E-Book, Deutsch, 100 Seiten
Lang Schenk mir dein Vertrauen
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7407-1079-8
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine junge Frau geht ihren Weg
E-Book, Deutsch, 100 Seiten
ISBN: 978-3-7407-1079-8
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Rebecca, eine junge, hübsche Frau aus reichem Hause, will von ihren Eltern finanziell unabhängig sein und ihren eigenen beruflichen Weg gehen. Dieser führt sie zunächst in ein Callcenter. Dabei stolpert sie immer wieder über die Hindernisse und Unebenheiten zwischen dem Leben einer reichen Fabrikantentochter und dem holprigen Alltag einer arbeitenden jungen Frau. Zwischen diesen beiden Welten lernt sie auch den Bestsellerautor Vincent Hausmann kennen, einen Mann, der eine leidvolle und schwere Kindheit durchlebt hat. Das Durcheinander im Leben dieser beiden Menschen spielt Schicksal und sorgt dafür, dass sich Rebecca und Vincent wieder begegnen.
Autorin Katharina Lang arbeitet als Romanheft-Autorin und veröffentlicht die Reihe 'Fleur - Landromantik" sowie die Reihe 'Sofie - My Love". Sie lebt in Berlin.
Autoren/Hrsg.
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Marius Blumenthal hatte von seinem Vater die Blumenthal-Werke übernommen, die traditionsreiche Maschinenfabrik, die der größte Arbeitgeber in der Region war. Er war ein großer, stattlicher Mann und hatte im Laufe der Jahre etwas von seiner Schlankheit eingebüßt. Seine Frau Leonore führte die Villa und sorgte dafür, dass die Blumenthals ihren gesellschaftlichen Pflichten reibungslos nachkamen. Sie engagierte sich in verschiedenen sozialen Projekten und war weit über die Stadtgrenzen hinaus ein ausgesprochenes Vorbild für die Damen, zumindest für die mit Einfluss und Bekanntheit. Im Gegensatz zu ihrem Mann achtete sie sehr auf ihre Figur und verbrachte jeden Morgen mindestens eineinhalb Stunden im Wellnessbereich der Villa Blumenthal. Die blondgefärbten Haare umrahmten in zarten Locken ihr Gesicht. Ihre Kleidung war elegant und mit sicherem Geschmack ausgewählt. Hendrik und Rebecca fuhren vor die Villa und parkten das Auto am Straßenrand. Das Ehepaar Blumenthal stand schon zur Begrüßung der Gäste bereit. »Da seid ihr ja endlich!«, rief Leonore und betrachtete Rebecca mit Stolz. War ihre Tochter nicht eine gescheite, strahlende Persönlichkeit? Sie würde auch an diesem Abend wieder alle Blicke der anwesenden Junggesellen auf sich ziehen. Nichts wünschte sie sich mehr als einen Ehemann aus gutem, reichem Hause für ihre Rebecca. Um dieses Ziel zu erreichen, wäre ihr lieber gewesen, wenn sich Rebecca ihren gesellschaftlichen Aufgaben gewidmet hätte, anstatt sich fortzubilden. Hendrik hingegen nahm Leonore nur beiläufig zur Kenntnis, er interessierte sie nicht sonderlich, war er doch ein junger Mann ohne Glanz. Er stammte aus einer kleinbürgerlichen Familie, sein Vater war Lehrer, und das reichte einfach nicht, um in eine Familie wie die Blumenthals einzuheiraten. Hendrik merkte sofort, dass Leonore an ihm vorbeiblickte, und trat enttäuscht einen Schritt zur Seite. Es ärgerte ihn jetzt, dass er die Einladung angenommen hatte, dabei hätte er es besser wissen müssen, schließlich war er nicht das erste Mal dabei. Aber so extrem wie an diesem Abend war es ihm noch nie aufgefallen. Er straffte seinen Körper. »Guten Abend, Papa«, hörte er Rebecca freundlich sagen. »Wie geht es dir?« »Guten Abend, Rebecca, Hendrik! Ich freue mich, euch zu sehen. Mir geht es gut. Dir doch hoffentlich auch?