Leimgruber / Echter / Spielberg | Lebendige Seelsorge 5/2024 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 72 Seiten

Reihe: Lebendige Seelsorge

Leimgruber / Echter / Spielberg Lebendige Seelsorge 5/2024

Segen
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-429-06688-8
Verlag: Echter
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Segen

E-Book, Deutsch, 72 Seiten

Reihe: Lebendige Seelsorge

ISBN: 978-3-429-06688-8
Verlag: Echter
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Je nach Definition sind über 30 Prozent der Bevölkerung in Deutschland psychisch stark belastet oder sogar manifest psychisch krank. Nach Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums gehen rund zehn Prozent der Fehltage bei den Berufstätigen auf Erkrankungen der Psyche zurück. Depressionen, Alkoholerkrankungen, bipolare Störungen und Schizophrenien
gehören dabei zu den häufigsten Krankheitsbildern.
Trotz dieser enormen Verbreitung gehören psychische Erkrankungen zu den weiterhin sehr stabilen Tabus. Man spricht über vieles, man klagt auch über vieles, aber nach wie vor verschweigt man eher, wenn man eine Psychotherapie in Anspruch nimmt, hinsichtlich psychischer Beschwerden Medikamente einzunehmen hat oder stationäre Aufenthalte benötigt. Physische
Erkrankungen sind erheblich öffentlicher und gesprächsneutraler als psychische. Das kann sogar so weit gehen, dass man letztere verharmlost: Jeder hat doch mal Schlafbeschwerden; jede kurbelt doch im Hamsterrad; Panik schieben wir doch alle irgendwie. Alles nicht so tragisch.
Das Themenheft hat drei Ziele: Es will zunächst über psychische Erkrankungen informieren. Raus aus der Schweigespirale damit! Zweitens kommt die enge Verbindung von Psychologie und Seelsorge in den Blick. Wo kann man sich ergänzen, wo sollte man delegieren? Drittens erhalten
Sie Einblicke, wie und wo christliche Seelsorge die Tabu- und Stigmalogik rund um psychische Erkrankungen aufdecken und durchbrechen kann.
Unsere Gesprächspartnerin im Interview sagt es so: „Dass Gott auch mitten im Zerbrechlichen da ist, sollten wir vielleicht stärker in den Vordergrund stellen.“

