Leonhardt | Grundwissen Hörgeschädigtenpädagogik | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 302 Seiten

Reihe: Basiswissen der Sonder- und Heilpädagogik

Leonhardt Grundwissen Hörgeschädigtenpädagogik

E-Book, Deutsch, 302 Seiten

Reihe: Basiswissen der Sonder- und Heilpädagogik

ISBN: 978-3-8463-5896-2
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses verständlich geschriebene Lehrbuch liegt nun in der fünften, aktualisierten Auflage vor.
Es bietet einen grundlegenden und systematischen Überblick über die Aufgaben und Ziele der Hörgeschädigtenpädagogik, die Arten von Hörschäden und deren Auswirkungen sowie Diagnostik und Fördermöglichkeiten. Berücksichtigt werden auch Erkenntnisse aus der Cochlea-Implantat-Versorgung, der Sprachentwicklungsforschung und der Hörphysiologie.
Der didaktische Aufbau, die Übungsaufgaben mit Lösungshinweisen und das Glossar sowie ausführliche Fallbeispiele erleichtern das Einarbeiten in den Gegenstand und die Fragen der Hörgeschädigtenpädagogik.
Leonhardt Grundwissen Hörgeschädigtenpädagogik jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Vorwort zur fünften Auflage 9
Vorwort zur ersten Auflage 10
Hinweise zur Benutzung dieses Lehrbuches 12
1 Wer ist hörgeschädigt? 13
2 Ziel und Gegenstand der Hörgeschädigtenpädagogik 23
2.1 Pädagogische Kennzeichnung von Schwerhörigkeit, Gehörlosigkeit/Taubheit und Ertaubung 23
2.2 Ziele der Hörgeschädigtenpädagogik 31
2.3 Gegenstand der Hörgeschädigtenpädagogik 35
2.4 Übungsaufgaben zu Kapitel 2 41
3 Hörschäden im Kindes- und Jugendalter 42
3.1 Anatomische und physiologische Vorbemerkungen 42
3.2 Arten und Ausmaß von Hörschäden 52
3.3 Ursachen 60
3.4 Häufigkeit 67
3.5 Übungsaufgaben zu Kapitel 3 78
4 Beschreibung des Personenkreises 80
4.1 Schwerhörige 83
4.2 Gehörlose 89
4.3 Postlingual schwerhörig gewordene Erwachsene 91
4.4 Ertaubte 92
4.5 Cochlea Implantat-Träger 95
4.6 Einseitig Hörgeschädigte 97
4.7 Kinder und Jugendliche mit AVWS 98
4.8 Übungsaufgaben zu Kapitel 4 99
5 Audiometrische Diagnostik 101
5.1 Orientierende Hörprüfung 102
5.2 Audiometrie 103
5.3 Übungsaufgaben zu Kapitel 5 109
6 Hörsysteme 110
6.1 Individuelle Hörsysteme 111
6.2 Höranlagen 114
6.3 Übungsaufgaben zu Kapitel 6 117
7 Cochlea Implantate 118
7.1 Übungsaufgaben zu Kapitel 7 129
8 Lautsprache 130
8.1 Lautsprache in mündlicher Modalität 130
8.2 Lautsprache in schriftlicher Modalität 133
8.3 Manualsysteme / Lautsprache in daktyler Modalität 135
8.4 Übungsaufgaben zu Kapitel 8 140
9 Gebärdensprache und Gebärdensprachbewegung 141
9.1 Übungsaufgaben zu Kapitel 9 152
10 Besondere Bildungs- und Erziehungsaufgaben 153
10.1 Hörerziehung / Hörentwicklung 153
10.2 Rhythmisch-musikalische Erziehung /Rhythmik/ Rhythmik und Musik 157
10.3 Sprechentwicklung 161
10.4 Visuelle Lautsprachperzeption 163
10.5 Gebärdenspracherwerb 165
10.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 10 167
11 Bedeutung und Aufgabenfelder der Frühförderung 168
11.1 Übungsaufgaben zu Kapitel 11 184
12 Spezielle Institutionen und Maßnahmen für die Bildung und Erziehung 185
12.1 Pädagogisch-Audiologische Beratungsstelle 186
12.2 Frühförderung 189
12.3 Eltern-Kind-Angebote /Elternwochenenden /Familientage 191
12.4 Kindergarten-/Vorschulerziehung 193
12.5 Förderzentrum, Förderschwerpunkt Hören 195
12.6 Berufliche Bildung und Studium 199
12.7 Weitere Institutionen und Maßnahmen 202
12.8 Übungsaufgaben zu Kapitel 12 205
13 Bildung und Erziehung in inklusiven Settings 207
13.1 Inklusiver Kindergarten-/-tagesstättenbesuch 209
13.2 Inklusive Beschulung 211
13.3 Übungsaufgaben zu Kapitel 13 215
14 Jugend- und Erwachsenenalter 216
14.1 Berufliche Eingliederung, Aus-, Fort- und Weiterbildung 216
14.2 Erwachsene mit Hörschädigung 219
14.3 Altersschwerhörige 224
14.4 Übungsaufgaben zu Kapitel 14 228
15 Überblick über die Geschichte der Hörgeschädigtenpädagogik 229
15.1 Erziehung Hörgeschädigter von den Anfängen bis zum Mittelalter 230
15.2 Hörgeschädigte im Mittelalter 232
15.3 Aufklärung und Neuzeit: Die Entstehung einer institutionalisierten Bildung Gehörloser 240
15.4 Konzeptionen und Bewegungen Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts 250
15.5 Hörgeschädigtenpädagogik im Dritten Reich 266
15.6 Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart 267
15.7 Übungsaufgaben zu Kapitel 15 271
Anhang 273
Glossar 273
Literatur 280
Bildquellennachweis 297
Fachzeitschriften 297
Organisationen für Hörgeschädigte 298
Sachregister 299


