Leitner | Gewaltfreie Kommunikation in der KiTa | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Leitner Gewaltfreie Kommunikation in der KiTa

Wertschätzende Beziehungen gestalten – zu Eltern, Kindern, im Team und zu sich selbst
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7495-0156-4
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Wertschätzende Beziehungen gestalten – zu Eltern, Kindern, im Team und zu sich selbst

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-7495-0156-4
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Emanzipatorisch und gesellschaftskritisch zugleich Die Qualität der Beziehungen und die Art und Weise der Interaktionen bestimmen ganz wesentlich die Qualität der Arbeit in einer Kindertagesstätte. Es ist deshalb wichtig, eine positive Haltung zu sich selbst und anderen Menschen zu finden und eine Sprache, die dieser Qualität dient. Dafür bietet sich die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall Rosenberg an. Das Buch beleuchtet die unterschiedlichen Arten von Beziehungen im KiTa-Alltag: innerhalb des Teams, zu den Kindern, zu den Eltern und zu sich selbst. Zahlreiche Übungen und Geschichten aus der Praxis helfen, GFK-Wissen umzusetzen und praktisch zu leben. Marshall Rosenberg sah zwei unmittelbar miteinander verbundene Herausforderungen: '... uns selbst und unser persönliches Umfeld von der Gewalt in unserer Sprache und unserem Denken zu befreien. Und andererseits ist es unsere Aufgabe, die Machtstrukturen zu verändern, die uns überhaupt erst so konditioniert haben und die immerfort das Unglück produzieren, das wir bekämpfen'. Auf diesem Weg will das Buch pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen begleiten. 'Wenn es uns gelingt, die eigene Selbstfürsorge stetig im Blick zu behalten, Mitmenschlichkeit und Fürsorge zu leben und auf Augenhöhe zu kommunizieren, dann wird es gelingen, dass sich Kindertagesstätten stetig zu KiTas der Zukunft weiter zu entwickeln. Darin hat mich 'Gewaltfreie Kommunikation in der KiTa' bestärkt! Danke, liebe Barbara Leitner, Ihr Buch ist ein echter Mutmacher und ein unbezahlbarer Schatz für die frühkindliche Bildung.' - Katrin Schmidt-Sailer, www.empathieleben.de

Barbara Leitner, Prozessbegleiterin, Trainerin und Coach, war mehr als 30 Jahre als Journalistin tätig. Sie beschäftigt sich u.a. mit Themen aus Bildung und Pädagogik. Seit 2008 gibt sie Seminare zur Gewaltfreien Kommunikation.
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Weitere Infos & Material


1. Gewaltfreie Kommunikation trifft Frühpädagogik – eine glückliche Verbindung


„Ich begreife es einerseits als unsere Aufgabe, uns selbst und unser persönliches Umfeld von der Gewalt in unserer Sprache und in unserem Denken zu befreien. Und andererseits ist es unsere Aufgabe, die Machtstrukturen zu verändern, die uns überhaupt erst so konditioniert haben und die immerfort das Unglück produzieren, das wir bekämpfen.“

(Marshall B. Rosenberg 2004a, S. 133)

1.1 Die Entstehung der GFK und ihre Bedeutung für die Haltung gegenüber Kindern


Respekt vor jedem Kind

Kinder kommen auf die Welt und warten auf die Bestätigung: „So, wie du bist, bist du richtig und bereicherst mein Leben.“ Das wünschen sich Kinder auch dann, wenn sie ein Verhalten zeigen, mit dem die Erwachsenen nicht einverstanden sind. Marshall Rosenberg, der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation (GFK), war davon überzeugt: (Kleine) Kinder sind auf natürliche Weise mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen verbunden. Bereits wenige Wochen nach der Geburt lächeln sie, wenn jemand ihre Bedürfnisse beantwortet. Sie schreien, wenn sie hungrig sind, sie eine neue Windel brauchen oder wenn es ihnen langweilig ist und sie sich Kontakt wünschen. Da gibt es nichts Verstelltes, Anklagendes. Eindeutig geben sie Auskunft über sich: „So geht es mir gerade. Bist du bereit, für mich da zu sein?“, und suchen die Verbindung. Für den amerikanischen Psychologen waren Kinder „Natur-Giraffen“.

Giraffen- versus Wolfssprache

In Jahrzehnten eigenen Lernens entwickelte Marshall Rosenberg, beginnend in den 1980er-Jahren, ein Kommunikationsmodell, das er auch „empathische Kommunikation“ oder „Giraffensprache“ nannte. Dieses inzwischen auf der ganzen Welt verbreitete Modell hilft, Konflikte zu lösen, ohne dass es Gewinner*innen und Verlierer*innen gibt, egal ob es um Streit in der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz geht oder sogar um kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Gruppen und Völkern. Es sensibilisiert Menschen dafür, was Worte anrichten können. Sie können Mauern errichten, wehtun und trennen. Zugleich können Worte auch Fenster sein, durch die sich Menschen füreinander öffnen und sich besser verstehen.

