Löw | Der Kater unterm Korallenbaum, oder: Wünschen will gelernt sein | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Löw Der Kater unterm Korallenbaum, oder: Wünschen will gelernt sein


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7394-5858-8
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-7394-5858-8
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Drei Geschwister. Zwei Kulturen. Ein Kater. Yuki würde sich am liebsten nur auf ihre Design-Karriere konzentrieren, doch die Realität sieht anders aus: In der Agentur muss sie sich mit eifersüchtigen Kolleg*innen herumschlagen und das Familienessen am Wochenende wird von Auseinandersetzungen mit ihren älteren Geschwistern überschattet. Als dann auch noch ihr Vater stirbt und sie Familienkater Sasuke erbt, gerät ihre Welt vollends aus den Fugen: Denn der Kater kann nicht nur sprechen, er mischt sich mit seinen magischen Pfoten auch gern in alle Bereiche ihres Lebens ein ... selbst in Sachen Liebe. Der gestiefelte Kater einmal anders. In »Der Kater unterm Korallenbaum, oder: Wünschen will gelernt sein« spinnt Christina Löw aus Elementen des grimmschen Märchens eine moderne Fabel über Geschwisterstreit und Familienbande, zweite Chancen und den Umgang mit Verlust sowie die Suche nach der eigenen Identität.

Christina Löw würde am liebsten den ganzen Tag über schreiben, um allen Ideen, die ihr durch den Kopf hüpfen, die angemessene Aufmerksamkeit zu schenken. Im Moment müssen sich ihre Plotbunnies jedoch auf die Abendstunden beschränken. Tagsüber arbeitet Christina Löw als Literatur-Übersetzerin und Lektorin/Korrektorin sowie Journalistin und Kunstvermittlerin. 2018 erschien mit "Träume voller Schatten", einer Adaption des Märchens "Der Zwerg Nase" von Wilhelm Hauff, ihr Debütroman.
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Kapitel 2


Als Yuki sich aus den Decken wühlte und träge die Augen aufschlug, war es längst Mittag. Sie brauchte einen Moment, um wirklich wach zu werden, dann stand sie langsam auf und schleppte sich ins Bad.

Nur gut, dass das wöchentliche Familienessen abends stattfand. So konnte sie noch einige Zeit zu Hause rumgammeln, bevor sie sich auf den Weg machen musste.

Mit einem Kaffee in der Hand, in ihren Bademantel gewickelt und mit einer Tüte Toffees ausgestattet, in der noch vom Game-Abend einige übrig geblieben waren, ließ sich Yuki entspannt auf der Couch nieder und kramte nach ihrem Laptop. Ihr Newsfeed war ihre erste Anlaufstelle, dann scrollte sie durch ihre Twitter-Timeline und schaute im Anschluss bei DeviantArt nach den neuesten Werken einiger Illustratoren, denen sie dort folgte.

Halbwegs wach zockte sie noch eine Runde. Als sie danach auf die Uhr blickte, riet ihr das Pflichtbewusstsein ihrem Vater gegenüber, sich langsam fertigzumachen. Ihr Magen verlangte aber zunächst nach einem Snack. Also bestrich sie eine Scheibe Toast dick mit Schokocreme und verzehrte diese zu einer weiteren Tasse Kaffee und ihrer Lieblingssammlung an Katzenvideos auf YouTube.

Als sie endlich die Wohnungstür hinter sich zuzog, war sie spät dran. Zumindest, wenn sie nach der Zeit ging, zu der ihr Vater sie an seiner Haustür haben wollte. Nach ihrer eigenen Rechnung passte das alles noch, sodass sie in Ruhe kochen konnten.

Dennoch wunderte es sie nicht, als sie Mamorus Gesicht am Küchenfenster entdeckte, sobald sie in seine Straße eingebogen war. Sie zwang sich zu einem motivierten Lächeln und winkte ihm zu.

Sie mochte ihren Vater, keine Frage. Nicht nur, weil er eben ihr Vater war. Aber manchmal … manchmal wünschte sie, sie müsste ihre Lieben weniger oft sehen. Einmal die Woche fand sie ziemlich anstrengend, vor allem wegen ihrer Geschwister. Und ihren Vater sah sie meist noch öfter: Wenn sie für ihn oder mit ihm einkaufen ging, ihn zum Arzt begleitete, oder auch, wenn sie ihn hin und wieder im Blumenladen unterstützte.

