E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Link Ein neues Leben auf Bali
2. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96610-396-1
Verlag: Karina Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine wahre Geschichte von Liebe, Mystik und Hoffnung
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
ISBN: 978-3-96610-396-1
Verlag: Karina Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Aufeinandertreffen zweier Menschen, Aufarbeitung der Vergangenheit und die gemeinsame Liebe, führen den Leser in dieser wahren Geschichte auf die Insel der Götter.
Dieses Buch wurde mit dem Preis 'Best Author 2018' in Gold des Karina Verlages ausgezeichnet.
Manolo Link, geboren 1955, in Frechen bei Köln, lebt in Ker-pen, Rheinland, Dublin, Irland und Finisterre. Er hat eine Tochter und einen Sohn.
Er ist Autor von 'Maria Milena', 'Ein neues Leben auf dem Jakobsweg' und 'Philippe'. In den letzten sieben Jahren, seit seiner ersten Buchveröffentlichung, hat Manolo Link sich ei-nen beachtlichen Ruf aufgebaut. Durch seine regelmäßige Me-dienpräsenz in Zeitun¬gen, Magazi¬nen, Radio und TV in Deutschland, Amerika, Irland, Schweiz, Bali Indonesien und Spanien hat er seinen Leserkreis stets vergrößert. Lesungen, Interviews und Präsentationen auf der Buchmesse in Leipzig, Frankfurt, Goethe-Institut und Trinity College in Dublin ha-ben seinen Bekanntheits¬grad weiter gesteigert. Seine Erfahrun-gen auf dem Jakobsweg wurden in dem Buch von Stefan Albus 'Jakobsweg - und dann?', Gütersloher Verlagshaus, veröf-fentlicht. Er studierte Kreatives Schreiben bei Rüdiger Heins, Schriftsteller und gibt Schreibworkshops.
Autoren/Hrsg.
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2 GitGit
Montag, 6. Mai. Nach einer unruhigen Nacht stand ich um acht Uhr auf, schaute auf den Karton und liebte ihn. Eine erfrischende Dusche rief einige Lebensgeister in mir wach. »Ich bin ganz schön aufgeregt«, sagte ich auf dem Weg zum Frühstück zu Franz. »Was glaubst du, wie es in mir aussieht?«, erwiderte er mit einem unmissverständlichen traurigen Augenausdruck. »Good morning, Coffee or tea?«, lächelte uns ein junger Balinese entgegen, als wir uns am Buffet bedienten. Lediglich ein Mann befand sich mit uns im Restaurant. Von unserem Tisch aus öffnete sich ein freier Blick aufs ruhige Meer, das von der Sonne in gleißendes Licht gehüllt war. Nein, ich konnte es nicht genießen wie ein Tourist. Ja, es war paradiesisch, vielleicht würde ich irgendwann wieder kommen. Mit Verwunderung stellte ich fest, dass ich doch etwas zu mir nehmen konnte. Nach dem Frühstück gingen wir zum Strand. Mein Blick verlor sich in der Brandung und tauchte mit den seichten Wellen in Welten, die ich nicht einsehen konnte, jedoch fühlte. Fantastische bunte Welten, in die ich irgendwann einziehen werde. In die ich irgendwann eingehen möchte. Ich liebte sie, das war mir in jenem Augenblick klar. Ich liebte sie so sehr, dass ich gerne sofort in sie eingetaucht wäre. Gisela war nun dort. Franz schaute mich verwundert an, auf dem Weg zur Hotellounge: »was ist, deine Augen sehen seltsam aus?« »Eeehm, nichts, ich war nur in Gedanken«, antwortete ich leicht benommen. Ich hatte eine Eingebung und bat Franz sein Taschenmesser einzustecken. Wir setzten uns an einen Tisch, von dem aus wir die Eingangstür des Hotels einsehen konnten. Zehn nach elf betrat ein Vierzigjähriger das Hotel, der sich suchend umsah. Franz ging auf ihn zu und fragte ob er von Mr. Sumastra käme. Der Angesprochene nickte und outete sich als Taxifahrer. Daraufhin nahm ich meinen Rucksack, die Urne und folgte Franz und dem Mann. Auf dem Parkplatz beschlich mich ein ungutes Gefühl und teilte Franz mit, nochmals nachzufragen. Wir stiegen ins Taxi, der Fahrer nahm die Fahrt auf. »Schickt Sie Mr. Sumastra?