E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Lang Staat, Macht, Eigentum und Freiheit
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7412-4517-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine politische Streitschrift
E-Book, Deutsch, 128 Seiten
ISBN: 978-3-7412-4517-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und der Erwerb von Eigentum sind für uns heute etwas völlig Selbstverständliches. Und all diese Dinge werden vom sog. Staat gesichert und geschützt. Was hat es damit aber wirklich auf sich? Was ist eigentlich der sog. Staat und wie sind Staaten überhaupt entstanden? Und warum? Und bedeutet Demokratie wirklich Herrschaft des Volkes? Wenn ja, leben wir wirklich in einer oder täuscht man uns nur allzu geschickt eine Herrschaft des Volkes vor? Und wie ist das mit der Freiheit? Was ist das überhaupt? Wann kann man den Menschen als frei bezeichnen? Wenn er politische Freiheiten genießt? Was aber, wenn dabei die wirtschaftliche Freiheit fehlt, wenn man wirtschaftlich unfrei ist, was dann? Ist man dann wirklich frei oder doch eher unfrei? Und inwiefern ist Freiheit eigentlich mit Eigentum verknüpft? Und warum? Fragen über Fragen auf die das Buch spannende, ungewöhnliche Antworten bietet.
Holger Lang, Dipl.-Kfm., studierte Betriebswirtschaftslehre an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt am Main und war lange Jahre in der Finanzdienstleistungsbranche beschäftigt. Seit 2007 beschäftigt er sich intensiv mit dem gegenwärtigen Geld-. Finanz- und Wirtschaftssystem und der dahinter stehenden ökonomischen Theorie und hat hierzu mehrere Bücher veröffentlicht.
Autoren/Hrsg.
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1.6 Die Mär vom Staat als Verschwender und ineffizientem Bürokratiemonster
Spätestens mit dem Aufkommen des sog. Neoliberalismus US-amerikanischer Prägung (Milton Friedman; Chicago School of Economics) Anfang der 1980-er Jahre wird der Staat systematisch als Räuber, Steuerverschwender und Bürokratiemonster diffamiert und diskreditiert. In vielerlei Hinsicht auch nicht zu Unrecht. Dennoch greift eine solch pauschale Verunglimpfung eindeutig zu kurz, denn der Staat ist nicht nur wichtiger Infrastrukturgeber, sondern durchaus auch ein eminent wichtiger Motor für Forschung und Entwicklung. Und damit ein wichtiger Impulsgeber für die Wirtschaft und deren Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Marktradikaler Ideologie ist es aber leider zunehmend gelungen, ihn als bürokratisches Monstrum darzustellen, der im Grunde nur eines macht: Die Menschen über hohe Steuern zu berauben, um anschließend das Geld – insbesondere aus Gründen des eigenen Machterhalts - verschwenderisch zum Fenster rauszuschmeißen. Verdichtet hat sich das in der ebenso simplen wie eingängigen (Scheißhaus)Parole „weniger Staat, mehr Markt und freier Wettbewerb“, die – medial aufbereitet und hinreichend oft wiederholt - geradezu massenhaft unser Denken über den sog. Staat bestimmt. Dass der Staat dabei oft genug tatsächlich das Geld der Steuerzahler verschwendet, soll hier gar nicht bestritten werden. Was dabei aber immer übersehen wird, ist, warum er das tut und wem die Staatsausgaben letztlich zu Gute kommen. Den Kapitalisten. Also den Unternehmern und großen Kapitalbesitzern (Rentiers). Bei denen landet nämlich letztlich das ganze Geld (siehe hierzu Kapitel: Das Märchen von der Beraubung der Bürger durch den Staat). Zudem, auch das muss man sich vergegenwärtigen, der Staat weist aktuell eine Staatsverschuldung von über 2 Billionen Euro aus. Sieht so ein Räuber aus? Von daher ist eine solche Diskreditierung des Staates letztlich verfehlt. Erst Recht, wenn sie von Kapitalisten geäußert wird und man bedenkt, wie schnell gerade diese dann nach dem Staat