E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Kühlein Ein Gott. Ein Wort.
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-96122-717-4
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sieben Schlüssel für ein neues Bibellesen
E-Book, Deutsch, 128 Seiten
ISBN: 978-3-96122-717-4
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Detlef Kühlein ist Theologe, Dozent und Podcaster. Er ist der Erfinder und Produzent von bibletunes - die Bibel im Ohr, einem Podcast, der weltweit mehrere Tausend Hörer erreicht.
Autoren/Hrsg.
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BIBELBRILLEN
In hundert Jahren wird es auf der Welt keine Bibel mehr geben. Die letzte Ausgabe wird dann in irgendeinem Trödlerladen herumliegen.
Voltaire (1694–1778)
War wohl ein Irrtum.
Detlef Kühlein (* 1969)
Seit Jahrtausenden lesen die Menschen die Bibel. Begonnen hat das Ganze mit dem Volk Israel, das durch Mose die Tora (das Gesetz) bekommen hatte.
Das waren sozusagen die Ersthörer und die Erstleser. Dann kam Jesus, der Auftakt zum Neuen Testament. Die Apostel. Und nach und nach entstand der biblische , also die Liste der Schriften, die jetzt Teil der Bibel sind.
Ursprünglich wurde das Alte Testament auf Hebräisch und Aramäisch und das Neue Testament auf Griechisch geschrieben. Erst im 8. oder 9. Jahrhundert wurden sie ins Lateinische übersetzt. Martin Luther übertrug schließlich die gesamte Bibel ins Deutsche und machte 1534 aus dem Buch, das bis dahin in Europa nur den Theologen vorbehalten war, ein Buch des Volkes. Der neu erfundene Buchdruck verhalf zur weiten Verbreitung. Damit war der Knoten geplatzt und die Bibel wurde in immer mehr Sprachen übertragen.
Es gibt 7396 Sprachen und immer noch werden Bibelteile übersetzt, damit wirklich alle Menschen die Bibel in ihrer Muttersprache lesen können.
Gleiches Buch – komplett andere Auslegung
Wie kommt es also, dass wir alle die gleiche Bibel lesen, wenn auch in unterschiedlicher Sprache und Übersetzung, und doch zu so unterschiedlichen Erkenntnissen oder Auslegungen kommen?
Teilweise sogar so gegensätzlich, dass aufgrund unterschiedlicher Erkenntnis unterschiedliche Konfessionen, Kirchen und Denominationen entstanden sind. In der Kirchengeschichte gab es Streit und Spaltung. Man hat deswegen sogar Kriege geführt.
Auch im ersten Jahrhundert (zur Zeit von Jesus) gab es unterschiedliche Erkenntnisse und Überzeugungen, wer der Messias sei und wie der Messias zu sein hatte. Deswegen entsprach Jesus nicht allen Erwartungen und es war schwer für ihn, überhaupt als Messias erkannt zu werden. Warum eigentlich?
Warum haben heute nicht alle Christen die gleiche Erkenntnis, wenn doch jeder durch den Heiligen Geist die Bibel versteht? Wenn die Bibel durch den Heiligen Geist inspiriert ist, müsste dann nicht bei jedem dasselbe rauskommen?
Tja, das ist nicht so. Leider.
Paulus hat dafür eine Erklärung:
Denn unser Wissen ist Stückwerk.
1. Korinther 13,9; LUT
Wir erkennen als Menschen immer nur ein Stück des Ganzen. Mein Nächster oder meine Nächste erkennt auch ein Stück. Und das Geheimnis ist für mich: Kein Mensch hat jemals die ganze Erkenntnis allumfassend für sich allein!
Kein Volk hat die ganze Erkenntnis allumfassend für sich allein! Wir sind aufeinander angewiesen. Hier ist das in Gemeinschaft zugrunde gelegt. Faszinierend! Denn darin liegt für uns der Auftrag, unbedingt mit anderen Menschen die Bibel zu lesen.
Die Bibel muss geteilt werden, damit man sie verstehen kann.
Klar studiere ich sie auch allein. Ich kann sie auch allein lesen, aber um in der Erkenntnis zu wachsen, brauche ich das Stück des anderen. Und er oder sie braucht mein Stück der Erkenntnis.
Ist das nicht eine geniale Idee Gottes, dass er die Erkenntnisse über die ganze Welt verteilt hat? Wir brauchen nicht nur die Erkenntnisse der Menschen aus unserer direkten Umgebung, sondern auch die unterschiedlichen Kulturen, die unterschiedlichen Nationen und Völker. Gottes Wort ist international und interkulturell.
Der zweite Punkt ist, dass jeder von uns die Bibel mit einer gewissen Voreinstellung liest. Ich nenne das die , die jeder von uns auf der Nase hat, wenn er die Bibel liest. Diese Brille prägt unsere Sicht auf die Bibel.
Und da gibt es ganz unterschiedliche Brillen. Ein paar davon stelle ich hier einmal vor:
Die Biografie-Brille
Wir alle haben eine Lebensbiografie. Bist du in einem christlichen Elternhaus groß geworden, wo man dir das Bibellesen beigebracht hat? Oder kommst du, so wie ich auch, nicht aus einem christlichen Elternhaus?
Führst du ein Leben, das bisher von viel Leid geprägt war? Oder lebst du auf der Sonnenseite des Lebens mit viel Glück, Freude und Erfüllung?
Unterschiedliche Biografien prägen meinen Glauben, meine Theologie, mein Denken über Gott oder wie ich bestimmte Bibelverse lese. Die einen lesen mehr die „dunklen“ Seiten, die anderen mehr die „hellen“ Seiten.
