E-Book, Deutsch, Band 062024, 144 Seiten
Reihe: Julia
Lewis Und immer wieder nur du!
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7515-2461-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 062024, 144 Seiten
Reihe: Julia
ISBN: 978-3-7515-2461-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf der malerischen griechischen Insel Paxos trifft Archäologin Rose überraschend ihren ehemaligen Liebhaber Alessandro wieder. Auch wenn er sie einst ohne ein Wort des Abschieds verließ, herrscht sofort wieder eine prickelnd erregende Anziehungskraft zwischen ihnen. Doch schockiert erfährt Rose, dass Alessandro das Land gehört, auf dem sie die Ausgrabungen leitet - und er will dort unbedingt ein Hotel errichten! Um nicht ihr Projekt - und ihr Herz! - zu riskieren, muss sie der Sehnsucht nach seinen Küssen widerstehen ...
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1. KAPITEL
Es gibt Dinge, die lassen sich einfach nicht mit der Kamera einfangen, auch nicht mit einer hochwertigen digitalen SLR-Kamera. Der Ausblick von der Landspitze über das Ionische Meer gehörte dazu. Das Funkeln der Sonne auf dem azurblauen Wasser konnte man aufnehmen, das Licht, das von den weißen Dächern abprallte, sogar die Pracht der fast senkrechten weißen Klippen, die abrupt zum Meer hin abfielen. Nicht aber den salzigen Geruch der Meeresbrise oder das Gefühl warmer Sonne auf der Haut.
Die Kamera konnte auch nicht festhalten, wie aufgeregt Roses Herz schlug, weil sie wieder in Griechenland war, ebenso wenig wie die Vorfreude auf die Ausgrabung. Seit ihrer Jugend hatte Rose ein Nomadenleben geführt, doch nach Griechenland zog es sie immer wieder. Auf jeden Fall mehr als zu ihrem Geburtsort Birmingham mit seinem viel zu oft viel zu grauen Himmel.
Es war ihre Leidenschaft für Griechenland – genauer gesagt für das antike Griechenland –, die sie dazu gebracht hatte, Archäologie zu studieren. Diese Leidenschaft hatte früh begonnen, schon als Rose sieben gewesen war. Sie hatte ein Buch mit griechischen Mythen aus der Schule mitgebracht und jeden Abend im Bett darin gelesen, während ihre Eltern sich gestritten hatten. Dann, nachdem ihr Vater die Familie verlassen hatte, hatte sie jedes Buch über das antike Griechenland verschlungen, das sie in ihrer Schulbibliothek und in der öffentlichen Bücherei in die Hände kriegen konnte.
Das antike Griechenland war das Land der Mythen, Monster und Legenden. Die Grenze zwischen historischen Fakten und Fiktion verlief fließend, es war das Land des Trojanischen Pferds, der Labyrinthe, der Götter und Göttinnen. Und ein Ort, wo ein Mann zwanzig Jahre lang von seiner Familie getrennt sein und dennoch nach Hause zurückkehren konnte.
Anders als ihr eigener Vater. Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seit er sie und ihre Mutter verlassen hatte, um mit einer Frau, die er auf einer Dienstreise kennengelernt hatte, eine neue Familie zu gründen. Ein Jahr später hatten Rose und ihr Vater ein allerletztes Gespräch geführt.
„Es ist das Beste, wenn wir uns nicht mehr sehen. Wir leben jetzt ganz unterschiedliche Leben“, hatte ihr Vater gesagt.
„Er hat eine neue Familie und braucht uns nicht“, hatte ihre Mutter bitter kommentiert, während Rose auf dem Bett lag und weinte.
Ihr Vater hatte sie ersetzt, sie war nicht gut genug gewesen.
Seufzend wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und setzte ihren Hut wieder auf. Es tat ihr gut, in Griechenland zu sein und endlich auf Paxos graben zu können.
