E-Book, Deutsch, 156 Seiten
Krüger Küssen als Sprache der Liebe
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-5448-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 156 Seiten
            ISBN: 978-3-8192-5448-2 
            Verlag: BoD - Books on Demand
            
 Format: EPUB
    Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wolfgang Krüger ist Psychotherapeut in eigener Praxis. Das Thema Küssen beschäftigt ihn bereits seit Jahrzehnten. Außerdem publizierte er erfolgreiche Bücher über Liebe, Bindungsängste, Treue, Sexualität, Eifersucht, Freundschaft, Gesundheit, Geld, Humor, Selbstachtung und Großeltern.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Jeder Kuss von Dir ist so,
 dass die Welt für mich stillsteht.
 Ein Jugendlicher
Die ersten Küsse
Ich möchte Sie gern auf eine Forschungsreise des Küssens mitnehmen und Ihnen helfen, Ihr eigenes Kussverhalten und Ihre Kusserlebnisse zu verstehen. Dann werden Sie auch erkennen, was Sie möglicherweise verbessern können. Dazu ist es wichtig, dass Sie zunächst die Entwicklung der eigenen Küsse begreifen und besonders bedeutsam ist hierbei der erste Kuss, an den wir uns meist noch sehr gut erinnern können.
Ein älterer Freund sagte mir: „Ich habe inzwischen vieles vergessen, meist waren Ereignisse unwichtig und auch die Namen vieler Klassenkameraden fallen mir nicht mehr ein. Ich muss mir sogar Mühe geben, damit mir die Namen meiner ersten Freundinnen einfallen. Aber den ersten Kuss habe ich regelrecht abgespeichert, denn ich war so aufgeregt und hatte Glück: Meine Partnerin war sehr lieb und einfühlsam und es war einfach schön. Es war ein unglaublich prickelndes Gefühl, ihre Lippen zu spüren, langsam auch ihre Zunge, es war für mich eine Offenbarung.“
Der gestohlene Kuss
Die meisten Jugendlichen küssen zum ersten Mal mit 14 Jahren. Nur 15% waren beim ersten Kuss schon 18 Jahre alt. Zwar gibt es die ersten Küsse, die mit sechs, sieben, acht Jahren beginnen. Sie sind von Neugierde geprägt, sind spielerisch und spannend, aber noch nicht erotisch. So erzählte mir eine Beamtin, sie sei von einem Klassenkameraden geküsst worden, als sie acht Jahre alt war. Sie sei täglich mit ihm zusammen zur Schule gegangen und eines Tages habe er sie an die Rückwand des Hauses geführt, wo sie keiner sehen konnte und habe ihr einen Kuss gestohlen. Das habe ihr gefallen. Danach hätten sie sich weiter getroffen, als wäre nichts geschehen.
Frage
Erinnern Sie sich an Küsse im Kindergarten, in der ersten oder zweiten Klasse, die im Vergleich zu späteren Küssen eher unschuldig waren und dennoch eine große Innigkeit aufwiesen?
Die Küsse als Mutprobe
Schließlich gibt es im Alter von 10 - 13 Jahren jene Küsse, die man als Mutprobe bezeichnen kann. In einer Gruppe verabredet man sich zu Würfelspielen oder es gibt das Flaschenkreisen, bei dem das Prinzip gilt, sich mit dem Nachbarn zur linken oder rechten zu küssen. Gefordert sind Küsse auf den Mund, die meist relativ kurz sind und dennoch aufregend. Mitunter hat es auch einen Aspekt der Komik, sobald sich die Zahnspangen berühren, wenn Metall auf Metall reibt und sich gleichzeitig schüchtern die Lippen begegnen.
Bewusster und genussvoller ist dann das Knutschen unter Freundinnen, wenn man im Freundeskreis zusammenliegt. Oft sind es Küsse auf den Mund und in diesem Sinne ‚echte Küsse‘, die jedoch nicht zu einer festen Bindung führen, sondern einfach Spaß machen. Diese Küsse sind aber durchaus intim und emotional und gleichsam eine Steigerung jener Freundschaftskunst, von der die Beziehungen junger Frauen geprägt sind. Der Austausch von Freundschaftsbändern, das Reden über persönliche Wünsche und Phantasien, die Poesiealben, die oft mit altbackenen, berührenden Sprüchen zurückgegeben werden und auch innige Küsse sind wichtige Etappen dieser Beziehungskultur.
Die ‚richtigen‘ Küsse
Doch die ‚richtigen‘ Küsse beginnen häufig erst mit 14 Jahren. Es sind die Küsse der erotischen Erkundung, da sich sowohl die jungen Männer als auch die Frauen sehr zum anderen (oder dem eigenen) Geschlecht hingezogen fühlen. Jetzt ist das Küssen oft damit verbunden, dass mehr entstehen könnte. Es ist zwar immer noch von einer großen Neugierde geprägt und nicht von dem Wunsch, sich ewig zu binden. Dennoch ist es auch deshalb aufregend, weil man den anderen mag. Man küsst sich eben nicht, um zu küssen, es ist nicht nur Lust, sondern auch wesentlich eindeutiger der Wunsch, dem anderen nahe zu sein.
Offenbar sind die nächsten Jahre für die Jugendlichen eine erhebliche Herausforderung. Es gibt den ersten Kuss, in den folgenden Jahren sammeln sie viele Kuss-Erfahrungen und schließlich wird der Wunsch nach einer Partnerschaft immer deutlicher. Und daraus entstehen dann innerhalb weniger Jahre die zehn Herausforderungen, die beim Küssen zu bewältigen sind.