2Ziel und Gegenstand der Hörgeschädigtenpädagogik
2.1Pädagogische Kennzeichnung von Schwerhörigkeit, Gehörlosigkeit/Taubheit und Ertaubung
Schwerhörige, gehörlose oder ertaubte Personen sowie Personen nach der Versorgung mit einem Cochlea Implantat (CI) – von sich selbst auch als ‚CI-Träger‘ bezeichnet – bilden die Gruppe der (peripher) Hörgeschädigten. Ihnen gemeinsam ist die Minderung oder (in selteneren Fällen) der Ausfall des Hörvermögens. Zum Aufgabenbereich der Hörgeschädigtenpädagogik gehören seit Ende des letzten Jahrtausends auch Schüler mit Auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS), einer Höreinschränkung bei an sich normalem Hörvermögen. Es handelt sich um eine zentrale (Wahrnehmungs- und Verarbeitungs-)Störung, die vorzugsweise in schulischen Lernkontexten eine Rolle spielen. Eine periphere Schädigung des Gehörs liegt hier nicht vor. Begriffsbestimmungen von Schwerhörigkeit, Gehörlosigkeit/Taubheit und Ertaubung sind eine wichtige Grundlage für die pädagogische, therapeutische, medizinische und psychologische Versorgung der betroffenen Menschen und damit letztendlich auch für ihre soziale und menschliche Anerkennung in der Gesellschaft, für ihre Rehabilitation und Inklusion. Schwerhörigkeit Gehörlosigkeit/Taubheit Ertaubung Die Auffassungen darüber, ob jemand beispielsweise „gehörlos/taub“ oder „schwerhörig“ ist, sind aus der Sicht der Medizin, aus der Sicht der Pädagogik und aus der Sicht der Betroffenen oft abweichend: Aus der Sicht der Medizin wird jede Funktionsstörung des Hörorgans erfasst, während sich die Pädagogik auf solche beschränkt, die die Beziehung zwischen Individuum und Umwelt beeinträchtigen und damit soziale Auswirkungen auf den Betroffenen haben. Aus der Sicht eines Teils der Betroffenen wird im Zusammenhang mit der seit den 1980er Jahren stattfindenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die Gebärdensprache und der damit verbundenen Emanzipationsbewegung der Gehörlosen versucht, die Begriffe „Gehörlosigkeit“ und „gehörlos sein“ ebenfalls terminologisch zu bestimmen. Ein Mensch mit Hörschädigung kann sich, unabhängig vom Ausmaß der Hörschädigung, selbst als „gehörlos“ definieren, wenn er sich dieser kulturellen Minderheit zugehörig fühlt. Ihre Anknüpfungspunkte sind dabei, dass Gehörlose eine eigene Sprache (die Gebärdensprache) und eine eigene Kultur (in Fachkreisen Gehörlosenkultur genannt) haben. Aus der amerikanischen Literatur ist bekannt, dass „deaf“ bezogen auf das Individuum (also bzgl. der vorhandenen Sinnesschädigung) und „Deaf“ im Sinne der Gemeinschaft und der Minoritätenkultur gebraucht wird (s. auch Padden / Humphries 1991, 10). Die Interessen der Gehörlosen werden verbandsmäßig durch den Deutschen Gehörlosenbund (gegründet 1950 „als Rechtsnachfolger des Reichsverbandes der Gehörlosen Deutschlands [REGEDE]“) vertreten (Deutscher Gehörlosen-Bund e. V. o. J.). Ebenso ist eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit der erwachsenen Personen, die mit einem Cochlea Implantat versorgt sind, zu beobachten. Sie versuchen, ihre Interessen