Lael Miller Winter der Zärtlichkeit
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95576-080-9
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Fest der Liebe
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
ISBN: 978-3-95576-080-9
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Endlich daheim! Es ist klirrend kalt, als Sierra die tief verschneite McKettrick-Ranch erreicht. Und sie wird bereits erwartet - von dem gut aussehenden und schweigsamen Travis Reid. Magisch fühlt Sierra sich zu diesem verschlossenen Mann hingezogen, träumt von Küssen, so sacht wie Schneeflocken - der Beginn vieler kleiner und großer Wunder in diesem Winter der Zärtlichkeit.
Nach ihren ersten Erfolgen als Schriftstellerin unternahm Linda Lael Miller längere Reisen nach Russland, Hongkong und Israel und lebte einige Zeit in London und Italien. Inzwischen ist sie in ihre Heimat zurückgekehrt - in den weiten 'Wilden Westen', an den bevorzugten Schauplatz ihrer Romane.
Autoren/Hrsg.
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3. KAPITEL
Um Liam nicht zu wecken, schlich Sierra die Hintertreppe hinunter in die Küche. Er hatte zwar schon fast einen Monat lang keinen Asthmaanfall mehr gehabt, aber er brauchte seinen Schlaf.
In der Absicht, Tee zu kochen und ein paar Minuten die Ruhe zu genießen, holte sie eine Tasse aus dem Schrank. Nach kurzem Suchen entdeckte sie auch eine Schachtel mit Orange Pekoe Tee und griff nach der Teekanne, dem Erbstück.
Sie war weg.
Ganz automatisch blickte sie zum Küchenschrank und entdeckte Loreleis Teekanne hinter dem Glas.
Ob Jesse oder Travis unbemerkt hier gewesen waren und die Kanne wieder in den Schrank gestellt hatten?
Das erschien ihr unwahrscheinlich. Männer und speziell Cowboys interessierten sich üblicherweise nicht für Teegeschirr, oder? Nicht, dass sie viel über Männer und Cowboys im Speziellen wusste.
Vorhin hatte sie Travis von Liams Schlafzimmerfenster aus gesehen, wie er das Pferd trainierte. Sierra war sicher, dass er nicht im Haus gewesen war, nachdem er die Taschen reingebracht hatte.
“Jesse?”, rief sie vorsichtig und rechnete schon halb damit, dass er hinter einem Möbelstück vorspringen würde.
Keine Antwort.
Sie ging ins Wohnzimmer und spähte durch den Spitzenvorhang hinaus. Jesses Truck war weg, er hatte tiefe Spuren in Matsch und Schnee hinterlassen, auf die sich bereits wieder eine frische Schneeschicht legte.
Irritiert kehrte Sierra in die Küche zurück, schnappte sich ihre Jacke und ging durch die Hintertür hinaus. Sie stopfte die Hände in die Taschen ihrer Jacke und zog den Kopf ein. Der Schneefall wurde heftiger, der Wind, der ihr entgegenschlug, war eiskalt. Nichts in ihrem Leben hatte sie auf dieses Hochlandwetter vorbereitet. Sie war in Mexiko aufgewachsen, nach dem Tod ihres Vaters nach San Diego gezogen und hatte die letzten Jahre in Florida verbracht. Vermutlich würde es eine Weile dauern, bis sie sich an den Klimawechsel gewöhnt hatte. Doch wenn sie etwas gelernt hatte auf ihrem langen Weg von damals bis heute, dann, sich anzupassen.
Die Tore des großen, verwitterten Stalls standen offen. Zitternd trat Sierra ein. Zwar war es hier drinnen wärmer, aber sie konnte noch immer ihren Atem sehen.
“Mr. Reid?”
“Travis”, kam die knappe Antwort aus einer Box. “Ich höre fast auf nichts anderes.”
Sierra überquerte den mit Sägemehl bedeckten Boden und entdeckte Travis auf der anderen Seite der Tür. Mit langen sanften Bürstenstrichen striegelte er Baldy.
“Haben Sie sich schon ein wenig eingewöhnt?”, fragte er.
