E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
Lane Gefallener Engel
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7337-6503-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-6503-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nordstaaten, 1868: Für die dankbaren Frauen, denen die junge Hebamme Sarah in ihrer schwersten Stunde beisteht, ist sie ein Engel. Nur Donovan Cole weiß es besser: Im Bürgerkrieg war Sarah eine Spionin! Donovan müsste sie hassen. Stattdessen brennt er vor Begehren nach dem schönen Engel mit den zwei Gesichtern...
Immer auf der Suche nach neuen Abenteuern und guten Stories, hat Elizabeth Lane schon die ganze Welt bereist: Sie war in Mexiko, Guatemala, Panama, China, Nepal und auch in Deutschland, aber am wohlsten fühlt sie sich im heimatlichen Utah, im Westen der USA. Zurzeit lebt sie mit ihrer 18jährigen Katze namens Powder Puff in einem Vorort von Salt Lake City. Seit 1984 erzieht Elizabeth ihre drei Kinder allein. Eine Tochter ist 1985 bei einem Unfall ums Leben gekommen, doch in Elizabeths Herzen wird sie für immer weiter leben. Ihre beiden anderen Kinder sind mittlerweile erwachsen und haben selbst Kinder. Elizabeth liebt ihre Enkel über alles. Sie sagt von sich selbst, dass sie neuen Herausforderungen nur schwer widerstehen kann. So kam es, dass sie Wale vor der kalifornischen Küste beobachtete, im Himalaja gewandert ist, auf einem Raft durch den Grand Canyon trieb und sogar Flugunterricht genommen hat. Ihre Hobbys sind fotografieren, Bauchtanz, Tiere, indianische Kunst und praktisch jede Art von Musik. Seit 1983 entwickelt sie Lern-Software-Programme. Aber am liebsten schreibt sie lebendige Geschichten voller Leidenschaft, die die Leserin von der ersten Seite an fesseln. Ihre Liebesromane sind in mehr als zehn Sprachen übersetzt und werden in vielen Ländern der Welt mit Begeisterung gelesen. Elizabeths erstes Werk, ein historischer Roman über die spanischen Eroberer in Mexiko, wurde 1980 veröffentlicht. Einige weitere folgten, u.a. zwei Romane, die in China spielten. Doch es dauerte noch einige Jahre, bis Elizabeth für sich das Schreiben von Romances entdeckte. Ihr erster historischer Liebesroman wurde 1989 im Verlag Harlequin veröffentlicht. Neben weiteren historischen hat sie seitdem auch einige zeitgenössische Romances verfasst. 'Alles hat eine Geschichte', antwortet Elizabeth, wenn sie gefragt wird, woher sie ihre Ideen nimmt. 'Die Frau neben einem in der U-Bahn, der Fremde vor einem an Kasse - man muss nur seine Vorstellungskraft benutzen, beobachten und den Menschen zuhören, und schon hat man mehr Einfälle, als man jemals verwerten kann.'
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1. KAPITEL
Miner’s Gulch, Colorado, 19. März 1868
Donovan Cole fühlte sich hilflos wie nie zuvor. Nicht, dass er der Typ war, der sich unterkriegen ließ. Er hatte im Sezessionskrieg den Angriff der Yankees bei Bull Run und Antietam miterlebt und in deren elendem Gefängnis in Camp Douglas mit Fieber darniedergelegen und den Totengräber spielen müssen. Und als Sheriff von Kiowa County in Kansas hatte er mit nichts als einem hasenfüßigen jungen Hilfssheriff als Beistand die Brüder Slater eingebuchtet – eine gefährliche, mörderische Bande.
Aber das war nichts im Vergleich zu dem, was jetzt von ihm erwartet wurde. Er sollte doch tatsächlich den Geburtshelfer spielen! Er durchquerte die unaufgeräumte Hütte und hob den Vorhang, hinter dem das breite Bett seiner Schwester stand. „Alles in Ordnung, Varina?“ So gut es ging, versuchte er, seine Nervosität zu verbergen.
„Es geht“, flüsterte sie gequält inmitten des zerwühlten Bettzeugs. „Bald ist es geschafft. Wenn Annie nicht bald mit der Hebamme zurückkehrt …“
Varina stöhnte, weil die nächste Wehe einsetzte. Donovan fasste nach ihren Händen und drückte sie. Schmerzhaft gruben sich ihre Nägel in seine Handflächen. Am liebsten hätte sie wohl geschrien, aber ihre jüngeren Kinder, die sechsjährige Katy und der vierjährige Samuel, hockten aneinandergedrängt auf dem Absatz vor der Feuerstelle. Ihre Mutter leiden zu hören würde sie noch mehr verstören.