In seinen Seminaren setzte Marshall häufig zwei Handpuppen ein: die Giraffe und ihren Gegenspieler, den Wolf. Letzterer gilt als Metapher für eine Kultur der Herrschaft und der Dominanz, des Rechthabens und des Kleinmachens. Giraffen, die Landtiere mit dem größten Herzen, stehen für ein freundliches, mitfühlendes, dennoch kraftvolles und klares Verhalten, das eine Verbindung spüren lässt. Mit einem einfachen Satz kann man einem anderen Menschen die Hände reichen als eine Geste für: „Ich verstehe dich. Ich sehe dich.“ Die Sprache hingegen, in der sich der Wolf äußert, ist geprägt von Schuld bzw. Beschuldigung sowie von Beschämung. Die führt zu Trennung, Schmerz, Ärger und Angst. Liebevoll fügte Marshall Rosenberg hinzu, dass der Wolf eigentlich eine Giraffe mit Sprachfehler sei. Denn auch mit seinen wertenden, anklagenden Mitteilungen drückt der Wolf aus, was er dringend braucht. „Sei still!“ oder „Du störst!“ könnte beispielsweise heißen: „Ich brauche so dringend Ruhe. Bist du bereit, mich darin zu unterstützen?“

Es gibt einige Zeilen, die diese fatale Metamorphose sehr anschaulich beschreiben – eine Verwandlung, die ich bei mir selbst häufig beobachten konnte und die ich auch bei anderen, selbst bei Kindern, hin und wieder wahrnehme:

Wir wollen alle geliebt werden.

Werden wir nicht geliebt,

wollen wir bewundert werden.

Werden wir nicht bewundert,

wollen wir gefürchtet werden.

Werden wir nicht gefürchtet,

wollen wir gehasst und missachtet werden.

Wir wollen ein Gefühl

in unseren Mitmenschen auslösen,

ganz gleich, um welches es sich dabei

auch handeln mag.

Die Seele zittert vor Leere

und sucht Kontakt

um jeden Preis.

(Hjalmar Söderberg, 1869–1941)

Mit seinem Modell der GFK wollte Marshall Rosenberg daran erinnern, dass wir Menschen seit unserer Kindheit und oft über Generationen hinweg eine tiefe Sehnsucht in uns tragen: „… unser einfühlendes Wesen, das sich wieder entfaltet, wenn die Gewalt in unserem Herzen nachlässt“ (Rosenberg 2004, S. 22). Der idealistische Friedenskämpfer war davon überzeugt: Vor Millionen von Jahren fingen die Menschen an zu sprechen, um in Verbindung zu sein. Deshalb suchte Rosenberg nach einer Sprache, die diese Verbindung unterstützt und nährt.

Die Verbundenheit zwischen den Menschen anzuerkennen und zu stärken und damit für den Frieden im Kleinen wie im Großen zu wirken – dafür trat Marshall Rosenberg klar, charismatisch und auch humorvoll in seinen Workshops und Seminaren weltweit ein. Alle Menschen, so seine Botschaft, egal wo sie leben, ob jung oder alt, gleich welcher Herkunft, gleich welcher Religion oder Kultur sie angehören, haben die gleichen menschlichen Bedürfnisse: Sie alle brauchen Luft zum Atmen, Nahrung und ein Dach über dem Kopf. Alle Menschen brauchen andere Menschen, Gemeinschaft, Geborgenheit, Verständnis und Unterstützung. In ihre Gemeinschaft wollen sie sich einbringen, wollen angenommen und geschätzt werden, wollen Freude empfinden, sich ausdrücken und kreativ tätig werden, einzigartig sein sowie gesehen werden, wie sie sind. Indem sie ihre Bedürfnisse leben, bereichern sie die Gesellschaft und tragen zu Veränderungen bei – jeder an seinem Platz. In diesem Sinne kann die Gewaltfreie Kommunikation auch die Kindertagesstätten1 bereichern, die erste Bildungsinstitution, mit der Kinder hierzulande in Kontakt kommen.

