Kühl / Schäfer / Lampert | Coaching als Führungskompetenz | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 279 Seiten

Kühl / Schäfer / Lampert Coaching als Führungskompetenz

Konzeptionelle Überlegungen und Modelle
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-647-90106-0
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Konzeptionelle Überlegungen und Modelle

E-Book, Deutsch, 279 Seiten

ISBN: 978-3-647-90106-0
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
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Die heutige Arbeitswelt verlangt von Führungskräften zunehmend neue Kompetenzen. Sie sollen ihre Mitarbeitenden nicht nur führen, sondern auch coachen. Dafür braucht es einen Rollenwechsel von der Entscheider- in die Beraterrolle. Die Führungskraft soll den Mitarbeitenden bei der Überwindung von Hindernissen und der Erschließung bislang ungenutzter Ressourcen Beratung anbieten. Das setzt eine Arbeitsbeziehung auf Augenhöhe voraus und erfordert eine hierarchiearme, partizipative und wertschätzenden Haltung der Führungskraft und ein entsprechendes, insbesondere ethisch reflektiertes Führungskonzept.Wolfgang Kühl, Erich Schäfer und Andreas Lampert stellen konzeptionelle Grundlagen und Modelle vor, wie Coaching durch Führungskräfte gelingen kann. Auf der Basis systemischer und lösungsorientierter Coachingansätze entwickeln sie ein wissenschaftlich fundiertes Konzept, das das theoretische Fundament für ein angemessenes und begründbares Beratungshandeln der Führungskraft liefert. Das Konzept beinhaltet Empfehlungen für den Rahmen der Beratung, ein spezifisches Phasenmodell und entsprechend adaptierte Methoden.
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1Der Entwicklungsstand des Coachings durch die Führungskraft: empirische Studien und methodische Literatur

In diesem Kapitel wird erstens die empirische Befundlage thematisiert und bewertet. Zweitens wird die konzeptionell-methodische Fachliteratur in ihren historischen und aktuellen Dimensionen umfassend dargestellt und ausgewertet. In diesem Zusammenhang wird unter anderem auf die sich seit den 1980iger Jahren in Deutschland konstituierende und von der US-amerikanischen Ursprungsform des Coachings durch die Führungskraft abgrenzende Coachingvariante der Beratung durch externe Beratungsprofis eingegangen. Abschließend erfolgt eine zusammenfassende Analyse und Bewertung des aktuellen Entwicklungsstandes des Coachings durch die Führungskraft.

1.1Empirische Befunde

Um eine erste wissenschaftliche Annäherung an das Coaching durch die Führungskraft zu ermöglichen, erfolgt zunächst ein Blick auf die empirische Datenlage. Anschließend steht die historische Entwicklung des Coachings in Deutschland anhand der vorliegenden, insbesondere der methodischen Fachliteratur im Fokus der Betrachtung.

Zunächst also zu den empirischen Studien, die im deutschen Sprachraum bislang sehr rar gesät sind und aus wenigen wissenschaftlichen Qualifizierungsarbeiten bestehen:

Die Diplomarbeit von Melanie Funk (2014) mit dem Titel »Coaching durch den eigenen Vorgesetzten. Wann kann der Chef die eigenen Vorgesetzten coachen?« basiert auf sechs qualitativen Interviews mit Führungskräften in der Wirtschaft, davon haben drei Coachings mit ihren Mitarbeitern durchgeführt.

»Die Basis des Vorgesetzten-Coachings liegt in der Vertrauensbeziehung. Um dieses Verhalten herzustellen, müssen Freiwilligkeit, gegenseitige Akzeptanz und Schweigepflicht als Regeln erfüllt sein. […] Der Vorgesetzte sollte eine ausgeprägte Persönlichkeit haben, die sich aus fachlichem Know-how und persönlichen Soft Skills zusammensetzt. Der Reifegrad des Vorgesetzten ist wichtig, insbesondere dass er eine angemessene Selbstwahrnehmung besitzt, das nötige Einfühlungsvermögen sowie die Fähigkeit der Beherrschung und Zurückhaltung. […] Optimale Voraussetzungen sind genügend Raum und Zeit sowie flache Hierarchien innerhalb einer Unternehmung. Ferner ist ein vorhandenes Thema eine klare Bedingung und bildet den Kern des Coachings. […] Die Inhalte sind ein Zusammenspiel persönlicher und beruflicher Themen, die Einfluss auf das Arbeitsgebiet haben« (Funk, 2014, S. 41 f.). Methodisch wird von den interviewten Experten vor allem auf systemische Fragetechniken zurückgegriffen (Funk, 2014, S. 42).

Bei der Veröffentlichung von Jeanette Dobrunz (2008) mit dem Titel »Coaching. Zwischen fachlicher Kompetenz und Rollenkonflikten« handelt es sich vermutlich ebenfalls um eine wissenschaftliche Abschlussarbeit. Es wurde mittels eines Fragebogens untersucht, wie die Mitarbeiter eines Call-Centers einer deutschen Großbank das Coaching durch ihre Vorgesetzten im Spannungsfeld von Beratung und Kontrolle wahrnehmen.