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Segen: um miteinander dem Leben zu trauen! „Können Sie unsere Beziehung segnen?“, fragt ein Paar mit katholischem und jüdischem Hintergrund die evangelische Pfarrerin per E-Mail. Zusätzlich zur standesamtlichen Trauung wünschen sich beide noch etwas, und sie wollen zu zweit kommen. Ihre Antwort: „Ja gerne. Erzählt doch erst mal eure Geschichte, dann schauen wir, was passt …“. Stephan Winter Pfarrerin Johanna Friese kann von vielen ähnlichen Begegnungen erzählen, besonders im Rahmen der Pop-Up-Hochzeitsfestivals, die das Segensbüro Berlin (vgl. Segensbüro Berlin) regelmäßig veranstaltet. In diesem konkreten Fall hatte sich im Austausch ergeben: Frau wie Mann, die um den Segen baten, verband der Glaube an Gott. Auch sie sahen im Segen ein Ritual, das ausdrücklich die Heiligkeit des Lebens würdigt – Heiligkeit im Sinne der Dimension, in der aufscheint, dass Leben nicht gänzlich in dem aufgeht, was sich raumzeitlich verrechnen lässt. Damit war eine Basis gegeben, um gemeinsam einen Segen zu feiern. Exemplarisch wird hier deutlich: Für das Gesamtkonzept des Segensbüros und dessen verschiedene Angebotsformate ist grundlegend, dass vor der Realisierung eines Rituals ein Gespräch darüber erfolgt, mit welcher Motivation, welchen Grundeinstellungen und welchen individuellen Vorgeschichten die Menschen zur Startbahn oder der Genezarethkirche in Neukölln kommen. Doch inwiefern reicht gegebenenfalls eine (nur) passagere Begegnung aus, um unterschiedlich religiös/spirituell und/oder weltanschaulich ausgerichtete Menschen durch einen (hier sogar: kirchenoffiziell verantworteten) Segen zusammenzuführen? Wie weitgehend müssen dabei Vorstellungen zur Heiligkeit des Daseins und der gesamten Wirklichkeit übereinstimmen? SEGENSRITUALE HABEN KONJUNKTUR
Seit Längerem haben Praktiken des Segens Konjunktur und auch die wissenschaftliche Diskussion hat konfessionsübergreifend zugenommen (vgl. unter anderem Leuenberger 2015a; Knop/Kranemann 2020), zuletzt innerkatholisch verschärft aufgrund der umstrittenen römischen Erklärung Fiducia supplicans über die pastorale Sinngebung von Segnungen (vgl. dazu unter anderem Winter 2024). Insgesamt fällt dabei auf, dass Segensrituale sowohl in eher traditional geprägten Kontexten beliebt sind – erinnert sei zum Beispiel an Sachbenediktionen von Erstkommunion- oder Firmgeschenken, den Blasiussegen et cetera – als auch in plural geprägten Zusammenhängen innovative bis experimentelle Formen annehmen können (vgl. etwa zur Diskussion um das Konzept von Segensbüros/Kasualagenturen Handke/Wagner-Rau 2019). Zumindest in römisch-katholischer Perspektive hat sich innerhalb dieser Gesamtdynamik zum einen das Repertoire an Segnungsformularen erweitert, die sich am sogenannten Benediktionale, dem Segensbuch der Kirche im deutschsprachigen Raum, orientieren (vgl. unter anderem Kluger 2011/2012). Zum andern wird hervorgehoben, dass der Segen in gewissem Sinne das Herzstück aller biblisch-christlich begründeten rituell-gottesdienstlichen Praxis ist (vgl. Ebenbauer 2019). Auf dieser Linie lassen sich Segensfeiern in ihrer Gesamtheit verstehen als gestufter „Kosmos symbolischer Vollzüge“, „welche das eine große Mysterium/Sakrament Gottes, Christus in seinem Leben, Sterben und Auferstehen, in der Geschichte wahrnehmbar und erfahrbar machen: in den unterschiedlichen Situationen des Lebens und in den verschiedenen Bereichen der Welt. […] In allen ‚sakramentlichen Feiern‘ ist die Transparenz der Welt als Schöpfung, also als Ort der Begegnung mit dem Schöpfer, dem Herrn und Eigentümer der Welt, symbolisch erfahrbar, freilich in gestufter spiritueller Dichte und Intensität“ (Meßner 1998, 656). Innerhalb eines solchen Konzeptes sind die Einzelsakramente integraler Bestandteil eines Pools an rituell-gottesdienstlichen Realisierungen von Segen. Auf der Spur dieses weiten Verständnisses von Sakramentalität ist am ehesten nach einer schlüssigen Antwort auf die Frage zu suchen, wie sich auch über Religions- und Weltanschauungsgrenzen hinweg gemeinsame Erfahrungsräume von Segen bilden lassen. Stephan Winter Dr. theol. habil., M. A. phil., Prof. für Liturgiewissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen. Seit Längerem haben Praktiken des Segens Konjunktur und auch die wissenschaftliche Diskussion hat konfessionsübergreifend zugenommen. LEBENSMEHRENDE RESSOURCEN RITUELL-RELIGIÖSER PRAXIS
