Kossert | Masuren | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Kossert Masuren

Ostpreußens vergessener Süden
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-641-31344-9
Verlag: Siedler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ostpreußens vergessener Süden

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

ISBN: 978-3-641-31344-9
Verlag: Siedler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die erste umfassende Gesamtdarstellung der Geschichte Masurens
Andreas Kossert erzählt vom historischen und kulturellen Erbe der preußischen Grenzlandschaft zwischen Deutschland und Polen. Er erzählt von ihren Menschen, von der masurischen Sprache, dem harten Lebensalltag der Bauern, ihrem Los während der zahllosen Kriege. Und er erzählt von Flucht und Vertreibung, von den Erinnerungen an Masuren und der Faszination Ostpreußens.

Aktualisierte Ausgabe

Andreas Kossert, geboren 1970, studierte Geschichte, Slawistik und Politik. Der promovierte Historiker arbeitete am Deutschen Historischen Institut in Warschau und lebt seit 2010 als Historiker und Autor in Berlin. Auf seine historischen Darstellungen Masurens (2001) und Ostpreußens (2005) erhielt er begeisterte Reaktionen. Zuletzt erschienen von ihm der Bestseller 'Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945' (2008), 'Ostpreußen. Geschichte einer historischen Landschaft' (2014) sowie 'Flucht - Eine Menschheitsgeschichte' (2020). Für seine Arbeit wurden ihm der Georg Dehio-Buchpreis 2008, der NDR Kultur Sachbuchpreis 2020 und der Preis für 'Das politische Buch' 2021 der Friedrich-Ebert-Stiftung verliehen.

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Von Anfang an beabsichtigte der Orden, sich ein eigenes Hoheitsgebiet zu schaffen und seine Abhängigkeiten von Polen und dem Reich auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die preußischen Bistümer unterstanden deshalb nicht dem Erzbistum Gnesen, sondern dem Metropolitanbistum Riga. Dem Orden gelang es auch – und das war weit wichtiger als dieser eher formale Aspekt –, in drei der vier 1243 auf seinem Territorium gegründeten Bistümer Kulm, Pomesanien, Ermland und Samland die Domkapitel mit eigenen Mitbrüdern zu besetzen und damit eine kuriale Einmischung von außen zu verhindern. Im Innern hatte er sich vorerst der aufständischen Prußen zu erwehren. Diese erhoben sich 1260 gegen die Fremdherrschaft des Ordens, der erst nach vierzehn Jahren blutiger Kämpfe fast ganz Preußen in Besitz nehmen konnte. Bis 1283 gelangte das von den Prußen besiedelte Land vollständig in die Hand des Ordens.

Nach der Eroberung Pommerellens 1308 verlegte der Orden im darauf folgenden Jahr seinen Hochmeistersitz von Venedig in die Marienburg. Unmissverständlich bekundete er damit seinen Anspruch auf die uneingeschränkte säkulare Herrschaft über Preußen, die er nun zu festigen trachtete. Unter Hochmeister Winrich von Kniprode (1351–1382), der als Diplomat und Verwalter die Interessen des Ordens geschickt zu vertreten verstand, erreichte der Orden den Höhepunkt seiner Macht.

Immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen mit dem Nachbarn Polen, der in der steigenden Macht des Ordens nicht zu Unrecht eine gefährliche Bedrohung sah. Spätestens mit der Taufe des litauischen Großfürsten Jagiello (Jogaila) 1386 hatte der Orden seine Aufgabe erfüllt, denn es gab in Ostmitteleuropa keine heidnischen Territorien mehr, die befriedet werden mussten. Wollte der Orden sich in Preußen behaupten, musste er sich als weltliche Macht etablieren. Darauf richtete er von nun an alle Kraft. Zugleich setzte er seine machtpolitisch motivierten Unternehmungen fort und wurde dadurch für seine Nachbarn zu einem unberechenbaren Risikofaktor.

