E-Book, Deutsch, 485 Seiten
Lindberg / Klein Hot Gay Romance
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96148-725-7
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Sammelband - 6 Romane und Stories in einem E-Book
E-Book, Deutsch, 485 Seiten
ISBN: 978-3-96148-725-7
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kai Lindberg, Jahrgang 1970, studierte nach einer kurzen Karriere als Go-go-Tänzer Germanistik, Anglistik und Medienwissenschaften. Heute lebt er als Autor und Herausgeber in München. Bei dotbooks erschienen bereits seine erotischen Phantasien 'Fuck Buddies: Unterwegs mit den Jungs' und 'Fuck Buddies: Fremde und andere Liebhaber'.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 2
Mit sich stetig verschlechternder Laune lenke ich meinen Wagen durch den abendlichen Verkehr. Es ist bereits kurz nach acht. Über der Stadt liegt diese ganz besondere Stimmung, wenn ein heißer Tag sich langsam verabschiedet und einer Nacht weicht, die warm ist und nach Sommer und Abenteuer riecht. Die wie geschaffen ist dafür, in einem Straßencafé zu sitzen, den Blick schweifen zu lassen und jemanden zu suchen, mit dem man …
Von wegen: Mit dem man. Tse! Erstens muss ich diesen blöden Botengang erledigen, zweitens kann ich problemlos Stunden irgendwo sitzen, ohne dass mich irgendjemand bemerkt, und drittens scheine ich ja sowieso nicht der Typ zu sein, der so entspannt aus sich rausgehen kann. Denkt zumindest meine Chefin. »Weltbild!«, zische ich wütend. Was bildete sich diese Schnepfe eigentlich ein?
Jens wohnt, wie könnte es anders sein, im Glockenbachviertel, Münchens trendigem, schwulem Stadtteil. Hier finden sich die besten Bars und Clubs. Was man hingegen selten sieht, ist ein freier Parkplatz. Also kurve ich dreimal um den Block, bis ich endlich eine Lücke finde, in die ich meinen Wagen quetschen kann. Dass ich dabei ziemlich ins Schwitzen komme, steigert meine Laune genauso wenig wie der Grund, warum ich überhaupt hier bin, statt in meiner netten kleinen Wohnung in Neuhausen zu sitzen und den Tag bei einem gemütlichen Feierabendbier ausklingen zu lassen.
Feierabendbier … hmm … Ich hätte wohl noch einkaufen gehen sollen. Wahrscheinlich ist mein Kühlschrank leer. Na super.
Die Haustür ist offen. Ich steige die vier Stockwerke hoch – einen Aufzug hat das Haus natürlich nicht – und stehe angeschwitzt, schwer atmend und ausgesprochen unausgeglichen vor Jens’ Wohnungstür. Noch einmal tief einatmen … ausatmen … okay. Jetzt einfach schnell den Scheck übergeben. Und dann werde ich schon noch eine Tankstelle finden, wo ich etwas zu trinken kaufen kann. Ich klingle.
Nichts tut sich. Ich klingle erneut. Immer noch nichts. Wohnt Monsieur in einem Dreihundert-Quadratmeter-Loft und braucht etwas länger? Ärgerlich klopfe ich gegen die Tür und lege mein Ohr dagegen. Ob drinnen vielleicht Musik läuft? Wenn unser Supermodel nicht da ist, kann ich den Scheck einfach unten in den Briefkasten werfen …
In diesem Moment wird die Tür aufgerissen. Perplex mache ich einen Ausfallschritt, um nicht hinzufallen, und stolpere so in die Wohnung. »Scheiße!«, stoße ich hervor – und setze in Gedanken ein schnelles Au weia hinterher. Denn vor mir steht Jens. Was zu erwarten war. Aber nur mit einem Handtuch bekleidet und mit noch nasser Haut.
Es ist merkwürdig, diesen Körper, den ich schon so oft auf Fotos bewund… – nein, ermahne ich mich, schnell, nur gesehen! – habe, so unmittelbar vor mir zu haben. Er wirkt weniger hart und auftrainiert, sondern irgendwie echter, sanfter, anziehender … Moment, habe ich das jetzt wirklich gerade gedacht?
