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Lapidus | Mr. One | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 576 Seiten

Lapidus Mr. One

Thriller
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-641-30885-8
Verlag: btb
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, 576 Seiten

ISBN: 978-3-641-30885-8
Verlag: btb
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In Stockholms Unterwelt tobt der Krieg - der schwedische Thrillermeister Jens Lapidus taucht tief ein in die düsteren Seiten einer Großstadt

Isak Nimrod will sich nach vielen Jahren als Boss der Unterwelt aus dem Gangsterleben zurückziehen und ein legales Leben führen. Sofort beginnt ein wilder Kampf um sein Erbe. Wer wird der neue Mr. One? Seinen Platz möchte Kerim Celali einnehmen, der anders als Isak, mit brutaler Gewalt regiert. Als Isaks Sohn Max verschwindet, setzt sich eine fürchterliche Spirale der Gewalt in Gang, in die auch der ehemalige Kleinganove Teddy hineingezogen wird, der als V-Mann ins Gangstermilieu eigeschleust wird. Der Krieg auf Stockholms Straßen hat längst die Vororte verlassen und hält Einzug in die schicken Viertel und Milieus der Stadt. Keiner ist mehr sicher, wenn es um die tödliche Frage geht, wer in dieser düsteren Welt die Oberhand behält.

Jens Lapidus (geboren 1974) hat eine der erstaunlichsten Karrieren Schwedens inne. Er war nicht nur einer der angesehensten Strafverteidiger des Landes, sondern ist auch einer der erfolgreichsten Autoren. Durch seine anwaltliche Tätigkeit verfügt er über mannigfaltige Kontakte zu Schwerverbrechern und genuine Einblicke in die schwedische Unterwelt, die Normalsterblichen normalerweise verwehrt bleiben. Die Authentizität, Schnelligkeit und Direktheit seiner Romane suchen ihresgleichen. Seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt, vielfach preisgekrönt und mehrfach verfilmt.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1
Teddy


Trotz des Werbebanners, auf dem »das Premium-Feeling der kostenlosen Internetverbindung« angepriesen wurde, war das WLAN im Flugzeug so langsam, dass Teddy nicht einmal auf die Website der Fluggesellschaft zugreifen konnte. Er hatte nichts heruntergeladen, das er sich offline ansehen konnte, und auch nichts zum Lesen gekauft. Er hätte ohnehin nicht gelesen.

Dennoch erinnerte er sich deutlich an das Quietschen der Räder des Bibliothekswagens, wenn dieser den Gang hinunterrollte – ein bisschen wie das fröhliche Signal eines Eiswagens, sozusagen das Premium-Feeling im Knast. Damals hatte er Bücher verschlungen, das Weihnachtsgeschenk seines Vaters war der Anfang gewesen, aber das lag daran, dass er nichts anderes zu tun hatte, als Karten zu spielen und sich einen runterzuholen. Damals hatte er sich seinem Vater näher gefühlt. Vielleicht glaubte Teddy immer noch, dass er eines Tages so werden würde wie er. , und in gewisser Weise stimmte das auch. Dass er auf dem Weg zu diesem Treffen war, schien in den Augen vieler ein Ding der Unmöglichkeit. Und doch saß er hier.

Die Zeiten hatten sich geändert. In den letzten Monaten hatte er total mies geschlafen, war nicht zur Ruhe gekommen, hatte versucht, seine Gedanken zu ordnen, die sich ohne Struktur im Kreis drehten. Er hatte begonnen, unsaubere Geschäfte zu machen, die dunkleren Stunden des Tages bekamen eine andere Bedeutung, wurden zu Arbeitszeiten, Geschäftszeiten. Er hatte nicht geglaubt, wieder dort zu landen. Acht Jahre Gefängnis sollten eigentlich wie eine Impfung gegen die Straße wirken – aber offenbar nicht für ihn. Er schien Antikörper gegen Impfungen zu haben, war immun gegen Veränderungen. Er würde nie sein wie sein Vater oder wie Emelie, aber er wusste, warum er das hier tat, warum er sich in die Todeszone begab. Er hatte seine Gründe.

Lucas – sein Sohn – sollte eines Tages stolz auf ihn sein.

Aber das beantwortete eine Frage nicht: War es das wert?

Er kippte die Rückenlehne seines Sitzes nach hinten, er musste versuchen zu schlafen.

»Was machen Sie da?« Ein Gesicht lugte durch den Spalt zur Reihe hinter ihm. »Passen Sie doch mit dem Sitz auf. Jetzt habe ich etwas verschüttet.«

»Tut mir leid«, sagte Teddy.

