E-Book, Deutsch, Band 130, 432 Seiten
Reihe: Bianca Extra
E-Book, Deutsch, Band 130, 432 Seiten
Reihe: Bianca Extra
ISBN: 978-3-7515-1691-4
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Allison Leigh war schon immer eine begeisterte Leserin und wollte bereits als kleines Mädchen Autorin werden. Sie verfasste ein Halloween-Stück, das ihre Abschlussklasse aufführte. Seitdem hat sich zwar ihr Geschmack etwas verändert, aber die Leidenschaft zum Schreiben verlor sie nie. Als ihr erster Roman von Silhouette Books veröffentlicht wurde, wurde für Allison ein Lebenstraum wahr; sie konnte es kaum glauben, als in ihrer Heimatstadt die Buchläden voll waren mit ihrem Werk! Beim angesehenen RITA© Award wurde sie Finalistin, erhielt Auszeichnungen wie die Goldene Feder und erscheint regelmäßig auf Bestsellerlisten. In Südkalifornien geboren, lebte Allison in vielen verschiedenen Städten und unterschiedlichen Staaten der USA. Sie arbeitete als Kosmetikerin, Programmiererin, Pfarramtssekretärin und Datenbank-Administratorin. Letztendlich ließ sie sich mit ihrer Familie in Arizona nieder. Ihrer Familie, die sie immer unterstützt, verdankt sie viele romantische und liebevolle Gedanken und Inspiration für ihre Romane. Sie können Allison Leigh eine E-Mail schreiben: allison@allisonleigh.com
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1. KAPITEL
„Was zur Hölle ist das nun wieder?“ Gage Stanton ignorierte die Frage seines Bruders, als sie vor der Einfahrt zur Angel River Ranch anhielten. Sie hatten Stunden gebraucht, um den Ort, der nur ein winziger Punkt auf der Landkarte nahe der Grenze zwischen Wyoming und Montana war, zu erreichen. Noah beugte sich vor und schaute durch die Scheiben von Gages BMW über die Gegend. „Das ist ja zum Kotzen“, murmelte er nicht zum ersten Mal, seit sie morgens das Gericht in Denver verlassen hatten. „Willst du die nächsten Monate lieber im Gefängnis sitzen?“ Noah presste die Lippen zusammen. Er war zweiundzwanzig Jahre alt. Verzogen. Egoistisch. Und reich, abgesehen davon, dass Gage die Kontrolle über Noahs Erbschaft hatte. Dafür verschwendete Noah regelmäßig sein extrem großzügig bemessenes Taschengeld. „Ich wäre nicht im Gefängnis“, sagte er. „Archer hätte mich freibekommen.“ „Kleiner, du bist nur deshalb nicht in Haft, weil ich den Richter überzeugt habe, dich mit Arbeit wieder auf den rechten Weg bringen zu können.“ Nicht dass Noah jemals auf dem rechten Weg gewesen war. Das hatte ihre Mutter vor ihrem Tod am meisten bekümmert. „Außerdem ist Archer Templeton mein Anwalt. Nicht deiner.“ Gage würde nicht zugeben, wie oft sein Anwalt schon wegen seines Bruders interveniert hatte. Aber selbst Archer hatte genug. Noah richtete sich starr auf. „Nenn mich nicht Kleiner.“ „Dann hör auf, dich wie ein kleines Kind zu benehmen“, entgegnete Gage scharf. Er bog auf die unbefestigte Straße ab und fuhr durch das schmiedeeiserne Tor auf die Ferienranch. Er hätte einen SUV mieten sollen. Das wäre besser für die Fahrt durch die tiefste Provinz geeignet gewesen als sein M8. Angesichts der hohen Preise von Angel River überraschte ihn die primitive Straße. Er nahm sich vor, die Zufahrtswege zur Rambling Rad Ranch daraufhin zu überprüfen. Gage war sich immer noch nicht sicher, was ihn bewogen hatte, als Hauptpartner in ein Gästeranch-Projekt einzusteigen. Er baute Luxusresorts. Entwickelte Wohnanlagen. Industriekomplexe. Keine Orte, an denen Leute Cowboy spielten. Und normalerweise arbeitete er nicht mit Partnern zusammen – auch nicht, wenn