E-Book, Deutsch, Band 2, 283 Seiten
Kramer Friesische Giftküche
2023
ISBN: 978-3-8392-7614-3
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kriminalroman
E-Book, Deutsch, Band 2, 283 Seiten
Reihe: Olivia, Johanna und Dörte aus Nordfriesland
ISBN: 978-3-8392-7614-3
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Olivia, Johanna und Dörte aus Nordfriesland geraten in Bedrängnis. Am liebsten würden sie sich ausschließlich um ihr Schlickgeschäft kümmern. Der Handel mit dem Gold der Nordsee floriert. Aber Hauptkommissar Erik Kruse ist ihnen dicht auf den Fersen. Er will beweisen, dass sie ihre Ehemänner auf dem Gewissen haben und auch für mehrere mysteriöse Todesfälle verantwortlich sind. Olivia ahnt: Ihr Ratgeber »Giftküche« spielt dabei eine zentrale Rolle. Als die drei Frauen versuchen, das Unheil abzuwenden, begeben sie sich in höchste Gefahr.
Autoren/Hrsg.
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2
Das Schlafmittel würden die Forensiker bei der Obduktion vermutlich feststellen – falls diese durchgeführt wurde. Aber die Chancen standen gut, dass der Notarzt eine natürliche Todesursache attestierte. Mathias Ziegler hatte gelesen, dass jeder zweite Mord unentdeckt blieb. Wandte man seine Methode an, lag die Wahrscheinlichkeit dafür sicherlich bei deutlich über 50 Prozent. Genau genommen war es nicht seine Methode. Er hatte sie schließlich nicht erfunden. Außerdem war es kein Mord, was er vorhatte. Selbst, wenn man ihn erwischte, ging es maximal als fahrlässige Tötung durch. Im Grunde spielte es jedoch keine Rolle, wie der juristische Begriff für seine Tat lautete, denn ein Gerichtsverfahren würde es nicht geben. Charlotte würde, wie jeden Donnerstag, gegen 18 Uhr vom Tennis nach Hause kommen. Und wie jeden Donnerstag kochte er für beide. Es sollte das letzte gemeinsame Mahl werden. Danach wollte er sich mit Isabell in das pralle Leben stürzen und endlich das Geld ausgeben, das völlig nutzlos auf der Bank lag und nicht einmal Zinsen brachte. Über zwei Millionen hatte Charlotte von ihren Eltern geerbt, Erlöse aus dem Verkauf von Immobilien in bester Lage und ein umfangreiches Aktienpaket. Aber sie geizte mit jedem Cent und arbeitete immer noch als Bürokraft bei einer Versicherung, obwohl sie es nicht mehr nötig hatte. Nach ihrem Ableben hätte er endlich Zugriff auf das Vermögen. Er war sich sicher, dass sie noch nichts von seiner neuen Liebe ahnte. Aber das war nur eine Frage der Zeit. Eine unbedachte Äußerung oder ein Telefonat mit Isabell, das sie mitbekam, konnte ausreichen, um sie misstrauisch zu machen. Deshalb musste er handeln, bevor sie auf die Idee kam, das Testament zu ändern. Den Job als Lagerleiter in der Holzgroßhandlung hatte er verloren. Die Firma war vor einem halben Jahr in Konkurs gegangen. Richtig zufrieden war er dort sowieso nicht gewesen. Zugegebenermaßen hatte er sich nur halbherzig um eine neue Stelle bemüht. Diese Vorstellungstermine empfand er als erniedrigend. Vielleicht würde er zukünftig nur noch das Vermögen verwalten oder sich selbstständig machen. Eine genaue Vorstellung hatte er jedoch nicht. Aber es gab unendlich viele Möglichkeiten. Und mit einem soliden finanziellen Polster im Rücken konnte kaum etwas schiefgehen. Ziegler band sich die Schürze mit der Aufschrift »Hier kocht der Chef« um und begann, den Schnittlauch klein zu hacken. Das Menü sollte möglichst schmackhaft sein, damit sie ordentlich zulangte. Dieser Umstand forderte