«, wandte sich Franz an den Mann, der seinerseits fragte, was unser Fahrtziel sei. Daraufhin gab Franz ihm zu verstehen, dass er anhalten solle. Wir stiegen aus und gingen zurück zum Hotel. 11.20, 11.30, 11.35 Uhr – jede Minute schaute ich auf die Uhr. Ungeduld gesellte sich zu meiner Unruhe. Schließlich war der Pedandapriester der Überzeugung, dass um Eins die beste Zeit für die Beisetzung wäre. Franz begab sich zum öffentlichen Telefon um Mr. Sumastra anzurufen. Nach dem Telefongespräch sagte er mir, dass er mit dem Sohn des Bestatters gesprochen hätte, der ihm mitgeteilt habe, dass sein Vater auf dem Weg zu uns sei. Gegen zwölf betrat Mr. Sumastra in festlicher Kleidung die Hotelhalle. Er entschuldigte sich mehrmals und teilte uns mit, dass der Priester zu einer dringenden religiösen Angelegenheit gerufen worden sei, die er unmöglich verschieben konnte. Und das es Mr. Sumastra nicht gestattet war irgendwelche Fragen an die Familie des Priesters zu richten. Auf dem Hotelparkplatz wartete ein dunkelroter Jeep auf uns. Neben dem Fahrer saß der Priester, sechzigjährig, schwarzes Haar, weißes Oberkleid, in sich gekehrt. Er grüßte mit einem leichten Kopfnicken. Der Fahrer stieg aus und öffnete den Kofferraum, in dem wir ein Blumengesteck aus Orchideen vorfanden. Den Karton mit der Urne stellte ich neben die Blumen, die Gisela bestimmt gefallen hätten. Wir stiegen ins Auto und fuhren los. Unser Ziel GitGit befand sich zehn Kilometer südlich von Singaraja im Norden Balis. Franz teilte mir mit, dass unser Fahrer die Fahrzeit auf zwei Stunden einschätzte. Dann wird das wohl nichts mit der Beisetzung um eins, dachte ich. Neben mir auf der Rückbank unterhielt sich Franz angeregt mit Mr. Sumastra, von dem ich wenig verstand. Mein Schwager übersetzte hin und wieder. Der Bestatter weihte Franz in die Geheimnisse des balinesischen Glaubens ein, sprach von Tod und Wiedergeburt und dem Ablauf der Beisetzung. Er ließ uns wissen, dass auf Bali lediglich elf Plätze existieren, an denen Priester Wasser entnehmen, es weihen und während heiligen Zeremonien verwenden. Ich freute mich, dass das Wasser von GitGit ebenfalls dieses Privileg wert befunden wurde. Demzufolge hatte Gisela sich einen heiligen Ort für ihre Bestattung ausgesucht. Irgendwann kamen mir Zweifel, ob der Wasserfall bei GitGit überhaupt der richtige sei. Gisela hatte fünf Tage vor ihrem Tode, zuerst ihren Bruder und dann mich gefragt, ob wir ihre Asche auf Bali beisetzen könnten. Natürlich hatte ich sie gefragt, wo die Bestattung stattfinden solle. »An dem Wasserfall, wo wir mit Bärbel und Klaus waren«, war ihre Antwort gewesen. An den Namen konnte sie sich ebenso wenig wie ich erinnern. Sicher war ich mir, dass er sich auf Nordbali befand. Bilder vom Wasserfall und der Umgebung waren mir vertraut. Ich hatte ein fotografisches Gedächtnis. Gesichter und Orte, die ich einmal gesehen hatte, waren fest in meinem Erinnerungsvermögen verankert. Namen vergaß ich schnell wieder. Als Mr. Sumastra uns mitteilte, dass es noch etwa zehn Kilometer bis zu unserem Ziel seien, stieg meine Aufgeregtheit. Hoffentlich ist es der richtige Wasserfall. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als der Fahrer auf einen Parkplatz fuhr, neben dem sich ein Restaurant befand, an das ich mich erinnerte. Auf einem großen Hinweisschild las ich: »Air Terjun GitGit, GitGit Waterfall.