Lorei | Zeitschrift Polizei & Wissenschaft | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 73 Seiten, Format (B × H): 210 mm x 297 mm

Lorei Zeitschrift Polizei & Wissenschaft

Ausgabe 4/2020
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86676-666-2
Verlag: Verlag für Polizeiwissenschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Ausgabe 4/2020

E-Book, Deutsch, 73 Seiten, Format (B × H): 210 mm x 297 mm

ISBN: 978-3-86676-666-2
Verlag: Verlag für Polizeiwissenschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Kompetentes Handeln basiert allgemein auf der Kombination
praktischer Erfahrung und wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Grundlage hierfür ist die Kommunikation und Diskussion
zwischen Wissenschaftlern und Praktikern. Dies gilt ganz
besonders für eine moderne Polizei.
Die Zeitschrift Polizei & Wissenschaft bietet die Möglichkeit
zur wissenschaftlichen Kommunikation polizeirelevanter
Themenbereiche. Sie versteht sich als Schnittstelle zwischen
Wissenschaft und Polizei. Durch ihre interdisziplinäre
Ausrichtung werden unterschiedlichste wissenschaftliche
und praktische Perspektiven miteinander vernetzt. Dazu
zählen insbesondere die Bereiche Psychologie, Rechtswissenschaft,
Soziologie, Politikwissenschaft, Medizin,
Arbeitswissenschaft und Sportwissenschaft. Aber natürlich
wird auch polizeirelevantes Wissen der Disziplinen genutzt,
die nicht klassisch mit dem Begriff Polizei verknüpft sind,
wie z.B. Wirtschaftswissenschaften, Sprachwissenschaften,
Informatik, Elektrotechnik und ähnliche.
Polizei & Wissenschaft regt als breit angelegtes Informationsmedium
zur Diskussion an und verknüpft Themenbereiche.
Sie erscheint vierteljährlich und geht mit ihrer interdisziplinären
Interaktivität über einen einseitigen und fachlich
eingeschränkten Informationsfluss hinaus. Dazu nutzt sie
die Möglichkeiten des Internets und fördert durch die
Organisation von Veranstaltungen auch eine direkte
Kommunikation.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Karsten Fehn
Zur Rechtmäßigkeit der Betäubungsmittelgabe durch Notfallsanitäter auf der Grundlage einer Vorab-Delegation des zuständigen Ärztlichen Leiters Rettungsdienst im Hinblick auf §§ 29, 13 BtMG, §§ 5, 1 HeilprG und §§ 223 ff , 13 StGB

Norbert Jochens, Frank Vogel & Ronny Steffenhagen
Phänomene normabweichenden Verhaltens in Polizeiorganisationen
Organisational brauchbare und eigennützige Illegalität

Frank-Holger Acker
Die deutsche Racial-Profiling-Debatte:
Stigmatisierung der uniformierten Polizei?

Stefanie Kemme & Anabel Taefi
Zur Einschätzung der Beziehung von Alkoholkonsum und Störungen im öffentlichen Raum – Ergebnisse einer Anwohner-/innen- und Konsument/innen-befragung zum Cornern in Hamburg


