Leimbach | Spuren der israelitischen Gemeinde von Stadtlengsfeld | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 148 Seiten

Leimbach Spuren der israelitischen Gemeinde von Stadtlengsfeld


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7557-6360-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

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ISBN: 978-3-7557-6360-4
Verlag: BoD - Books on Demand
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Dieser Band macht den Versuch, die vierhunderttjährige Geschichte der jüdischen Gemeinde von Stadtlengsfeld von ihren Anfängen bis zu ihrem Erlöschen darzustellen.

Nach dem Ausscheiden aus dem Schuldienst veröffentlichte der Autor Chroniken seines Heimatortes Stadtlengsfeld, die Geschichte des Porzellanwerkes Stadtlengsfeld, des Kaliwerkes Menzengraben, der evangelischen Kirche Stadtlengsfeld, des Schulwesens und der Geschichte der jüdischen Gemeinde von Stadtlengsfeld

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Untertanen im Großherzogtum Sachsen - Weimar - Eisenach
In den reichsritterschaftlichen Orten Aschenhausen, Gehaus, Stadtlengsfeld und Völkershausen bestanden jüdische Gemeinden. Jüdische Gemeinden gab es auch in der fuldischen Stadt Geisa und der kurhessischen Stadt Vacha. Mit dem Untergang des Heiligen Römischen Reiches 1806 wurden die Reichsritterschaften aufgelöst. Aschenhausen kam 1808 zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, Geisa zum Großherzogtum Frankfurt. Zum Königreich Westfalen17 kamen Stadtlengsfeld, Gehaus, Völkershausen und Vacha. Hier genossen die Juden wie alle anderen übrigen Bürgern formal die gleichen Bürgerrechte und alle Religionsfreiheiten. Folglich galt auch in Stadtlengsfeld der „Code civil“.18 Dr. Christian Schreiber bemerkte in seinem Aufsatz zur „Geschichte der Stadt und des Gebietes Lengsfeld: „… die Patrimonial-Gerichtsbarkeit hörte auf und ein königlicher Friedensrichter, in wichtigen Rechtssachen ein Tribunal, sprachen nach dem neu eingeführten Gesetzbuch Recht. Die Verwaltung … wurde von der Justiz völlig getrennt. Eine herrschende Religion gab es im Königreich nicht. Alle Confessionen hatten gleiche Rechte. Der Adel behielt seine Titel, aber keine Vorrechte vor den übrigen Ständen. Jeder konnte, wenn er Verdienst und Glück hatte, zu den höchsten Stellen im Staat gelangen.“ Doch Schreiber schränkte ein, „das geführte französische Gesetzbuch, so viele Vorzüge es auch besaß, (war) zu wenig auf die deutschen Sitten Gewohnheiten und Eigentümlichkeiten berechnet.“ Dazu kamen die Lasten der französischen Besatzung, die maßlose höfische Verschwendung und die Überbordung der deutschen Sprache mit französischen Begriffen und Redewendungen, die im einfachen Volk verhasst waren. So war man froh, dass die französische Besetzung zu Ende ging und Stadtlengsfeld 1813 zunächst wieder in den Besitz des Kurfürsten von Hessen ging. Damit kehrten wieder Verhältnisse ein, wie sie vor 1807 bestanden. Aber das französische Intermezzo setzte auch für die Stadtlengsfelder Juden einen Prozess in Gang, der nach und nach und dann ab 1848 verstärkt auf dem Weg in die Emanzipation führte. Nach dem Wiener – Kongress (1814/1815) wurde Stadtlengsfeld schließlich dem Großherzogtum Sachsen-Weimar- Eisenach zugeteilt. Der Großherzog hatte den Juden die Rechte zugesichert, die sie im Königreich Westfalen besaßen. Mit der Zugehörigkeit der Stadt Lengsfeld zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach im Jahre 1816 wurde die Gerichtsbarkeit dem Landgericht Eisenach unterstellt. Die Stadt Lengsfeld war Sitz eines Amtsgerichtes für den Verwaltungsbezirk IV. Lengsfelder Juden waren von nun an Staatsuntertanen des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. 1823 erließ das Großherzogtum „… Um die Rechte der Juden in Unsrem Großherzogthume fester zu bestimmen, um ihnen mehr Ordnung in ihren Gemeindeangelegenheiten zu sichern, um hierdurch, so wie Insonderheit durch eine geeignete und hinlängliche Aufsicht über Religions-Uebung und Schulen auf die Verbesserung ihrer Verhältnisse in der Mitte Unserer übrigen Unterthanen …“19 eine Judenordnung. Sie beinhaltete eine Reihe von Festlegungen, auf dem Weg der Gleichstellung der Juden. Dieser Prozess begann mit der Niederlage Preußens 1806/1807. König Wilhelm III. sah sich gezwungen, den Staat grundlegend zu reformieren, die seine Minister von Stein, von Hardenberg, von Humboldt, von Scharnhorst, von Gneisenau und andere einleiteten. Ihre Ideen machten nicht an den Grenzen Preußens halt. Diese Ordnung umfasste 34 Paragrafen. Wir beschränken uns im Folgenden nur auf solche, die auch Konsequenzen für die Lengsfelder Juden hatte. „Alle Juden, welche in dem Großherzogthume als Unterthanen aufgenommen worden sind, haben als solche mit den übrigen Staatsunterthanen gleiche Rechte und gleiche Verbindlichkeiten …“. Aber, um wählen und