Noch eine Diät ist auch keine Lösung
E-Book, Deutsch, 228 Seiten
ISBN: 978-3-7562-5073-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Stephan Kowalski ist Experte für Motivation und Unternehmer aus Leidenschaft. Kowalski recherchierte in wissenschaftlichen Studien, las über 600 Bücher der psychologischen Fachliteratur und besuchte Fortbildungen weltweit führender Spezialisten. Aus diesen Erfahrungen entwickelte er das jojofrei-Programm, mit dessen Hilfe er seit drei Jahren erfolgreich sein Wunschgewicht hält. Kowalski veranstaltet Seminare und Fortbildungen in Pronstorf bei Lübeck.
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Einleitung
Liebe Leserinnen und Leser, ich gestehe es direkt: Dieses Buch ist ein absolutes Zufallsprodukt. Hätte mir vor zehn Jahren jemand gesagt, dass ich einmal über 200 Seiten darüber schreiben würde, wie jeder von uns der JoJo-Falle entkommen kann - ich hätte es für ebenso wahrscheinlich gehalten wie die Vorstellung, ein 3-Sterne-Restaurant zu betreiben. Und doch habe ich in meinem Beruf genau darauf hingearbeitet. Nur eben unbewusst. Meine Geschichte
Als Unternehmensberater unterstütze ich Chefs dabei, mit ihren Teams erfolgreicher zusammenzuarbeiten - Mitarbeiter also dazu zu bringen, ihr Verhalten ein klein wenig zu ändern, ein bisschen mehr selbst wie ein Unternehmer zu denken, ein wenig mehr Eigeninitiative zu zeigen. Damit beispielsweise ein Angestellter eines Bäckers nicht mehr nur die drei bekannten Brotsorten in den Ofen schiebt, sondern sich überlegt, welche neue Variante Kunden begeistern könnte. Das Wichtigste dabei: Wer Veränderungen anstoßen will, darf nicht mit Druck arbeiten. Denn auf diese Weise erzeugen Chefs nur eines: Reaktanz. Also eine Art Trotzreaktion, mit der sich Menschen ihre Freiheit zurückholen wollen, wenn diese beschnitten wird. Dass meine Seminare mir selbst helfen könnten, mich zu verändern, das ging mir erst nach vielen Jahren auf. Und zwar, als ich folgende Zahl las: 70 bis 80 Prozent der Menschen schaffen es zwar, mit einer Diät erfolgreich abzunehmen, wiegen spätestens drei Jahre danach aber genauso viel wie zuvor, häufig sogar mehr. Zu diesen JoJo-Opfern - gehörte ich. Das für mich so Frappierende: Dieser Prozentsatz entsprach genau der Zahl jener Menschen, die kurze Zeit nach einer Fortbildung in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Egal, ob es in Seminaren um moderne Führungstechniken geht, um Strategien für mehr Erfolg im Vertrieb oder Wege, Konflikte zu bewältigen: Wann immer Menschen Gewohnheiten ändern sollen, scheitern die allermeisten auf lange Sicht. Die Gründe dafür kennen Forscher mittlerweile sehr genau. Achtung Spoiler: mangelnde Selbstdisziplin ist es nicht! Alte Verhaltensweisen nehmen wir vielmehr deshalb nur zu gern wieder auf, weil die meisten Trainingsmethoden uns als Menschen außer Acht lassen. Also vergessen, dass wir, grob gesprochen,Vertreter einer Tierart, einer Spezies sind. Sie versprechen dann schnelle Lösungen, beachten dabei aber nicht, dass die Evolution unser Verhalten bis heute prägt. Ganz ähnlich ignorieren sie Erkenntnisse der modernen Wissenschaft zur Frage, wie sich individuelle Verhaltensmuster überhaupt ausprägen - und was jedem Einzelnen von uns konkret helfen würde, diese langfristig zu verändern. Genau das aber hatte ich seit jeher in meinem Job versucht, anders zu machen! Ich hatte beispielsweise von Beginn an intensiv recherchiert, welche wissenschaftlich fundierten Strategien Psychologen, Psychotherapeuten und Soziologen nutzen, um Menschen zu dauerhaften Verhaltensänderungen zu bewegen - und diese Ansätze in meinen Seminaren kombiniert. Als ich nun von der hohen Zahl an Menschen las, die wie ich in der JoJo-Falle festsaßen, ging mir auf: Im Hinblick auf das Thema Abnehmen und Gewichthalten hatte ich all diese Erkenntnisse ignoriert, hatte also an mir selbst vorbeitrainiert! Und dass, obwohl ich es doch eigentlich besser wissen sollte. Auch ich hing daher über Jahre dem Glauben an, einfach zu wenig Selbstdisziplin zu besitzen, um wirklich dauerhaft mein Verhalten zu ändern und so mein Normalgewicht über mehr als zwei Monate zu halten. Ich war also genau der irrigen Annahme gefolgt, die ich meinen Seminarteilnehmern stets als erste zu nehmen versuchte - weil die Forschung sie eben längst widerlegt hat. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Würde ich all das auf mich selbst anwenden, was ich für meine tägliche Arbeit gelernt hatte und an andere weitergab, sollte ich mein Problem, das ich mit so vielen anderen teilte, doch lösen können. Mich also in die Lage versetzen, dieses so unglaublich belastende Hoch und Runter der Anzeige auf der Waage zu beenden, mich ein für alle Mal aus der JoJo-Falle zu befreien. Und damit meine persönliche Gewichtshistorie zu einem glücklichen Ende zu bringen, die bislang eher ungut verlaufen war... Warum ich ein Musterbeispiel für Menschen in der JoJo-Falle bin
