E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
Lockwood Vertraut und doch so fremd
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95576-997-0
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
ISBN: 978-3-95576-997-0
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein One-Night-Stand mit einem Typen, den sie nur über eine Dating-App kennt? Bisher kam das für Emma nicht infrage. Aber jetzt steht er vor ihr, der mysteriöse Mr. X, und er ist Zentimeter für Zentimeter heiße Versuchung. Die Nacht mit ihm ist jede Sünde wert, und Emma schwebt auf Wolke sieben ... Bis sie plötzlich von einem Stalker verfolgt wird. Woher kann der so genau wissen, was Emma tut und wo sie ist? Alles läuft am Ende auf eine Frage hinaus: Wer ist Mr. X wirklich?
Cara Lockwood, Bestsellerautorin bei USA TODAY, hat mehr als achtzehn Bücher geschrieben, unter anderem I Do (But I Don't), das als Lifetime Original Movie verfilmt wurde. Sie ist die Autorin von Bard Academy, einer Serie für junge Erwachsene. Weltweit ist ihr Werk in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. Geboren und aufgewachsen ist Cara in Dallas. Jetzt lebt sie mit ihrem Ehemann und ihren fünf Kindern in der Nähe von Chicago. Mehr Infos über Cara auf caralockwood.com, per Freundschaftsanfrage auf Faceboock, facebook.com/authorcaralockwood oder auf Twitter, @caralockwood.
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1. KAPITEL
Der Tag zuvor
Emma Allaire starrte auf die gerade installierte App namens NOST auf ihrem Handydisplay und seufzte. „Du denkst echt, dass ich das machen sollte?“, fragte sie ihre beste Freundin Sarah zum wiederholten Male, während sie auf der Terrasse ihres Lieblingsbistros am Lincoln Square saßen und der milde, noch nicht ganz herbstliche Septemberwind sanft über den bevölkerten Platz wehte. NOST, kurz für No Strings – nichts Verbindliches, war eine neue Dating-App, von der alle ihre Freundinnen sprachen und die dazu diente, sich mit Männern zu unverbindlichem Sex zu verabreden. Das geheimnisvolle schwarze Logo der App erschien auf ihrem Display, und sie tippte es an.
„Versuch es doch einfach, okay?“, antwortete ihre rothaarige, makellos schöne Freundin, in deren Leben ein Musiker nach dem anderen ein und aus ging. „Bevor du’s nicht probiert hast, kannst du’s doch nicht wissen.“
„Aber das ist doch genau das Problem“, rief Emma und hielt das Handy hoch, dessen Display gerade die NOST-Startseite anzeigte. „Keine Namen. Keine Verbindlichkeiten. 100 % Spaß“, las sie vor und schob empört die schwarzgerahmte große Brille auf ihrem Nasenrücken hoch. „Wie soll man so denn jemals die große Liebe finden?“ Sie zeigte Sarah das Bild eines oberkörperfreien Mannes, der sich selbst mit Kussmund im Spiegel fotografiert hatte. Die App bot ihr an, nach rechts zu wischen, falls sie mit ihm ‚eine gute Zeit‘ verbringen wollte, und nach links, falls nicht.
„Süße, du weißt schon, dass es hier nicht um die große Liebe geht. Es geht allein darum, dass du mal wieder richtig Spaß hast.“ Sarahs Augen leuchteten.
Emma lachte auf. „Wovon sprichst du eigentlich?“
Sarah gestikulierte mit der Gabel in der Hand. „Du hast doch manchmal Spaß, oder etwa nicht?“
Emma spürte, wie sie errötete. „Ähm, klar.“
Bisher halt erst mit zwei verschiedenen Typen. Sie hatte in ihrer gesamten Dating-Geschichte bisher nur zwei Männer gehabt. Aber das musste sie Sarah ja nicht auf die Nase binden.
Diese setzte ihre Sonnenbrille auf und lehnte sich in der Sonne zurück. „Gut. Ich dachte schon, du gehörst zu den armen Seelen, die noch nie einen echten Orgasmus hatten.“
Emma sah sich um; sie fürchtete, dass ihnen jemand zuhörte. Darüber konnte Sarah nur den Kopf schütteln. „Orgasmus!“, rief sie laut, und ein Mann, der mit seinen zwei Kindern am Nebentisch saß, blickte irritiert zu ihnen hinüber.