«, fragte er mit ein wenig Besorgnis in der Stimme und lächelte Rebecca bewundernd an. »Ja, natürlich. Viel Arbeit, wie immer. Aber sonst ist alles im grünen Bereich«, antwortete Rebecca und strahlte. »Und wie geht es dir, Hendrik? Was macht die Arbeit?« »Danke der Nachfrage, gut, die Arbeit läuft bestens. Natürlich ist viel zu tun, und man muss dran bleiben, wenn man weiterkommen will, das lässt sich nicht vermeiden.« »Gut so, mein Junge, immer dran bleiben.« Rebecca spürte, das hatte jetzt ihr gegolten. Man musste dran bleiben, wenn … »Rebecca, kümmert ihr euch mit uns um die Gäste? Mama hat wieder die halbe Stadt eingeladen.« »Gerne, Papa, wir helfen euch bei der Begrüßung. Komm, Hendrik.« Rebecca zog ihn mit sich in den Park. Der weitläufige Park der Villa Blumenthal war mit bequemen Tischgruppen bestückt, Lampions und Fackeln verstreuten ein warmes Licht. Seitlich der Tische war eine Bühne aufgebaut, dort spielte eine Band zum Tanz auf. Auf der großen Terrasse hatte der beste Catering-Service der Stadt Köstlichkeiten angerichtet, und das Personal sorgte dafür, dass Getränke gereicht wurden und es den Gästen an nichts fehlte. Leonore Blumenthal war bekannt für ihre legendären Partys, auf denen sie stets Geld für ihre Wohltätigkeitsprojekte sammelte. Sie schüttelten unzählige Hände, und da Rebecca die meisten Leute kannte, wechselte sie mit jedem ein paar nette Worte. Hendrik stand ein wenig hilflos neben ihr, denn Leonore hatte ihn durch ihre Ignoranz doch mehr verunsichert, als er sich eingestehen wollte. Von seinem inneren Trotz war nicht mehr viel übrig geblieben, im Gegenteil, er merkte, dass er dieser geballten Prominenz nicht gewachsen war. »Rebecca, ich fühle mich nicht wohl hier, die Gäste kenne ich alle nicht.« Er sah sich im Park um. »Hab dich doch nicht so«, antwortete sie spöttisch. Das fehlte gerade noch. Die ganze Zeit kämpfte er, um sich in diese Kreise hochzuarbeiten, und jetzt hatte er schon bei einer einfachen Party seine Komplexe ausgegraben. Sie griff sanft nach seinem Arm. »Komm, ich mache dich mit einigen bekannt. Allzu lange bleiben wir nicht.« Rebecca setzte ein gekonntes Lächeln auf und begrüßte mit ihm zusammen weitere Gäste. Dann erblickte sie Direktor Friese von der größten Versicherung im Land. »Guten Abend, Herr Direktor Friese. Ich freue mich sehr, dass Sie heute hier sind! Darf ich Ihnen meinen Freund Hendrik Pfister vorstellen? Er arbeitet bei der ABR-Versicherung.« »Guten Abend, Frau Blumenthal. Ihr Anblick setzt mich in Verzücken«, begrüßte er Rebecca und küsste galant ihre Hand. »Junger Mann, schön, Sie kennenzulernen«, fügte er mit einer leichten Verbeugung und einem kühlen Lächeln in Hendriks Richtung hinzu. Rebecca verwickelte Direktor Friese in ein längeres Gespräch und stellte ihm Hendrik an die Seite, doch Direktor Friese machte keine Anstalten, auf Hendriks Beruf und seinen Arbeitgeber einzugehen, obwohl die ABR eine renommierte Versicherung war. Er ignorierte Hendrik vielmehr genauso, wie Leonore Blumenthal dies zuvor auch getan hatte. Hendrik war mächtig enttäuscht und ahnte nicht, was Rebecca, die entspannt und gelöst neben ihm stand, in diesem Moment durch den Kopf ging. Langsam ging ihr Hendrik mit seiner Jammerei auf die Nerven. Nicht einmal Fachgespräche konnte er an diesem Abend führen. Mit einer Ausrede stahl sie sich aus der Unterhaltung und schlenderte alleine weiter in den mittlerweile dunkel gewordenen Park. Es war eine schöne Sommernacht, der Vollmond leuchtete in seiner ganzen Kraft und zeigte Rebecca den Weg durch die Büsche und Sträucher. Sie genoss diesen Augenblick der Stille und der Ruhe, nachdem sie unendlich