rufen, wenn ihnen selbst mal das Wasser bis zum Halse steht. Dann wird ganz selbstverständlich der Staat, also in Wahrheit die Steuerzahler, in die Pflicht genommen und die eigene Rettung zur nationalen Aufgabe erklärt, die notwendig sei, um einen Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern. In der Krise, wenn also die Profite der Kapitalisten zur Disposition stehen, ja, dann soll der Staat schon die Wirtschaft retten. Sonst soll er sich aber schön heraushalten. Also vor allem die Finger von den Profiten der Kapitalisten lassen. Tatsächlich ist schon das häufig kolportierte Dogma, wonach die „Wirtschaft allein wird von der Wirtschaft gemacht werde“, also allein private Unternehmen für Beschäftigung, Wachstum und Investitionen sorgen würden, grundlegend falsch. Nicht einmal für den eigentlichen Kern des Wirtschaftens – der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen – trifft dies zu. Dies hat Mariana Mazzucato, eine in Großbritannien forschende Ökonomin, in ihrem Buch „Das Kapital des Staates“7 eindrucksvoll dargelegt. Wirklich überraschen kann dies eigentlich nicht, denn wie ein Blick in die Geschichte der großen Innovationen der Menschheit (Eisenbahn, Energiegewinnung, Atomenergie, Nutzung der Wasserkraft u.v.m.) belegt, wurde die massive Mobilisierung von Ressourcen und Kapital sowie die den Innovationen vorausgegangene Grundlagenforschung, meist vom Staat geleistet. Und das hat sich auch bei den jüngeren Innovationen wie z.B. der Computertechnologie, dem Internet, der Nanotechnologie und der Raumfahrt nicht geändert. Auch im medizinischen Bereich wird die Grundlagenforschung für neue Medikamente meist von Universitätskliniken geleistet, nicht von der Pharma-Industrie. Dies habe auch einen ganz einfachen Grund, so Mazzucato. Große technologische Revolutionen und Investitionen verschlingen zunächst einmal ungeheuer viel Geld, ob daraus aber irgendwann auch entsprechende Renditen erwachsen, ist häufig höchst ungewiss. Folglich meiden private Investoren solche Investitionen. Ergo können diese nur vom Staat, also von der Gemeinschaft getragen werden. Exemplarisch hierfür ist für Mazzucato die Firma Apple, der sie sich in ihrem Buch detailliert widmet, da Apple gemeinhin als Innovationsmusterbeispiel freien Unternehmertums dargestellt wird. Durchaus zu Unrecht. „Tatsächlich steckt im iPhone nicht eine einzige Technologie, die nicht staatlich vorfinanziert wurde.“ Mikroprozessoren, Halbleitertechnik und vieles mehr beruht auf staatlicher Grundlagenforschung. Und das Internet entsprang bekanntlich einem Projekt des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Der Touchscreen wurde größtenteils in britischen Laboren entwickelt. Die unternehmerische Leistung von Apple liegt in Wahrheit viel mehr in der Zusammenstellung der Komponenten und im Design. Und natürlich im Marketing, das uns erfolgreich einredet, dass wir ohne die Produkte mit dem angeknabberten Apfel nicht leben könnten. Obwohl all diese Fakten bekannt sind (oder zumindest bekannt sein könnten), haben wir auf Grund jahrzehntelanger Indoktrination offensichtlich ein falsches Bild vom Staat und den Unternehmen im Kopf. Eine erfolgreiche und innovative Wirtschaft, eine erfolgreiche und prosperierende Volkswirtschaft, erfordern immer auch einen starken, aktiven und finanziell gut ausgestatteten Staat. Es hat aber natürlich seinen Grund, warum Unternehmen, die ihren wirtschaftlichen Erfolg immer auch dem Staat verdanken, uns gerne etwas anderes einreden möchten. Es legitimiert ihren Wunsch, einen möglichst großen Teil ihrer Profite für sich zu behalten und sich möglichst einer Besteuerung zu entziehen. Man macht uns glauben, Reichtum werde ausschließlich von privatwirtschaftlichen Unternehmen produziert