E-Book, Deutsch, Band 733, 64 Seiten
Larsen Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 733
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7517-7120-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Spionin aus Liebe
E-Book, Deutsch, Band 733, 64 Seiten
Reihe: Die Welt der Hedwig Courths-Mahler
ISBN: 978-3-7517-7120-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Therys Herz klopft wie verrückt, als sie dem Diener durch lange Flure und Korridore folgt. Nach einer Weile, die ihr wie eine Ewigkeit vorkommt, macht er endlich vor einer Tür Halt. Dahinter befindet sich also das Atelier des legendären Modedesigners Baron Roedern. Nie hätte Thery sich träumen lassen, diese heiligen Räume jemals betreten zu dürfen.
Aber nicht allein deshalb ist sie so aufgeregt. Sie ist nervös, weil sie nur durch einen schäbigen Trick ins Schloss gelangt ist. Ihre Mission: Sie soll die neueste Kollektion des Barons ausspionieren und somit dessen nächsten großen Erfolg vereiteln.
Ein Zurück gibt es nicht mehr, aber im selben Moment, in dem sie zum ersten Mal in die freundlichen Augen des Barons blickt, trifft sie die volle Wucht ihrer Entscheidung wie ein Schlag ins Gesicht - die Erkenntnis, dass sie das Vertrauen eines wundervollen Mannes missbrauchen wird, lässt die Welt um sie herum erzittern ...
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Spionin aus Liebe Therys Erlebnisse in der Glitzerwelt der Mode Therys Herz klopft wie verrückt, als sie dem Diener durch lange Flure und Korridore folgt. Nach einer Weile, die ihr wie eine Ewigkeit vorkommt, macht er endlich vor einer Tür Halt. Dahinter befindet sich also das Atelier des legendären Modedesigners Baron Roedern. Nie hätte Thery sich träumen lassen, diese heiligen Räume jemals betreten zu dürfen. Aber nicht allein deshalb ist sie so aufgeregt. Sie ist nervös, weil sie nur durch einen schäbigen Trick ins Schloss gelangt ist. Ihre Mission: Sie soll die neueste Kollektion des Barons ausspionieren und somit dessen nächsten großen Erfolg vereiteln. Ein Zurück gibt es nicht mehr, aber im selben Moment, in dem sie zum ersten Mal in die freundlichen Augen des Barons blickt, trifft sie die volle Wucht ihrer Entscheidung wie ein Schlag ins Gesicht – die Erkenntnis, dass sie das Vertrauen eines wundervollen Mannes missbrauchen wird, lässt die Welt um sie herum erzittern ... »Das Monster schlägt wieder zu!« Mit langen Schritten stürmte Thure Tordis durch das Atelier seines Modeimperiums, und sein Seidenschal wehte aufgeregt hinter ihm her. Es war ein lila Schal! Einen Schal zu tragen war das Markenzeichen des »Modezars«, wie er in der Branche genannt wurde, und die verschiedenen Farben der Schals signalisierten seinen jeweiligen Gemütszustand. Die Farbe lila bedeutete, dass sein Seelenkostüm sich in einem verheerenden Zustand befand. Die Zeichnerinnen, die an ihren Skizzentischen saßen und emsig die genialen Entwürfe des Meisters detailgetreu und in verschiedenen Variationen aufs Papier brachten, Bordürenornamente oder passende Accessoires entwarfen, zogen die Köpfe ein und strichelten wild drauflos. Wenn der Meister einen lila Schal trug, war Ärger angesagt! Nur Thery zog den Kopf nicht ein! Sie himmelte den Wütenden bewundernd an, und wer jemanden anhimmelte, der konnte nicht den Blick senken und mit dem Zeichenstift