Krämer / Peter / Hetzschold | Aufstieg in den Bergen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

Krämer / Peter / Hetzschold Aufstieg in den Bergen

Erzählungen und Gedichte über Freundschaften und Begegnungen
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-9325-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Erzählungen und Gedichte über Freundschaften und Begegnungen

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

ISBN: 978-3-7578-9325-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nachts über einen Gebirgsgrat klettern in den Dolomiten, um einen Sonnenaufgang zu beobachten, ist nichts für ängstliche Naturen. In einer weiteren Erzählung kommt es zum Streit um einen Bergaufstieg. Doch wo gelangt einer der Protagonisten an? Es ist nicht das vorgesehene Kloster, das als Etappenziel gilt. Bei einer Reise zum Ozean in der Obhut Indigener müssen Katarakte, Regenwald und Höhenzüge bezwungen werden. Zugleich erfährt man viel über die Gebräuche und Verhaltensmuster des Häuptlings und seines Stammes. Erlebnisse aus Afrika tauchen auf, aber auch ganz alltägliche Aspekte werden thematisiert. Es gibt überdies Beiträge, in denen fantastische Elemente sich entfalten. In allen Erzählungen und Gedichten wird man auf Freundschaften oder ungewöhnliche Begegnungen stoßen.

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Daniela Caixeta Menezes
Enrosadira Ihre Beine zitterten so stark, dass Lissi Sorge hatte, sie könnte jeden Moment umkippen. Sie fühlte sich wie ein frisch geborenes Lämmchen, das unbeholfen über die ihm noch unbekannte Wiese stakste, unfähig, auch nur dem Hauch eines Windstoßes standhalten zu können. Überall am Körper lief ihr der Schweiß herunter, während es sie gleichzeitig so fröstelte, dass sie ein unbändiges Verlangen verspürte, eine weitere Lage überzuziehen. Lissi versuchte, sich selbst zu beruhigen, indem sie sich gut zuredete. Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren, ermahnte sie sich, es wird schon alles gut gehen. Aber was sie auch tat: Ihre Angst vor dem immer schmaler werdenden Pfad, der sich direkt vor ihr in einen veritablen Grat verwandelte, übermannte, ja lähmte sie. Außer dem schwachen Schein ihrer Stirnlampe umgab sie nichts als Dunkelheit. Dadurch wurde Lissi schmerzhaft an den Wetterbericht erinnert, der zwar einen herrlichen Tag, aber eine ungewöhnlich schwarze, mond- und sternenlose Nacht vorhergesagt hatte. Panik stieg in ihr auf. War sie vielleicht irgendwo falsch abgebogen? Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. In ihre Angst mischte sich jetzt auch ein Gefühl von Ärger, sie ärgerte sich über die Beschaffenheit des Weges und über die Frau vom Tourismusbüro, die nicht vehementer auf einen lokalen Bergführer insistiert hatte. Nicht, dass Lissi sich dem Grat nicht gewappnet fühlte, zumindest nicht in der Theorie. Schließlich wusste sie, dass sie eine exzellente Wanderin war und schon ganz andere Dinge gemeistert hatte. Aber die ersten Kilometer waren deutlich anstrengender gewesen als gedacht, da Lissi immer nur ein paar Meter hatte vorausschauen können, von Dämmerung weit und breit keine Spur. Unter diesen Umständen fühlte sie sich zweifelsohne berechtigt, sich nicht ganz wohl mit der ganzen Sache fühlen zu dürfen. Die Kamera mit dem großen Teleobjektiv hing ihr wie Blei um den Hals, aber sie brachte es auch nicht über sich, die Ausrüstung in ihrem Rucksack zu