Leigh Breeds - Kanes Verlangen
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8025-9468-7
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 04, 320 Seiten
Reihe: Breeds-Serie
ISBN: 978-3-8025-9468-7
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lora Leigh lebt mit ihrer Familie in Kentucky. Mit ihren erotischen Liebesromanen hat sie sowohl im Bereich der Romantic Fantasy als auch des Romantic Thrill eine große Leserschaft gewonnen.
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Prolog Sandy Hook Sherra stand schweigend im Schatten des Motels und beobachtete mit schmalen Augen, wie die neun Männer sich voneinander verabschiedeten und in ihr jeweiliges Zimmer gingen. Sie alle waren wütend, aber einer von ihnen war wirklich gefährlich. Nachdem Sherra zuerst Doc am sicheren Haus abgesetzt hatte, hatte sie die Männer beim Flughafen im Auge behalten, war ihnen dann nach Sandy Hook gefolgt und hatte sie beim Einchecken ins Motel beobachtet. Kane sah überhaupt nicht aus wie Merinus. Sein Haar war dunkler, fast schwarz, und seine Augen funkelten in einem intensiven kalten Blau. Sein markantes Kinn und die hohen Wangenknochen deuteten auf indianische Vorfahren hin, und sein harter, durchtrainierter Körper ließ Rückschlüsse auf seine langjährige militärische Ausbildung zu. Sherra wusste, wie ein Killer aussah, wie er sich bewegte. Sie war unter Killern aufgewachsen und mehr als einmal von ihnen vergewaltigt worden. Aber diesen hier kannte sie besonders gut. Dieser Mann hatte ihr Freuden bereitet. Obwohl sie ihn angefleht hatte, es nicht zu tun, hatte er sie unter dem gefühllosen Auge einer Kamera genommen und sie von einem Orgasmus zum nächsten getrieben. Ihre Lust hatte die seine gesteigert, seine Berührungen ihr Verlangen. War es schon elf Jahre her? Du lieber Himmel, diese Nacht verfolgte sie, selbst jetzt noch, als wäre es erst gestern gewesen. Der dunkelhaarige Soldat hatte geschworen, ihr zu helfen, sie zu retten. Er war zu ihr gekommen, mit der Freiheit in der einen und ihrem Herzen in der anderen Hand und hatte die Nacht damit verbracht, ihr zu zeigen, zu welchen Freuden ihr weiblicher Körper in der Lage war. Doch dann war er gegangen und niemals zurückgekehrt. Stattdessen waren die Wissenschaftler in ihre Zelle gekommen und hatten ihr das Videoband gezeigt, das sie von ihrer Nacht mit ihm aufgenommen hatten. Sie hatten über die Dinge gelacht, die Kane Tyler mit ihr gemacht hatte, alles im Namen der Wissenschaft. Die Vergewaltigungen hatten bei ihr nie zu einer Schwangerschaft geführt, und deshalb wollten sie herausfinden, ob sie durch freiwilligen Sex schwanger werden würde. Sie war eine Breed. In den Laboren des Genetics Council hatte man ihr eingetrichtert, dass sie kein Mensch sei. Sie war ein Tier in Menschengestalt, nicht mehr. Selbst jetzt, zehn Jahre nach ihrer Befreiung aus jenen Laboren, war sie nicht sicher, was von beidem sie nun war: Mensch oder Tier. Sie wusste, dass sie für eine sehr kurze Zeit, in den Armen dieses Mannes, zur Frau geworden war. Und dafür würde sie ihn hassen bis zu ihrem letzten Atemzug. Sie war nicht geboren, sondern erschaffen worden. Nicht aufgezogen, sondern ausgebildet. Als Kane sie berührt hatte, war sie lebendig gewesen. Doch durch seine Täuschung hatte sie das Einzige verloren, das je wichtig gewesen war, und jetzt spielten Leben oder Tod keine Rolle mehr für sie. Alles was zählte, war das Überleben des Rudels. Ihre Zuflucht hier in Sandy Hook war gefährdet; die Situation war brenzlig. Sie waren heimatlos, wieder einmal. Heimatlos und verfolgt. Sherras Hände ballten sich vor Wut zu Fäusten, als Kane vor seinem Zimmer stehen blieb und in aller Ruhe eine Zigarette zu Ende rauchte, die er sich kurz zuvor angesteckt hatte. Sie wollte ihn umbringen, jetzt auf der Stelle. Sie hatte geschworen, ihn zu töten, wenn sie ihn je wiedersah. Sie hatte geschworen, ihn für jeden einzelnen Moment des Schmerzes büßen zu lassen, den sie vor all den Jahren durchlitten hatte. Sie hatte geschworen, er würde dafür bezahlen, dass er sie angelogen hatte und dass ihm diese Täuschung so leichtgefallen war, dass sie es nicht erkannt hatte. Er hatte sie verraten, genau so wie jetzt seine Schwester. Sein Gesichtsausdruck versteinerte, als endlich die letzte Tür zuging und er mit ihr allein war. »Wo ist Merinus?« Seine Stimme klang wild und so zornig, dass es ihr einen Schauer des Unbehagens durch den Körper jagte. Woher hatte er gewusst, dass sie hier war, dass sie hier gewartet und ihn beobachtet hatte? »Und warum, zur Hölle, wurden wir nicht wie versprochen am Flughafen empfangen?« »Ich habe eine bessere Frage«, antwortete sie aus der Sicherheit der Schatten heraus. »Warum verrät ein Bruder seine Schwester, die er angeblich liebt, nachdem er ihr gerade erst Hilfe versprochen hat?« Kane drehte sich langsam und lässig um, bis er ihr gegenüberstand. Sie sah wilde Entschlossenheit auf seinem Gesicht, aber auch Überraschung. »Wovon, zum Teufel, redest du?