auf Skizzenpapier arbeiten. Nun war Thure Tordis durchaus ein Typ, den man anhimmeln konnte, rein äußerlich betrachtet, und genial war er noch dazu. Gerade hatte er mit seinem nordischen Folklorelook wieder einen modischen Hit gelandet, weshalb er auch beabsichtigte, noch eine Weile auf dieser Erfolgsschiene zu fahren. Wenn das Monster zuschlug, bedeutete das eine Katastrophe für ihn, weil er seine neuesten Kreationen vergessen konnte, noch bevor er sie präsentiert hatte! Dabei liefen die Vorbereitungen für die Herbst- und Winterkollektion schon auf Hochtouren! Kein Wunder also, dass er in Panik geriet. Doch selbst im Zorn sah Thure Tordis großartig aus, oder »anbetungswürdig«, wie seine zahlreichen weiblichen Fans schwärmten, und sie schwärmten gewaltig. Es gehörte bei den Damen der feinen Gesellschaft fast schon zum guten Ton, den attraktiven Modemacher »anbetungswürdig« zu finden. In seiner nordischen Heimat liefen Typen wie er allerdings im Dutzend herum, nur nicht so extravagant gekleidet. Tordis, der einen schwedischen Vater und eine finnische Mutter hatte, trug nur maßgeschneiderte Eleganz nach eigenen Entwürfen. Er war sehr groß, imponierend breitschultrig, sagenhaft blond und hatte fjordgrüne Augen. Sogar Leute, die ihn nicht anbetungswürdig fanden, und davon gab es eine ganze Menge, mussten doch zugeben, dass er gut aussah! Thery vergaß die Verzierung, die sie für ein Wintermodell entwerfen sollte, das »Ewiges Eis« heißen sollte. Mit verklärtem Blick strahlte sie den zürnenden Meister an. Er machte wahnsinnig Eindruck auf sie, wahrscheinlich, weil sie selbst ein ganz anderer, ein südländischer Typ war. Thery war zierlich, hatte dunkles, langes Haar und schwarze Kirschaugen. Sie war ein bezauberndes Bündel von Anmut und Jugend. Außerdem war sie intelligent und eine hochbegabte Zeichnerin. Nur ein kleines Trampeltier, das war sie leider auch. Ein Fettnäpfchen, das Thery ausließ, gab es nicht! Dadurch verpatzte sie sich sämtliche Karrierechancen. Ihr Traumziel war es, als Mannequin über den Laufsteg zu schweben. Doch statt des Meisters Kreationen zu präsentieren, saß sie immer noch an ihrem Skizzentisch in der Design-Abteilung und präsentierte die Kreationen nur auf dem Papier. Dabei hatte Tordis, dessen Ruf als Don Juan legendär war, längst einen begehrlichen Blick auf sie geworfen, doch Thery schaffte es zielsicher, seine diversen Annäherungsversuche im Keim zu ersticken. Mitten in seinem stürmischen Lauf hielt er, bei Therys Skizzentisch angelangt, prompt inne. Mit dramatischer Geste deutete er auf den Entwurf der Bordüre und murmelte düster: »Vergessen Sie das ›Ewige Eis‹, Theresa!« »Ist schon vergessen!«, gelobte Thery und stotterte im gleichen Atemzug: »Warum soll ich es denn vergessen?« »Weil das Monster zuschlägt!« »Oh!«, hauchte Thery ergriffen. Das »Monster« war natürlich kein solches, sondern so nannte Tordis nur einen anderen Modeschöpfer, der manchmal bessere Einfälle hatte als er. »Er wird mich vernichten!«, tönte er dumpf. »Das schafft er nie!«, versicherte Thery treuherzig. »Diesmal wird es ihm gelingen!« Tordis liebte es, sich in unheilschwangere Stimmungen hineinzusteigern. »Er kreiert nämlich einen neuen Trend!« »Und was für einen?«, fragte Thery naiv. »Ha! Das ist sein verdammtes Geheimnis!