Das Ionische Meer war der Geburtsort von Odysseus, dem Helden der Odyssee von Homer, der nach zwanzig Jahren in der Fremde nach Ithaka zurückkehrte. Während Roses Kollegen im Allgemeinen davon ausgingen, dass Homers Gedichte frei erfunden waren, deutete eine Reihe von Entdeckungen im letzten Jahrzehnt darauf hin, dass auf diesen Inseln noch Ruinen aus der Bronzezeit vorhanden waren.
Kürzlich wurde auf Ithaka ein dreitausend Jahre alter Königspalast gefunden. Weitere Ruinen aus der Bronzezeit entdeckte man in der Nähe auf dem Festland bei Pylos. Es blieb abzuwarten, ob einer dieser Funde eindeutig mit Odysseus und Homers Lyrik in Verbindung gebracht werden konnte, aber Rose wollte unbedingt am Ball bleiben.
Ein Team des Athener Museums war damit beauftragt worden, eine Untersuchung der Fundstelle auf Paxos durchzuführen. Dort war ein Hotel geplant, doch eine Routineuntersuchung im Verlauf des Baugenehmigungsverfahrens hatte einiges ergeben, was näher angeschaut werden musste. Roses alter Mentor in Athen hatte sie sofort angerufen, da er ihr besonderes Interesse an den Ionischen Inseln kannte. Man wollte sogar, dass sie die Ausgrabung leitete, eine großartige Chance für ihre Karriere. Wenn sie gute Arbeit leistete, winkte eine Anstellung auf Lebenszeit.
Also hatte Rose London so schnell wie möglich verlassen und wohnte in einem kleinen Dorf namens Ninos. Jetzt stand sie in der Spätsommersonne, voller Hoffnung, dass das, was die Vermesser im Boden entdeckt hatten, sich als Sensation herausstellen würde.
Der Bereich, in dem sie gruben, war etwa halb so groß wie ein Fußballfeld. Auf der anderen Seite des Hügels befand sich ein Hotel, am Ende des Hügels standen Olivenbäume, und ein Weg führte zu einer kleinen Häusergruppe. Zu ihrer Rechten erstreckte sich das wundervolle Ionische Meer. Rose konnte sich keinen schöneren Arbeitsplatz auf dieser Welt vorstellen.
Wohlig streckte sie sich und nahm eine Wasserflasche aus ihrer Tasche. Durstig trank sie daraus und begutachtete den Stand der Sonne. Es war früher Nachmittag, sie hatten noch einige Stunden Tageslicht vor sich.
Eine Gestalt auf dem Hügel ließ ihr Herz plötzlich schneller schlagen. Der Mann kam ihr seltsam bekannt vor …
Das konnte doch nicht sein.
Er schritt an der Zaunlinie zum alten Hotel entlang. Ganz eindeutig beobachtete der Mann das Team. Seine Haltung wirkte angespannt und sein Gang steif. Sein Gesicht konnte sie nicht erkennen, weil die Sonne sie blendete.
Deine Fantasie geht mit dir durch. Das wäre ein zu großer Zufall.
Als sie Alessandro in Athen das letzte Mal gesehen hatte, war er aus ihrem Bett geklettert, in seine Shorts geschlüpft, hatte seine Lippen auf ihre gepresst. Sie hatten sich für abends in der Taverne unten in der Gasse verabredet. Zu diesem Anlass hatte Rose extra ihr neues weißes Leinenkleid angezogen, ein Luxus, den sie sich mit ihrem mageren Budget als Studentin kaum hatte leisten können, und hatte auf ihn gewartet – drei geschlagene Stunden! Erst hatte sie sich Sorgen gemacht, dann war sie sich dumm vorgekommen. Schließlich war sie zu seinem Zimmer im Studentenwohnheim zurückgekehrt und hatte es leer vorgefunden.
Er hatte sie nicht nur versetzt, er hatte sein Zimmer ausgeräumt und Athen verlassen. Das schloss aus, dass er in einen schrecklichen Unfall verwickelt oder irgendwie aufgehalten worden war. Schlimm genug, dass er Schluss gemacht hatte, nach allem, was sie in den letzten Wochen gemeinsam erlebt hatten. Obendrein hatte er sie auch noch drei Stunden lang in der Taverne warten lassen, während er seine Sachen gepackt hatte und ohne ein Wort verschwunden war.
