vielleicht hat er ja sogar schon?
Pia, versuche ich mich zu beruhigen, er ist erst seit gestern weg, und sooo schnell wird er seine Pierce-Brosnan-Scheinwerfer nun auch nicht auf ein neues Objekt der Begierde ausrichten. Hoffe ich jedenfalls. Aber um sechs Uhr morgens ist es auch eher unwahrscheinlich, dass Basti gerade eine andere anbaggert, das ist nun überhaupt nicht seine Zeit. Meine übrigens auch nicht. Zumindest normalerweise nicht. Aber bei Liebeskummer bedingter Insomnia (in Fachkreisen auch LBI genannt) kann es schon mal vorkommen, dass ich zu nächtlicher Stunde im Büro sitze und versuche, mich abzulenken. Wenigstens mein Chef wird begeistert sein, dass mich mein derzeitiger Zustand in ein Dasein als Workaholic treibt.
Drei Stunden später: Mein Chef wird nicht begeistert sein. Denn anstatt mich darauf zu konzentrieren, die Vorzüge von Winkelschleifern, Heißklebepistolen und Tischkreissägen mit Hilfe poetischster Worte hervorzuheben, gilt meine gesamte Konzentration – Basti. Und dem verzweifelten Gedanken daran, wie schön es mit uns beiden war …
Kleine und Basti, Teil 1:
Ich sah ihn das erste Mal, als meine Freundin und Kollegin Barbara Ende April ihren Junggesellinnenabschied auf der Reeperbahn feierte. Eine an und für sich vollkommen würdelose und überholte Veranstaltung. Erwachsene Frauen werfen sich in rosafarbene T-Shirts mit der Aufschrift »Barbaras letztes Geleit«, trinken sich zu Hause mit billigem Fusel einen Schwips an, stecken die angehende Braut in ein peinliches Bunnykostüm, hängen ihr einen Bauchladen mit Kondomen und Schnäpsen um und scheuchen sie zwecks Verkauf des überschaubaren Sortiments kreuz und quer über die Reeperbahn. Dabei wird gegackert, als wäre man dreizehn Jahre alt, und gebechert, als gäbe es kein Morgen mehr.
Tja, und in diesem äußerst fragwürdigen Zustand habe ich Sebastian eben kennengelernt. In einem rosafarbenen T-Shirt, in der Hand ein paar Fläschchen »Kleiner Feigling«. Insgesamt schon ein mehr als schlechtes Omen. Aber die Optimistin in mir sagt sich noch heute, dass eine Geschichte, die so anfängt, im Grunde genommen nur gut ausgehen kann, weil die kosmische Lebensdramaturgie es verlangt, dass die negative Anziehung durch positive Schwingungen verstärkt im Endergebnis zwingend dazu führen muss, dass, dass … jetzt habe ich den Faden verloren.
Jedenfalls stand er plötzlich neben mir, als wir vor dem Eingang des »Goldenen Sacks« gerade eine grölende Horde Männer mit Kondomen und Kurzen zu je drei Euro versorgten (mittlerweile waren wir dazu übergegangen, Barbara beim Verkauf ein bisschen unter die Arme zu greifen). Das heißt, er stand nicht wirklich neben mir, er lehnte an einer Hauswand, rauchte eine Zigarette und beobachtete unser Treiben mit zynisch in die Höhe gezogenen Augenbrauen. Lässig. Typ einsamer Wolf. Sprich: Eigentlich viel zu cool für mich – aber der »Kleine Feigling« hatte mich längst enthemmt. Und so stolperte ich auf ihn zu, auf den Mann, der in Kürze mein Leben komplett auf den Kopf stellen sollte, hielt ihm eine Handvoll Präservative und Schnapsfläschchen unter die Nase und sprach die historischen Worte: »Willst du auch welche?«
Sein zynischer Blick wich einem Lächeln, das nicht minder zynisch war. Und er schüttelte den Kopf. »Schade«, sagte ich, »aber warum denn nicht?« Eine Frage, wir erinnern uns, mit der unsere Geschichte nicht nur begann, sondern mit der sie auch wenige Monate später enden sollte.
»Ich habe alles, was ich brauche«, erwiderte er ruhig und nicht mal unfreundlich, der Klang seiner dunklen Stimme rieselte wie sanfte Musik in meine Ohren.
»Oh«, kam es dann von mir, »da hast du ja echt Glück, wenn du das von dir behaupten kannst.«
»Ja, das habe ich.« Darauf wusste ich nichts mehr zu erwidern, so dass ich mich zurück zum hysterischen Haufen trollte. Wohl doch eine Nummer zu groß für mich, eindeutig nicht die Kategorie Mann, mit der ich mich auskenne. Was vielleicht daran liegt, dass ich normalerweise nie irgendwelche Typen anspreche, sondern mich ansprechen lasse. Und die, die das tun, haben logischerweise nicht alles, was sie brauchen, sonst hätten sie mich ja nicht angesprochen.
Aber ich sollte falsch liegen. So ganz komplett ausgestattet war Bastis Leben wohl doch nicht, denn als wir eine Stunde später lärmend über den Hans-Albers-Platz zogen, sah ich ihn aus den Augenwinkeln auf mich zukommen. Und zwar direkt auf mich. Ich gab mir größte Mühe, ihn zu ignorieren, ein wenig unangenehm war mir seine Abfuhr vor der Kneipe schon. Aber wie ignoriert man jemanden, der auf einmal keine zwanzig Zentimeter entfernt vor einem steht?
»Hier«,...