E-Book, Deutsch, 172 Seiten
Leimbach Das Porzellanwerk Stadtlengsfeld
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7460-0069-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Geschichte und Chronik eines Betriebes
E-Book, Deutsch, 172 Seiten
ISBN: 978-3-7460-0069-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Porzellanwerk Stadtlengsfeld war der einzige Betrieb dieser Art in der Thüringischen Rhön. Er war fast 110 Jahre Arbeitsstätte von zeitweise 700 Beschäftigten. In Zeiten großer Not und wirtschaftlicher Hoffnungslosigkeit gegründet, brachte er neben der aufkommenden Kaliindustrie bescheidenen Wohlstand in viele Familien. Die Geschichte des Porzellanwerkes ist auch ein Spiegelbild deutscher Geschichte. Der erste und zweite Weltkrieg schrieb sich mit vielen Toten in das Geschichtsbuch des Werkes ein. Die schwarzen Jahre der Weltwirtschaftskrise brachten nicht nur den Betrieb, sondern auch viele Familien an den Rand des Ruins. Der Nationalsozialismus vernichtete die Existenzgrundlagen jüdischer Geschäftsleute der Stadt und beutete zahlreiche Ostarbeiter als Zwangsarbeiter im Porzellanwerk aus. Als volkseigener Betrieb war das Porzellanwerk mit der kommunalen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Stadt auf das engste verbunden. Stadtlengsfelder Porzellan wurde in zahlreiche Länder der Erde exportiert. Das Porzellanwerk überstand sieben Konkurse, eine Weltwirtschaftskrise, zwei Weltkriege und eine sozialistische Planwirtschaft. Den erneuten Einstieg in den sogenannten Freien Markt aber überlebte es nicht. Auf der Spielwiese der sozialen Marktwirtschaft haben in Stadtlengsfeld aus der Ferne kommende Investoren, Parteienklüngel, kleinkariertes kommunales Denken und undurchsichtige Machenschaften in diversen Gesellschaften die Würde hunderter Menschen verletzt, zahlreiche Existenzen zeitweise und auch endgültig bedroht, bzw. vernichtet und auch den Glauben an Gerechtigkeit in Freiheit erschüttert.
Studienrat i. R. Rolf Leimbach war 47 Jahre Lehrer in Stadtlengsfeld. Als Mitglied des Wissenschaftlichen Rates für Unterstufenforschung an der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR beteiligte er sich an der Weiterentwicklung von Lehrplänen sowie Lehrmaterialien für das Fach Heimatkunde. Seine Publikationen in der Fachzeitschrift Die Unterstufe befassten sich mit methodischem Experimentieren und der Erziehung zur aktiven Fragehaltung. Er veröffentlichte zahlreiche methodische Handreichungen für den Heimatkunde-Unterricht. Er ist Autor zahlreicher Lehrbücher, Schüler-Arbeitshefte und Unterrichtshilfen für den Heimatkunde- und Sachunterricht. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Schuldienst intensivierte Rolf Leimbach seine heimatkundlichen Forschungen. Er veröffentlichte Beiträge zur Geschichte des Porzellanwerkes Stadtlengsfeld, zum Schulwesen, über das Kaliwerk am Menzengraben sowie über die Kirche. Weitere Arbeiten befassen sich mit den Hexenprozessen im 17. Jahrhundert, den Ereignissen des Jahres 1848 in der Stadt Lengsfeld, der Brandkatastrophe 1878 und dem Jahr 1945. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Erforschung der einstigen israelitischen Gemeinde im Heimatort, die zu den größten in Thüringen zählte. Rolf Leimbach ist es ein stetiges Anliegen, die facettenreiche Geschichte seiner Heimatstadt vielen Bürgern und Gästen nahezubringen. Deshalb engagiert er sich im Kultur- und Geschichtsverein mit Vorträgen, Führungen und Ausstellungen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Felda Porzellan und Felda Rhön Porzellan (1930 – 1945)