Während sich in der qualitativen Studie von Funk zumindest Anhaltspunkte für das genauere Coachingverständnis der Interviewten erkennen lassen, ist dies anhand der Fragebogenstudie von Dobrunz kaum erkennbar. Allerdings handelt es sich unseres Wissens um die erste (veröffentlichte) Studie, die die Perspektive der gecoachten Mitarbeiter überhaupt in den Blick nimmt. An der Erhebung haben sich 98 Personen beteiligt, davon waren 62 nach eigenen Angaben über einen Zeitraum von ca. drei Jahren gecoacht worden. Die coachenden Führungskräfte waren zuvor in einem dreitägigen Seminar (mit einem externen Trainer) fortgebildet worden und hatten während des Mitarbeitercoachings selbst an einem zweimal wöchentlich erfolgenden internen Training teilgenommen. Die »Reflexion der eigenen Arbeit«, so das zentrale Befragungsergebnis, stellt für die gecoachten Mitarbeiter »das herausragende Kriterium ihrer Coaching-Erfahrungen« (Dobrunz, 2008, S. 70) dar. Die Autorin ermittelte zudem zwei unterschiedliche Coaching-Typen, die sich vor allem in der Art des Coaching-Verständnisses unterscheiden ließen: Einige Mitarbeiter sahen den Coach als Förderer, andere hingegen im Sinne von Führung und Kontrolle. Weitere Angaben zum Coaching-Verständnis und zum genaueren Vorgehen der Vorgesetzten als Coaches finden sich in der Studie nicht. Abschließend betont die Autorin lediglich: »Ziel des Coachings ist die Hilfe zur Selbsthilfe, so dass der Klient das Coaching am Ende der Beratung nicht mehr braucht« (Dobrunz, 2008, S. 70).

Cornelia Tonhäusers (2010) Veröffentlichung »Implementierung von Coaching als Instrument der Personalentwicklung in deutschen Großunternehmen« basiert auf einer 2006 durchgeführten empirischen Befragung von 104 Großunternehmen. Dabei stimmte fast die Hälfte der Befragten der Aussage zu, dass Coaching eine »Teilaufgabe von Führungskräften (Vorgesetzten-Coaching)« sei, so kreuzten 20,4 % von ihnen hinsichtlich dieser Aussage die Antwortkategorie »trifft voll zu« an, 28,6 % die Antwortkategorie »trifft eher zu«.

Dabei zeigte sich, dass die Vorgesetzten ihre Mitarbeiter umso mehr coachen, je niedriger deren Hierarchiestufe in der Organisation angesiedelt ist. Wurden im oberen Management nur 7,7 % der Führungskräfte durch deren Vorgesetzte gecoacht, so waren es im mittleren Management 18,3 %, im unteren Management 27,9 % und bei Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung 39,4 %.

Allerdings erfolgte das Coaching mit allen Zielgruppen durchweg nicht regelmäßig, sondern anlassbezogen aufgrund jeweiliger Bedarfe. Das traf insbesondere für die Fachkräfte zu, von denen nach Angaben von 70,3 % der Befragten nur weniger als 5 % seit Einführung in dem jeweiligen Unternehmen zumindest ein Coaching erfahren hatten. Die angegebenen Coachingziele waren hinsichtlich der Befragten der jeweiligen Hierarchiestufen sehr unterschiedlich. Das wichtigste Thema der oberen Führungskräfte war mit 59,6 % »Strategieentwicklung/-umsetzung«, während sowohl für die auf der mittleren wie auf der unteren Hierarchieebene tätigen Führungskräfte die »Verbesserung ihrer Führungskompetenz« mit 85,6 % bzw. 64,4 % am wichtigsten war. Hingegen war das wichtigste Thema für die Fachkräfte ohne Führungsverantwortung »Leistungsdefizite beheben« mit 46, 3 % (Tonhäuser, 2010, S. 198, 200).

Die Studie von Tonhäuser verdeutlicht, dass das Coaching durch Führungskräfte in Großunternehmen offenbar in begrenztem Maße vorkommt, allerdings ohne dass dies sowohl quantitativ wie konzeptionell genauer geklärt ist. Da keine neueren Studien vorliegen, bleibt es spekulativ einzuschätzen, wie sich das Coaching durch die Führungskraft in Deutschland mittlerweile in Art und Umfang entwickelt hat.