Die JoJo-Falle hat viele fiese Gesichter und ich bin davon überzeugt: Ich kenne die allermeisten! Bei mir zeigte sie sich etwa im Frust, der sich einstellte, als ich mich zum dritten Mal bei den Weightwatchers anmeldete und begrüßt wurde mit den Worten: „Lieber Herr Kowalski, schön, dass Sie wieder da sind!" Oder im mitleidigen Blick der Verkäuferin beim Herrenausstatter, wenn diese mir mitteilen musste, dass das letzte der - wenigen - vorrätigen XXL-Hemden leider an den Kunden vor mir gegangen war. Vor allem aber zeigte sich die JoJo-Falle in der Scham, die mich regelmäßig befiel, wenn ich einige Monate nach einer vermeintlich erfolgreichen Diät wieder mehr Kilos auf den Rippen hatte als zu Beginn des Abnehmversuches - und dann ausgerechnet einem jener Bekannten in die Arme lief, denen ich wenige Wochen zuvor noch im Brustton der Überzeugung erklärt hatte, wie Abnehmen funktioniert. Weil ich jedes Mal aufs Neue so sicher gewesen war, es nun wirklich geschafft zu haben. Dass ich überhaupt abnehmen musste, hat einen einfach Grund: Ich habe immer gern gegessen und dabei oft zu schnell zu viel. Klar! Wer als Geschwisterkind genug von der Schokolade bekommen will, muss lernen, fix zu futtern. Zudem gehörte das, was beispielsweise meine Oma so gut kochen konnte, zur traditionellen Küche: Es kamen also meist hochkalorische Gerichte auf dem Tisch, zubereitet mit viel Zucker, Butter und Sahne - und sehr sehr lecker. Gut und schnell zu essen wurde für mich zur Routine, Selberkochen später zu einem Hobby. All das führte dazu, dass ich irgendwann keinen Hunger mehr brauchte, um etwas zu mir zu nehmen. Denn Essen löste zuverlässig ein angenehmes Gefühl aus, das ich immer wieder spüren wollte: Es war dann auch Belohnung, Trost - und nicht zuletzt eine Möglichkeit, Stress abzubauen. So nahm ich langsam, aber stetig Kilo um Kilo zu. Ich war zwar nie fett, aber doch dicklich genug, um in der Schule in der Sport-Umkleide ein bisschen gehänselt zu werden. Damit entwickelte sich ein Gefühl der Unsicherheit, so ein diffuses Unwohlsein mit mir selber, das mich seither immer begleitet hat. Wie dann, ab etwa Mitte 20, auch die entsprechenden Abnehmversuche. 120 Kilo war mein Höchstgewicht. Oder anders: Anzuggröße 118 - die bekam ich nur noch in Spezialgeschäften. Wurde der Frust allzu groß, begann ich eine Diät: Ich habe Crash-Diäten versucht, Fastenkuren ausprobiert, Kalorien-Apps getestet, dazu mehrfach das bereits angesprochene Weight-Watchers-Programm. Zwischendrin setzte ich auf Sport, lief in meiner Freizeit regelmäßig so viel, dass ich nach zwölf Monaten einen Marathon schaffte. Mit all diesen Methoden nahm ich jedes Mal erfolgreich ab, mitunter sogar durchaus viel - aber eben nicht auf Dauer! Im Gegenteil: Ich legte im Anschluss an jede Diät immer wieder so viel zu, dass der Ärger über mich selbst und die Schuldgefühle in dem Maß wuchsen, wie der Zeiger auf der Waage weiter nach rechts rückte. Warum passierte mir das jedes Mal aufs Neue? Hatten die Leute nicht versprochen, dass einem nach drei Monaten des Durchhaltens der Salat automatisch besser schmecken würde als die Pommes? Nicht bei mir, ich mochte die Fritten immer noch deutlich lieber! Und hatten die Trainer nicht angekündigt, dass ich, würde ich nur ein halbes Jahr regelmäßig joggen gehen, dann süchtig danach wäre? Ebenfalls Fehlanzeige: Als ich aufgrund einer Verletzung mit dem Laufen pausieren musste, fehlte es mir kein Stück! Mit all dem, das weiß ich inzwischen aus vielen Dutzenden Gesprächen, gleicht mein Abnehm-Lebenslauf denen der meisten übergewichtigen Menschen. Und weil ich nicht die Ausnahme, sondern die Regel bin, ist es auch diesen Menschen unter Garantie möglich, der JoJo-Falle zu entkommen - so, wie es mir gelang... Wie ich begann, mich aus der JoJo-Falle zu befreien
Nachdem ich 2017 gelesen hatte, wie groß die Zahl jener Leidensgenossen war, die ebenso fest in der JoJo-Falle klemmten wie ich, also regelmäßig mit dem Versuch scheiterten, ihr Essverhalten zu ändern, wühlte ich mich mit diesem Gedanken im Hinterkopf noch einmal durch die psychologische Fachliteratur, die ich für meine Seminare bereits durchgegangen war. Und bekam als erstes meine Ahnung bestätigt: Selbstdisziplin ist auch im Hinblick auf erfolgreiches, dauerhaftes Abnehmen nicht die Lösung! Warum das so ist, erkläre ich genauer im nächsten Kapitel. Vorab in aller Kürze: Wer sich in Sachen Ernährung an einer 180-Grad-Wendung versucht - und exakt das verlangen die allermeisten, nicht professionell begleiteten Ernährungsumstellungen -, der handelt gegen seinen Körper, vor allem gegen sein Gehirn. Denn dieses ist evolutionär betrachtet daraufhin geprägt, Energie zu sparen. Verständlich, war Nahrung doch über Jahrhunderttausende hinweg...