Phänomene normabweichenden Verhaltens in Polizeiorganisationen Organisational brauchbare und eigennützige Illegalität Norbert Jochens, Frank Vogel & Ronny Steffenhagen 1. Normabweichendes Verhalten als organisationales Phänomen Dass Störungen, Fehlfunktionen und Katastrophen in unserer Welt unvermeidbar sind, erkannte bereits der Ingenieur Edward A. Murphy vor über hundert Jahren und formulierte sein berühmtes Gesetz. In „guten Zeiten” darüber nachzudenken, was getan werden muss, soll und kann, wenn Kraftwerkspannen die Stromversorgung ganzer Landesteile lahmlegen oder Computerprobleme Finanzmärkte kollabieren lassen, erscheint vernünftig und beschäftigt nicht nur die „Prepper”-Bewegung, sondern ist professionelle Verpflichtung für Sicherheitsexperten in Unternehmen, Organisationen und Behörden. Die Polizei steht dabei mit an vorderster Front. Einer der spannendsten Aspekte in diesem Zusammenhang nicht nur für Sozialwissenschaftler dürfte sein, welche Überlebensszenarien und Bewältigungsstrategien für Krisensituationen in unterschiedlichen sozialen Gruppen antizipiert werden und welche dieser Vorstellungen sich letztlich durchsetzen und Wirksamkeit erlangen. Dass damit eine alte Diskussion um Normen und Werte1 neue Impulse erhält, liegt auf der Hand. Ihre Brisanz für den Polizeialltag jenseits des akademischen Diskurses zeigen aktuelle Entwicklungen: Ein im Jahr 2017 öffentlich gewordenes Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwaltes, das sich wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gegen eine Gruppe namens „Nordkreuz” (nach eigenen Angaben ein Zusammenschluss von „Preppern”2) und hier unter anderem gegen einen Polizeivollzugsbeamten des Landes Mecklenburg-Vorpommern richtet3, hat das Potenzial, das Vertrauensverhältnis der Bürger in die Polizei nachhaltig zu erschüttern. Immerhin wird ein Polizeibeamter verdächtigt, Namen von linken Politikern gesammelt zu haben, um diese im Fall eines Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung zu töten und anschließend eine weit weniger pluralistische Gesellschaft zu erschaffen4. Zusammenfassung Die Verfasser diskutieren in diesem Beitrag die Grenzen normabweichenden Verhaltens als „Normalität“ und „Notwendigkeit“ in Polizeiorganisationen am Beispiel der Gruppe Nordkreuz und stellen ihre diesbezüglichen Überlegungen auf ein systemtheoretisches Fundament. Unter Einbeziehung einer hinsichtlich des Anlassfalls durchgeführten Erkundungsstudie skizzieren die Autoren einen Modellvorschlag zur prozesshaften Erklärung in Richtung Radikalisierung fortschreitenden normabweichenden Verhaltens. Im Rahmen eines Ausblicks wird schließlich der Versuch unternommen, normabweichendes Verhalten hinsichtlich des „Kipp-Punktes“ zwischen brauchbarer Illegalität und eigennütziger Illegalität zu qualifizieren. Führung, Systemtheorie, normabweichendes Verhalten, Regelabweichung, Radikalisierung, Polizeiorganisation, brauchbare Illegalität, eigennützige Illegalität. Abstract In this article, the authors discuss the limits of behavior deviating from the norm as “normality” and “necessity” in police organizations using the example of the “Nordkreuz” group. In this regard, their considerations are put on a systemtheoretical basis. Taking into account an exploratory study carried out with regard to the occasion, the authors outline a model proposal for a process-based explanation in the direction of radicalization of progressive deviating behavior. Finally, as part of an outlook, an attempt is made to qualify behavior deviating from the norm with regard to the “tipping point” between usable illegality and selfish illegality. Management, systems theory, behavior deviating from the norm, rule deflection, radicalization, police organization, usable illegality, selfish illegality. Den Sachverhalt nahm das Ministerium für Inneres und Europa Mecklenburg-Vorpommern unverzüglich zum Anlass, Entstehung, Entwicklung und Ziele informaler gesellschaftlicher Gruppen am Beispiel des Phänomens „Prepper” nicht nur dienst- und strafrechtlich zu bewerten, sondern auch ihre Erforschung aus sozialpsychologischer bzw. soziologischer Sicht anzuregen5. Programmatisch geht es dabei um vier zentrale Fragen: 1. Warum kommt es zu normverletzendem Verhalten in Polizeiorganisationen?