Donovan hatte die achtjährige Annie eilig zur Hebamme geschickt, als die Wehen verstärkt einsetzten. Das war vor mehr als zwei Stunden gewesen. In der Zwischenzeit war einer der typischen Frühlings-Schneestürme losgebrochen. Zwischen den dicken Flocken, die herumwirbelten, konnte sich Annie durchaus verlaufen haben. Aber wegen Varina traute er sich nicht, nach ihr zu suchen. Er konnte nur hoffen, dass dem tapferen Mädchen nichts passiert war.
Leise fluchte er vor sich hin, während er Varinas Hände streichelte. Er verfluchte den Schnee, die vorzeitig einsetzende Geburt und den Goldschürfer Charlie Sutton, Varinas Mann, der sich in dieses elende Nest hatte locken lassen. Er verfluchte außerdem den Mineneinbruch, der die hochschwangere Varina vor fünf Wochen zur Witwe mit drei kleinen Kindern und weiterem Nachwuchs unterwegs gemacht hatte.
Donovan hatte von dem Unglück durch ihren Brief erfahren und seinen Job als Sheriff hingeworfen, um seine Schwester und ihre Kinder nach Kansas zurückzuholen. Vor Ort hatte er erst begriffen, unter welch ärmlichen Bedingungen sie lebte und dass sie zurzeit nicht reisefähig war.
Der Anblick des einsam gelegenen Schuppens, der nur einen Raum enthielt, hatte ihn geschockt. Vor zehn Jahren war Varina eine kleine Schönheit gewesen, mit ihren blitzenden haselnussbraunen Augen und dem flammendroten Haar. Sie hatte auf der Plantage der Eltern keine Not gekannt, war von den Sklaven verhätschelt und wohlhabenden Verehrern hofiert worden. Es brach ihm fast das Herz, sie nun in all dem Elend zu sehen. Hätte der verfluchte Charlie noch gelebt, hätte er ihm die größte Tracht Prügel seines Lebens verabreicht.
Die Wehe war vorüber. Varina lag mit bleichen Wangen kraftlos auf dem schweißnassen Kissen. Donovan traute sich, sie einen Moment allein zu lassen, und trat einen Moment vor die morsche Haustür. Er überlegte, wie es nun weitergehen sollte.
Schnee umwirbelte ihn und verschleierte die Sicht auf die Espen, die in der Nähe der Hütte standen. Selbst wenn er sich anstrengte, konnte er bei dem eisigen Wetter nur einen Steinwurf weit sehen. Ob sich Annie eventuell verlaufen hatte? Wenn sie in einen Abgrund gestürzt oder von einem hungrigen Puma gerissen worden war?
Angst überkam ihn, und er begann, sie zu rufen. „Annie! Annie!“
Keine Antwort. Donovan schalt sich. Nur keine Panik. Annie war in Miner’s Gulch aufgewachsen. Sie kannte hier jeden Stein und würde den Weg schon finden. Eher gab es wohl Probleme mit der Hebamme. Vielleicht fand sie deren Wohnung nicht oder musste auf sie warten, weil sie noch woanders zu tun hatte.
Donovan hatte diese Frau bei ihrem letzten Besuch bei Varina kurz kennengelernt und war nicht sonderlich beeindruckt gewesen. Mit ihrer randlosen Brille und dem straff zurückgekämmten Haar wirkte sie ziemlich altjüngferlich. Dazu der knarrige, brüchige Slang der Yankees – ungewöhnlich für diesen Ort, in dem fast jeder aus dem Süden stammte. Als sie ihn begrüßte, hatte sie weggeschaut und jeden Blickkontakt vermieden, sodass er sich kaum einen Eindruck hatte machen können.
Trotzdem war sie ihm irgendwie bekannt vorgekommen. Aber er konnte sich nicht erinnern, wo er sie schon mal hätte getroffen haben können. So eine eigenartige Yankeefrau wäre ihm bestimmt im Gedächtnis geblieben.
Wie hatten die Kinder sie genannt? Miss Sarah. Wenn sie nicht gerade Babys zur Welt brachte, betrieb sie eine kleine Schule in angemieteten Räumen über dem Kaufladen des Ortes. Den Typ Frau kannte er! Die zitierten Bibelverse, sangen Choräle, taten unablässig Gutes – und trugen zwecks Abschreckung kratzige Unterwäsche …
Donovan starrte in das Schneegestöber. Wenn diese Miss Sarah nicht demnächst käme, würde er selbst die Hebamme spielen müssen. Kein Problem, wenn alles gut verlief. Aber was, wenn es Komplikationen gab?