« »Ein ganzes Team von Soldaten hat Callans Haus überfallen. Ein Dutzend Männer. Ich weiß nur, dass sie ihn und Merinus nicht erwischt haben, aber sie sind hinter ihr her. Sie wissen alles über sie.« »Was wissen sie, verdammt noch mal?« Kane fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, und seine Stimme war leise, aber aufgebracht vor Wut. »Warum, zur Hölle, greifen die ausgerechnet jetzt an?« »Sie wissen, dass deine Schwester jetzt Callans Gefährtin ist«, erklärte Sherra ihm vorsichtig. »Du weißt es schließlich auch.« Oder etwa nicht? Sein Gesicht wurde alarmierend bleich, und er riss die blauen Augen auf. »Dieser Bastard hat sie angefasst?«, zischte er. »Nein«, erwiderte sie spöttisch. »Er hat sich mit ihr gepaart. Sicher erinnerst du dich noch an das Konzept? Und jetzt ist es dem Council egal, ob sie ihn tot oder lebendig fangen. Sie wollen die Frau und das Kind, das sie vielleicht bekommt. Aber das wusstest du schon, oder, Mr Tyler? Warum sonst haben uns diese Typen nur Stunden nach dem Telefonat mit dir angegriffen?« Er schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe meine Schwester nicht verraten. Das würde ich nie tun.« Seine Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sherra runzelte die Stirn. »Ich bin gekommen, um dich zu töten, Kane Tyler«, sagte sie langsam. Das schien ihn nicht zu überraschen. Seine Mundwinkel hoben sich spöttisch. »Vielleicht könntest du damit noch etwas warten, bis ich meiner Schwester den Arsch gerettet habe«, knurrte er. »Was, zur Hölle, soll dieses Gerede von wegen Paarung?« »Später«, antwortet sie barsch. »Jetzt ist keine Zeit für Erklärungen. Aber es ist Zeit, mir zu sagen, wie das Council von der Paarung erfahren hat, wenn Merinus dir nichts davon erzählt hat.« Sherra war beinahe überzeugt, dass Kane es nicht gewusst hatte. Er war ein Lügner, aber in diesem Fall sagte er die Wahrheit. Ihre Fähigkeiten waren mit den Jahren besser geworden, mit dem Alter und der Verzweiflung. Sie konnte eine Lüge riechen wie andere stinkenden Müll. »Wer bist du?«, zischte er. »Und du wirst schon ein wenig mitteilsamer sein müssen als bisher, Frau. Mit so wenig Information kann ich Merinus und Callan nicht helfen.« Sherra holte tief Luft und trat aus den Schatten. Sie sah, wie seine Augen sich weiteten, als sein Verdacht zur Gewissheit wurde. »Du bist nicht tot«, flüsterte er und blinzelte, als wollte er sich selbst davon überzeugen, dass sie es wirklich war. Seine Miene wurde ausdruckslos vor Schock, und in dem gedämpften Licht meinte sie so etwas wie Hoffnung in seinen Augen schimmern zu sehen, doch dann verwandelte sie sich in kalte Wut. Bitterkeit überrollte sie in einer schmerzhaften Welle, so überwältigend, dass sie beinahe darin versank. Jetzt war er wütend, dabei hatte er gar kein Recht dazu. »Nein, mein Liebster, ich wurde nicht getötet. Aber das bedeutet nicht, dass du noch viel länger zu leben hast.« In diesem Moment sah Sherra sich mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wie nie zuvor. Albträume und zerbrochene Hoffnungen rissen ihre Seele in ein trostloses, finsteres Loch, dem sie fürchtete, nie zu entkommen. Sie spürte die steigende Lust, das Verlangen, das auch Callan und Merinus kannten, in ihren Adern, in jeder Pore ihres Wesens. Vor ihr stand der Mann, der sie vor Jahren verraten hatte. In einem trostlosen, kalten Labor hatte sie seinen Körper auf ihrem gespürt, und er hatte ihr Freuden bereitet, trotz der Barrieren, die sie dagegen errichtet hatte. Er war ihr Gefährte. Der Vater des Kindes, das sie verloren hatte. Der Mann, den zu töten sie geschworen hatte. Sie war am Leben. Kane starrte sie an und versuchte, das Zittern seiner Hände zu verbergen, während das Verlangen in ihm aufstieg wie eine finstere, hungrige Wolke. Wie viele Jahre hatte er von ihr geträumt, sie gebraucht, sich nach ihr gesehnt, mit jeder Faser seines Wesens? Und jetzt war sie hier, stand vor ihm, in Schatten gehüllt, und ihre Augen funkelten voller Hass. Hass. Er schluckte das Gefühl herunter, das ihm die Kehle zuschnürte, den Kummer, der ihm ins Herz schnitt, und die Fassungslosigkeit, die er einfach nicht abschütteln konnte. Die Erde schien sich aus ihrer eigenen Achse verschoben und ihn in eine Welt geworfen zu haben, die völlig anders war als noch am Tag zuvor. »Warum hast du mich nicht kontaktiert?« Er brachte die Worte kaum über die Lippen. Sie war am Leben, all die Jahre lang. Er hatte die Hölle durchlebt, seine Seele hatte geblutet, bis sie nur noch eine einzige offene Wunde war, und die ganze Zeit über war sie am Leben gewesen. Sie lächelte spöttisch, einen kalten Zug um die Lippen, dessen Anblick ihm in die Seele schnitt. Ihre Finger, so schlank und anmutig, griffen in den dichten Busch neben ihr und zupften eine zarte weiße Blüte ab, rissen lässig die Blütenblätter ab und ließen sie in ihrer verwundeten Pracht zu Boden gleiten. Er starrte sie an, und der Anblick zerfetzte seine...