es sich um frühere Angestellte handelte, denen er vertraute. Es war nicht etwa ein schlechter Plan. The Rad lag direkt am Rambling Mountain. Der Berg in Wyoming war in Privatbesitz gewesen. Inzwischen war Otis Lambert, der Eigentümer, gestorben, und Gage hatte die heruntergekommene Rinderranch ersteigert. Mit April Dalloway und ihrem Mann Jed als Partnern an seiner Seite standen die Aussichten auf Erfolg gut. Ungewiss war allerdings noch, was mit dem Land ringsum geschehen sollte. In seinem Testament hatte Otis Lambert verfügt, dass der Berg jenseits der Ranch öffentlich – idealerweise als State Park – genutzt werden sollte, doch bisher war nichts beschlossen. „Sieht nicht gerade toll aus.“ Noahs mürrische Stimme riss Gage aus seinen Gedanken. Er musste seinem Bruder zustimmen. Links und rechts der kurvigen Straße war buchstäblich nichts. Es gab keine Bäume. Es gab überhaupt nichts Grünes. Selbst die Felder waren nicht mehr golden, sondern braun. Er konnte es nur auf die Jahreszeit schieben. Es war Ende Oktober. Zu Hause in Denver hatte es diesen Monat schon einmal geschneit. Sean McAdams, der Eigentümer von Angel River, hatte ihm gesagt, dass es bei ihnen wahrscheinlich erst nach Thanksgiving Schnee geben würde. Aber Gage solle sich darauf einstellen. Nur für den Fall. Da der Ausflug ins Nichts nicht geplant gewesen war, hatte Gage nicht lange darüber nachgedacht, was er mitnehmen sollte. Er reiste viel und hatte einfach wie üblich gepackt. Sein Anwalt hatte ihm vor einigen Monaten von der Angel River Ranch erzählt. Sie war mit vielen Travel Awards ausgezeichnet und eine der renommiertesten Ferienranches im Westen der Vereinigten Staaten. Gage hatte es arrangiert, dass sein Mitarbeiter Wade Jenkins dort ein paar Wochen hinter die Kulissen schauen durfte. Dafür zahlte Gage neben den reinen Unterbringungskosten auch eine Entschädigung, denn schließlich würde er die Informationen eines Tages nutzen, um Angel River Konkurrenz zu machen. Dann war die Sache mit Noah passiert. Gage hatte nicht vorgehabt, selbst herzukommen, noch viel weniger mit seinem missratenen Bruder im Schlepptau. Aber an diesem Morgen vor Gericht hatte er sich gezwungen gesehen zu handeln. Denn er hatte seiner Mutter versprochen, immer auf ihn aufzupassen. Diesmal hatte Noah vor dem Richter gestanden, weil er mit dem Auto in die Glasfront eines Hochhauses gekracht war. Eines Hochhauses, das Gage gehörte. Zum Glück war niemand verletzt worden. Nicht einmal Noah selbst. Natürlich war er betrunken gewesen, obwohl er gerade erst eine Entziehungskur hinter sich hatte. Und er war sauer auf Gage, weil er ihm gesagt hatte, dass ihm das Taschengeld gestrichen würde. Dass er sich einen Job suchen und ein produktives Mitglied der Gesellschaft werden müsse. Überflüssig zu erwähnen, dass Noah nicht erfreut darüber war. Er war der einzige Erbe eines Pharma-Magnaten. Er hatte es nicht nötig zu arbeiten. Gage hatte vor der Wahl gestanden, seinen Bruder ins Gefängnis wandern zu sehen oder persönlich zu garantieren, dass Noah nüchtern bleiben und arbeiten würde. Er hatte den Eigentümer von Angel River angerufen und ihm seine Planänderung mitgeteilt. Noah für eineinhalb Monate mit auf die Ranch zu nehmen, könnte sich entweder als seine beste Idee überhaupt oder als eine seiner schlechtesten herausstellen. Gage unterdrückte einen Seufzer und folgte der Schotterstraße, bis hinter einer scharfen Kurve plötzlich ein grüner Streifen Land auftauchte. Bäume mit herbstlich verfärbtem Laub standen am Ufer eines glitzernden Flusses, der an einer großen Lodge auf einem Hügel vorüberfloss. Einige kleinere Gebäude waren auf beiden Seiten des Flusses verteilt. Pferde grasten auf einer Koppel, und noch weiter entfernt sah Gage Vieh weiden und ein paar Reiter. Die Szenerie wirkte genauso malerisch wie auf der Website der Ranch. „Was soll ich hier überhaupt machen?