« Zwei Stunden waren seit unserem Start vergangen. Es war heiß, die Sonne brannte auf meiner Haut. Ein zehnminütiger Fußweg lag nun vor uns. Ich registrierte nicht wirklich die Kakaopflanzen, vielfarbigen Blumen, Palmen, das tropische Grün, die unvergleichliche Natur, die uns umgab. Unweit vom Wasserfall schaute ich in den Souvenirstand, an dem ich 1993 ein außergewöhnliches Kunstwerk aus Holz erstanden hatte. Was sich an jenem Tage, drei Jahre zuvor, an jenem Ort abgespielt hatte, erschien mir nun wie eine Fügung, eine Geschichte, die sich abspielen sollte, ja musste, wie ich glaubte. Bilder öffneten sich vor meinem inneren Auge. Ich sah Gisela, Bärbel und Klaus neben dem Kiosk sitzen. Sie lachten, freuten sich über das, was ihnen geboten wurde. Giselas Glücklichsein war ihr anzusehen. Sie strahlte, befand sich auf Bali, dort wo sie sein wollte. Unser damaliger Fahrer John hatte uns gefragt, ob wir einen Wasserfall besichtigen möchten, der sich auf unserer nördlichen Route befand. Es war eine spontane Entscheidung gewesen. Während Gisela und das frisch vermählte Paar sich angeregt unterhielten, schaute ich mir die Kunstwerke in den Läden an. Eine Holzschnitzerei, die eine Jangatänzerin darstellte, zog mich wie magisch an. Ihr anmutiges Gesicht ließ eine Schönheit erstrahlen, wie ich sie nie zuvor gesehen hatte. In ihrem Gesicht lag jene universelle Liebe, die zeitloses, raumloses ausstrahlte, verborgen. Nach kurzen Verhandlungen über den Preis, erstand ich sie, zeigte sie Gisela, Bärbel und Klaus, die ebenfalls begeistert waren. Markus Worte - mein Sohn aus erster Ehe - klangen deutlich in meinem Ohr. Eine Woche nach Giselas Heimgang, saßen wir, im Schachspiel vertieft, am Wohnzimmertisch. Wie aus dem Nichts sprudelte es aus Markus heraus: »Die sieht aus wie Gisela«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf die Holzschnitzerei, die neben uns stand. Sogleich sträubten sich meine Nackenhaare. Ich war überzeugt, dass die Figur Gisela ähnlich sah. Und nun bestätigte mir dies mein zehnjähriger Sohn. Kinder, wie ich glaubte, haben noch einen direkten Zugang zur Ur-Intelligenz und sagen ehrlich, was sie denken. Eine Woche später saß ich mit meiner Schwägerin Claudia am gleichen Tisch. Wir tranken Kaffee, redeten über unseren Schmerz, über Giselas Tod, spendeten uns gegenseitig Trost. Claudia betrachtete die Holzschnitzerei nachdenklich: »Mano, ist dir noch nicht aufgefallen, dass das Gesicht der Statue viel Ähnlichkeit mit Gisela hat?«, sagte sie verwundert. »Ja, das ist mir bewusst. Seitdem ich sie auf den Tisch gestellt habe, hatte ich des Öfteren, ein tiefes Empfinden, dass sie ein Geheimnis verbirgt und zudem eine verblüffende Ähnlichkeit mit Gisela hat. Ich habe daraufhin Bilder von Balinesinnen mit Fotografien Giselas verglichen und festgestellt, dass Augen- und Nasenbereich tatsächlich dem von Balinesinnen ähnlich sind. Ihre Mundpartie nicht.« Claudia schaute mich mit großen Augen an. »Und«, fuhr ich fort: »ich habe zudem in Erfahrung bringen können, dass balinesische Holzschnitzer glauben, ihren Kunstwerken eine Seele mit einzuarbeiten. Ich habe ihr den Namen Cinta gegeben. Es wird wie Schinta ausgesprochen, und bedeutet im indonesischen Liebe.« Wir schwiegen. Claudias Augen füllten sich mit Tränen. Gisela und Claudia waren gute Freunde gewesen. Sie hatten viele Gemeinsamkeiten. Das Lächeln meiner Schwägerin berührte ebenfalls die Herzen ihrer Mitmenschen. Ich schenkte Kaffee nach. Schweigend schauten wir auf die Statue. Als Franz auf mich zukam, erschrak ich und schaute ihn verwundert an. Er holte mich zurück aus meinem Tagtraum, zurück an jenen Ort, der verzaubert schien, der mystisch verschleiert meine Sinne durcheinander wirbelte. Ich wusste nicht wie mir geschah. Brauchte Zeit in die Gegenwart zurückzukehren. Brauchte Zeit mich zu sammeln. Unglaublich was geschah - unglaublich, was geschehen war. Mir kam in den Sinn, dass noch andere Welten existieren mussten. Ich bekam das Gefühl, als wenn sich mein Gleichgewichtssinn verschoben hätte. Als wenn sich die Erde unter meinen Füßen bewegen würde. Doch dem war nicht so, stellte ich fest, als ich an Franz’s Seite zum Priester und...