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Langer / Lehmann / Müller | Professionalität(en) und Professionalisierung (in) der Sozialen Arbeit | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 182 Seiten

Langer / Lehmann / Müller Professionalität(en) und Professionalisierung (in) der Sozialen Arbeit

Theoretische Grundlegungen und organisationale Steuerungen
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7799-8668-3
Verlag: Julius Beltz
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Theoretische Grundlegungen und organisationale Steuerungen

E-Book, Deutsch, 182 Seiten

ISBN: 978-3-7799-8668-3
Verlag: Julius Beltz
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Tagungsband dokumentiert die Diskussionen der gleichnamigen Tagung der DGS-Sektion Professionssoziologie um Professionalisierung bzw. den Status quo der professionssoziologischen Zugänge zu Professionalitäten in der Sozialen Arbeit. Dabei werden Theorien, theoretische Entwürfe und empirische Studien zur Analyse bzw. Einordnung des Status quo der Professionalisierung bzw. Professionalität Sozialer Arbeit herangezogen. Sozialpolitische, institutionelle und organisationale Entwicklungen bzw. Rahmenbedingungen werden als Treiber oder Hemmnisse der Professionalisierung Sozialer Arbeit diskutiert.

Andreas Langer, Prof. Dr., ist Professor für Sozialwissenschaften an der HAW Hamburg. Regine Müller, M.A. Soziologie, Dipl. Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin, promovierte am Institut für Soziologie an der WWU Münster und ist derzeit als Hochschuldozentin tätig. Tobias Sander, Prof. Dr., hat seit 2023 eine Professur für Sozialwissenschaften, insb. Soziologie an der HAWK Hildesheim inne. Von 2016-2023 war er Professor an der International University of Cooperative Education, Darmstadt. Nebenberuflich berät er Länder und Kommunen in verschiedenen Feldern der Sozialplanung. Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Ungleichheits-, Bildungs- und Professionssoziologie, soziologische Theorien, qualitative und quantitative Methoden empirischer Sozialforschung, Soziale Arbeit und Organisationsentwicklung im Gesundheitswesen.
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Soziale Arbeit als professionelles Projekt


Konsolidierung mit Leerstellen

Tobias Sander

1Etablierung


Die Selbst- und Fremdzuschreibungen der Begriffe Profession, mehr noch der Professionalisierung und erst recht der Professionalität haben sich längst von der Chiffre höhere Beruflichkeiten im Sinne der „top of the pile“ (Bragg 1986: o. S.) moderner Gesellschaftlichkeiten gelöst. So muss es sich bei der Rede davon längst nicht mehr um akademisierte oder in Akademisierung begriffene berufliche Profile handeln – wenngleich eine (Teil-)Akademisierung historisch meist zu recht langfristigen meritokratischen Aushandlungsprozessen geführt hat und weiterhin führt: von den Ingenieur:innen (1870er) über die Betriebswirt:innen (1900er) bis hin zu den Pflege- und Therapieberufen seit den 1990er Jahren (vgl. Sander 2024; die Beiträge in Sander/Dangendorf 2024).

Auch die Soziale Arbeit als „personenbezogene“ (Klatetzki 2010: 1) Beruflichkeit, die sich für das „sozial organisierte […] Bewältigen gesellschaftlich definierter sozialer Probleme“ (Spatscheck 2023: 39) zuständig erklärt, befasste sich jahrzehntelang mit ihrer makro- bis mikrosozialen Anerkennung – die Gegenstände und Formate von Ausbildung und Arbeitsmarktplatzierung betreffend. Stichwortartig seien hier genannt: 1) die universitäre Tradition der aus den (allgemeinen) Erziehungswissenschaften hervorgehenden Sozialpädagogik und 2) die seit den späten 1960er Jahren mit der Genese des Hochschultyps Fachhochschule geradehin unverhofft akademisierte Sozialarbeit.

Seit den 1980er Jahren zusehends unter dem Klammerbegriff Soziale Arbeit zusammengeführt, verfolgten vor allem die Protagonisten der sozialarbeiterischen Traditionslinie ein in der Rückschau geradehin beeindruckendes Professionalisierungsprojekt: Als neue akademische Fachrichtung zunächst auf die (Lehrenden der) sogenannten Bezugswissenschaften angewiesen, inszenierte und letztlich etablierte sich seitdem eine eigenständige Wissenschaftlichkeit der Sozialen Arbeit. Dabei konnte man nicht zuletzt auf die besonderen berufspraktisch-alltäglichen Handlungsherausforderungen einer überwiegend direkt adressat:innenbezogenen Professionalität zurückgreifen – wie insbesondere Uno-actu-Prinzip und Tripelmandat.4

In diesem Zuge entwickelte sich überdies eine eigenständige Forschungsprogrammatik bzw. ein spezifischer Erkenntnisapparat. Im Rahmen einer starken Fokussierung des qualitativen empirischen Paradigmas entstanden etwa die genuin sozialarbeitswissenschaftlichen Ansätze der Adressat:innen-, Nutzer:innen- und Agencyforschung (vgl. u. a. Graßhoff 2013). Mit dieser disziplinären Selbstvergewisserung war seit den 1990er Jahren eine explizit kritische Haltung gegenüber 1) dato reüssierenden Wirkungsforschungskonjunkturen sowie 2) der wohlfahrtsstaatlich übergreifend prägenden Effizienzforderung im Rahmen des new public management verbunden (vgl. u. a. Bode 2013; Grunwald 2018; Albus u. a. 2010). Auch durch diese Debatten wurde eine gewisse fachlich-disziplinäre Eigenständigkeit mindestens geschärft.