Wieso können innerhalb der Organisation akzeptierte rechtliche und soziale Normen im Kontext der Antizipation (vermeintlich) krisenhafter Zustände an Bedeutung verlieren? 2. Können derartige Normveränderungen in sozialen Kontexten mit sozialwissenschaftlichen Theorien beschrieben und Bedingungen, welche diese Prozesse begünstigen oder hemmen, identifiziert werden? 3. Kann durch Führungshandeln und/oder selbstregulierte Kontrollprozesse innerhalb des betreffenden Sozialsystems eine Immunisierung bewirkt werden (Prävention)? 4. Lassen sich Interventionsmöglichkeiten finden, um einem sich dennoch abzeichnenden normativen Bruch entgegenzuwirken? Wie können Führungskräfte der Polizei diese nutzen (Hilfe zur Selbsthilfe)? Eine erste bereits abgeschlossene explorative Studie konnte die Normverschiebungen in der Preppergruppe phänomenologisch beschreiben und darüber hinaus zeigen, dass die antizipierte Verletzung sozialer und formaljuristischer Normen mit der soziologischen Systemtheorie schlüssig erklärt und verstanden werden kann, indem sie bewusstes Reflektieren und Handeln in Gruppen mit dem Modell sozialer Systeme vereinheitlicht6. Leider hat der damit erzielbare Erkenntnisgewinn wie vieles im Leben seinen Preis. Die Systemtheorie als die wohl umfassendste Sozialtheorie des 20. Jahrhunderts verlangt von jedem geneigten Rezipienten, mit grundlegenden Denkgewohnheiten zu brechen. Beispielhaft und keinesfalls umfassend sollen jedenfalls im Weiteren Normverschiebungen in organisationalen Strukturen und Möglichkeiten der Einflussnahme durch (polizeiliche) Führung diskutiert werden. In diesem Zusammenhang erscheint es den Autoren zweckmäßig, das Luhmann’sche Theorem „brauchbarer Illegalität”7 in den Diskurs miteinzubeziehen. Abschließend soll also die Frage diskutiert werden, inwieweit die hier gegenständliche Form normabweichenden Verhaltens scheinbar paradoxerweise für die betreffende Organisation, beispielsweise durch das Erzeugen organisationsinternen Reorganisationsdrucks, funktional sein könnte. 2. Systemtheoretisches Fundament Im Unterschied zu bekannten auf das Individuum ausgerichteten Ansätzen zur Erforschung sozialen Geschehens, genannt seien z. B. das Big-Five-Persönlichkeitsmodell, die Psychoanalyse oder die kognitive Verhaltenstherapie, beschäftigt sich die von dem Soziologen Niklas Luhmann entwickelte Theorie sozialer Systeme8 konsequent mit dem interaktiven Geschehen in Gruppen. Biographischer Hintergrund und genetische Disposition des Einzelnen gehen dabei nicht, wie gelegentlich kritisch angemerkt, verloren, sondern bilden die Folie, auf der die Interaktionen ablaufen. Soziale Systeme sind, um zunächst eine epistemologische Einordnung vorzunehmen, ebenso wie Farben in der uns umgebenden Welt nicht per se existent. Sie sind auf Erkenntnis gerichtete produktive Leistungen eines Beobachters, der die zunächst nicht erfassbare Komplexität dessen, was uns umgibt, in irgendeiner Weise beschränken und ordnen muss. Er tut dies, indem er das ihn Interessierende von allem anderen unterscheidet (systemtheoretisch: Differenzen bildet) und mit Bezeichnungen versieht. Das, was innerhalb der Grenzen liegt, ist dann ein soziales System, das seinerseits aus als Kommunikationen bezeichneten Elementen und zwischen diesen stattfindenden Wechselwirkungen besteht. Es lassen sich folglich endlos viele Systeme in endlos vielen Umwelten konstruieren. Das Finden einer geeigneten systemerzeugenden Differenzierung ist eine für das Verständnis der Entwicklungsdynamik in sozialen Gruppen grundlegende Beobachterleistung. Für unser Thema, das Interventionsgeschehen in Führungskontexten, sei deshalb Folgendes angenommen: 1. Intervention wird systemtheoretisch zugänglich durch Beobachtung von drei Sozialsystemen, dem System mit Interventionsbedarf (interveniertes System), einem System mit Interventionskompetenz (Führungssystem) und dem entstehenden Interventionssystem nach Zustandekommen einer Interaktion zwischen den beiden erstgenannten Systemen9. Als Folge der unterschiedlichen Beobachterperspektive ist das Herstellen einer Beziehung zwischen den Systemen über das Bilden von Mengenverhältnissen allerdings ausgeschlossen. Jedes System steht für sich, kein System kann ganz oder teilweise Bestandteil eines anderen sein.
Und noch ein weiteres zentrales Funktionsmerkmal sozialer Systeme prägt das systemtheoretische Verständnis von Intervention: Soziale Systeme sind operativ geschlossene Systeme. Die gewohnte Vorstellung, dass eine äußere Ursache (z. B. eine Sprachanweisung) eine systeminterne Wirkung in direkter Folge auslöst, funktioniert hier nicht. 2. Beobachtung erfolgt direkt mittels zielgerichteter Differenzbildung (Beobachtung I. Ordnung) und durch Beobachtung der Beobachtung eines Systems im Sinne sozialer Reflexion (Beobachtung II. Ordnung). Für das Verständnis von Intervention ist die Beobachtung II. Ordnung die entscheidende Betrachtungsweise. Sie ermöglicht in Verbindung mit dem Theorem operativer Geschlossenheit für das Interaktionssystem, wie auch für intervenierendes und interveniertes System, „Selbstbeschreibungen,...



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