E-Book, Deutsch, Band 554, 64 Seiten
Larsen Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 554
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7517-1428-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Da geschah das große Wunder
E-Book, Deutsch, Band 554, 64 Seiten
Reihe: Die Welt der Hedwig Courths-Mahler
ISBN: 978-3-7517-1428-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wie so viele junge Mädchen hat auch Silke Horster immer von einer romantischen Hochzeit in einem weißen Brautkleid, mit einer Hochzeitskutsche und einem rauschenden Fest geträumt. Dieser Traum erfüllt sich nicht, als sie an einem nasskalten Septembertag in einem tristen Rathaus mit Arndt von Wittenburg den Bund der Ehe schließt.
Dennoch liebt Silke Arndt aus tiefstem Herzen. Eine winzige Mansardenwohnung ist künftig ihr Zuhause. Als Arndts Eltern von der heimlichen Hochzeit erfahren, streichen sie ihrem Sohn sofort die monatlichen Zuwendungen. So ist er gezwungen, neben seinem Studium mehreren Nebenjobs nachzugehen. Dennoch reicht das Geld vorne und hinten nicht, und dunkle Schatten fallen auf ihr Liebesglück ...
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Da geschah das große Wunder Werden sich ihre sehnsüchtigen Träume von Romantik erfüllen? Wie so viele junge Mädchen hat auch Silke Horster immer von einer romantischen Hochzeit in einem weißen Brautkleid, mit einer Hochzeitskutsche und einem rauschenden Fest geträumt. Dieser Traum erfüllt sich nicht, als sie an einem nasskalten Septembertag in einem tristen Rathaus mit Arndt von Wittenburg den Bund der Ehe schließt. Dennoch liebt Silke Arndt aus tiefstem Herzen. Eine winzige Mansardenwohnung ist künftig ihr Zuhause. Als Arndts Eltern von der heimlichen Hochzeit erfahren, streichen sie ihrem Sohn sofort die monatlichen Zuwendungen. So ist er gezwungen, neben seinem Studium mehreren Nebenjobs nachzugehen. Dennoch reicht das Geld vorne und hinten nicht, und dunkle Schatten fallen auf ihr Liebesglück ... Silke Horster hatte, wie alle jungen Mädchen, oft von ihrem Hochzeitstag geträumt. Nun stand sie frierend in ihrem dünnen Kostüm auf dem Flur des Rathauses. In der Hand trug sie ein Köfferchen, das alle ihre Habseligkeiten enthielt. In einer Stunde sollte sie Baronin Wittenburg werden. Eine Hochzeit ohne weißes Kleid, ohne Kirchenglocken und Brautchor und ohne Hochzeitskutsche. Silke sah wieder auf die Uhr, die über der Tür hing. Sie hätte gerne nach Arndts Hand gegriffen, aber Arndt von Wittenburg machte ein finsteres Gesicht. Es war ein kühler Septembertag. Jedes Mal, wenn das Portal zur Straße aufging, fegte ein nasskalter Luftzug herein. Endlich kam ein geschäftiges Fräulein mit gestrafftem Haarknoten und Hornbrille auf Silke und Arndt zu. »Baron Wittenburg?«, fragte sie. »Ja«, antwortete Arndt. »Ja, der bin ich.« Das Fräulein wandte sich nun an Silke. »Fräulein Horster?« »Ja.« »Bitte, kommen Sie mit mir.« Sie lächelte. »Den Koffer stellen wir solange in mein Zimmer, Fräulein Horster. Wenn es Ihnen recht ist, werden ein Kollege von mir und ich das Amt der Trauzeugen übernehmen.« »Ja, natürlich ist es uns recht«, sagte Arndt ungeduldig. Er nahm Silkes Arm, sie gingen durch die schicksalhafte Tür und standen in einem Büroraum. Ein Gemälde von Feuerbach und zwei Gummibäume waren bestrebt, dem Raum ein festliches Gepräge zu geben. Der Standesbeamte begrüßte das junge Paar freundlich und mit einer gewissen Feierlichkeit und bat, in den Sesseln vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Er hielt eine kleine Rede, die nicht besonders einfallsreich war, aber sein Tonfall war herzlich. Dann bat er das junge Paar aufzustehen. »Arndt Baron von Wittenburg, ich frage Sie: Sind Sie bereit und willens, mit der hier anwesenden Silke Horster die Ehe zu schließen? So antworten Sie mit Ja.« »Ja«, sagte Arndt fest und ohne zu zögern. Silke spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Sie nahm sich tapfer zusammen, als der Beamte die Frage an sie richtete, aber ihr »Ja« klang trotzdem ein wenig zittrig. Das Fräulein mit der Hornbrille lächelte gerührt. Der Standesbeamte schob Arndt und Silke ein Dokument zu, das sie unterschreiben mussten. Zum ersten Mal schrieb Silke ihren neuen Namen: Silke Baronin von Wittenburg. Und genau in diesem Augenblick durchzuckte sie der schreckliche Gedanke: Wenn Arndt mich nun nur heiratet, weil das Kind unterwegs ist? Natürlich war das Unsinn, und sie wusste es auch genau: Arndt heiratete sie, weil er sie liebte. Der Standesbeamte schüttelte ihnen die Hände, auch die beiden Trauzeugen gratulierten. Das junge Ehepaar bekam die Urkunde ausgehändigt, und dann war alles vorbei. ??? Als sie wieder auf der Straße standen, waren sie verheiratet. Aus der kleinen Silke war eine Baronin Wittenburg geworden. »Es tut mir leid, dass ich die Blumen vergessen habe«, sagte Arndt. Er lächelte jetzt und wirkte richtig jungenhaft. »Das macht doch nichts«, wehrte Silke ab. Sie hätte ihm gerne einen Kuss gegeben, aber sie wagte es nicht, mitten in der belebten Geschäftsstraße, in der das Rathaus der alten Universitätsstadt lag. Arndt blieb unschlüssig stehen. Es war halb zehn vorbei. Silke dachte, wie wenig Zeit die wahrhaft bedeutungsvollen Ereignisse des Lebens manchmal beanspruchten. »Eigentlich«, gestand Arndt zögernd, »hätte ich um elf eine wichtige Vorlesung in der Uni.