Izumi und Hayate hatten ja ihre eigenen Verpflichtungen, da konnten sie ›natürlich‹ keine Zeit für den Vater entbehren. Also war das Nesthäkchen dran – immerhin hatte Yuki keine eigene Familie, um die sie sich kümmern musste, und arbeitete auch nicht in einer leitenden Position. Nur zu gern hätte sie mit eigenen Argumenten die ihrer Geschwister gekontert, doch sie wollte nicht, dass ihr Vater unter der Auseinandersetzung litt.

Also behielt sie ihren Unmut, soweit es ging, für sich – schließlich freute sich Mamoru über die Gesellschaft. Wenn sie bei ihm war, fühlte er sich weniger allein, sagte er oft. Deshalb sträubte Yuki sich auch nicht mehr und fügte sich stattdessen immer wieder, wenn ihre Geschwister diese Aufgaben auf sie abwälzten. Sie wollte nicht, dass ihr Vater sich einsam fühlte – und außerdem machte sie sich Sorgen um ihn.

Wenn sie es zeitlich leisten könnte neben ihren beruflichen Verpflichtungen und außerdem nicht durchdrehen würde, weil sie dann gar keine Zeit mehr für sich hätte, wäre sie fast versucht, wieder daheim einzuziehen. Doch sie wusste, dass sie das nicht stemmen konnte – außerdem würde ihr Vater niemals zustimmen. Dafür kannte er sie zu gut; er wusste, dass sie ihren Freiraum brauchte, Zeit für sich und ihre Ruhe. Das würde er ihr nicht nehmen wollen.

Schweigend bereiteten sie das Essen zu. Yuki und ihr Vater hatten noch nie viele Worte gebraucht, um sich zu verständigen. Zeit ihres Lebens waren sie sich sehr nahe gewesen. In ihrer Kindheit, nachdem Rei, ihre Mutter, gestorben war, hatte Yuki viel Zeit mit ihm verbracht, vor allem als sie noch zu jung für die Schule gewesen war.

Es waren die gemeinsamen Stunden im Blumenladen gewesen, die sie geprägt hatten. Damals hatte sie sehr viel gezeichnet, natürlich längst nicht so wie heute, aber auch in jungen Jahren hatte es ihr Spaß gemacht, die Realität auf Papier zu bannen oder eigene Welten zu entwerfen. Yuki wusste, dass ihr Vater irgendwo im Haus, wahrscheinlich auf dem Speicher, eine ganze Kiste – oder auch mehrere – voll mit ihren Zeichnungen aufbewahrte.

Sasuke riss Yuki aus ihren Gedanken. Maunzend strich er um ihre Beine. Er wollte sicherlich ein Stück von dem Lachs haben, den sie gerade in etwa zwei Zentimeter breite Scheiben schnitt.

Yuki wischte sich die Hände ab, beugte sich zu dem Kater herunter und kraulte ihm das weiche Fell. »Du weißt doch genau, dass du nichts vom Tisch bekommst, alter Junge. Auch nicht, wenn wir noch mit dem Kochen beschäftigt sind. Da wird mich auch dein Schmeicheln nicht erweichen.«

Sasuke musterte sie aufmerksam und Yuki fragte sich einmal mehr, was hinter diesen tiefblauen Katzenaugen vorging. Wie viel er wirklich verstand von dem, was sie sagte.

Noch einmal strich der Kater um ihre Beine, diesmal ohne zu betteln. Dann trottete er zur Heizung hinüber, legte sich daneben auf den Boden und schaute sie erneut an.

Kopfschüttelnd wandte Yuki sich wieder dem Fisch zu. »Meinst du, er wird es jemals lernen?«, fragte sie ihren Vater, ohne aufzublicken.

Mamoru schmunzelte. »Ich denke nicht, dass es etwas mit Lernen zu tun hat. Er weiß das durchaus. Aber das hält ihn nicht davon ab, es immer mal wieder zu versuchen. Schließlich könntest du eines Tages ja doch einen schwachen Moment haben.«

Yuki schnaubte, lächelte aber dabei. »Wie alt ist Sasuke eigentlich inzwischen? Er wohnt doch schon bei uns, solange ich mich erinnern kann, oder nicht?«

Diesmal schaute sie hoch und ihren Vater an, der im Anrichten der gegrillten Hähnchenspieße innehielt und nach einem flüchtigen Blick zu Sasuke in seiner Ecke zu Yuki sah und nickte.