und anschließend dann in ungerechtfertigter Weise vom Staat via Steuern geraubt und umverteilt. Tatsächlich ist es aber so, dass Reichtum immer gesellschaftlich, also von allen produziert wird, die Kapitalisten (Unternehmer und Kapitalbesitzer/Rentiers) dann aber die Profite für sich reklamieren und ständig eine Niedrigsteuerpolitik für sich und ihre Unternehmen fordern. Darüber hinaus wird der Staat gerne schlecht geredet, um Privatisierungen durchzusetzen, bei denen dann öffentliche Werte, also das Eigentum aller, zum Schleuderpreis in private Taschen wandert. Regelrechte Raubzüge finden hier ja mittlerweile statt. Begründet wird dies damit, dass der Staat ja grundsätzlich ineffizient sei und private Unternehmen alles viel besser leisten könnten. Die Wahrheit sieht dann aber meist ganz anders aus (siehe hierzu das Buch „Schwarzbuch Privatisierung“ von Michel Reimon und Christian Felber). Das Verhältnis von Staat und Wirtschaft sollte eigentlich positiv symbiotisch sein, tatsächlich ist es aber zunehmend parasitär. Und nein, der Parasit ist hier nicht der Staat. Vielmehr wird dieser systematisch schlechtgeredet, hat aber in Wahrheit wesentliche Bedeutung für den Erfolg von Unternehmen: indem er die Grundlagenforschung für Innovationen leistet, die die Unternehmen dann nur noch nutzen müssen. Indem er flächendeckend und in guter Qualität für die Infrastruktur sorgt, ohne die Wirtschaften häufig gar nicht möglich wäre. Und indem durch seine Sozialpolitik dafür sorgt, dass auch Bezieher unterer und mittlerer Einkommen, Arbeitslose und Rentner durch Umverteilung mehr konsumieren können, was wiederum die Konsumnachfrage stabilisiert und somit positiv für die einheimischen Unternehmen ist. Darüber hinaus ist es vor allem der Staat, also Politik und Regierung, der über nationale und supranationale Abkommen dafür sorgt, dass einheimische Unternehmen leichter in ausländische Absatzmärkte vordringen können. Das übersieht bzw. vergisst man offenbar gerne. Einzelnen Unternehmen wäre dies häufig ohne die Vorarbeit der Politik gar nicht möglich. Nicht von ungefähr befindet sich nahezu bei jedem Auslandsbesuch von Regierungsmitgliedern immer auch eine Wirtschaftsdelegation im Schlepptau. Natürlich kann es sein, und das passiert auch – erst Recht in einem Geld-, Finanz- und Wirtschaftssystem, welches zwingend auf Wirtschaftswachstum angewiesen ist - dass der Staat sinnlose Ausgaben tätigt, rein um der Ausgabe willen, um damit das Wirtschaftswachstum zu stabilisieren und zu fördern. Deswegen aber nun zu behaupten, jedwede Staatsausgabe sei sinnlos, weil damit lediglich nominales, nicht aber reales Wachstum erzeugt werde, ist hanebüchener Unsinn! Ohne vom Staat finanzierte und bereitgestellte Infrastruktur, ohne staatlich geförderte und finanzierte Forschung und Entwicklung, gäbe es vielfach weder erfolgreiches Wirtschaften, noch Wirtschaftswachstum, noch irgendeine relevante Verbesserung, Erweiterung und Erhöhung des Kapitalstocks! Zu glauben, private Investoren hätten diese Investitionen getätigt - und dies auch noch viel besser - das kann man nur glauben, wenn man unter ideologischer Verblendung leidet. Aus all den genannten Gründen ist es schlicht und ergreifend Unsinn, ständig einen schlankeren Staat oder gar die Abschaffung des Staates zu fordern. Sämtliche reichen und entwickelten Volkswirtschaften weisen nicht aus Ineffizienz- und Verschwendungsgründen, sondern aus gutem Grunde eine Staatsquote von 45 bis 50 Prozent aus: weil entwickelte Volkswirtschaften nun mal auch einen entsprechend aktiven Staat erfordern. Nicht umsonst finden wir Staaten mit deutlich niedrigerer Staatsquote vornehmlich in den unterentwickelten und ärmeren Nationen dieser Welt. Zudem kann nur ein starker, sozialer und...