« Silke war furchtbar enttäuscht, aber sie ließ sich nichts anmerken. »Du möchtest die Vorlesung nicht versäumen?«, fragte sie ihn tapfer. »So ungefähr, ja.« Er sah sie schuldbewusst an. »Typisch, nicht? Du musst mich ja für einen Streber halten.« »Nein, das tue ich nicht«, widersprach Silke energisch. »Ich verstehe dich sehr gut. Wie lange dauert diese Vorlesung denn?« »Nur bis zum Mittag.« Er war sichtlich erleichtert, dass sie so vernünftig war. »Wir hätten dann noch den ganzen Tag für uns«, fügte er rasch hinzu. »Gut. Dann gehst du in die Universität, und ich warte irgendwo auf dich.« »In unserer Wohnung natürlich«, entschied Arndt. »Oder willst du vielleicht bis zum Mittag in irgendeinem Café herumsitzen?« Nein, das wollte Silke sicher nicht. Aber sie hatte es sich auch anders erträumt. Der Augenblick, in dem sie mit Arndt zusammen ihr gemeinsames Heim betrat, sollte ein schöner und feierlicher Augenblick sein, so hatte sie sich das vorgestellt. Stattdessen zog er sie nun hastig zur nächsten Straßenbahnhaltestelle. Sie erwischten gerade noch die Nummer sieben, eine ziemlich überfüllte Bahn. Arndt hatte Mühe, mit Silkes Koffer hineinzukommen. Während der Fahrt konnten sie kein Wort wechseln, weil zu viele Leute zwischen ihnen standen. An der dritten Haltestelle stiegen sie aus. »In fünf Minuten sind wir da«, sagte Arndt. Halb entschuldigend fügte er hinzu: »Keine besonders attraktive Gegend, ich weiß.« »Ich finde es sehr hübsch hier«, sagte Silke, und sie meinte das durchaus ehrlich. Ihr gefielen die winkligen Gassen mit dem Kopfsteinpflaster und den schönen alten Fachwerkbauten. Der Kirchturm, der über die Dächer lugte, trug zu ihrem hellen Entzücken ein Storchennest. »Natürlich sind sie schon fortgeflogen«, sagte sie. »Wer?«, fragte Arndt irritiert. »Die Störche.« Er folgte ihrem Blick und nahm zärtlich ihren Arm. »Du kleiner Kindskopf, natürlich sind sie schon fortgeflogen«, erwiderte er. Während sie weitergingen, hielt Arndt ihre Hand fest, und es war wie eine Welle der Wärme, die von ihm ausströmte und auf Silke überging. Und auf einmal fror sie nicht mehr so sehr. »Ich habe dir ja schon geschrieben«, fing er vorsichtig an, »dass ich dir keine Komfortwohnung bieten kann. Genau genommen ist es sogar eine ziemlich klägliche Behausung.« »Aber sie gehört uns«, sagte Silke. »Ja, das ist richtig«, stimmte Arndt nachdenklich zu. »Sie gehört uns.« Er blieb vor einem alten Fachwerkhaus stehen. Im Erdgeschoss war eine Bäckerei. »Da oben ist es«, sagte er, »unter dem Dach.« Er machte die Haustür auf, der würzige Geruch frisch gebackenen Brotes schlug ihnen entgegen. Sie stiegen die Treppe hinauf, eine winklige, schon etwas morsche Holztreppe, die bei jedem Schritt ächzte. Im Dachgeschoss öffnete Arndt eine Tür. »Hier ist es«, sagte er. »Ich hoffe, es gefällt dir, obwohl es sehr bescheiden ist.« Silke war atemlos vor Erwartung und Freude. Arndt stellte eilig den Koffer ab. »Mach es dir schon mal ein bisschen gemütlich und richte dich ein, so gut es geht. Es war ein großes Glück, dass ich die Bude bekommen habe. Ich gebe dem Jungen von der Bäckerei Nachhilfeunterricht in Latein, weißt du. Ich habe alles frisch tapeziert. Meine Möbel sind erst gestern aus dem Studentenheim herübergekommen. Am besten, du ruhst dich erst etwas aus.« Er gab ihr einen Kuss, einen zärtlichen Klaps und noch einen Kuss, und dann ging er. Silke war allein und sah sich mit großen Augen in ihrem neuen Heim um. Es war ein gemütliches Stübchen mit schrägen Mansardenwänden und einem kleinen Fenster, es war sauber und freundlich. Arndt hatte bisher in dem modernen Studentenheim ein Apartment bewohnt, das er mit seinen eigenen Möbeln eingerichtet hatte. Es waren schöne alte Möbel aus seinem Elternhaus. Ein geschnitzter Schrank, eine große Couch, ein runder Tisch mit binsengeflochtenen Stühlen, ein Sessel, ein Schreibsekretär und ein Bücherbord, das eine ganze Wand einnahm. So viele Bücher, dachte Silke andächtig. Sie hatte sich schon immer brennend gewünscht, einmal viel zu lesen, vielleicht kam sie jetzt endlich dazu. Einige geschmackvolle Bilder hingen an den frisch tapezierten Wänden, ein maisgelber handgewebter Teppich lag auf dem blank gescheuerten Fußboden und zauberte einen Hauch von Sonnenschein in den Raum. Silke machte die Tür...