Abbildung 38: Gewerbeausstellung zu Beginn der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts in Stadtlengsfeld: Erzeugnisse aus der Porzellanfabrik. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2017 1930 wurde Herr Walter Luckhardt Betriebsleiter. In der Porzellanfabrik arbeiten etwa 500 Beschäftigte. Darüber hinaus hat das Unternehmen beschlossen, seinen Namen von „Porzellanfabrik Lengsfeld AG“ zu „Felda Porzellan“, später in „Felda Rhön Porzellan“ zu ändern. Die Arbeiter waren infolge der Wirtschaftskrise gezwungen, eine 10 bis 15 prozentige Lohnkürzung hinzunehmen. Abbildung 39: Der Werkseingang der Porzellanfabrik um 1930. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2017 Abbildung 40: Teilansicht der Porzellanfabrik um 1935. Quelle: Willi Riese, 1935. 1933 kommen die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht. Die Leitung des Porzellanwerkes liierte sich scheinbar sofort mit den neuen Machthabern. Diesen Schluss lassen Textpassagen zu, die Ende 1933 einer „Brückenurkunde“ beigegeben werden. Diese „Urkunde“ wird in einer Schatulle in das Fundament der neu errichteten Feldabrücke eingemauert. Dort heißt es unter anderem: „…Am 1. Mai feierten wir hier wie in allen deutschen Landen des Fest des Arbeiters. War bisher dieser Tag ein Kampftag des Marxismus zur Proklamation des Klassenkampfes gewesen und sein Ziel die Zerklüftung des Vaterlandes, die Uneinigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, so sollte er unter der neuen Regierung symbolisch das Ziel der neuen Regierung herausstellen, nämlich die Volksversöhnung. Und wirklich kam ein Fest zustande, an dem zum ersten Male der Ort geschlossen teilnahm. Ein Festzug von vielleicht 1500 Menschen, die Arbeiter mit den Beamten vereint, die Handwerkmeister mit ihren Gesellen, der Arbeitnehmer neben dem Arbeitgeber, so marschierte er frühmorgens 8 Uhr nach dem Hofe der Porzellanfabrik. Hier wurde nach kurzer Ansprache des Fabrikdirektors Luckhardt die Hakenkreuzfahne auf dem Dach des Gebäudes aufgezogen. Danach marschierte der Zug auf der Tiefenorter Straße zur halben Höhe des Waldes. Dort wurde ein Waldgottesdienst durch den Ortspfarrer Phieler abgehalten. Am Abend fand ein Fackelzug durch den Ort statt, der sein Ende auf dem Turnrasen fand, wo der Polizeikommissar Ernst Wiegand den Tag durch eine Ansprache schloss.“ 1934 wird die schmalspurige Feldabahn zu einer Normalspurbahn ausgebaut. Auch das Porzellanwerk erhielt einen entsprechenden Gleisanschluss. 1935 wird dieser neue Anschluss mit dem Einbau einer Drehscheibe abgeschlossen. Es gibt fast keine authentischen Aufzeichnungen über den Produktionsprozess in der Porzellanfabrik Stadtlengsfeld. Lediglich aus dem Jahre 1936 existiert eine Analyse des Produktionsprozesses mit dem Ziel, diesen zu optimieren. Wir zitieren dieses Material hier, um den Produktionsablauf in jenen Jahren zu beschreiben und lassen alle dort getroffenen Schlussfolgerungen (beabsichtigte bauliche und technologische Veränderungen, Einsparungen, etc.) unbeachtet. Die eingefügten Bilder gehören nicht in diesen Produktionszeitraum. Sie wurden größtenteils ab 1969 aufgenommen. „vom 19. August 1936 1. Massenmühle 3 Arbeitskräfte in der Mühle; 2 Arbeitskräfte in der Masseschlägerei. Den Arbeitskräften in der Massenmühle obliegen folgende Tätigkeiten: Kollern (zerkleinern) des Rohmaterials, Aufgabe vom Materialboden in die Trommeln bzw. Quirle, pressen, pumpen und ablagern der Kellermasse, Mahlen der Glasur, Aufgabe des Quarzes zum Brennen, Reinigen des Feldspates, Aufgabe der Flintensteine usw. die Massemüller erhalten einen Akkordlohn, der auf dem Gewicht der hergestellten Masse bzw. auf den abgelassenen Trommeln basiert. Die Rohmaterialien werden von den Hofarbeitern bis auf den Masseboden bzw. bis vor die Massenmühle (Spat, Quarz) geschafft. Die Masseschläger arbeiten im Zeitlohn. Sie fahren die gepresste Masse bis in den Schlagraum. Die Masseschläger werden nach der Lohntafel als sonstige Arbeiter entlohnt. Es ist eine ältere und jüngere Hilfskraft beschäftigt. 2. Dreherei und Gießerei Hierunter fallen Abbildung 41: Trommelnassmühle nach Grimm, etwa 1900. Quelle: Die Fabrikation des Feldspatporzellans, Hans Grimm, A. Hartleben‘s Verlag, 1901 Abbildung 42: Kollergang nach Grimm, etwa 1900. Quelle: Die Fabrikation des Feldspatporzellans, Hans Grimm, A. Hartleben’s Verlag, 1901 die Geschirrablieferer Diese Gießer tragen das Rohgeschirr aus der Dreherei nach dem Glühboden und setzen es dort in den an den einzelnen Öfen stehenden Regalen ab. Für die Öfen 5, 6 und 7 ist ein zusammenhängendes Regal vorhanden, das nur für den Ofen Nr. 5 etwas ungünstig liegt. 