»Uwe«, sagt Jens und grinst mich an. »Da bist du ja.«
»Hattest du den Weihnachtsmann erwartet?«, zicke ich und versuche dabei, meinen Blick von seinem mit kleinen Wasserperlen überzogenen Körper loszureißen.
»Caradonna hat Bescheid gesagt, dass du kommst. Und für den Weihnachtsmann wäre dein Sack wahrscheinlich auch etwas klein?«
»Man muss schon ganz schön dämlich sein, um unter die Dusche zu gehen, wenn man noch Besuch erwartet.«
»Besuch?« Jens grinst mich an. »Das heißt, du möchtest länger bleiben?«
»Nicht, wenn es sich irgendwie verhindern lässt«, zische ich und halte ihm den Scheck entgegen.
»Moment«, sagt er und hebt entschuldigend die Hände. »Ich trockne mich nur schnell ab. Geh doch kurz in die Küche, ja? Nimm dir ein Bier.« Er dreht sich um und verschwindet durch eine Tür, hinter der ich Badezimmerkacheln sehe.
Schöne Scheiße. So viel zum Thema: Schnell rein, schnell raus, schnell nach Haus. Soll ich den Scheck einfach irgendwo hinlegen und mich dann vom Acker machen? Nein, das wäre albern. Und … und es würde sich dann so anfühlen, als wäre ich diesem Oberarsch schon wieder unterlegen. Als würde ich vor ihm weglaufen. Vor ihm und seinem tollen Körper. Herrje! Ich könnte jetzt wirklich ein Bier gebrauchen. Oder ein paar Wodkas.
Die Küche ist erstaunlich gemütlich, eine Mischung aus modernen Geräten und alten Möbeln. Außer der Kochzeile und dem tollen Esstisch gibt es hier sogar – Wie cool ist das denn? – ein Küchensofa mit einem weichen Teppich davor. Gefällt mir sehr gut. Hätte ich Jens nicht zugetraut. Ebenso wenig wie die angenehmen leisen brasilianischen Easy-Listening-Klänge.
Ich hole mir nach kurzem Zögern ein Bier aus dem Kühlschrank, nehme einen großen Schluck und setze mich an den alten, schweren Holztisch. Es ist ziemlich warm hier, riecht aber angenehm frisch nach Kräutern, die ich auf einem kleinen Bord vor dem Fenster entdecke. Der leichte Schweißfilm auf meinem Rücken klebt ein bisschen. Nach einem weiteren Schluck aus der Flasche greife ich nach einer Zeitung, die auf dem Tisch liegt, und fächele mir Luft zu. Der angenehme Hauch kühlt mein Gesicht ein wenig ab. So lässt es sich aushalten. Ich spüre, wie meine Nippel unter dem T-Shirt hart werden.
»Du fühlst dich schon ganz wie zu Hause?« Jens ist unbemerkt zurückgekommen. Zu meiner Überraschung hat er sich immer noch nicht angezogen, sondern kommt nur mit dem Handtuch bekleidet auf mich zu.
»Du ja offensichtlich auch«, nuschele ich etwas irritiert und will einen Schluck aus der kalten Flasche nehmen. Doch bevor ich sie an die Lippen setzen kann, greift Jens zu, nimmt sie mir ab und trinkt einen großen Schluck. Ich sehe, wie sein Adamsapfel auf und ab wandert. Noch ein Schluck. Und noch einer.
Jens lässt die Flasche sinken. Unwillkürlich folge ich ihr mit dem Blick – und sehe deswegen einen Moment später auf den Saum des Handtuchs, das er sich ziemlich tief sitzend um den Leib gewunden hat. Von seinem Bauchnabel schlängelt sich eine schmale Ameisenstraße abwärts. Und daneben …
»Was ist das denn?«, frage ich erstaunt. Ein Tattoo? Das hat der Maskenbildner für die Fotos bisher wohl abgedeckt.
