Buch, Deutsch, Band 5, 82 Seiten, Format (B × H): 130 mm x 190 mm, Gewicht: 107 g
Reihe: edition phoenix
Ernstes und Heiteres von ostischen Leuten
Buch, Deutsch, Band 5, 82 Seiten, Format (B × H): 130 mm x 190 mm, Gewicht: 107 g
Reihe: edition phoenix
ISBN: 978-3-942836-11-1
Verlag: Westhafen Verlag
Heinrich Kurtzigs Novellen beschreiben das geistige, wirtschaftliche und soziale Milieu der deutsch-jüdischen Bevölkerung der ehemaligen Provinz Posen. Die Titelgeschichte »Dorfjuden« erzählt von Aron, einem jungen begabten Mann, der sich in die Tochter des Lehrers aus dem Nachbarort verliebt. Eines Tages rettet er ihr bei einem Bootsunfall sogar das Leben. Doch ihre Eltern widersetzen sich der Verbindung, weil Aron Jude ist. Er sieht sich vor die Entscheidung gestellt, entweder seinen Glauben oder seine Liebe aufzugeben.
»Derbe, an Till Eulenspiegel erinnernde Geschichten wechseln mit ernsten, menschlich rührsamen Erzählungen ab.« Berliner Tageblatt
In der »edition phoenix« erscheinen Bücher, die 1933 den Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind und seither in Deutschland nicht wieder gedruckt wurden. Durch eine Neuauflage werden diese Werke nun nach mehr als 80 Jahren Vergessenheit wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Autoren/Hrsg.
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Der Buchbinder
In dem Posenschen Städtchen Rackwitz wohnte ein Buchbinder, ein trefflicher Mann, nur schade, daß er ausschließlich Hebräisch und nicht auch Deutsch zu lesen verstand. Diese Unkenntnis spielte ihm einmal einen bösen Streich, denn er hatte einige Blätter aus Boccaccios Dekameron, und zwar einige besonders pikante, mit den Blättern einer Bibelübersetzung zusammengebunden. Man stelle sich das Entsetzen des frommen Lesers oder der keuschen Leserin vor, als aus dem Schlusse einer Seite mit dem Anfang der nächsten folgendes Histörchen entstanden war: „Und Josua sprach zum Volk: Heiliget euch! denn morgen wird der Herr ein Wunder unter euch tun. Weiter brauchte es kein Wort. Die Dame, die am ganzen Leibe vor Liebesverlangen glühte, warf sich ihm augenblicklich in die Arme, und nachdem sie ihn in verlangender Umschlingung wohl tausendmal geküßt hatte, standen sie auf und gingen in die Kammer.“
Josua und Boccaccio!
Der brave Buchbinder kam, als man ihm wegen seiner fehlerhaften Arbeit Vorwürfe machte, durchaus nicht aus der Fassung. Er sagte beruhigend: „Das schadet nicht, durchaus nicht, wer’s versteht, nimmt keinen Anstoß dran, und wer’s nicht versteht, erst recht nicht.“