und Bedürfnisse durch die bundesweite Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft e. V. (DCIG e. V.), der zeitlich nachfolgenden Gründungen von Regionalverbänden (z. B. in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Berlin-Brandenburg, Bayern und die Hannoversche Cochlea Implantat Gesellschaft e. V.), zahlreiche Selbsthilfegruppen und letztendlich durch die Gründung einer europäischen Vereinigung, der European Association of Cochlear Implant Users (EURO-CIU), zum Ausdruck zu bringen und entsprechende Unterstützung zu finden. 2000 gründete sich der Verein der Lautsprachlich Kommunizierenden Hörgeschädigten Deutschlands (LKHD) nach dem Schweizer Vorbild Lautsprachlich Kommunizierende Hörgeschädigte (LKH). Auch die Mitglieder dieser Gruppe definieren sich selbst – hier als „hörgeschädigt“ –, obwohl nahezu alle Gründungsmitglieder nach der klassischen Einteilung (Kap. 3.2) laut Audiogramm gehörlos, bestenfalls an Taubheit grenzend schwerhörig sind. Ihr Hauptanliegen war es, Menschen mit Hörschädigung eine Integration in die „hörende“ Gesellschaft zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Sie wollten einen Verein, in dem sich die Betroffenen selbst für die Lautsprache und die Integration in die hörende Gesellschaft einsetzen. Mit der Einführung des universellen Neugeborenenhörscreenings und der deutlich verbesserten Versorgung mit Hörsystemen sahen die Mitglieder der LKHD wesentliche Teile ihrer Forderungen als erfüllt an und wurden (zumindest nach außen) nicht mehr aktiv. Der DSB (Deutscher Schwerhörigenbund) sieht sich als „bundesweiter Selbsthilfeverband schwerhöriger und ertaubter Menschen“ (DSB o. J.). Er vertritt die Interessen der schwerhörigen Menschen, fühlt sich aber auch für ertaubte Menschen, CI-Träger oder Menschen mit Tinnitus zuständig. Der DSB wurde 1901 in Berlin gegründet und ist damit eine der ältesten Selbsthilfe-Organisationen Deutschlands (a. a. O.). Außenstehende – gemeint sind hier Personen, die keinen oder nahezu keinen Kontakt zu Menschen mit Hörschädigung haben – verfügen oft über völlig falsche Vorstellungen über „Gehörlose/Taube“, „Schwerhörige“ und „Ertaubte“. So stellen sie sich Gehörlose bzw. Taube zumeist als Personen vor, die überhaupt keine auditiven Empfindungen haben (also gar nicht hören). Schwerhörige sehen sie oft als Personen, mit denen man sehr laut und überdeutlich sprechen muss. Dass Schwerhörige, bei denen lautes und deutliches Sprechen hilfreich ist, nur eine geringe Anzahl aller Schwerhörigen ausmachen, ist kaum bekannt. Falsch ist auch die Vorstellung, dass ein Hörsystem einen Hörverlust ausgleichen kann. Ein Hörsystem vermag Qualität und Quantität der auditiven Eindrücke wesentlich zu verbessern, es bleibt aber auch bei optimaler Hörsystemeanpassung und -versorgung ein verändertes Hören. Darüber, welche Personen zu den Ertaubten zählen, haben die meisten eine klare Vorstellung, nicht jedoch von den Problemen, die eine Ertaubung für die Betroffenen mit sich bringt. Tab. 1: Bestimmung des Grades der Behinderung (GdB) aus den prozentualen Hörverlusten