gewählt zu werden musste der Untertan folgende Voraussetzungen erfüllen: er musste von deutscher Geburt sein, einer christlichen Ehe entspringen, 30 Jahre alt sein und einen unbescholtenen Ruf nachweisen. Ergo: Vom Wahlrecht waren Juden also ausgeschlossen. Die Ausübung ihrer Religion und gottesdienstlichen Gebräuche seien frei und geschützt. Zur Ausübung der Religionsfreiheit der Juden gab es Diskussionen. So drängte Dr. Mendel Heß darauf, den Sabbat vom Sonnabend auf den siebenden Tag der Woche – den Sonntag – zu verlegen. Er erinnerte daran, dass „… die Juden und namentlich ihre Rabbiner zu Plock in Polen im Jahre 1823, und die Juden zu Köln am Rhein 1825 ihren Sabbat freiwillig auf den Sonntag verlegt haben, …“.20 Die Verordnung schaffte den Judenleitzoll ab. Diesen mussten reisende Juden beim Überschreiten einer Zollgrenze entrichten. Er sollte ihrem persönlichen Schutz und somit ihrer körperlichen Unversehrtheit garantieren. Das Schutzgeld an die Freiherren von Boineburg und Müller aber blieb für die Lengsfelder Juden bestehen. Die Juden und Judengemeinden erhalten einen Landrabbiner. Zu seinen Aufgaben gehören kirchliche und liturgische Verrichtungen und die Aufsicht über die jüdischen Schulen, Synagogen, Stiftungen und Armenanstalten. Das Patrimonialgericht Lengsfeld bleibt als Unterbehörde der Landes-Direktion bestehen. Dem Rabbiner wird hier eine beratende Stimme eingeräumt. Das Landrabbinat im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach war eine staatliche Aufsichtsbehörde über die jüdischen Gemeinden. Diese verloren damit ihre über die Jahrhunderte gehütete Autonomie. Im Grunde ging es darum, die jüdische Minderheit an die christliche Gesellschaft anzunähern. Für diesen Prozess gab es unter den Juden Befürworter. Konflikte mit den Gegnern dieser Reform waren auch in der jüdischen Gemeinde von Stadtlengsfeld unausweichlich und äußerten sich in wütenden Protesten gegen deren Vorsteher. Die Besetzung eines Landrabbiners im Landrabbinat mit Sitz in Stadtlengsfeld brachte es dennoch zunächst mit sich, dass sich zwischen der christlichen und jüdischen Gemeinde Schritte der Annäherung zum beiderseitigen Vorteil vollzogen. Der Rabbiner führt die Geburts- und Sterbelisten. Erstmalig werden die Geburten, Heiraten und Todesfälle in die Verzeichnisse ihres Wohnortes eingetragen. Die Einträge in diese Listen geschehen nun in deutscher Sprache. Zuvor waren sie in Hebräisch abgefasst ( Abb. 3). Das Gehalt des (Gemeinde-)Rabbiners ist von den Judengemeinden und Juden aufzubringen. Die Judengemeinden unterbreiten zur Besetzung des Amtes Vorschläge. Ob der Vorgeschlagene des Amtes würdig und geeignet ist, prüft und entscheidet das Konsistorialamt in Eisenach. Der Landesrabbiner wird als öffentlicher Beamter des Großherzogtums verpflichtet. Das Gehalt des Landesrabbiners wird vom Großherzogtum gezahlt. Damit ist der Landesrabbiner finanziell unabhängig. Der jüdische Gottesdienst und der Unterricht in jüdischen Schulen dürfen nur in deutscher Sprache gehalten und erteilt werden. Diese Verordnung schlug nicht nur in der jüdischen Gemeinde Stadtlengsfeld hohe Wellen und stieß auf hartnäckigen Widerstand, wie das Organ zur Wahrung des orthodoxen Judentums „Der treue Zionswächter“ am 19.01.1847 berichtete. Der damalige Rabbiner Isaak Kugelmann Hess konnte oder wollte diese Anordnung in seiner Gemeinde Lengsfeld nicht durchsetzen. 1833 ging die Geduld der großherzoglichen Landesregierung zu Ende und sie verfügte per Gesetz, den Gottesdienst Deutsch zu halten. Nur ausnahmsweise und um der bejahrten Juden willen war es gestattet, gewisse Abschnitte der Thora hebräisch vorzulesen. Nach dieser neuen Gottesdienstordnung war es nun auch unverheirateten Frauen erlaubt, am Gottesdienst teilzunehmen. Der Landrabbiner Dr. Mendel Hess wurde von der Landesdirektion beauftragt, diese neue Ordnung durchzuführen. Doch in Lengsfeld fand er kein Gehör. Auch polizeiliche Maßnahmen wie Anzeigen und Aussetzung der Vergünstigungen liefen ins Leere. Es sei kein Einziger in der Gemeinde gewesen, der diese Neuerung wünschte. Nur die Androhung von Strafen zwang die Füße zum Synagogenbesuch. Aber Mund und Herz wären nicht zu fesseln gewesen. So kam es zu einem Kompromiss. Neben dem deutschen Gottesdienst wurde ein sogenannter hebräischer Psalmengottesdienst erlaubt. Nach einer Vorlesung von Landrabbiner Dr. Hess bildete sich eine Art Sekte, die weder zu den orthodoxen noch zu den fortschrittlichen Juden gehörte. An der Spitze dieser Gruppe stand ein Mann, der Fuhrmann ist und drei Pferde hat, die das ganze Jahr (auch am Sabbat) arbeiten müssen. Für ihn galt das vierte Gebot wohl nicht und überhaupt führe er keinen religiösen Lebenswandel. Als er sich an einem Gottesdienst erhob, um aus der Thora vorzulesen, protestierte der größte Teil der Gemeinde...



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