Obwohl ich immer noch gebannt auf seinen Unterkörper starre, weiß ich, dass Jens nun ebenfalls hinuntersieht. »Mein Koi«, sagt er mit weicher Stimme. »Mein Prachtstück.«
»Worauf ich wetten möchte.« Herrje! Habe ich das jetzt wirklich laut gesagt? Uwe, reiß dich zusammen! »Also, der Fisch, meine ich. Cool.« Ich zwinge mich, zu Jens’ Gesicht hinaufzusehen. Warum muss der Mann eigentlich so nah vor mir stehen?
»Willst du mehr sehen?«, fragt er.
Ich mustere sein Gesicht und finde dort, zu meiner Überraschung, nichts von der Überlegenheit, die Jens sonst aus jeder Pore verströmt wie andere Leute Parfüm. Sein Blick ist freundlich. Neugierig. Und irgendwie … ein bisschen unsicher? Jens, der Supermann, weiß nicht so recht, ob er mit diesem Angebot zu weit gegangen ist? Ha!
Meine Nippel, die sich sicher bereits wie Kirschkerne unter meinem T-Shirt abzeichnen, beginnen zu prickeln. Oh-oh. Das ist jetzt vielleicht nicht so gut. Wenn sie sich so aufführen, dann wollen sie gekrault werden. Und zwar möglichst nicht von mir selbst.
Mein Mund wird trocken. Wieso ist es hier drin eigentlich so warm? Ich sollte dringend gehen! Genau, das werde ich Jens mal ganz schnell sagen. Scheck abgeben und weg. Besser ist das.
Vorgefertigtes Weltbild, meldet sich plötzlich Caradonnas Stimme in meinem Kurzzeitgedächtnis. Frechheit, denke ich. Und höre dann eine Stimme, die sich erstaunlicherweise haargenau wie meine eigene anhört, sagen: »Ja. Zeig her. Ich bin gespannt.«
Jens grinst mich an, beugt sich zu mir vor und drückt mich, der ich die ganze Zeit in Habtachtstellung auf dem Stuhl sitze, nach hinten. Dann tritt er einen Schritt zurück. Greift nach unten, öffnet das Handtuch so, dass es nun wie ein überdimensioniertes Feigenblatt zwischen seinen Beinen hinunterhängt und den Blick auf den Rest seines Körpers freigibt. Ich sehe trotzdem, dass er sich den Busch nicht ganz rasiert, sondern nur gestutzt hat. Der tätowierte Karpfen beschreibt eine Ellipse, beginnt zwischen Bauchnabel und Schamhaaren, verjüngt sich dann in einem eleganten Bogen und mündet in einer Schwanzflosse, die auf Jens’ Oberschenkel zu liegen scheint – und meinen Blick automatisch wieder zwischen seine Beine lenkt.
»Das ist … also … der ist wirklich gut gemacht«, sage ich.
»Gefällt’s dir?«
»Ja.«
»Und … er?« Mit diesen Worten lässt Jens das Handtuch los. Obwohl es sicher sehr schnell geht, habe ich das Gefühl, als würde ich es in Zeitlupe beobachten. Wie das weiße Frottee hinunterfällt. Den Schwanz freilegt, den ich schon in unzähligen nächtlichen Phantasien vor mir gesehen habe. Und der doch ganz anders ist. So, wie auch Jens’ Fotos perfekt sind und sein Körper tatsächlich ganz anders wirkt, weniger statuenhaft, sondern echter, wärmer, anziehender, ist auch sein Schwanz kein Tom-of-Finland-Prügel, nicht so wahnsinnig lang. Aber dick, fleischig, mit einer perfekt geformten, einladenden Eichel und zwei schweren Eiern.
Die Zeitlupe geht weiter. Oder ist der Film stehengeblieben? Ich weiß es nicht. Und will auch gar nicht drüber nachdenken. Stattdessen starre ich wie hypnotisiert auf diesen perfekten Schwanz.
Nach einer gefühlten Ewigkeit reiße ich endlich meinen Blick los und schaue nach oben. »Ich sollte jetzt ganz schnell irgendetwas Schlaues von mir geben«, sage ich.
»Warum?«, fragt Jens und grinst. »Damit ich darauf reagiere und wir uns sofort wieder die...