Einer dieser Nachbarn war der Großfürst Jagiello, der den Grundstein für das polnisch-litauische Großreich legte und als Begründer der Jagiellonendynastie als Wladyslaw II. Jagiello den polnischen Königsthron bestieg. Im Mai 1409 kam es zum offenen Kampf Polen-Litauens mit dem Orden. Unter Hochmeister Ulrich von Jungingen führten die Ordensritter mit der Besetzung der Burg Driesen an der Netze den ersten Schlag. Daraufhin antwortete im Sommer 1410 das polnisch-litauische Heer, verstärkt durch masowische Truppen, mit der Besetzung großer Teile des Ordensstaates. In der berühmten Schlacht von Tannenberg – auf masurischem Boden – erfuhr der Orden am 15. Juli 1410 eine vernichtende Niederlage. Auf dem Schlachtfeld fiel auch Hochmeister Ulrich von Jungingen. Der siegreiche Wladyslaw II. Jagiello konnte große Teile Preußens besetzen, die er jedoch fast alle wieder aufgab.

Die Deutschen verbinden die Niederlage des Ordens mit dem Dorf Tannenberg, die Polen ihren Sieg mit »Grunwald«, dem nahe gelegenen Ort Grünfelde. Mit dem Aufkommen des modernen Nationalismus maßen beide Seiten dem Jahr 1410, in dem die erste deutsch-polnische Auseinandersetzung stattfand, hohe Bedeutung zu, denn nun folgte nach nationaler Lesart ein ständiges Ringen zwischen Slawen und Germanen um die Vorherrschaft in Ostmitteleuropa. Für die polnische Seite wurde spätestens seit Henryk Sienkiewiczs 1902 erschienenem Roman »Die Kreuzritter« (Krzyzacy) der Deutsche Orden zum Synonym für eine Zwangsgermanisierung mit Feuer und Schwert, für eine permanente Bedrohung der Slawen bis ins 20. Jahrhundert. Der polnisch-litauische Sieg von Grunwald war für sie eine moralische Genugtuung, während er in der deutschen Nationalgeschichtsschreibung eine traumatische Demütigung darstellte. Im Kontext der wilhelminischen Ostmarkenpolitik sah der Johannisburger Superintendent Paul Hensel 1910 in Masuren – symbolisiert durch das Schlachtfeld von 1410 – einen kontinuierlichen Kampf um die »Ostmark« und ein Beispiel für »das gewaltige Ringen zwischen Slawen und Germanen, welches vor 500 Jahren auf dem Schlachtfelde von Tannenberg im masurischen Kreis Osterode am 15. Juli 1410 zu einem blutigen Zusammenstoß führte«.3

Unter dem neuen Hochmeister Heinrich von Plauen gelang damals ein moderater Friedensschluss, der Erste Thorner Frieden von 1411. Bis auf kleinere Gebietsverluste und ein Strafgeld behielt der Orden sein Territorium. Polens materielle Beute war gering, aber es konnte einen gewaltigen Prestigegewinn verbuchen, während der Orden politisch und moralisch nachhaltig geschwächt wurde.

Der Friede hielt nicht lange vor. Schon bald brach ein neuer Konflikt zwischen Polen-Litauen und dem Ordensstaat aus, in dessen Zentrum der Anspruch beider Seiten auf Sudauen stand und damit auch auf das spätere östliche Masuren. Nach erbitterten Kämpfen endete diese Auseinandersetzung am 27. September 1422 mit dem Frieden vom Melnosee. Der Orden verzichtete auf die von ihm besetzten litauischen Gebiete und stimmte einer Teilung Sudauens zu. Die Grenzziehung wurde noch einmal 1435 im Frieden von Brest (Brzesc) bestätigt. Die in den beiden Friedensschlüssen beschriebenen Grenzverläufe zwischen Masuren und Polen-Litauen – die polnisch-ostpreußische Südgrenze – erfuhren ihre Bestätigung und behielten ihre Gültigkeit bis 1939.

Der ethnisch überwiegend deutsche Adel sowie die Städte im Ordensgebiet, die zunehmend an Einfluss gewannen, vertraten seit Beginn des 15. Jahrhunderts ihre Interessen mit wachsendem Nachdruck gegenüber dem selbstherrlichen Orden. 1440 schlossen sie sich im Preußischen Bund zusammen und stellten damit für den Orden eine innenpolitische Bedrohung dar. 1454 eskalierte der Konflikt. Die im Preußischen Bund zusammengeschlossenen Stände boten dem polnischen König Kazimierz IV. die Oberherrschaft über Preußen an. Dieser inkorporierte 1454 formal das gesamte Ordensgebiet, wobei er Adel und Städten die ihnen zugesicherten Rechte bestätigte.

