Kraus / Schulze | Eine Auswahl | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 281 Seiten

Reihe: Klassiker bei Null Papier

Kraus / Schulze Eine Auswahl

Gedichte und Aufsätze zur deutschen Sprache

E-Book, Deutsch, 281 Seiten

Reihe: Klassiker bei Null Papier

ISBN: 978-3-95418-987-8
Verlag: Null Papier Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dass Karl Kraus seine Sprache am Herzen lag, wäre eine Untertreibung von epochalem Ausmaß. Er war der Streiter für und mit der deutschen Sprache. Karl Kraus war einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Er war Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker, Dramatiker, Mäzen, Sprach- und Kulturkritiker und ein scharfer Kritiker der Presse und des Hetzjournalismus oder, wie er selbst es ausdrückte, der »Journaille«. Dieses Buch bietet einen kleinen Ausschnitt, gewissermaßen als Appetitanreger, Kraus' Arbeiten. Null Papier Verlag

Dass Karl Kraus seine Sprache am Herzen lag, wäre eine Untertreibung von epochalem Ausmaßen. Er war der Streiter für und mit der deutschen Sprache. Karl Kraus war einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Er war Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker, Dramatiker, Mäzen, Sprach- und Kulturkritiker und ein scharfer Kritiker der Presse und des Hetzjournalismus oder, wie er selbst es ausdrückte, der 'Journaille'.
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Antwort an Rosa Luxemburg von einer Unsentimentalen
Geehrter Herr Kraus, Innsbruck, 25. August 1920 Zufällig ist mir die letzte Nummer Ihrer »Fackel« in die Hände gekommen (ich war bis 4./II.. 1. J. Abonnentin) u. ich möchte mir gestatten Ihnen betreffs des von Ihnen so sehr bewunderten Briefes der Rosa Luxemburg Einiges zu erwidern, obwohl Ihnen eine Zuschrift aus dem ominösen Innsbruck vielleicht nicht sehr willkommen ist. Also: der Brief ist ja wirklich recht schön u. rührend u. ich stimme ganz mit Ihnen überein, daß er sehr wohl als Lesestück in den Schulbüchern für Volks- u. Mittelschulen figurieren könnte, wobei man dann im Vorwort lehrreiche Betrachtungen darüber anstellen könnte, wie viel ersprießlicher und erfreulicher das Leben der Luxemburg verlaufen wäre, wenn sie sich statt als Volksaufwieglerin etwa als Wärterin in einem Zoologischen Garten od. dgl. betätigt hätte, in welchem Fall ihr wahrscheinlich auch das »Kittchen« erspart geblieben wäre. Bei ihren botanischen Kenntnissen u. ihrer Vorliebe für Blumen hätte sie jedenfalls auch in einer größeren Gärtnerei lohnende u. befriedigende Beschäftigung gefunden u. hätte dann gewiß keine Bekanntschaft mit Gewehrkolben gemacht. Was die etwas larmoyante Beschreibung des Büffels anbelangt, so will ich es gern glauben, daß dieselbe ihren Eindruck auf die Tränendrüsen der Kommerzienrätinnen u. der ästhetischen Jünglinge in Berlin, Dresden u. Prag nicht verfehlt hat. Wer jedoch, wie ich, auf einem großen Gute Südungarns aufgewachsen ist, u. diese Tiere, ihr meist schäbiges, oft rissiges Fell u. ihren stets stumpfsinnigen »Gesichtsausdruck« von Jugend auf kennt, betrachtet die Sache ruhiger. Die gute Luxemburg hat sich von den betreffenden Soldaten tüchtig anplauschen lassen (ähnlich wie s. Z. der sel. Benedikt mit den Grubenhunden) wobei wahrscheinlich noch Erinnerungen an Lederstrumpf, wilde Büffelherden in den Prärien etc. in ihrer Vorstellung mitgewirkt haben. – Wenn wirklich unsere Feldgrauen, abgesehn von den schweren Kämpfen, die sie in Rumänien zu bestehen hatten, noch Zeit, Kraft u. Lust gehabt hätten, wilde Büffel zu Hunderten einzufangen u. dann stracks zu Lasttieten zu zähmen, so wäre das aller Bewunderung wert, u. entschieden noch erstaunlicher, als daß die urkräftigen Tiere sich diese Behandlung hätten gefallen lassen. Nun muß man aber wissen, daß die Büffel in