Böning und Kegel (2015) haben in ihrer Metastudie »Ergebnisse der Coaching-Forschung. Aktuelle Studien – ausgewertet für die Coaching-Praxis« die Ergebnisse von 145 empirischen Coaching-Studien aus den vier Anwendungsfeldern Business-Coaching, Life-Coaching, Coaching im Non-Profit-Bereich und Sport-Coaching, die im Recherchezeitraum 2006 bis Frühjahr 2014 veröffentlicht worden sind, zusammengestellt und systematisch ausgewertet. Bei 21 der von den Autoren dargestellten Untersuchungen »stand die Entwicklung der Führungskraft als Coach bzw. das durch die Führungskraft ausgeübte Managerial-Coaching im Vordergrund« (Böning, 2015, S. 76). Böning und Kegel verwenden in ihrem Buch den Terminus »Managerial-Coaching«, um diese Coaching-Variante, die sie dem Business-Coaching zurechnen, von anderen nachvollziehbar zu differenzieren und an die internationale Nomenklatur anzuschließen (Böning, 2015, S. 76).

Die dargestellten Untersuchungen sind durchweg in englischer Sprache veröffentlicht, stammen großteils aus der US-amerikanischen Wirtschaft, asiatischen und europäischen Wirtschaften, jedoch nicht aus Deutschland. Neunzehn der von Böning dargestellten Studien hatten einen quantitativen Charakter, 13 wiesen dabei große Stichproben auf, die durchweg aus mehr als 100 Probanden bestanden, die Studie von Gregory und Levy (2011) bezieht sich sogar auf 155 Vorgesetzte und 729 direkt Unterstellte ohne Führungsverantwortung. Fünf Studien hatten einen qualitativen Charakter mit kleinen Stichproben. Die Ergebnisse werden hier nur summarisch wiedergegeben, weil sich vermutlich die Coaching-Verständnisse und die jeweils zu Grunde liegenden Beziehungen zwischen vorgesetzten Führungskräften und deren gecoachten Mitarbeitern in den jeweiligen Ländern unterscheiden und genauer zu betrachten wären, als dies hier aus Platzgründen möglich ist.

Böning fasst die Ergebnisse der referierten Untersuchungen wie folgt zusammen: »Bezüglich der Beziehung zwischen coachender Führungskraft und Mitarbeiter zeigte sich in den Studien deutlich, dass ein guter Rapport, Vertrauen und Commitment positive Auswirkungen haben. Eine konstruktive Kommunikation, Rückmeldungen, die Organisationskultur sowie ein direkt unterstützender und zielorientierter Umgang mit den Mitarbeitern sind außerdem wichtig. Bemerkenswert ist, wie offensichtlich ein Managerial-Coaching u. a. zu einer größeren Rollen- und Zielklarheit, zu Zufriedenheit, besseren Leistungen, stärkerer Selbstwirksamkeitserwartung und einem höheren Karriere- und Organisationscommitment führt.« (Böning, 2015, S. 94).

Zusammenfassend lässt sich zur empirischen Datenlage im Hinblick auf das Coaching durch die Führungskraft konstatieren, dass in Deutschland empirische Hinweise zum Verständnis, zur Verbreitung, zu Einflussfaktoren wie zu den Effekten des Coachings durch Führungskräfte noch kaum festzustellen sind, hingegen liegen im englischen Sprachraum durchaus elaborierte...


Schäfer, Erich
Dr. phil. Erich Schäfer (Jg. 1954), Diplom-Sozialpädagoge, ist Professor für Methoden der Erwachsenenbildung am Fachbereich Sozialwesen der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Er ist Studiengangsleiter des weiterbildenden Masterstudienganges 'Coaching und Führung', Vorsitzender des Instituts für Weiterbildung, Beratung und Planung im sozialen Bereich, stellvertretender Direktor des Instituts für Coaching und Organisationsberatung sowie Lehrcoach (DGfC). Seine Tätigkeits- und Forschungsschwerpunkte sind Lehren und Lernen, Coaching und Organisationsentwicklung.

Lampert, Andreas
Dr. phil. Andreas Lampert (Jg. 1970), Diplom-Sozialarbeiter, Diplom-Sozialpädagoge, ist Professor für Theorie und Praxis der Methoden der Sozialen Arbeit am Fachbereich Sozialwesen der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Er leitet den weiterbildenden Masterstudienganges 'Coaching und Führung'. Er ist zudem Systemischer Individual-, Paar- und Familientherapeut (DGFS) und Coach (DGfC). Er ist Mitglied im Institut für Coaching und Organisationsberatung. Seine Tätigkeits- und Forschungsschwerpunkte sind Biografieforschung, Beratung und Therapie sowie Coaching.

Kühl, Wolfgang
Prof. Dr. phil. Wolfgang Kühl (Jg. 1952) ist Professor für Arbeitsformen, und Institutionen sozialer Arbeit im Fachbereich Sozialwesen der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Er lehrt im Master-Studiengang Coaching und Führung und ist zudem als Supervisor und Lehrsupervisor (DGSv), Coach und Lehrcoach (DGfC) tätig. Seine Tätigkeits- und Forschungsschwerpunkte sind: Coaching, Supervision, Intervision und andere Reflexionsformate. Er ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Supervision und Coaching und der Deutschen Gesellschaft für Coaching.



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