Licht fiel aus der Hütte auf den Vorplatz. Die kleine Katy riss ihn aus seinen Gedanken. „Onkel Donovan, Mama braucht dich! Du sollst gleich kommen.“
Das Baby. Donovan hastete zurück. Ihm wurde kalt vor Angst. Warum musste es ausgerechnet jetzt losgehen? Wenn er etwas falsch machte, würden Varina oder das kleine Neugeborene sterben …
„Setz dich zu deinem Bruder, und kümmere dich um ihn“, befahl er dem kleinen Mädchen, das mit weit aufgerissenen Augen dastand. „Und sag mir Bescheid, wenn jemand kommt.“ Er trat hinter den Vorhang, wo sich Varina in ihrem Bett vor Schmerzen krümmte. „Es ist so weit“, keuchte sie. „Ich brauche Sarah!“
„Sarah ist noch nicht in Sicht. Du musst fürs Erste mit mir vorlieb nehmen.“ Donovan lehnte sich über sie und betete leise um Kraft. „Sag mir, was ich zu tun habe, Varina.“
„In dem Korb liegt obenauf ein Bündel. Hol das …“
Fahrig schob Donovan allerlei Krimskrams vom Korbdeckel herunter und hob ihn empor. Tatsächlich lag dort das Bündel. Er entrollte es mit zitternden Händen am Fußende des Bettes und fand drin fadenscheinigen Stoff, der vom vielen Waschen hart war, eine Schnur, ein scharfes Küchenmesser und eine flache braune Flasche mit einem halben Liter billigen Whisky. Wofür man Wäsche, Messer und Bindfaden brauchte, konnte er sich vorstellen. Doch wozu diente wohl der Whisky? Sollte er sich damit waschen, ihn seiner Schwester aufzwingen oder selbst einen tüchtigen Schluck nehmen?
„Beeil dich“, Varina umklammerte die Patchworkdecke. Woher nahm sie die Kraft, nicht zu schreien? Donovan staunte drüber, während er das saubere Leinenzeug unter ihr ausbreitete. Am liebsten hätte er die beiden kleinen Kinder hinausgeschickt … doch bei diesem verdammten Schneesturm?
„Donovan!“ Varina griff nach seinem Arm und bohrte ihm die Finger ins Fleisch. „Es kommt.“
Ihm brach der Schweiß aus. Bald ist es geschafft, ermunterte er sich. In wenigen Minuten hält Varina ihr Kleines im Arm, und ich freue mich mit ihr, und alle Furcht ist vergessen.
Mit klopfendem Herzen streichelte er ihre Hand. „Halte durch.“ Seine Stimme klang wie ein Krächzen. „Und press, was das Zeug hält!“
Varina presste seine Hand. Er spürte ihre Anspannung und wie sie sich bemühte, die Geburt voranzutreiben. Im gelben Lichtschein der Lampe sah er ihr verzerrtes Gesicht und die Adern, die am Hals hervortraten.
„Recht so!“ Donovan drängte sie, als müsse er ein Pferd antreiben. „Weiter so. Du schaffst es.“
„Nein.“ Varina sank mit einem tiefen Seufzer aufs Kissen zurück. „Es geht nicht“, wimmerte sie leise. „Etwas ist nicht in Ordnung.“
„Was denn?“
„Ich weiß nicht. Keins meiner Kinder machte bisher solche Probleme.“ Schon krümmte sie sich unter der nächsten Wehe, tapfer bemüht, ihrem Baby ans Licht der Welt zu verhelfen.
Krank vor Angst strich Donovan über ihre Hände. Manche Frauen starben bei der Entbindung. Wenn er ihr nicht irgendwie half, und zwar schnell, würde er sie und das Baby eventuell verlieren. Doch wie? Er hatte überhaupt keine Erfahrung mit diesen Dingen, sich auch auf der Plantage nie um die Geburt der Tiere gekümmert. Das hatte in den Händen eines alten Sklaven namens Abner gelegen. Was würde er jetzt darum geben, ihn oder seine ruhige Frau Vashti hier zu haben, die sich um die Sklavenfrauen gekümmert hatte.
Verdammt! Wo blieb die Hebamme? Donovan beugte sich über seine Schwester und strich ihr das feuchte Haar aus der zerfurchten Stirn. Dabei musste er daran denken, wie nahe sie sich in den Kinderjahren gestanden hatten – er, Varina und ihr jüngerer Bruder Virgil. Virgil war in Antietam in Donovans Armen gestorben. Bei den Heiligen, er wollte Varina nicht auch noch verlieren!
„Was soll ich tun?“ Der Hals wurde ihm so eng, dass er kaum sprechen konnte.
„Such nach dem Kopf.“ Sie konnte vor Schwäche kaum noch reden. „Wenn du ihn nicht ertasten kannst, liegt das Kind falsch. Dann musst du es drehen.“
„Okay. Lieg ruhig.“ Donovan drehte sich der Magen um, wenn er nur an das dachte, was ihm und Varina bevorstand. Er würde ihr dabei entsetzliche Schmerzen zufügen und das Leben des Ungeborenen riskieren. Trotzdem gab er sich einen Ruck und fasste nach dem Saum ihres Nachthemdes. Aber mit...