diesen Gegenden seit undenklichen Zeiten mit Vorliebe als Lasttiere (sowie auch als Milchkühe) gezüchtet u. verwendet werden. Sie sind anspruchslos im Futter u. ungeheuer kräftig, wenn auch von sehr langsamer Gangart. Ich glaube daher nicht, daß der »geliebte Bruder« der Luxemburg besonders erstaunt gewesen sein dürfte, in Breslau einen Lastwagen ziehn zu müssen u. mit »dem Ende des Peitschenstieles« Eines übers Fell zu bekommen. Letzteres wird wohl wenn es nicht gar zu roh geschieht – bei Zugtieren ab u. zu unerläßlich sein, da sie bloßen Vernunftgründen gegenüber nicht immer zugänglich sind, – ebenso wie ich Ihnen als Mutter versichern kann, daß eine Ohrfeige bei kräftigen Buben oft sehr wohltätig wirkt! Man muß nicht immer das Schlimmste annehmen u. die Leute (u. die Tiere) prinzipiell nur bedauern, ohne die näheren Umstände zu kennen. Das kann mehr Böses als Gutes anrichten. Die Luxemburg hätte gewiß gerne, wenn es ihr möglich gewesen wäre, den Büffeln Revolution gepredigt u. ihnen eine Büffel-Republik gegründet, wobei es sehr fraglich ist, ob sie imstande gewesen wäre, ihnen das – von ihr – geträumte Paradies mit »schönen Lauten der Vögel u. melodischen Rufen des Hirten« zu verschaffen u. ob die Büffel auf Letzteres so besonderes Gewicht legen. Es gibt eben viele hysterische Frauen, die sich gern in Alles hineinmischen u. immer Einen gegen den Anderen hetzen möchten; sie werden, wenn sie Geist und einen guten Stil haben, von der Menge willig gehört u. stiften viel Unheil in der Welt, so daß man nicht zu sehr erstaunt sein darf, wenn eine solche, die so oft Gewalt gepredigt hat, auch ein gewaltsames Ende nimmt. Stille Kraft, Arbeit im nächsten Wirkungskreise, ruhige Güte u. Versöhnlichkeit ist, was uns mehr not tut, als Sentimentalität u. Verhetzung. Meinen Sie nicht auch? Hochachtungsvoll
Frau v. X-Y. Was ich meine, ist: daß es mich sehr wenig interessiert, ob eine Nummer der Fackel »zufällig« oder anderwegen einer derartigen Bestie in ihre Fänge gekommen ist und ob sie bis 4. II. 1. J. Abonnentin war oder es noch ist. Ist sie’s gewesen, so weckt es unendliches Bedauern, dal sie’s nicht mehr ist, denn wäre sie’s noch, so würde sie’s am Tage des Empfangs dieses Briefes, also ab 28. VIII 1. J. nicht mehr sein. Weil ja bekanntlich die Fackel nicht wehrlos gegen das Schicksal ist, an solche Adresse zu gelangen. Was ich meine, ist: daß mir diese Zuschrift aus dem ominösen Innsbruck insofern ganz willkommen ist, als sie mir das Bild, das ich von der Geistigkeit diese Stadt empfangen und geboten habe, auch nicht in einen Wesenszug alteriert und im Gegenteil alles ganz so ist wie es sein soll. Was ich meine, ist, daß neben dem Brief der Rosa Luxemburg, wenn sich die sogenannten Republiken dazu aufraffen könnten, ihn durch ihre Lesebücher den aufwachsenden Generationen zu überliefern, gleich der Brief dieser Megäre abgedruckt werden müßte, um der Jugend nicht allein Ehrfurcht vor der Erhabenheit der menschlichen Natur beizubringen, sondern auch Abscheu vor ihrer Niedrigkeit und an dem handgreiflichsten Beispiel ein Gruseln vor der unausrottbaren Geistesart deutscher Fortpflanzerinnen, die uns das Leben bis zur todsichern Aussicht auf neue Kriege verhunzen wollen und die dem Satan einen Treueid geschworen zu haben scheinen, eben das was sie anno 1914 aus Heldentodgeilheit nicht verhindert haben, immer wieder geschehen zu lassen. Was ich meine, ist – und da will ich einmal mit dieser entmenschten Brut von Guts- und Blutsbesitzern und deren Anhang, da will ich mit ihnen, weil sie ja nicht deutsch verstehen und aus meinen »Widersprüchen« auf meine wahre Ansicht nicht schließen können, einmal deutsch reden, nämlich weil ich den Weltkrieg für eine unmißdeutbare Tatsache halte...


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