seine Kochkunst heraus. Die Mengenangaben hatte er sich auf einen Zettel geschrieben, ebenso wie die Seiten im Rezeptbuch. Giftküche hatte die Autorin es genannt. Ob sie wohl ahnte, wie treffend ihr Titel gewählt war? Ziegler grinste. Er war gut gelaunt. Bald würde sich sein Leben verändern. Isabell durfte natürlich nicht wissen, was er tat. Sie würde auch keine Fragen stellen. Obwohl sie erst ein Jahr zusammen waren, kannte er sie gut genug. Sie vertraute ihm und liebte ihn. Er würde ihr einen gewissen Luxus bieten können, von dem sie als Verkäuferin in einem Schuhgeschäft nur träumen konnte. Ziegler nahm das große Schneidebrett, halbierte die Zucchini und schabte die Kerne mit einem Löffel heraus. Es sollte gefüllte Zucchini als Vorspeise geben. Für das Hauptgericht hatte er Schweinemedaillons mit Reis und Champignonsoße vorgesehen sowie einen Salat. Alles natürlich mit einigen speziellen Zutaten und Gewürzen. Besonders der Smoothie hatte es in sich. Charlotte liebte Smoothies als Bestandteil einer gesunden Ernährung. Das eine oder andere Mal sammelte sie die Zutaten selbst. Da konnte es schon passieren, dass ein paar Blätter Kreuzkraut darunter waren. Die unreifen Tomaten würde sie bestimmt nicht herausschmecken. Das Kreuzkraut zu beschaffen, war nicht einfach gewesen. Aber es sollte angeblich sehr effektiv sein. Etwas davon würde er auch in den Salat mischen. Beim Auffüllen wollte er darauf achten, dass er selbst nicht zu viel davon erwischte. Es war nämlich vom Rucola kaum zu unterscheiden. Das hatte er gelesen, und tatsächlich hatte er große Mühe, einen Unterschied festzustellen. Noch aß sie seine Gerichte mit Appetit. Wenn sie von seiner Affäre erfuhr, konnte sich das schlagartig ändern. Die Schlaftabletten hatte er im Smoothie aufgelöst. Das Gift im Essen benötigte Zeit, um zu wirken. Im besten Fall dämmerte sie dahin und wachte nicht wieder auf. Auf jeden Fall musste er verhindern, dass sie den Notarzt rief. Trotz all der akribischen Vorbereitungen konnte sein Plan schiefgehen. Vielleicht reichten die Mengenangaben nicht aus, oder sie hatte keinen großen Hunger, wenn sie vom Tennis heimkam. Auch dass das Rezept doch nicht das hielt, was es versprach, war nicht ganz auszuschließen. Aber die Rezensionen auf der Darknet-Plattform klangen recht positiv, wobei sicher einige Fake-Einträge dabei waren. Sollte sein Vorhaben diesmal nicht klappen, ließ es sich mit einer anderen Rezeptur wiederholen. Jedenfalls, solang sie nicht argwöhnisch wurde. Charlotte kam pünktlich und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Sie verschwand nur kurz im Bad. Dann setzte sie sich an den gedeckten Tisch. Sonderbarerweise wirkte sie auf ihn an diesem Abend attraktiver als sonst. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und war nur dezent geschminkt. Natürlich konnte sie Isabell nicht das Wasser reichen. Schließlich war Isabell mit ihren 33 ganze 15 Jahre jünger als sie. »Wie lief es heute beim Tennis?« Ziegler füllte die Schweinemedaillons in die Glasschale, stellte sie auf den Tisch und setzte sich ebenfalls. »Gut lief es. Alle waren da. Wir haben Doppel gespielt. Susanne und ich haben fast jeden Satz gewonnen.« »Toll. Dann wirst du wohl mächtig Appetit haben, oder?« »Klar. Ich hab einen Bärenhunger. Und deine Kreation sieht gut aus.