„Psst!“, befahl Emma ihrer Freundin. Nicht, dass das etwas genutzt hätte, denn Sarah hielt grundsätzlich nicht mit ihren Gedanken hinterm Berg. Doch da brachte der Kellner ihr Essen, und Sarah langte genüsslich zu, während Emma noch immer die App inspizierte.
„Das ist genau das Problem. Anonyme One-Night-Stands? Du willst also allen Ernstes mit einem Typen schlafen, von dem du nur das Pseudonym kennst?“ Sie blickte erneut auf ihr Display. „Hot4U?“
Sarah lachte kurz auf. „Wer denkt denn an Liebe, wenn der Typ solche Muskeln hat?“, fragte sie und zeigte auf das Sixpack des Mannes.
„Und genug Tinte unter der Haut, um damit Krieg und Frieden schreiben zu können“, stellte Emma fest. „Er hat gleich beide Arme voll tätowiert.“
„Es geht doch nur um Sex, du musst ihn ja nicht gleich heiraten“, sagte Sarah und verdrehte die Augen. „Und solche Typen sind meistens ziemlich gut im Bett. Leb dich mal ein bisschen aus, Em. Ernsthaft. Du weißt doch selbst, dass du dich viel zu schnell von jedem in eine Beziehung quatschen lässt, der dir einen Drink ausgibt. Und am Ende müssen wir es dann immer zwei Jahre lang mit diesen Langweilern aushalten.“
Emma wusste, dass sie von ihrem letzten Freund Devin sprach, der sich wirklich nicht durch seine umwerfende Persönlichkeit hervorgetan hatte. Er war der einzige Mann, mit dem sie seit ihrem Freund von der Highschool etwas gehabt hatte.
„Nicht alle meine Ex-Freunde sind so.“
„Du musst einfach mal ein paar mehr Typen kennenlernen. Auch im Bett. Binde dich bloß nicht gleich wieder an den erstbesten Mann, der dir über den Weg läuft. Du weißt, dass ich recht habe.“ Sarah betrachtete sie eindringlich.
Emma spielte mit einer Strähne ihres Haares, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, und blickte an sich hinab. Sie betrachtete ihre weite Blümchenbluse und die bequeme Jeans und stellte sich vor, wie sie Mr. Tattoo gegenüberstehen und sich vor ihm ausziehen würde. Nein, das war einfach unmöglich.
„Ich brauche Romantik“, erklärte Emma. „Die gibt es hier aber nicht. Diese App erfüllt nur Männerwünsche. Frauen wollen etwas anderes.“
Sarah schnaubte. „Woher willst du das denn wissen, wenn du es noch nicht einmal ausprobiert hast?“
„Ich weiß, dass diese App nur wieder von Männern programmiert wurde, um uns genau das machen zu lassen, was sie wollen – während wir Frauen immer noch denken, das hätte irgendetwas mit Freiheit zu tun“, erklärte Emma, die sich in ihrem Studium nicht umsonst auf feministische Theorien spezialisiert hatte.
„Em, kannst du dir deine feministischen Tiraden sparen, bis ich meinen Mimosa ausgetrunken habe?“ Sarah hob ihr Champagnerglas.
„Nein … damit verdiene ich schließlich mein Geld.“ Sie schrieb für ein Frauenmagazin online über Frauenthemen und hatte inzwischen eine kleine, aber treue Fangemeinde. „Außerdem bist du ja offensichtlich total vom Patriarchat manipuliert“, fügte sie grinsend hinzu. Sie wusste, dass sie für Sarah wie eine Emanze klang. Aber im Ernst – manchmal kam sie sich so vor, als wäre sie die Einzige, die all die Ungerechtigkeiten überhaupt wahrnahm. Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen. Dass die USA als einziger Industriestaat keine bezahlte Elternzeit garantierte. Und jetzt … jetzt also NOST. Ähnlich wie Tinder, nur noch extremer. Mit dieser App mussten die Männer sich nicht einmal mehr darum bemühen, jemanden ins Bett zu kriegen. Klar, sie war total für die Errungenschaften der sexuellen Revolution – nur eben dann nicht, wenn alle Vorteile den Männern zufielen.