“Schätze schon.” Sie lehnte sich an die Stalltür, um ihm beim Arbeiten zuzusehen. Es lag etwas sehr Beruhigendes in der Art, wie er sich um das Pferd kümmerte, fast hatte sie das Gefühl, als ob er ihre Haut berühren würde.
Gott bewahre!
Er richtete sich auf. Ein Zucken durchlief Baldys Körper. “Stimmt etwas nicht?”, fragte Travis.
“Nein, alles in Ordnung”, erklärte Sierra schnell und bemühte sich zu lächeln. “Ich habe mich nur gefragt …”
“Was?” Travis fuhr fort, das Tier zu bürsten. Dabei ließ er Sierra jedoch nicht aus den Augen, und das Pferd gab ein zufriedenes Schnaufen von sich.
Plötzlich kam ihr die Geschichte mit dem Teekessel albern vor. Wie sollte sie ihn oder Jesse fragen, ob sie die Kanne weggestellt hatten? Und selbst wenn es so gewesen wäre? Jesse war ein waschechter McKettrick, alles in dem Haus gehörte ihm genauso wie ihr. Und Travis war ein langjähriger Freund der Familie – wenn nicht mehr.
Zu ihrem Erstaunen berührte Sierra dieser Gedanke unangenehm. Meg hatte erwähnt, dass er alleinstehend und frei war – was durchaus bedeuten konnte, dass Meg und Travis mehr als nur Freundschaft verband.
“Ich habe mich nur gefragt … ob Sie auch Tee trinken”, redete Sierra sich notdürftig heraus.
“Nicht oft”, gab er zurück. Obwohl er lachte, sah man seinem Gesicht die Verwirrung an. Wahrscheinlich fragte er sich gerade, was für eine Verrückte ihm Meg und Eve da aufgehalst hatten. “Laden Sie mich gerade ein?”
Sierra errötete und fühlte sich noch unwohler als zuvor. “Ähm … ja. Ja, ich glaub schon.”
“Ich hätte lieber Kaffee”, sagte Travis, “wenn das möglich wäre.”
“Ich setze schon mal eine Kanne auf”, antwortete Sierra erleichtert. Nun hätte sie eigentlich gehen sollen. Doch ihre Füße ließen sich nicht bewegen, als ob jemand ihre Schuhsohlen mit Sekundenkleber eingeschmiert hätte.
Travis hörte auf, das Pferd zu striegeln, strich mit einer behandschuhten Hand über den Pferdehals und wartete höflich, bis Sierra aus dem Weg ging, damit er die Boxentür öffnen und heraustreten konnte.
“Was ist denn wirklich los, Ms. McKettrick?”, fragte er, als sie sich auf dem langen Gang gegenüberstanden. Links und rechts von ihnen ertönte das Gewieher weiterer Pferde, die wahrscheinlich Travis’ Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollten.
“Sierra”, sagte sie und versuchte angestrengt, freundlich zu klingen.
“Gut, Sierra. Irgendwie habe ich das Gefühl, Sie sind nicht gekommen, um mich auf ein Tässchen Tee oder einen Kaffeeklatsch einzuladen.”
Darauf atmete sie seufzend aus und schob die Hände noch tiefer in die Jackentaschen. “Okay”, gab sie zu. “Ich wollte wissen, ob Sie oder Jesse noch einmal im Haus waren, nachdem Sie das Gepäck hereingebracht haben.”
“Nein”, antwortete Travis bereitwillig.
“Es wäre natürlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie …”
Ohne etwas zu sagen, nahm Travis Sierra am Arm und schob sie Richtung Stalltür. Draußen angekommen schloss er sie hinter ihnen ab.
“Jesse ist gleich darauf mit seinem Truck weggefahren”, informierte er sie. “Und ich habe mich in der letzten halben Stunde um Baldy gekümmert. Warum?”