Eine Besonderheit dieser Erfahrungsräume im Sinne von Beziehungs- und Handlungsgeflechten ist, dass sie rituell geprägt sind (vgl. zum Folgenden ausführlicher Winter 2020). Rituale sind „in der Regel bewusst gestaltete, mehr oder weniger form- und regelgebundene, in jedem Fall aber relativ stabile, symbolträchtige Handlungs- und Ordnungsmuster“ (Brosius/Michaels/Schrode 2013, 15). Solche von einem Kollektiv „allgemein akzeptierte[n] Handlungsformen“ (ebd.) können „durch ‚praktische Logik‘, Performanz und Aktualisierung stetig verändert und angepasst werden“ (ebd.). Symbolträchtig sind Rituale, weil sie Zeichen enthalten, die sozusagen transparent werden für einen anderen, tieferen Sinn. So gesehen können Rituale (wenn auch mit dem Risiko der ideologischen Verzweckung!) selbst in hochgradig modernisierten Gesellschaften einen eigenen Beitrag zur Ausbildung, Weiterentwicklung und Stabilisierung individueller und kollektiver Biographien leisten – inmitten eines Umfelds, das stark von Logiken der Ökonomisierung und – besonders aufgrund von deren Dominanz – durch existenzbedrohende planetarische Krisen geprägt ist: Innerhalb ritueller Handlungskontexte „werden die Dinge nicht konsumiert oder verbraucht, sondern gebraucht. […] Rituelle Praktiken sorgen dafür, dass wir nicht nur mit anderen Menschen, sondern auch mit den Dingen schön umgehen und resonieren“ (Han 2019, 11). Positiv tragen Rituale demnach unter anderem deshalb zur Biographiebildung bei, weil sie wesentlich durch Wiederholung geprägt sind und so „Einhausung“ (vgl. ebd., 9 f., im Anschluss an Hegel) ermöglichen. Das schließt ein, dass sie die Beteiligten über sich und ihre eigenen vordergründigen Interessen hinausführen. Speziell religiöse Rituale zeichnet dabei aus, dass sie „zwischenmenschliche Verständigungen“ sind „über das, was von Menschen als Wirklichkeit erfahren wird, und zwar insbesondere im Hinblick auf solche Erfahrungen, die es für Menschen möglich machen, Wirklichkeit als eine Ganzheit zu deuten“ (Feldtkeller 2015, 27). Dies eröffnet zumindest das Potential, mit der Erfahrung der Unverfügbarkeit des eigenen wie des Lebens überhaupt beziehungsweise mit der Erfahrung, die Grundlagen eines umfassend guten Lebens nur sehr begrenzt selbst schaffen und bewahren zu können, hoffnungsfroh(er) umgehen zu können. BIBLISCHE SEGENSERFAHRUNGEN – VIELFÄLTIG UND UNVERRECHENBAR
Die Segensthematik ist schon von den Zeiten des alten Israel an breit gestreut (vgl. Leuenberger 2015b; Hamidovic 2015). Diese Ressourcen haben sich unter anderem jüdisch und christlich in unterschiedlichen Strängen weiter entfaltet. Wortfeldanalysen für Begriffe um die hebräische Wurzel brk beziehungsweise griechische Äquivalente rund um eulogein/eulogizein/eulogia sowie hagiazein und charis zeigen, dass es beim biblischen Segen um die Vermittlung einer lebensfördernden ‚Heilskraft/heilschaffenden Kraft‘ geht. Die Formulierungen folgen strukturell derselben Grundkonstellation: Subjekte des Segens sind Gott, Menschen, aber auch Dinge, die für den Menschen oder andere Geschöpfe dazu beitragen, eine Verbindung zum Heil Gottes zu eröffnen und aufrechtzuerhalten. Objekte sind wiederum Menschen, Dinge und sogar Gott selbst, wobei in Bezug auf Gott in deutschen Übersetzungen dann meist von ‚Preisen‘ oder ‚Loben‘ gesprochen wird. Im Segensvollzug wird verbal und/oder nonverbal das Gegenüber mit Segen ausgestattet beziehungsweise ausgedrückt, dass das Subjekt das Objekt als mit Segen ausgestattet betrachtet. Segnung in diesem Sinne, der vor allem im wechselseitigen Gebrauch zentraler Segensbegriffe zum Ausdruck kommt, zeigt den „Zugang zur göttlichen Sphäre des Heils“ (Ostmeyer 2015, 114) an beziehungsweise eröffnet ihn: Wer sich gesegnet erfährt, vermag seinerseits Gott zu segnen/zu lobpreisen beziehungsweise Gottes Segen weiterzugeben. Inhaltlich betrachtet lassen sich in der Bibel und in ihr wurzelnden Traditionen Segensereignisse in großer Vielfalt finden. Die meist (auch) narrative Darstellung entzieht sich dabei jedem Versuch, die darin verwobenen Überzeugungen auf genau einen Aussagegehalt zu...


Ute Leimgruber, Dr. theol., Professorin für Pastoraltheologie und Homiletik
an der Universität Regensburg.

Bernhard Spielberg, Dr. theol., Professor für Pastoraltheologie und Homiletik
an der Universität Freiburg.



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