“ Noahs trotziger Tonfall ging Gage auf die Nerven. Er hielt an einem Stoppschild vor einem besseren Schuppen. „Es ist eine Ranch“, sagte er. „Ich bin mir sicher, dass es hier viele Dinge gibt, die du tun kannst.“ Noah murrte vor sich hin, während sich eine junge Frau mit kurzem pinkfarbenen Haar der Beifahrerseite des Wagens näherte. Lächelnd lehnte sie sich zum offenen Fenster herunter. „Willkommen auf Angel River. Sie müssen Mr. Stanton sein.“ „Er ist das.“ Noah deutete mit einer Kopfbewegung auf Gage. Trotz seines mürrischen Tons lächelte sie weiter. „Ich bin Marni. Sie werden schon in der Lodge erwartet.“ Sie zeigte zum Blockhaus auf dem Hügel. „Hier haben Sie eine Karte des Anwesens.“ Sie reichte Noah eine Broschüre. „Genießen Sie Ihren Aufenthalt!“ Gage schaute ihr nach, als sie zum Wärterhäuschen zurücklief. „Niedlich.“ Noah knurrte nur vor sich hin. Ob ihm das Mädchen gefiel, würde er offensichtlich nicht verraten. Gage hatte keine Ahnung, was Noah gefiel. Seines Wissens hatte sein Bruder sich nie öfter als ein paar Male mit einer Frau getroffen. Aber das könnte man sich auch über ihn erzählen. Er war einmal verheiratet gewesen. Kurz und vor langer Zeit. Als geschiedene Leute verstanden er und Jane sich viel besser als während ihrer Ehe. Sie war mittlerweile mit einem anständigen Kerl verheiratet, der ihr die Zeit widmete, die ein Mann seiner Frau widmen sollte. Sie hatten sogar Kinder. Doch Gage hatte seine Lektion gelernt. Er setzte auf seine Stärken. Beziehungen gehörten nicht dazu. Er fuhr weiter zur Lodge, wo er erleichtert ausstieg und sein Handy hervorholte. Die Signalstärke war nur schwach. Da er aus der Ferne ein Unternehmen zu leiten hatte, hoffte er, dass es auf der Ranch wenigstens WLAN gab. „Komm schon“, sagte er zu seinem Bruder, der im Auto geblieben war. „Hier trübsinnig zu sitzen, wird nichts ändern.“ Noah murmelte, dass er ihn mal könne. Gage hätte beinahe gelächelt. Sein Bruder war wenigstens konsequent. Im Büro der Lodge stand Rory McAdams am Fenster und beobachtete, wie der hochgewachsene Mann aus dem tief liegenden schwarzen Auto stieg. Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen, aber alles an ihm wirkte ungeduldig. Von der Geste, wie er sich durch das dunkle Haar strich, bis zu der Art, wie er auf sein Handy und seine Armbanduhr schaute. Das bedeutete zu allem Überfluss, dass er einer von jenen war. Einer von jenen Gästen, die völlig angespannt ankamen und frustriert erkennen mussten, dass ihre schicken kleinen technischen Geräte ihnen hier nicht viel nützten. Es gab zwar kabelloses Internet auf der Ranch, aber es war nicht gerade das schnellste. Die Telefone hingen an einem altmodischen Ding namens Draht. Es gab nicht einmal Fernseher auf den Zimmern, und die Zeitung, auf deren Abonnement ihr Vater bestand, wurde immer ein paar Tage verspätet geliefert. Rory sah ihren Vater über die Schulter an. Obwohl der Krebs bei Sean McAdams auch nach zwei Jahren nicht zurückgekehrt war, hatte der Kampf gegen die Krankheit seine Spuren hinterlassen. Er war nur ein Schatten des Mannes, der fast ihr ganzes Leben lang Angel River geleitet hatte. „Er ist da.“ Ihr...