2. Formträger: Hierfür werden 3 Arbeitskräfte im Zeitlohn beschäftigt. Das Arbeitskommando wird diktiert einerseits durch die Akkordarbeiter in Dreherei und Gießerei und andererseits durch das Abnahmesoll der Formgießer. Selbstverständlich obliegt dem Oberdreher die Beobachtung der Formdreher. a. Tellerdreher: Die Dreher stehen nur an ihren Plätzen und drehen das von der Blättermacherin vorgearbeitete Blatt auf. Stückakkord. Sie nehmen die von den Formdrehern in die Regale gestellten Planken mit den Formen aus dem Regal heraus, setzen es an der Spindel ab, formen über und setzen das volle Brett wieder im Regal ab. Die Blättermacherin bedient jeweils zwei Dreher ebenfalls im Stückakkord. Sie hat während der Tätigkeit der Dreher noch die Aufgabe, die Masse vom Fahrstuhl in den Arbeitsplatz zu holen. Abbildung 43: Filterpresse nach Grimm, etwa 1900. Quelle: Die Fabrikation des Feldspatporzellans, Hans Grimm, A. Hartleben’s Verlag, 1901 Abbildung 44: Glasurquirl nach Grimm, etwa 1900. Quelle: Die Fabrikation des Feldspatporzellans, Hans Grimm, A. Hartleben’s Verlag, 1901 b. Becherdreher: Diese haben keine Arbeitskraft, die ihnen die Masse an den Platz bringt. Der Becherdreher braucht verständlicherweise weit weniger Masse als der Tellerdreher und er kann mit einem Gang für mehrere Stunden Akkordarbeit sich die Masse an den Platz tragen. Vom Paternoster bis zum Arbeitsplatz sind in der Dreherei ebenfalls nur wenige Meter Entfernung. Abbildung 45: Trocknung des Rohgeschirres. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2017 Abbildung 46: Gießer. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2017 c. Gießer: Die Gießer holen sich ihren Schlicker aus dem Schlickerquirl. Sie bekommen ihre Formen vom Formträger bis auf den Arbeitsplatz getragen. Sie gießen aus, machen fertig und setzen die fertigen Stücke auf Planken ab, die dicht bei den Arbeitsplätzen stehen. Es ist zu bemerken, dass der von der Massenmühle in die Gießerei gepumpte Schlicker in dem dort befindlichen Quirl nochmals gerührt wird, damit die auf dem Rohrwege sich beimischende Luft und die durch die Entmischung in der Rohrleitung bedingte Ungleichmäßigkeit ausgeglichen wird. d. Rändlerinnen: Diese Arbeiten ebenfalls im Stückakkord, nehmen die Geschirre aus dem Regal und setzen sie nach dem Rändeln wieder in die Regale ein e. Garniererinnen Diese Arbeiten ebenfalls im Stückakkord. Die Formenträger bringen die Formen auf die Arbeitsplätze. Die Tassen werden zum Teil an Ort und Stelle garniert, zum Teil werden sie vom Becherdreher am Platz der Garniererin in die Regale geschoben. Abbildung 47: Garniererinnen. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2017 Abbildung 48: Kapselsetzer. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2017 3. Formgießer Zwei Modelleinrichter im Zeitlohn; 4 Formengießer in Akkordarbeit nach Stücklohn. Die Formgießer holen ihren Gips selbst aus dem unter der Formgießerei liegenden Gipskeller. Die fertigen Formen werden in der Formgießerei abgestellt und dann von Formträgern dort abgeholt. 4. Brennhaus a. Brenner Ofenakkord, Füllakkord für das Setzen der Kapseln b. Vorwärmer Ofenakkord. Die Kohlen werden vom Hilfsbrenner während der jeweiligen Brennpausen angefahren. Die Bunker befinden sich direkt bei den Öfen. c. Glühfüller Ofenakkord. Das zu verfüllende Geschirr wird aus der Glasurstube geholt. Abbildung 49: Brenner am Rundofen. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2017 Abbildung 50: Brenner am Rundofen. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2017 d. Ausnehmer Diese erhalten ebenfalls Ofenakkord. Sie setzen das Geschirr zunächst an den an der Hofseite gelegenen Brennhaustüren ab bzw. wird das kleinere Geschirr sofort in Kästen gesammelt. Zum Akkord der Ausnehmer gehört das Abfahren der Geschirre aus dem Brennhaus mittels der Feldbahn in die Sortierei. e. Abschlacker Ofenakkord. Die Asche...