Gehen wir mit der Haltung der GFK an Dinge heran, befreit uns das von der Last der Anforderungen. Stattdessen haben wir die Freiheit der Wahl und die Chance, Verantwortung für uns selbst und das eigene Umfeld zu übernehmen. In der Haltung der GFK fragen sich einzelne pädagogische Fachkräfte und Teams: Worum geht es mir / worum geht es uns? Was ist mir / uns wirklich wichtig? Wofür möchte ich meine / möchten wir unsere Kraft nutzen? Was brauche ich dafür? Verbunden mit einer Vision öffnen sich durch diese Haltung Wege zum kraftvollen, engagierten gemeinsamen Handeln. Das wird nicht gelingen, ohne Verantwortung für die eigenen Gefühle und Bedürfnisse, aber auch für Gedanken zu übernehmen, und verlangt eine ständige Auseinandersetzung mit sich selbst und anderen. Für diesen Prozess will das Buch eine Anregung und Unterstützung sein. Es ist in Dankbarkeit und Würdigung für Marshall Rosenberg und all meine anderen Lehrer*innen geschrieben sowie auch in Dankbarkeit für die vielen Erfahrungen, die ich als Prozessbegleiterin, Trainerin und Coach sowie als Journalistin in den zurückliegenden drei Jahrzehnten in und um Kindertagesstätten sammeln durfte.

Vom Raufbold zum Friedensstifter

Marshall Rosenberg bewies durch sein eigenes Leben, dass jeder Mensch in der Lage ist, wirksam zu sein und Impulse zu Veränderungen zu geben. 1934 geboren und 2015 gestorben, wuchs er in einer jüdischen Familie in der einstigen US-Auto-Metropole Detroit auf. Als Junge lernte er, nicht zu weinen. Dabei war er in der Schule häufig Anfeindungen wegen seiner Herkunft ausgesetzt. Als Neunjähriger erlebte er die Aufstände der Schwarzen gegen die Rassendiskriminierung mit und deren brutale Niederschlagung; eine Erfahrung, die ihn erschütterte. In seinen Jugendjahren galt er selbst als gefürchteter Raufbold. Dabei hatte er auch liebenswürdige, großherzige Seiten erfahren, vor allem von einer seiner Großmütter, die er mit viel Wärme beschrieb. Sie teilte das wenige, das sie hatte, mit anderen Menschen. Deshalb bewegten Marshall seit seiner Kindheit zwei Fragen: Warum sind manche Menschen fähig, sich in andere einzufühlen und auch unter schwierigen Bedingungen Verständnis und Mitgefühl zu entwickeln? Und warum scheinen manche Menschen nicht dazu in der Lage zu sein und verletzen ihr Gegenüber und empfinden nichts dabei?

Um Antwort auf diese Fragen zu finden, studierte Rosenberg klinische Psychologie, promovierte und wurde Psychotherapeut. Einer seiner Lehrer war Carl Rogers, der Begründer der klientenzentrierten Gesprächstherapie. Einige Zeit führte er eine erfolgreiche Privatpraxis. Allerdings bemerkte er, dass er bei seinen – vorwiegend weiblichen – Klient*innen nur individuelle Symptome heilen konnte. Die gesellschaftlichen Strukturen und die Art, miteinander zu sprechen und zu handeln, blieben davon unbeeinflusst und machten weiter krank. Das ließ ihm keine Ruhe. Er sah, wie riesig das Ausmaß des Leidens auf unserem Planeten ist. Deshalb suchte er nach Wegen, Menschen mit den grundlegenden Kenntnissen über ihr eigenes Wesen vertraut zu machen und die helfenden, heilenden Werkzeuge der Psychologie und Psychotherapie nicht länger nur den Therapeuten zu überlassen. Er wollte die mitfühlenden Seiten in jedem Menschen wecken und alle befähigen, die Gesellschaft insgesamt zu verändern.

Vor allem in den letzten Jahren seines Lebens war ihm der Einsatz für den „sozialen Wandel“, wie er es nannte, sehr wichtig. Dabei inspirierte ihn u.a. der brasilianische Befreiungspädagoge Paulo Freire. Dieser alphabetisierte in den 1950er- und 1960er-Jahren die Bauern seines Landes, indem er sie unterstützte, Protestbriefe über ihre Lebensbedingungen an die Regierung zu schreiben. Freire schlug so zwei Fliegen mit einer Klappe: Lernen und Empowerment. Auch Rosenberg wollte ein einfaches Modell entwickeln, um Menschen zu bestärken, sich für ihr eigenes Leben und die Welt verantwortlich zu fühlen und entsprechend zu...


Leitner, Barbara
Barbara Leitner, Prozessbegleiterin, Trainerin und Coach, war mehr als 30 Jahre als Journalistin tätig. Sie beschäftigt sich u.a. mit Themen aus Bildung und Pädagogik. Seit 2008 gibt sie Seminare zur Gewaltfreien Kommunikation.

Barbara Leitner, Prozessbegleiterin, Trainerin und Coach, war mehr als 30 Jahre als Journalistin tätig. Sie beschäftigt sich u.a. mit Themen aus Bildung und Pädagogik. Seit 2008 gibt sie Seminare zur Gewaltfreien Kommunikation.



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