« Ziegler war es gar nicht recht, dass sie so freundlich war. Das erschwerte die Sache, und ihm kamen Bedenken. Aber ein Zurück gab es nicht mehr. Wie hätte er es auch begründen sollen, wenn er das Essen jetzt in den Mülleimer kippte. Er könnte einen Streit vom Zaun brechen. Genug Themen hatten sie ja. Etwa über den missratenen Sohn, der sein naturwissenschaftliches Studium abgebrochen hatte, oder über ihre Sparsamkeit, die ihm nicht einmal erlaubte, ein neues Auto anzuschaffen. Der alte Ford Focus hatte schon fast 200.000 Kilometer drauf und fiel bald auseinander. Einen schicken Sportwagen konnte er sich vorstellen. Aber darüber war mit ihr nicht zu reden, es sei denn, er wollte einen Streit heraufbeschwören. Dann könnte sie noch vor dem Essen aufstehen und in ihr Zimmer gehen. Das hatte sie bereits einmal getan, als es wieder Knatsch um das liebe Geld gegeben hatte. Bei jeder Gelegenheit ließ sie ihn seine finanzielle Abhängigkeit mit sadistischer Freude spüren. Aber damit war bald Schluss, auch wenn sie gerade sanft wie ein Lämmchen zu sein schien. Er war fest entschlossen, seinen Plan auszuführen. »Und wie war dein Tag, Liebster?«, säuselte sie. »Ich hab zwei Bewerbungen geschrieben und im Garten gearbeitet, Rasen gemäht und Unkraut gezupft.« »Schön.« Sie fragte nicht einmal, wo er sich beworben hatte. Charlotte interessierte sich nicht mehr für ihn. In ihren Augen war er sowieso ein Versager, der nichts auf die Reihe kriegte. »Und natürlich hab ich gekocht. Ich hoffe, es wird dir schmecken.« »Bestimmt.« Ehe er sich versah, füllte sie Salat in seine Schüssel. »Lass mal, das mach ich schon selbst«, winkte er ab. Aber es war zu spät. Selbst wenn es ihm gelungen wäre, das Kreuzkraut zu identifizieren, hätte er es schlecht aussortieren können. Dass sie etwas von seinem Anschlag ahnte, schloss er aus. Aber er musste vorsichtig sein. Sie schien nichts bemerkt zu haben und aß mit großem Appetit. Er selbst hielt sich etwas zurück, gerade so weit, dass es nicht auffiel. Vermutlich würde ihm später übel werden. Aber die Wirkung der Gifte war vom Körpergewicht abhängig, und da hatte er einiges zu bieten. Außerdem trank er keine Smoothies. Er hatte das Zeug ein einziges Mal probiert und danach nie wieder angerührt. Es hatte einfach nur scheußlich geschmeckt. Vielleicht hatte es an der Rezeptur gelegen, oder seine Geschmacksnerven hatten in Erwartung, etwas besonders Gesundes zu sich zu nehmen, rebelliert. Der Drink, den er ihr heute nach dem Essen servieren würde, wäre ganz sicher nicht gesundheitsförderlich. Noch während sie speiste, stellte sich bei ihr die erste Wirkung ein. Ihr sei unwohl, bemerkte sie, schob den Anflug von Übelkeit jedoch auf den Rotwein, dem sie reichlich zugesprochen hatte. Sie folgte seinem Rat, stattdessen Wasser und den Smoothie zu trinken. »Der schmeckt etwas bitter«, meinte sie. »Was hast du da reingetan?« Für einen Moment erschrak er, fing sich aber sofort wieder. »Das Übliche. Feldsalat, Apfel, Banane, Avocado, Orangensaft und etwas Ingwer. Vielleicht ist es der Ingwer. Es könnte sein, dass ich etwas zu viel hineingegeben habe.« Sie trank noch einen Schluck. »Hm, probier mal.« Sie schob das Glas zu ihm rüber. »Du weißt doch, dass ich das Zeug nicht mag.« »Du sollst ja auch nur probieren, damit ich nicht befürchten muss, dass du mich vergiften willst.« Sie lachte. Er stimmte in ihr Lachen ein und griff nach dem Glas. Dann trank er einen kräftigen Schluck und zuckte mit den Schultern. »Schmeckt normal. Mein Ding ist das aber immer noch nicht.« »Okay.« Sie nahm das Glas wieder entgegen und trank es aus. Gegen...