Ein alter Mann, braun gebrannt, als wäre er in die falsche Richtung unterwegs, das graue Haar zurückgekämmt, Wutfalten zwischen den Augen: »Sie sind nicht allein in diesem Flugzeug.«

Teddy sollte aufstehen, sich umdrehen und dem Idioten eine rechte Gerade verpassen. Er sollte ihm das Tablett um die Ohren hauen und ihm die kleine Flasche Cava in den Arsch schieben. Wobei, der Alte hatte sich vor den Augen aller anderen über ihn beschwert, da reichte eine Ohrfeige nicht aus. Teddy sollte ihn durch den Notausgang ins Freie befördern. Dort gab es keine Stuhllehnen, gegen die man klopfen konnte. Dort gab es keine Cava-Flaschen, die er verschütten konnte.

Stattdessen drehte er sich wieder nach vorne und starrte auf die leuchtenden kleinen Zeilen: . Er war jetzt anders, er war nicht mehr derselbe Teddy wie früher.

Es gab Gründe, warum er nicht ausflippen durfte. Seine Mission auf der Insel war zu wichtig, er durfte jetzt keine Aufmerksamkeit erregen, er wollte keine Probleme mit den Behörden bekommen, wenn er landete.

Das Dröhnen der Flugzeugturbinen übertönte die anderen Geräusche: das Gequassel auf dem iPad eines Mädchens ganz außen in der Reihe, das Gequengel eines Kindes ein paar Reihen weiter wegen irgendwelchen roten Bonbons, das Gegröle einiger junger, im Gang stehender Männer über Jet-Skis und Palmas Stripclubs. Auflösung, Lärmreduktion, Ausblendung der Realität. Das war es, was er brauchte.

Er legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.

Bei seinem letzten Aufenthalt auf Mallorca war Emelie dabei gewesen. Der Schlamassel, in den sie geraten waren, hatte sie gezwungen zusammenzuarbeiten, um den Pädophilenring zu zerschlagen. Zwischendrin hatten sie sich gefunden, und eins hatte zum anderen geführt.

Sie zogen zusammen, nachts liebten sie sich oder schliefen nebeneinander, sie frühstückten jeden Morgen gemeinsam, bevor Emelie zur Arbeit ging, sie sprachen darüber, wie es wäre, Eltern zu sein, sie diskutierten ihre Vorstellungen von Kindererziehung und darüber, wie und wo sie in der Welt leben wollten, wenn sie die Wahl hätten. Mallorca war auf jeden Fall eine Option. Dann kam Lucas zur Welt.

Sie statteten Emelies Wohnung mit Kissen und einem Kinderbett aus, sie schoben einen Kinderwagen durch Vasastan, sie kuschelten sich auf dem Sofa zusammen, alle drei wie eine kleine Familie, wie das , von dem die Hebamme gesprochen hatte. Sie saßen in den Cafés entlang der Rörstrandsgatan, während Lucas schlief, und tranken Caffè Americano. Emelie grüßte Bekannte, die sich tief in den Wagen beugten und das Wunder dort bestaunten. Sie fuhren zu Linda raus, die Lucas so süß fand, dass sie ihn am liebsten behalten wollte, sie gingen zur Kinderärztin und fühlten sich harmonisch, sie übten, damit Teddy Lucas die Flasche geben konnte, obwohl er tief in seinem Inneren der Meinung war, dass sein Sohn nur gestillt werden sollte.

Es war wohl Stockholms flüchtigstes Zielbild, eher ein , eine Sekunde der Euphorie. Nach wenigen Wochen holte ihn die Realität ein. Emelie bekam Elterngeld, aber das würde nicht ewig reichen. Teddy suchte einen Job, aber er fand keinen anständigen, er hatte ein achtjähriges schwarzes Loch in seinem Lebenslauf. Auch die Anwaltskanzlei Leijon wollte ihn nicht zurück, und er konnte das verstehen – sie wussten, dass er irgendwie in die Explosion der gesamten Kanzlei vor ein paar Jahren verwickelt war. Vielleicht sollte Emelie in ihren Beruf zurückkehren und er Elternzeit machen? Emelie weigerte sich.

Nach neun Monaten sagte Emelie, dass sie zwei Tage pro Woche arbeiten müsse, sonst würde sie »einige Mandanten für immer verlieren, und das will keiner von uns«.

Das war eine klare Ansage, außerdem hatte Teddy nur Gelegenheitsjobs gefunden. Gleichzeitig fiel es ihm schwer zu akzeptieren, dass sie von ihm verlangte, jeden Tag bis 17:30 Uhr zu Hause zu bleiben, um im Haushalt zu helfen – er war kein Kind. Er musste etwas tun, Geld verdienen, sich wie ein Mann benehmen.