viele Gäste begrüßt und ununterbrochen geredet und gelächelt hatte. Sie war am Ende des Parks angelangt bei ihrer Lieblingsbank, die zwischen Büschen und Sträuchern versteckt von der Villa nicht einzusehen war. Schon als Kind war sie gerne hierhergekommen, meistens hatte sie ihre Puppen mitgenommen und sich ungestört ihrem Spiel widmen können. Was für eine herrliche Zeit war das gewesen, so unbeschwert und frei, ohne Sorgen um Beziehungen, um Arbeit und Beruf! Als sie näherkam, musste sie enttäuscht feststellen, dass ihre Bank schon besetzt war, was sie überhaupt nicht erwartet hatte. Ein Mann saß da, der so tief in Gedanken versunken sein musste, dass er sie nicht bemerkte. Rebecca überlegte, ob sie still und heimlich umkehren sollte. Doch auf einmal blickte er auf und sah sie an. Seine Augen bohrten sich in ihre und hielten ihren Blick viel zu lange fest. Er erhob sich. »Guten Abend, schöne Frau. Habe ich Ihnen den Platz weggenommen?«, fragte er und machte eine Handbewegung zur Bank, die vom Licht des Mondes sanft angestrahlt wurde. »Nein, bitte bleiben Sie sitzen. Ich wollte nur einen Moment Ruhe suchen«, versicherte sie mit ihrem schönsten Lächeln. »Na, dann haben wir ja das gleiche Bedürfnis. Setzen Sie sich doch zu mir. Es ist genug Platz, um gemeinsam zu schweigen«, stellte er fest und deutete mit einer einladenden Geste auf die Bank. Wie ferngesteuert setzte sich Rebecca. Wer war das? Diesen Mann hatte sie noch nie gesehen. Sie beobachtete ihn aus den Augenwinkeln und ihr Herz klopfte stürmisch. Was für ein Mann! Er war groß, schlank, hatte schwarze Haare, sein dunkler Anzug war maßgeschneidert, das Tuch von hoher Qualität, stellte Rebecca in Windeseile mit Kennerblick fest. Wenn er sie ansah, glaubte sie, in den Tiefen seiner dunklen Augen zu versinken. Und erst seine Stimme, diese wunderbare dunkle Stimme! Am liebsten hätte sie ihn angesprochen, aber sie traute sich nicht, diese Ruhe zu stören. Zu ihrer Enttäuschung erhob er sich relativ schnell und verbeugte sich knapp. »Es war nett, Sie kennengelernt zu haben. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend«, sagte er mit einem freundlichen Lächeln und verschwand rasch in der Dunkelheit. »Das wünsche ich Ihnen auch«, stammelte Rebecca leise hinterher. Gleichzeitig ärgerte sie sich. Warum hatte sie ihn nicht in ein Gespräch verwickelt? Wie konnte sie den Mann einfach so gehen lassen? War sie noch zu retten? Da saß ein Mann neben ihr, der sie über alle Maßen beeindruckte, und was tat sie? Schmachtete ihn an wie eine Pennälerin und schwieg. Sie erhob sich, schlenderte zurück zur Gesellschaft und mischte sich wieder unter die Gäste. Zielstrebig durchschritt sie den ganzen Park, die Terrasse und alle Räume der Villa, die den Gästen zugänglich waren, in der Hoffnung, ihm noch einmal zu begegnen. Doch er war wie vom Erdboden verschluckt. Ihre Mutter kam ihr entgegen. »Rebecca, ist alles in Ordnung?« »Ja, Mama, alles bestens. Sag einmal, ich habe im Park einen Mann getroffen, groß, schlank, er hat dunkle Haare und trägt einen dunklen Anzug. Den habe ich noch nie auf einem Fest gesehen. Hast du eine Ahnung, wer das ist?« »Leider nein, mein Kind. Diese Beschreibung passt ja auf die halbe Gesellschaft!«, lächelte Leonore. »Hast ja Recht. Hätte mich nur interessiert.« Sie hätte sich selbst ohrfeigen können. Wie peinlich war sie nur, so extrem peinlich! »Wieso interessiert dich denn dieser Mann?« »Nur so. Er hat mich neugierig gemacht, denn er war so weit in den Park hinein bis zu meiner Bank gelaufen. Das tut normalerweise niemand, der zum Feiern...