Sierra wünschte, sie hätte gar nicht erst davon angefangen. Warum hatte sie nur die warme Küche verlassen, um sich der Kälte und Travis’ fragendem Blick zu stellen? Aber nachdem sie nun einmal beides getan hatte, musste sie die Sache jetzt auch aufklären. “Ich habe eine Teekanne aus dem Geschirrschrank genommen”, begann sie, “und auf den Tresen gestellt. Dann bin ich hoch in Liams Zimmer gegangen, um ihn für seinen Mittagsschlaf ins Bett zu bringen. Als ich wieder runterkam …”
Ein Grinsen ließ Travis’ Gesicht erstrahlen wie die Sommersonne einen kristallklaren See. “Was?”, hakte er nach. Er wechselte auf die andere Seite, um Sierra gegen den eisigen Wind abzuschirmen. Sie beschleunigten ihre Schritte.
“Sie stand wieder im Schrank. Aber ich könnte schwören, dass ich sie auf die Theke gestellt habe.”
“Seltsam.” Travis klopfte an der Treppe den Schnee von seinen Stiefeln.
Zitternd vor Kälte trat Sierra ins Haus, nahm ihren Mantel ab und hängte ihn auf.
Travis folgte ihr, schloss die Tür, zog die Handschuhe aus und steckte sie in die Taschen seiner Jacke, bevor er sie zusammen mit seinem Hut neben Sierras Mantel hängte. “Dann muss es Liam gewesen sein”, mutmaßte er.
“Er schläft”, gab Sierra zurück. Da der Kaffee, den sie vorhin gekocht hatte, noch immer heiß war, schenkte sie zwei Becher ein und warf einen nervösen Blick auf den Geschirrschrank. Sie hätte es gesehen, wenn Liam die Treppe hinuntergekommen wäre. Doch selbst wenn nicht, war er zu klein, um an die Kanne zu kommen. Dafür hätte er sich einen Stuhl heranziehen müssen, und sie hätte die Schiebegeräusche gehört. Außerdem hätte Liam den Stuhl anschließend nicht mehr zurückgestellt, wie es nun mal seine Art war.
Mit einem Kopfnicken nahm Travis die Tasse, die Sierra ihm reichte, entgegen und trank einen Schluck. “Dann haben Sie sie eben selbst weggestellt”, beruhigte er sie. “Und es einfach vergessen.”
Sierra setzte sich auf den Stuhl direkt neben den Küchenofen, in dem ein tröstliches Feuer brannte. Travis machte es sich in ihrer Nähe auf der Bank gemütlich.
“Ich weiß, dass ich es nicht war.” Nervös knabberte sie an ihrer Unterlippe.
Einige Sekunden lang konzentrierte Travis sich auf seinen Kaffee, dann sah er ihr wieder ins Gesicht. “Es ist ein merkwürdiges Haus”, sagte er.
Cooles Haus, hatte Liam gleich nach ihrer Ankunft gesagt, aber es spukt. “Was meinen Sie damit?”, fragte sie.
“Meg wird mich umbringen, wenn ich es Ihnen sage”, erwiderte Travis.
“Wie bitte?”
“Sie will Ihnen keine Angst machen.”
Mit gerunzelter Stirn wartete Sierra ab.
“Das hier ist ein guter Ort”, erklärte Travis und ließ den Blick liebevoll durch die heimelige Küche wandern. Offenbar hatte er schon viel Zeit hier verbracht. “Obwohl manches Mal seltsame Dinge geschehen.”
Sierra hörte wieder Liams Stimme.
Sie schüttelte den Gedanken ab. “Unmöglich”, murmelte sie.
“Wenn Sie es sagen”, erwiderte Travis leutselig.
“Was für ‘komische Dinge’ geschehen in diesem Haus?”
Als Travis lächelte, überkam Sierra auf einmal das Gefühl, dass er sich um sie kümmerte, sie auf geschickte Weise lenkte wie zuvor das Pferd. “Von Zeit zu Zeit kann man hören, wie das Klavier von selbst spielt. Oder man betritt ein Zimmer und hat das Gefühl, an jemandem vorbeizugehen, obwohl man allein ist.”
Wieder erschauerte Sierra, aber dieses Mal nicht wegen der eisigen Januartemperaturen. In der Küche war es wohlig warm. “Ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn Sie...