„Das ist einfach … einfach nur ein neuer Trick, mit dem die Männer uns dazu bringen, genau das zu tun, was sie wollen. Sex ohne Verpflichtungen.“
„Okay, dann lösch die App einfach“, sagte Sarah genervt und legte die Gabel auf ihren mittlerweile leeren Teller. Emma, die ihre Waffel mit Blaubeeren längst verschlungen hatte, fragte sich nicht zum ersten Mal, wie sie und Sarah, unterschiedlich wie sie waren, überhaupt je Freundinnen hatten werden können. Sie waren im College zufällig im gleichen Zimmer untergebracht worden, worauf sich ihre ungewöhnliche Freundschaft begründete: Sarah, die impulsive Rothaarige, die kein Risiko scheute, und Emma, der Bücherwurm, der irgendwann einmal für die Regierung arbeiten wollte. Wenn sie ehrlich mit sich war, rangierte ihre Lust, sich auf die Suche nach ihrem Traumprinzen zu machen, derzeit irgendwo zwischen ihren Bemühungen, die Leserschaft ihres Blogs zu vergrößern, und den Plänen für ihre private Altersvorsorge. Dating kam ihr momentan einfach nicht besonders wichtig vor – sie war doch erst achtundzwanzig. Sie hatte noch so viel Zeit. Das redete sie sich zumindest ein. Nachdem Devin sie für eine neue Stelle in Seattle verlassen hatte, verspürte sie fürs Erste kein Bedürfnis, sich wieder auf den Markt zu werfen.
„Eigentlich“, begann Sarah und trank noch einen Schluck, „musst du deinen Account gar nicht löschen. Dein Profil wird für die Typen, die du jetzt gezeigt bekommst, sowieso in achtundvierzig Stunden unsichtbar.“
„Was? Wieso?“
Sarah stellte das Glas ab und blickte sie mit gespielter Verzweiflung an, während sie ihre rote Mähne über ihre Schulter warf.
„Weil es genau darum geht, keine Beziehung zu jemandem zu haben, die länger geht. Alle zwei Tage bekommst du einen Haufen neuer Typen präsentiert, und die alten können dich nicht mehr finden. Jedes Mal ist also alles neu, und das Beste daran ist, dass es keine unangenehmen Treffen im Anschluss gibt. Du hast Sex, und dann – wusch! – verschwindest du. Die App sorgt dafür, dass du einfach abtauchst. Jeder weiß, dass es so läuft. Keiner wird verletzt.“
Emma legte den Kopf in ihre Hände und stöhnte. „Ist das dein Ernst?“ Sie warf ihrer Freundin durch ihre gespreizten Finger einen Blick zu. „Die Profile werden unsichtbar?“
„Genau darum geht’s“, sagte Sarah.
„Sarah! Und was ist mit Vergewaltigern? Serienmördern?“ Emma konnte einfach nicht glauben, dass ihre Freundin ihr tatsächlich anonymen Sex vorschlug.
„Die Guten haben sich doch checken lassen. Siehst du das kleine F neben seinem Nicknamen? Er hat ein Führungszeugnis hochgeladen. Keine Vorstrafen. Das regelt NOST für dich.“
Emmas Blick funkelte. „Und was ist mit … mit Krankheiten?“
„Siehst du das kleine Häkchen hier?“
Emma nickte.
„Das bedeutet, dass er sich letzten Monat erst hat testen lassen. Er ist gesund.“
„Die haben wohl an alles gedacht. An alles, außer an echtes menschliches Miteinander.“
„Haha. Sehr komisch. Urteile nicht, bevor du’s nicht ausprobiert hast.“ Sarah zeigte mit der Gabel auf Emma.
„Aber mal im Ernst, wie kannst du so was machen?“
„Ich habe viel zu tun. Ich arbeite...