So lässt sich gegenwärtig eine weitgehende Überwindung professionalisierungsbegleitender Unsicherheiten feststellen. Dies drückt sich auch darin aus, dass erstens die zwischenzeitlich so weit als möglich ‚verschwiegenen‘ Bezugswissenschaften der Psychologie, Soziologie, Politik-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften etc. in Modulbezeichnungen wieder als solche benannt werden. Zweitens besitzen Kandidat:innen mit einer solchen metawissenschaftlichen akademischen Grundqualifikation wieder bessere Berufungschancen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften.

Dass der Sozialen Arbeit „stabile theoretische, wissenschaftliche und professionelle Grundannahmen“ (Thole/Galuske 2003: 890) fehlen, lässt sich gegenwärtig also nicht mehr ohne weiteres behaupten. Im Zuge des skizzierten Anerkennungskampfes hat die Soziale Arbeit zudem auch ältere, als etabliert geltende Disziplinen befruchtet. So diffundierten Soziale Probleme in die Erkenntnishorizonte der Referenzdisziplinaritäten (z. B. Überschuldung; vgl. allgemein Groenemeyer 2018). Aber auch die Praxisforschung zu wohlfahrtsstaatlich vorgesehenen Interventionen bzw. Hilfen erweiterten die Gegenstandsdefinitionen von Soziologie, Politik- und Wirtschaftswissenschaften – etwa hinsichtlich des Organisationstypus der „Professionellenorganisation“ (Sander 2025: 242; vgl. Klatetzki 2012).

Mehr noch betrifft dies die Professionssoziologie. Gerade die Beiträge zur Beruflichkeit der Sozialen Arbeit haben hier den analytischen Kernbegriff der Professionalität wesentlich mit etabliert (vgl. zusammenfassend Becker-Lenz/Müller-Hermann 2013). Schließlich fokussiert der Professionalitätsbegriff die beruflichen Interaktionsroutinen und damit mehr oder weniger inhärenten Chancen auf das Gelingen von Arbeitsbündnissen – mithin die sogenannte Interaktionsordnung von Berufsausübenden und Nutzer:innen. Die spezifischen Handlungsbefähigungen und -spielräume von Fachkräften können somit gerade auch losgelöst von komplexen, tendenziell exklusiven Vorräten an deklarativ-kodifiziertem Wissen verhandelt werden (vgl. Pfadenhauer 2010; Müller-Hermann/Becker-Lenz 2018).

2Fokussierung


Mit dieser besonderen Abstellung auf die Arbeitsbeziehungen unterscheidet sich die Soziale Arbeit – mindestens ihrem Selbstverständnis als womöglich „alternative Professionalität“ (Olk 1986) nach – von anderen personenbezogenen Beruflichkeiten, die ebenfalls Unterstützung bei der Lebensbewältigung im direkten Nutzer:innenkontakt bereitstellen (bezüglich Recht, Physis, ‚Seelenheil‘). Schließlich unterliegt die arbeitsalltägliche Interaktion mit Adressat:innen im Fall der Sozialen Arbeit

(1)

einer besonderen Komplexität der Arbeitsbeziehungen: In sprichwörtlich jeder Sekunde (uno actu) des Adressat:innenkontakts sind die Perspektiven des formalen gesellschaftlichen, d. h. sozialpolitischen Auftrages (Kostenträger) der Adressat:innen(interessen) sowie der eigenen Fachlichkeit in – einen jeweils variablen – Einklang zu bringen (Tripelmandat).5

(2)

Diese diffuse Allzuständigkeit rekurriert ferner zwangsläufig und wiederum jeweils situativ auf ursprünglich komplexe deklarative Wissensbestände der eigenen Disziplinarität sowie der Bezugs- oder Metawissenschaften.

(3)

Gleichzeitig sind diese aufgrund der genannten Komplexität und des unmittelbaren Handlungsdrucks notgedrungen unvollständigen und daher „schwierigen Informationen“ (Schütze 1992: 149) ständig iterativ zu überprüfen bzw. zu reflektieren – was die Komplexität freilich nochmals steigert.

Das unter 1), 3) und teilweise auch unter 2) Genannte trifft dabei zumindest in Teilen auch auf andere, insbesondere soziale und personenbezogene Beruflichkeiten zu – wie etwa solche im Gesundheits- und Bildungswesen (vgl. Sander 2022; Helsper 2021: 99 f.). Diesbezügliche interberufliche Vergleiche bilden allerdings immer noch ein deutliches Desiderat.

Genau genommen in jeder personenbezogenen Beruflichkeit, womöglich in besonderem Maße aber in der Sozialen Arbeit wird Professionalität also in der jeweils konkreten Interaktionssituation hergestellt – also zumeist gemeinschaftlich, mit den Nutzer/Adressat:innen – und ist entsprechend auch nur hier evident und (von außen) identifizierbar (vgl. Kubisch 2014; Müller/Schütte-Bäumner/May 2014;...



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