« Neue Trends waren immer Geheimnisse. Thery war lange genug in der Modebranche tätig, um das zu wissen, und Tordis wusste es natürlich auch, doch er schwelgte in seiner Untergangsorgie und litt mit Genuss. »Das Monster bringt irgendeinen tollen Look auf den Markt, und wir können unsere Modelle in die Mülltonne werfen!«, prophezeite er, und jetzt war er nahe daran, in Tränen auszubrechen. Seine Augen schimmerten schon verdächtig feucht. »Theresa, mein Imperium ist dahin, ich werde bei Null wieder anfangen müssen! Am besten, Sie suchen sich gleich einen neuen Job!« Erschreckt riss sie die Augen auf. »Ehrlich?« »So wahr ich Thure Tordis heiße!« Das wollte gar nichts heißen, denn es war nur eine Redensart von ihm, die er bei jeder Gelegenheit servierte. Trotzdem war Thery überwältigt von seinem Schmerz. »Was auch immer geschehen mag«, erklärte sie tapfer, »ich werde mit Ihnen dort anfangen.« »Wo?«, erkundigte er sich etwas irritiert. »Bei Null!« »Ach so.« Zutiefst gerührt von Therys Opferbereitschaft, beugte er sich zu ihr und hauchte einen Dankeskuss auf ihre Stirn. »Was fühlen Sie, wenn ich Sie küsse, Theresa?«, fragte er leise. »Es kitzelt.« Womit sie es denn wieder schaffte, seinen erneuten Annäherungsversuch schnöde zu verhindern. Ein Kompliment war es schließlich nicht gerade, wenn seine Küsse keine leidenschaftlicheren Reaktionen auslösten. Er hatte eine andere Antwort erwartet! Dennoch blieb er Herr der Lage. »Theresa, Sie sind so herrlich naiv und direkt«, verhüllte er die Abfuhr mit schönen Worten. »Bleiben Sie so, wie Sie sind, versprechen Sie es mir!« »Schon versprochen«, flüsterte Thery hingerissen. Er nahm ihr den Skizzenstift aus der Hand und verpasste der Borte mit ein paar Strichen etwas Besonderes. Dabei beugte er sich noch immer über Thery. Sein aus geheimnisvollen Essenzen höchstpersönlich und nur zum eigenen Bedarf selbstgemixtes Herrenparfüm hüllte sie in eine berauschende Duftwolke ein. Natürlich blieb das Intermezzo am Skizzentisch nicht unbemerkt. Zwar taten die anderen Mädchen so, als merkten sie nichts, doch sie merkten alles. Auch wenn sie die beiden nur hinter halbgesenkten Lidern hervor beobachteten, entging ihnen dennoch nichts, und sie wurden gelb und grün vor Neid. Außerdem wachte das ›dritte Auge‹ über die Szene, und dem entging schon gleich gar nichts! Das ›dritte Auge‹ war ein Loch im Vorhang. Der Vorhang war mit einem wilden Farbenrausch gemustert und verhüllte im Obergeschoss die Panoramascheibe des Ateliers, in welchem der Meister waltete. Durch diese Scheibe konnte man den Saal voll überblicken, wenn der Vorhang geöffnet war. Allerdings konnte man es auch, wenn er zugezogen war, denn in dem wilden Farbenrausch befand sich eben dieses Loch, das der Meister sein ›drittes Auge‹ nannte. Vom Saal aus betrachtet, blieb das Loch unsichtbar, doch durch das Loch hindurch sah man umgekehrt alles, was im Saal passierte. Auf diese Weise sah Tamara, was passierte. Sie beobachtete Tordis und Thery, reagierte aber recht gelassen, denn sie betrachtete Thery nicht als ernstzunehmende Konkurrentin. Natürlich entging es ihr nicht, dass der große Meister verrückt nach Thery war, doch sie wertete das Mädchen nicht als echte Gefahr. Andererseits musste man immer auf der Hut sein! Aber aus Tamaras Sicht war Thery einfach eine niedliche, kleine Gans, die sich selbst die Tour vermasselte. Schließlich hatte...