Herausforderung 1: Die Überwindung der Unsicherheit
Das Küssen ist in der Pubertät das Geständnis, dass man viel für den anderen empfindet. Deshalb zögert man zunächst, ist gehemmt, unsicher und angespannt. Schließlich weiß man noch nicht: Mag er/sie mich auch, wie wird sich dieser Kuss anfühlen, wird sie ihn wollen oder folgt daraus ein Rückzug oder eine Enttäuschung? Es fehlt jede Erfahrung in diesem Bereich und daher schlägt uns das Herz so stark, dass wir kaum Luft holen können. Doch wenn wir Glück haben, überwinden wir diese Scheu und küssen uns, und das ist oft der Einstieg in ein lebenslanges Kussabenteuer.
Aber nicht immer ist das Küssen schön, sondern kann auch irritieren. So erlebte es jedenfalls eine Frau, die sich sehr gewünscht hatte, von dem jungen Mann geküsst zu werden, den sie im Urlaub traf. Er war zwar manchmal sehr frech, dann aber wieder so schüchtern, dass sie schließlich die Initiative ergriff. Sie erinnert sich: „Wir saßen am Ufer nebeneinander, ich umarmte ihn kurz, berührte seine Wangen mit meinen Fingern und wartete. Alles war eine Einladung und es kam mir vor wie Stunden, bis er den Kopf zu mir neigte und mich küsste. Allerdings war dieser Kuss kühl und scheu, ich erkannte diesen frechen Typen nicht mehr. Fast sang- und klanglos lösten sich unsere Lippen nach einer Minute wieder voneinander. In den nächsten Tagen haben wir uns noch kurz gegrüßt, aber die Vertrautheit, die Unschuld der Beziehung war zerstört.“
Hier handelt es sich um eine häufige Erfahrung, denn junge Frauen sind in diesem Alter meist mutiger als die Männer. Deren Stimmbruch ist oft schon vorbei und sie sind stolz auf den ersten zarten Bartwuchs. Aber sie fühlen sich noch ungelenk und unsicher und sind weit entfernt davon, cool zu sein. Das setzt sie kräftig unter Druck, denn sie wären gern gelassen und spüren gleichzeitig, dass ein spielerischer, fast schnoddriger Umgang mit dem Küssen nicht angebracht ist.
Herausforderung 2: Das Ende der Kindheit
Die ersten Küsse sind deshalb so aufregend, weil hier etwas sehr wichtiges passiert, denn der erste intensive Kuss ist der Übergang ins Erwachsenenalter. Wenn wir den Zungenkuss zum ersten Mal erleben, ist dies das Ende der Kindheit. Wir sind dabei, nun die Welt, auch die Welt der Erotik zu erobern und eine neue Bindung mit einem bisher fremden Menschen einzugehen. Falls dann der erste Kuss eine beglückende Erfahrung ist, erleben wir hautnah, was die innige Beziehung mit einem anderen Menschen bedeuten kann.
Offenbar verändert uns der erste Kuss, denn die unschuldige Zugehörigkeit zu den Eltern, an die wir uns mitunter noch vor einigen Monaten anschmiegten, ist vorbei. Oft mögen wir es nicht mehr, abends von unserer Mutter einen Kuss zu bekommen, wir schließen das Badezimmer ab, wenn wir duschen. In uns keimt nun eine Aufbruchsstimmung, wir erleben die Welt leidenschaftlicher und sind von einer großen Unruhe erfüllt, weil wir plötzlich am Beginn einer unbekannten Entwicklung stehen.
Der erste Kuss war schrecklich
Diese ganze Entwicklung kann angsteinflößend sein und manchmal erleben wir dann auch den ersten Kuss nicht nur als irritierend, sondern als schrecklich. Eine Sozialarbeiterin sagte mir: „Der erste Kuss war furchtbar und der zweite war es auch. Vielleicht waren die Jungs zu aufgeregt, zu schnell. Jedenfalls hatte ich beim ersten Mal seine Zunge ohne jede Ankündigung im Mund, er presste seine Lippen gegen meine und rührte dann mit seiner Zunge herum. Ich fühlte mich wie ein Auto am Abschlepphaken und hatte Mühe, immer wieder Luft zu holen.
Manchmal dachte ich, ich müsse zum Arzt gehen, weil ich befürchtete, dass mein ganzer Kiefer eine Muskelverspannung bekäme. Aber plötzlich war Schluss. Völlig unvermittelt. Es war so, als würde im Kino der Film reißen. Auf einmal schaute mich der junge Mann sogar erwartungsvoll an und fragte: ‚Wie wars?‘ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und erwiderte: ‚Hmmm?‘ Danach küsste ich drei Wochen niemanden mehr, bis wir in einem Schullandheim waren. Abends am Lagerfeuer küssten sich alle. Es war nicht mehr ganz so schlimm, ich kannte es ja schon …
Diese Monate haben mich geprägt, weil ich in die spannende Welt der Erotik eintauchte. Seitdem hatte ich das Gefühl, eine Frau zu sein. “
Nun können wir verständnisvoll sagen, dass die Küsse für diese Männer zu früh kamen. „Sie waren noch nicht so weit.“ – war daher auch die Überzeugung einer jungen Frau, die von ihren ersten Kusserfahrungen ernüchtert war. Allerdings bleibt diese Unsicherheit bei vielen Männern erhalten, wenn sie erwachsener werden und in Clubs oder auf Partys gehen.
Dabei hängt die Unsicherheit auch damit zusammen,...