An einem Tag meinte Emelie, er solle Lucas in eine sogenannte offene Kita im Vasapark bringen. »Ich habe heute eine Anhörung, darum kann ich nicht«, sagte sie. »Es würde ihm guttun, andere Kinder zu treffen.« Lucas war vierzehn Monate alt und liebte es, Dinge von den Tischen zu stoßen und Emelies Gesetzesbücher aus dem untersten Fach des Bücherregals zu reißen. Er liebte es, Squeezies mit Aprikosengeschmack zu essen und einfach süß zu sein. Er musste nicht ständig andere Kinder sehen. Lucas war auch so glücklich. Trotzdem packte Teddy ihn in die schlafsackähnliche Einlage des Kinderwagens und machte sich auf den Weg in den Park. Auf dem Asphalt lag noch eine blasse Raureifschicht, der Himmel war wolkenlos, keine Vögel, keine Flugzeuge in Sicht. Sie könnten einfach spazieren gehen, auch wenn Lucas noch wach war, er würde erst in ein paar Stunden seinen Mittagsschlaf machen, und stillsitzen war nicht sein Ding.

Die offene Kita war eigentlich nur ein kleines Häuschen auf dem Spielplatz des Parks. Es roch darin nach nassen Overalls und Mikrowellenessen. Nachdem Teddy seine Schuhe ausgezogen hatte – er hasste es, in Socken herumzutapsen, aber es gab Schilder, auf denen stand, dass man keinen Sand hereinbringen sollte – und Lucas ausgepackt hatte, stellte sich heraus, dass er zu spät gekommen war. Die anderen Eltern saßen schon mit ihren Kindern auf dem Schoß im Kreis auf dem Boden und wippten im Takt mit dem Kopf.

»Hallo, hallo«, sagte die Erzieherin und legte ihre Gitarre beiseite. »Wie heißt ihr?«

»Wir sind Teddy und Lucas.« Teddy setzte sich zwischen zwei Mütter, die wie Zwillinge aussahen: blonde Haare, helle Strickpullover mit hohem Kragen aus teurer Wolle.

»Und welches Lied möchte Lucas sich aussuchen?«, fragte die Erzieherin. Hatte sie nicht gecheckt, wer von beiden wer war, oder war das eine pädagogische Methode, mit den Kleinen über die Eltern zu kommunizieren?

Teddy kannte kein einziges Lied. Und Lucas konnte nicht einmal das Wort »Lied« aussprechen.

Die Erzieherin hatte unnatürlich weiße Zähne.

Teddy klopfte Lucas auf den Rücken. Die blonden Mütter starrten ihn an. Gegenüber saßen ein paar Väter mit runden Brillengläsern und dünnen Armen und warteten auf einen Liedvorschlag. Teddy fragte sich, ob sie ahnten, dass seine Stimme extrem nasal klang, dass er sang wie ein kastrierter Pfau, weil seine Nase in seinem Leben schon öfter gebrochen worden war, als sie ihre Brille gewechselt hatten.

Die Erzieherin lächelte immer noch. »Hat Lucas ein Lieblingslied?«

Das Ganze war völlig absurd. Teddy hatte keinen blassen Schimmer von irgendwelchen Kinderliedern.

Das Lächeln der Erzieherin blendete ihn.

Ihm fiel nur eines ein: sagte er schließlich. Das einzige Lied, das Bojan ihm und Linda an ihren Geburtstagen vorgesungen hatte.

Die Erzieherin griff zur Gitarre. »Das kenne ich sogar.« Sie wandte sich an die anderen. »Das ist ›Zum Geburtstag viel Glück‹ auf Serbisch, oder?«

Teddy nickte.

Die Erzieherin fragte: »Kannst du die Melodie...


Lapidus, Jens
Jens Lapidus (geboren 1974) hat eine der erstaunlichsten Karrieren Schwedens inne. Er war nicht nur einer der angesehensten Strafverteidiger des Landes, sondern ist auch einer der erfolgreichsten Autoren. Durch seine anwaltliche Tätigkeit verfügt er über mannigfaltige Kontakte zu Schwerverbrechern und genuine Einblicke in die schwedische Unterwelt, die Normalsterblichen normalerweise verwehrt bleiben. Die Authentizität, Schnelligkeit und Direktheit seiner Romane suchen ihresgleichen. Seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt, vielfach preisgekrönt und mehrfach verfilmt.



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