Endlich, fast eine Woche später, hatte er sie angerufen. Es war das schlimmste Gespräch ihres Lebens gewesen.
„Es tut mir leid, Rose, ich musste gehen. Ich kann dich nicht mehr sehen.“
„Du hast gesagt, du liebst mich.“
Das darauf folgende Schweigen war vernichtend.
Schließlich erwiderte er: „Von nun an gehen wir getrennte Wege. Es ist das Beste, wenn wir den Kontakt abbrechen.“
Er hatte sich genau wie ihr Vater angehört.
Und genau wie ihr Vater hatte Alessandro eine andere Frau gefunden. Oder besser gesagt, er hatte sich bereits mit einer anderen getroffen, als er Rose kennengelernt hatte. Wider besseres Wissen hatte sie ihn einige Zeit später in den sozialen Medien gesucht und die Fotos gesehen. Alessandro mit zwei kleinen Kindern im Arm. Rasch hatte sie den Laptop zugeklappt. Mehr wollte sie gar nicht erfahren.
Rose senkte den Kopf, vergewisserte sich, dass ihr Hut ihr Gesicht bedeckte, und machte sich wieder an die Arbeit. Wer auch immer dieser Mann war, der sie beobachtete, er ging sie nichts an.
Sie konzentrierte sich darauf, mit einer kleinen Kelle systematisch Erde zu entfernen, während weitere Erinnerungen bruchstückhaft zurückkehrten. Alessandro hatte ihr erzählt, er sei am Ionischen Meer aufgewachsen, in der Nähe von Korfu, aber er hatte ihr nie gesagt, wo genau. Korfu lag nicht weit nördlich, vielleicht war es also Paxos. Über seine Familie hatte er nicht viel gesprochen. Seine Mutter war gestorben, als er noch ein kleiner Junge gewesen war, sein Vater gut zehn Jahre später. Er hat einen älteren Bruder, erinnerte sie sich. Und daran, dass er nie wieder auf den Inseln leben wollte.
Er und Rose hatten vorgehabt, gemeinsam um die Welt zu reisen …
Eine Lüge – wie alles, was er ihr erzählt hatte.
Vorsichtig lugte Rose unter der breiten Hutkrempe hervor. Der Mann stieg jetzt den Hügel hinab. Plötzlich wurde ihr ganz flau im Magen. Wie lange war es her, seit sie Alessandro zuletzt gesehen hatte? Dreizehn oder vierzehn Jahre? Dieser Mann besaß eine unheimliche Ähnlichkeit mit dem, in den sie sich vor einer halben Ewigkeit verliebt hatte.
Er näherte sich Gabriel, ihrem Stellvertreter, und der Wind trug seine tiefe, hallende Stimme zu ihr herüber. Da wusste sie es.
Ihre Kehle schnürte sich zu, und Rose senkte erneut den Kopf. Nichts von dem, was er ihr erzählt hatte, war die Wahrheit gewesen. Nicht sein Plan, Journalist zu werden, nicht sein Wunsch, die Welt zu bereisen, und schon gar nicht die Leidenschaft, die er angeblich für sie empfunden hatte.
Wie dumm sie damals gewesen war! Hatte sich allen Ernstes eingebildet, das zwischen ihnen sei etwas ganz Besonderes.
Jetzt, wo sie älter war, verstand sie sein Spiel: die naive Austauschstudentin verführen, ein paar Wochen lang mit ihr schlafen, ihr etwas vorschwindeln.
Er brachte sie dazu, ihre Träume, Gedanken und Wünsche mit ihm zu teilen, verriet ihr aber nichts über sein wirkliches Leben.
Rose wusste, dass er Shakespeare liebte und die Welt verändern wollte, hatte hingegen keine Ahnung, wo genau er aufgewachsen war. Oder dass er Kinder hatte.
Okay, damals hatte sie angenommen, ihr würde jede Menge Zeit bleiben für die alltäglichen Fragen. Sie war fest davon ausgegangen, ihn wiederzusehen, hatte ihm...