In welchem Kontext bin ich groß geworden? Bin ich in Westeuropa geboren und habe hier das Bibellesen gelernt? Oder bin ich in Südamerika aufgewachsen? Oder in Ostafrika? Oder in der Mongolei? Oder in China?
Meine Kultur, meine Sprache, mein Lebenskontext, meine Familie. Das ist biografisch vorgegeben. Und das prägt mein Bibelverständnis.
„Es gibt kein kulturfreies Evangelium“, schreibt Lesslie Newbigin, ein britischer Missionar und Theologe, in seinem Buch „Den Griechen eine Torheit“ (Aussaat Verlag 1989). Denn nicht zuletzt gilt: Das Wort Gottes ist ja auch in eine Kultur hineingesprochen worden. Von Menschen, die in einer Kultur lebten. Zu Hörern, die in einer Kultur lebten.
Die Brille der Prägung
Wer waren meine Vorbilder? In welcher Gemeinde bin ich groß geworden?
In welcher Denomination? Konfession? Bin ich da eher konservativ erzogen worden? Traditionell oder liberal? Evangelisch oder katholisch?
Da gibt es oft schon riesige Unterschiede. Und das gibt mir eine Brille mit, eine Prägung, eine Voreinstellung, wie ich die Bibel lese, wie ich sie auslege und verstehe.
Wer oder was hat mich theologisch beeinflusst? Was hat mein Denken geprägt? Das prägt schließlich auch mein Gottesbild, die Art, wie ich Gott sehe.
Das ist tief in mir verankert. Das ist wie ein Kompass, den ich in mir trage und den ich überallhin mitnehme.
Wenn ich beispielsweise sage, ich glaube an einen Gott, der mich und diese Welt liebt, dann lese ich die Bibel mit einem . Das ist eine Voreinstellung. (Ich finde diese Voreinstellung übrigens richtig und gut.)
Aber ich muss mir dessen bewusst sein, dass ich Gott so sehe. Und deswegen bewerte ich vieles, was mir schwerfällt in der Bibel, dann vielleicht doch positiv. Ich sage mir: Im Grunde genommen liebt Gott mich trotz allem! Und das hilft mir sehr.
Die Brille der persönlichen Lebenssituation
Jedes Mal, wenn ich die Bibel lese, gehe ich immer auch von mir aus. Wie es mir gerade geht, welche Laune ich habe, was ich gerade brauche, in welcher Situation ich stecke, welche Fragen ich habe.
Das ist gut, das ist okay, aber ich muss mit dessen bewusst sein. Bewusst, dass ich jetzt gerade die Bibel so lese, dass es mir was .
Und manchmal bleibe ich genau da stecken. Ich lese einen Text und denke mir: Das hat mir jetzt echt gar nix gesagt! Tja, aber vielleicht würde mir der Text, wenn ich eine andere Brille auf der Nase hätte, doch was …?
Die jüdische Messias-Brille
Das ist eine meiner Lieblingsbrillen. Bibellesen aus jüdischer Sicht, weil Jesus erstens Jude war und der verheißene jüdische Messias, das heißt der gesalbte König der Juden, der Christus. Darüber hinaus haben wir es in der Bibel zudem mit jüdischer Geschichte und jüdischen Texten von jüdischen Schreibern zu tun. Deshalb ist es doch ziemlich offensichtlich, dass wir diese Messias-Brille brauchen, oder? Aber wie ist diese nun anzuwenden?
Die Bibel ist immer „von der Mitte her auszulegen“, so wie Luther gesagt hat. Und diese Mitte ist Jesus Christus. Das heißt, wir lesen „auf Christus hin“ das Alte Testament und „von Christus weg“ das Neue Testament. Und das soll uns helfen, unser Stückwerk zu ergänzen, unsere Brillen zu überdenken und neue Prägung und neues Denken in unser Bibelverständnis, in unser Bibellesen zu integrieren.
Meine Erkenntnis ist Stückwerk und ich habe immer eine Brille auf.
So langsam verstehen wir, warum wir zu so vielen unterschiedlichen Meinungen und Auslegungen kommen.
Die Bibel lässt sich letztlich nur in Gemeinschaft erschließen. Begib dich in den Austausch! Suche das Gespräch, die Korrektur und den Blick über den Tellerrand! Wir brauchen das Gegenüber und die Ergänzung anderer Christinnen und Christen, die uns den Blick durch ihre Brillen erlauben.
Und hinterfrage deine eigenen Brillen! Sie könnten dir Hilfe, aber auch gleichzeitig Hindernis sein. Mach dir bewusst, woher du diese Brillen hast und ob du sie weiter aufsetzen möchtest.
BIBELTRANSFORMATION
Als Christ bin ich überzeugt: Das Lesen der Bibel sollte immer zum Handeln nach dem Vorbild der Bibel führen. Die Inspiration der Bibel muss zu Veränderung (Transformation) des Lebens führen. Oder „auf Frommdeutsch“ gesagt: Der Heilige Geist will, dass das Wort Gottes in unserem Leben bringt. Es reift etwas Köstliches und Nährendes heran.
Lebensverändernd! Gottes Wort wird Mensch! Und Gottes Wort wirkt in uns Menschen. Gottes Wort zielt immer auf die ab, auf die Fleischwerdung der Heiligen Schrift. Darauf, dass etwas Reales, Echtes, passiert.
Denn die ganze Heilige Schrift ist von Gott eingegeben. Sie soll uns unterweisen; sie hilft uns, unsere Schuld einzusehen, wieder auf den richtigen Weg zu kommen und so zu leben, wie es Gott gefällt.
2. Timotheus 3,16; HFA
Da haben wir sie, die Inspiration der Schrift. Im Griechischen steht hier ...