»Kurz nach dem Tod deiner Mutter haben wir ihn aufgenommen. Tatsächlich bin ich ziemlich sicher, dass ich ihn zum ersten Mal an ihrem Grab gesehen habe«, sagte er schließlich mit leiser Stimme und klang, als wäre er in Gedanken ganz weit weg. »Erinnerst du dich noch, wie er bald nach der Beerdigung auf unserer Türschwelle aufgetaucht ist und einfach nicht mehr gehen wollte?«

Yuki schüttelte den Kopf. »Nein, wahrscheinlich war ich noch zu klein, um das zu behalten.«

»Wahrscheinlich«, stimmte ihr Vater abwesend zu.

»Aber ich weiß noch, dass er mit uns im Blumenladen war. Dass er immer mitgekommen ist.« Yuki runzelte die Stirn. »Ich habe ihn damals gezeichnet, nicht wahr? Oder eher sehr krakelig gemalt.«

Ihr Vater lächelte. »Natürlich. Du hast alles gemalt, was dir vor die Augen und deine Buntstifte gekommen ist.«

Schweigend kümmerten sie sich weiter um das Essen. Yuki schnitt die letzten Fischstreifen zurecht, ihr Vater tunkte sie nacheinander erst kurz in den Tempura-Teig und gab sie dann zum Frittieren in das heiße Öl. Dann zerteilte Yuki die grünen Bohnen, die Aubergine und den Brokkoli in mundgerechte Stücke, bevor sie auch diese an ihren Vater weiterreichte. Zwischendurch sah sie nach der Miso-Suppe, die bei kleiner Flamme auf dem Herd köchelte. Der Krautsalat war zum Glück schon fertig und wartete, ebenso wie das eingelegte Gemüse, nur noch darauf, verzehrt zu werden.

Nach einem Blick auf die Uhr brachte Yuki die ersten Schüsseln und Platten ins Esszimmer. Die Soßen standen schon bereit, Essstäbchen, Servietten und das Geschirr sowieso. Eine große Kanne mit grünem Tee wurde auf einem Stövchen warmgehalten, die Tassen daneben angewärmt. Fehlten also nur noch ihre Geschwister.

Yuki hatte gerade die Platte mit den Hähnchenspießen auf den Tisch gestellt und das Gesteck, das ihr Vater für diesen Anlass aus dem Blumenladen mitgebracht hatte, ins rechte Licht gerückt, als es an der Tür klingelte. Nur mühsam unterdrückte sie ein Seufzen.

»Ich gehe schon!«, rief sie in Richtung Küche. »Setz du dich ruhig an den Tisch, ich bringe gleich den Rest rüber.« Sie wusste, dass ihr Vater ganz sicher nicht untätig herumsitzen würde, während sie Hayate, Izumi und deren Anhänge begrüßte, aber so hatte sie es zumindest versucht.

Mit einem Lächeln auf den Lippen, das ihre Augen nicht erreichte, eilte Yuki zur Haustür und öffnete.

Nacheinander strömten ihre beiden Geschwister sowie Hayates Freundin, Izumis Mann und deren zwei Kinder in den Flur. Dort streiften sie ihre Schuhe ab, stellten sie an den Rand und schlüpften in die bereitgestellten Schlappen.

Eher kühl begrüßte Yuki die Erwachsenen, für Nami und Kaito – Izumis sechsjährige Tochter und den vierjährigen Sohn – machte sie eine Ausnahme und drückte die beiden an sich, als sie auf sie zuliefen.

Generell konnte Yuki eher wenig mit Kindern anfangen, doch irgendwie hatten ihre Nichte und ihr Neffe sie in ihre kleinen Herzen geschlossen – und das färbte ab. Wenn sie die zwei sah und aus nächster Nähe beobachten konnte, wie liebevoll sie miteinander umgingen, wünschte sie sich wieder, ihre eigenen Geschwister wären ein paar Jahre jünger – oder sie selbst etwas älter. Vielleicht würden sie sich besser verstehen, wenn nicht so viele Jahre zwischen ihnen liegen würden. Es stimmte Yuki wehmütig, wenn sie daran dachte, wie allein sie sich früher gefühlt hatte, wenn ihre Geschwister etwas gemeinsam ausgeheckt hatten und sie als die Kleine ausgeschlossen worden war.

Zu Yukis Überraschung verlief das Mahl ohne größere Zwischenfälle. Die meiste Zeit konnte sie in Ruhe essen und ansonsten den Gesprächen der anderen lauschen. Hier und...



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