verstauen; um keinen Preis wollte sie den magischen Moment verpassen, in dem sich das erste Tageslicht ankündigen und langsam hinter den Bergen hervorlugen würde. Lissi atmete mehrere Male tief ein und wieder aus, und die Luft schien auf einmal weniger erfrischend, sondern hatte im Gegenteil etwas Rauchiges an sich. “Mammamia, jetzt spielt dir also deine Wahrnehmung auch noch einen Streich”, sagte sie zu sich selbst und nahm einen Schluck aus ihrer Wasserflasche, in der Hoffnung, den unangenehmen Geruch damit wegspülen zu können. Das kühle Nass in ihrer Kehle gab ihr neuen Auftrieb und ließ sie wieder deutlicher das Rauschen des Windes in den Blättern vernehmen. Während sie das Zittern in ihren Beinen zu ignorieren versuchte und tapfer weiterlief, ertastete sie an der Felswand links neben sich ein Seil, an dem sie sich jetzt festhielt. “Pole pole”, sprach Lissi sich selbst leise flüsternd Mut zu und musste an die Doku aus dem Kilimanjaro-Gebiet denken, die sie kürzlich gesehen hatte. Immer langsam, Schritt für Schritt, das waren die Lieblingsworte des tansanischen Bergführers gewesen. “Wie gut, dass ich gerade nur in den Alpen und nicht auf einem 6000er bin, im Vergleich dazu ist das hier ein Klacks”, murmelte Lissi – und ihre Autosuggestion funktionierte: Die nächsten Meter flog sie nahezu über den Grat, bis sie im Licht ihrer Stirnlampe bereits sein Ende erspähen konnte. Dort angekommen, setzte Lissi ihren Rucksack ab und lehnte sich an einen markanten, großen Felsen. “Was hat die Tourismusfrau am Telefon nochmal gesagt, wie lange ist die Wanderung? Eine Kirche soll dort oben sein, genau wie eine alte urige Almhütte, in der ich frühstücken könne, um mich für den Abstieg zu stärken. Oder ist die Hütte tiefer im Tal und nur das Ziel der Wanderung?” Lissis Erinnerungen an das Gespräch verschwammen und sie ärgerte sich erneut über sich selbst, dass sie – vollkommen begeistert von der Idee, die Sonne hoch oben in den Bergen aufgehen zu sehen – nicht genauer zugehört hatte. Nicht mal ein trockenes Brötchen hatte sie eingesteckt, dabei knurrte ihr Magen bereits, als würde sich ein ganzes Orchester darin tummeln. Wasser hatte sie, ja, und in ihrer taschenreichen Hose konnte sie auch einen Müsliriegel ertasten. Weit würde sie damit jedoch nicht kommen. “Wo bin ich hier überhaupt? Bestimmt habe ich mich längst meilenweit von der Zivilisation entfernt, das scheint mir nach der langen und beschwerlichen Autofahrt gar nicht so abwegig zu sein, und nun bin ich hier alleine an einem Grat ohne Zeichen anderer menschlicher Lebewesen. Noch dazu ohne Handy, denn das habe ich ja, vernebelt von der romantischen Vorstellung, während des Sonnenaufgangs ganz bei mir zu sein, natürlich im Tal gelassen”, rief Lissi in die dunkle Nacht hinein. Es beruhigte sie, mit sich selbst zu sprechen und sich damit von der Lage, in der sie sich befand, abzulenken. “Und die Wanderkarte liegt genauso nutzlos auf dem Beifahrersitz. Herzlichen Glückwunsch, ich bin also mutterseelenallein und von der Außenwelt abgeschnitten. Das Einzige, was ich tun kann, ist, darauf zu warten, dass diese vermaledeite Sonne endlich aufgeht!” Lissi spürte, wie ihre Augen wässrig wurden. Erschöpft stieß sie einen lauten Schluchzer aus. Was für eine verrückte Idee, mitten in der Nacht aufzustehen, nur um sich dann alleine an einem schmalen Grat wiederzufinden! Die Minuten verstrichen, ohne dass Lissi sich regte. Angestrengt versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen, aber alles, was sie wahrnehmen konnte, waren ihre schlaffen Gliedmaßen. Da vernahm sie plötzlich ein leises Flüstern ganz ihrer Nähe: “Na na, wer wird denn da verzagen.” Lissi erschrak. “Was ist bloß mit mir los? Jetzt höre ich auch noch Stimmen!”, schrie sie jetzt beinahe und sprang auf. Augenblicklich war ihre Müdigkeit wie verflogen, sie spürte Panik in sich aufwallen. Mit ihrer Stirnlampe strahlte sie die Baumkronen um sich herum an, die sanft im Wind wogten, unbeeindruckt von Lissi oder irgendeinem anderen Lebewesen. Der Anblick stimmte Lissi halbwegs milde. “Immerhin ist es eine freundliche innere Stimme …”, konstatierte Lissi nach einer Weile und setzte sich wieder. “Recht hat sie: Schluss mit diesem apokalyptischen Trübsalblasen!” Lissi streckte beide Arme aus und rollte dabei ihren Kopf kreisförmig. Die Bewegung tat ihrem Körper gut. Dann hörte sie es ein zweites Mal, jetzt etwas lauter, näher. “Na na, wer wird denn da verzagen.” Verdutzt hielt Lissi den Atem an und ließ die Arme wieder neben den Körper fallen. Sie regte sich nicht und blieb mucksmäuschenstill. Ihr Herz klopfte jetzt wild in ihrer Brust. Hätte jemand in diesem Moment ihren Puls gemessen, so wäre das Erstaunen darüber groß gewesen. Ein Pulsschlag wie nach einem Marathon und das im Ruhezustand. Aber Lissi war viel zu angespannt, um etwas anderes als dieses pochende Klopfen wahrzunehmen. Tatam-tatam-tatam. Nachdem etwa eine halbe Minute verstrichen war, sprach die Stimme erneut zu ihr, dreimal, viermal, glasklar, so als würde sie nicht hinter ihrer Stirn herumspuken, sondern stände direkt neben ihr. Das brachte Lissi vollends aus dem Konzept. In ihrem Kopf schwirrte es. Sie schloss die Augen und als sie sie wieder öffnete, war die Stimme wieder da und dann ging alles ganz schnell. Im Lichtkegel direkt vor Lissis Augen tanzten kleinste Staubkörner, die vom Wind aufgewirbelt worden waren, aber dahinter hatte noch etwas anderes Lissis Aufmerksamkeit erregt. Etwas, das sich langsam bewegte, zunächst nur schemenhaft, bis die Konturen schärfer wurden. Es konnte jetzt bloß noch fünf, sechs Meter von ihr entfernt sein, aber Lissi saß einfach nur da, die Kinnlade drohte, ihr auf die Füße zu fallen, was sie aber gar nicht registrierte, weil sie nur Augen und Ohren und ein laut pochendes Herz für dieses Wesen hatte. Die Sekunden verstrichen, oder waren bereits Minuten vergangen? Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren, ebenso die Fähigkeit, klar zu denken oder zumindest Fluchtinstinkte wahrzunehmen. Stattdessen kauerte sie an den großen Fels gelehnt, spürte seine Kälte, die durch ihre Klamotten drang und sich auf ihre Haut legte wie ein klammes Tuch. Lissi hielt den Kopf still, um mit der Stirnlampe weiterhin dieselbe Stelle auszuleuchten, und tatsächlich: die Konturen fügten sich zusammen, wie bei einem Mosaik, nachdem die letzten Steinchen eingesetzt wurden, zum Vorschein kamen wie aus dem Nichts eine große dunkle Kapuze mit einer langen mantelähnlichen Jacke und einem dicken Wollschal, der in mehreren Schlaufen um den Hals geschlungen worden war, denn es handelte sich um einen menschlichen Hals, der da in ihrem Lichtkegel stand, zweifellos, und im nächsten Moment ließen sich auch erste Gesichtszüge erkennen. Zu diesem Zeitpunkt trennten Lissi nur noch etwa vier,...



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