beider Ohren (aus: Feldmann 2006,124). Die Eckwerte für die Einstufung sind: 20 % GdB für einseitige Taubheit 80 % GdB für beidseitige Taubheit von 20 bis 40 % GdB für beidseitige mittelgradige Schwerhörigkeit von 40 bis 60 % GdB für beidseitige hochgradige Schwerhörigkeit von 80 bis 100 % GdB für angeborene oder in der Kindheit erworbene Taubheit Die Auswirkungen einer Hörschädigung können in verschiedenen Bereichen sehr unterschiedlich sein. Folglich ergeben sich unterschiedliche Sichtweisen, ob eine Hörschädigung beispielsweise für Zwecke der Sozialleistung, aus pädagogischen Gründen oder aus medizinischer Sicht zu werten ist. So gibt es für die einzelnen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens unterschiedliche Definitionen, Bezeichnungen und Abgrenzungen, die zudem vom jeweiligen Stand der gesellschaftlichen Entwicklung (z. B. entsprechend dem Niveau fürsorgerechtlicher Leistungen) abhängig sind. Die Problematik wird auch deutlich durch die wiederkehrenden Diskussionen um den Grad der Behinderung (GdB). Die Bewertung der tatsächlichen Auswirkungen der Hörbehinderung ist schwierig, da es ein objektives Maß nicht gibt. Die Feststellung des GdB aufgrund einer Hörschädigung erfolgt anhand der Ergebnisse audiometrischer Untersuchungen. Nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) wird das Ausmaß einer Behinderung in Prozentwerten ausgedrückt, die angeben, in welchem Umfang die individuelle Integrität eines Menschen durch die Behinderung(en) beeinträchtigt wird. Grad der Behinderung Dieses abstrakte Maß wird als Grad der Behinderung (GdB) bezeichnet. Für Schwerhörigkeit wird der GdB nach der sog. Feldmann-Tabelle ermittelt (Tab. 1). Diese geht auf Vorschläge von Feldmann aus den 1960er Jahren zurück und wurde kontinuierlich weiterentwickelt. Mit ihrer Hilfe lässt sich der prozentuale Hörverlust aus der Hörweitenprüfung bestimmen. Die Problematik der Einstufung zeigt sich auch darin, dass bei Vorliegen mehrerer Behinderungen rein rechnerisch die Summe der einzelnen GdB größer sein kann als 100 %, anerkannt werden aber immer nur maximal 100 %. Ein internationaler Vergleich zeigt Ähnliches. Hinzu kommt, dass auch heute noch in verschiedenen Ländern unterschiedliche Begriffsbestimmungen existieren. Die Schwierigkeiten beim Gebrauch von Behinderungsbegriffen und die damit verbundenen sprachlichen Wertungen zeigen sich auch in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD; International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Diese wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben (kurz auch als Internationale Klassifikation der Krankheiten bezeichnet). 2018 ist die ICD-11 erschienen. Die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) (deutsch: Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) ist ebenfalls eine Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dient fach- und länderübergreifend...


Leonhardt, Annette
Prof. Dr. Annette Leonhardt lehrte im Bereich Sonderpädagogik an der LMU München.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.