Küng Was wird hier eigentlich gespielt?
1. Auflage 2005
ISBN: 978-3-540-27808-5
Verlag: Springer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Strategien im professionellen Umfeld verstehen und entwickeln
E-Book, Deutsch, 168 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-540-27808-5
Verlag: Springer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Wann haben Sie sich in Ihrer Organisation zum letzten Mal gefragt: »Was wird hier eigentlich gespielt?« Oder hören Sie sich eher fassungslos feststellen: »Ich glaube, ich bin im falschen Film«? Beides drückt aus, dass Sie sich auf eine bestimmte Situation vorbereitet und dazu Üb- legungen für eine erfolgreiche Aktion angestellt und diese umgesetzt haben – ohne Erfolg. Die anderen waren nicht mehr im Spiel – oder nicht im gleichen Film. Dies kann ganz verschiedene Ursachen haben. Oft setzen wir mit der Analyse bei uns selbst und unserer Unzulänglichkeit an. In diesem Buch wird der individuelle Aspekt erst in der zw- ten Hälfte behandelt, wenn es darum geht, die eigenen Strategien bewusst zu entwickeln. Die erste Hälfte des Buches widmet sich der Analyse der Situation. Die Organisationsanalyse, wie sie Michel Crozier entwickelt hat, befasst sich mit den folg- den vier Elementen: Macht, Strategie, Spiel und Umwelt der Organisation. Als Organisation bezeichnet er mehrere Personen, die einen gemeinsamen Zweck mit einer mehr oder weniger großen Konstanz verfolgen. Als Ensemble zeigen diese Elemente auf, dass es sehr viel aufschlu- reicher ist zu verstehen, was eine Organisation zusammenhalten kann, als was die Organi- tionsroutine stört. Sie werden deshalb herausfinden, wie Sie die Organisation als Ganzes (mit)steuern können und wo Ihre (Mit-)Gestaltungsmöglichkeiten sind.
Zielgruppe
Professional/practitioner
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Wie bekomme ich den Durchblick (Organisationsanalyse nach M. Crozier): Macht; Strategie; Spiel; Umwelt der Organisation.- Das Spiel als wesentliches Orientierungselement: Was macht spielen attraktiv? Was verdirbt das Spiel? Wie stehen Spiele und Spielchen zueinander? Das Verhältnis von Spiel und Ernst.- Was wird hier eigentlich gespielt? Praxisbeispiele.- Wie bringe ich mich ins Spiel? Was bin ich für eine Spielnatur? Was spiele ich gern? Wie erkenne ich meine Trümpfe im Spiel? Wie verhalte ich mich im Spiel?- Auf in die nächste Runde? Einstiegshilfen in die Situationsanalyse; Verbindung von Spielen mit Macht und Strategie; Schlussbemerkungen.
5 Wie bringen Sie sich ins Spiel? (S. 125-127)
5.1 Welches Spiel wird ausgewählt?
Wenn wir uns selbst und unsere Umgebung betrachten und davon ausgehen, dass dort, wo »Organisation« stattfindet, sich dieses organisierte Handeln durch Spiele strukturiert, sehen wir ganz unterschiedliche Spiele. Nicht überall wird Hartball gespielt, aber erfahrungsgemäß oft in wirtschaftlichen Zusammenhängen. Es sind ganz unterschiedliche Spiele in Gang. Wir selbst schlagen Spiele vor und entscheiden, bei welchen Spielen wir, wenn wir können, mitspielen. Nicht alle lieben die gleichen Spiele. Wie kommt die Auswahl zustande? Nicht alle spielen aus der gleichen Motivation heraus. In diesem Kapitel stellen Sie Überlegungen zur Ihrer Spielnatur an. Sie werden entdecken, was für Spiele Ihnen im Blut liegen und welche Spiele Sie meiden. Sie werden spüren, wie Sie sich in den Spielen bewegen, aber auch welche Möglichkeiten Sie bis heute noch nicht wahrgenommen haben. Vielleicht erhalten Sie hier auch Anregungen, in welche Richtung Sie Ihr Repertoire erweitern können.
Gelernt ist gelernt
Die freie Wahl des Spiels ist zwar persönlich, wir stellen aber wesentliche kulturelle Einflüsse auf die Auswahl der Spiele fest. Eine Komponente ist das Geschlecht. Heim et al. beschreiben in »Warum gerade die?« Forschungsergebnisse, die aufzeigen, wie Kleinkinder mit Spielsachen umgehen und welche Verhaltensweisen von Erwachsenen unterstützt bzw. kritisiert werden. Die traditionelle Aufteilung zwischen Mädchen und Jungen ist dabei vorherrschend: den Mädchen die Puppen, den Jungen die Traktoren. In einem Experiment wurden den Jungen Barbies und den Mädchen Lastwagen zum Spielen gegeben.
Was haben sie gespielt? Ganz Unterschiedliches, aber einige Jungen spielten mit den Barbies »Krieg«, einige Mädchen mit den Lastwagen »Mutter, Vater, Kind«. Diese Prägungen sind wesentlich, auch wenn klar ist, dass sie nicht angeboren sind. Nicht alle Jungen verhalten sich traditionell männlich, nicht alle Mädchen verhalten sich traditionell weiblich, aber die Wahrscheinlichkeit, dass wir stereotypem Verhalten begegnen, ist höher als 50%. Damit sind diese Prägungen auch Orientierung, wir brauchen sie inhaltlich gar nicht zu teilen. Sogar wenn wir zur Aufhebung von stereotypem Verhalten beitragen wollen, um den persönlichen Spielraum für alle zu erweitern, ist es wichtig, einerseits die Stereotype zu kennen und andererseits stereotypes Verhalten zu erkennen.
Wenn Kinder zwischen zwei und vier Jahren miteinander spielen dürfen, wählen sie meistens Mitspielende des gleichen Geschlechts. In diesen geschlechtshomogenen Gruppen bildet sich das heraus, was wir später Geschlechterrollen nennen. Zwar verbringen Mädchen und Jungen gleich viel Zeit mit Spielen, aber Jungen spielen sehr viel häufiger im Freien als Mädchen. Die Lieblingsspiele der Jungen sind Hartballspiele, Cowboy und Indianer, Räuber und Gendarm sowie Kriegspiele, die viel Platz brauchen, draußen und in größeren Gruppen gespielt werden müssen. Mädchen hingegen machen Puppen- und Brettspiele, die vorwiegend zu zweit und im Haus gespielt werden. Wenn überhaupt eine Mischung zwischen Mädchen und Jungen stattfindet, dann in der Form, dass sich Mädchen an den Spielen der Jungen beteiligen, Jungen dagegen würden bei den Spielen der Mädchen in der Regel nur mitmachen, um zu stören. Im Schulalter bleiben die Gruppen, die zusammen spielen, meist geschlechtshomogen. Wesentlich ist, dass ein einzelnes Spiel für die Jungen über eine Stunde dauert. Nicht einmal die Hälfte der Spiele der Mädchen dauern so lange. Das heißt, dass die vorbereiteten Unterschiede im Verhalten sich zunehmend vertiefen. In »Frauen lernen fighten« fassen Heim und Golant zusammen, was Mädchen und Jungen im Spiel für stereotype Lektionen lernen.