Der Orden sah seinen Einfluss schwinden und empfand die innenpolitischen Tumulte als Provokation. Beharrlich weigerte er sich, der Option der preußischen Stände für die polnisch-litauische Union nachzugeben, die unter der Ordensherrschaft ihre Freiheit massiv beschnitten sahen. Der Kampf um die Vorherrschaft in Preußen gipfelte im Dreizehnjährigen Krieg zwischen Polen und dem Orden, der mit einem polnischen Sieg und dem Zweiten Thorner Frieden von 1466 endete. Diesmal musste der Ordensstaat einschneidende territoriale Veränderungen hinnehmen. Pommerellen mit Danzig, das Kulmer Land, Elbing, Marienwerder und das Ermland wurden Polen zugesprochen, wodurch das ostmitteleuropäische Großreich Polen-Litauen einen Zugang zur Ostsee erhielt. Die neugeschaffenen Wojewodschaften Pommerellen, Kulm und Marienburg wurden als »Preußen Königlich Polnischen Anteils« jedoch nicht direkt der Krone Polens unterstellt, sondern erhielten einen auf weitgehenden Freiheiten basierenden Sonderstatus, der den Hansestädten der Region eine ungeahnte Blütezeit bescherte. Das Jahr 1466 bezeichnete den Anfang vom Ende des Ordensstaates.

1511 wählte das Ordenskapitel seinen letzten Hochmeister Albrecht von Brandenburg aus der jüngeren Linie Hohenzollern-Ansbach. Der neue Hochmeister übernahm einen Orden, der unter Nachwuchsmangel litt und politisch am Ende war. Der aus Franken stammende Albrecht, dessen Mutter eine Jagiellonin war, galt als Mann von Talent. Er korrespondierte mit Osiander und später auch mit Luther, der ihm 1523 riet, den Ordensstaat in ein weltliches Herzogtum umzuwandeln und der Krone Polens zu unterstellen. Die Säkularisierung gelang: Am 10. April 1525 huldigte Albrecht feierlich seinem Onkel, dem polnischen König Zygmunt I. Stary, und wurde offiziell mit dem Herzogtum Preußen belehnt. Damit war der Ordensstaat in ein weltliches Herzogtum übergegangen.

Prußen, Polen und Deutsche im südlichen Ordensstaat


Masuren blieb bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts von den Unternehmungen des Ordens verschont. In dieser »Großen Wildnis« waren noch immer ganze Landstriche unbesiedelt. Erst nachdem der Orden sich im Westen und Nordwesten Preußens dauerhaft festgesetzt hatte, richtete er sein Augenmerk auch auf diese vernachlässigten Regionen im Süden und Osten. Als er sie schließlich in Besitz nahm, bediente er sich des bereits erprobten Verwaltungssystems der Komtureien.

Das Zentrum einer Komturei bildete stets eine größere Burg, die als Sitz eines Komturs und eines Ordenskonvents diente. Dem Komtur oblag die Verwaltung des Bezirks, welche Finanzen, Gerichtsbarkeit, Polizei- und Kriegswesen sowie die Beaufsichtigung der landesherrlichen Vorwerke und deren Besiedlung umfasste. Auf Grund ihrer großen Ausdehnung wurden die Komtureien in kleinere Verwaltungseinheiten, die Kammerämter, unterteilt. Diese dezentrale Struktur erhöhte die Effizienz der Verwaltung. An der Spitze der Kammerämter standen Pfleger, Vögte, Hauskomture sowie Wald- oder Fischmeister. Mit dem engmaschigen Netz von Komtureien und Kammerämtern gelang es dem Orden, sein Gewaltmonopol in allen Landesteilen zu jeder Zeit und an jedem Ort auszuüben.

Die Einnahme und Besiedlung Masurens erfolgte vom westlichen Stützpunkt des Ordens im Kulmer Land und in Pomesanien in Richtung Osten. Das benachbarte preußische Land Sassen – das spätere westliche Masuren mit den Kreisen Osterode und Neidenburg – wurde dem...


Kossert, Andreas
Andreas Kossert, geboren 1970, studierte Geschichte, Slawistik und Politik. Der promovierte Historiker arbeitete am Deutschen Historischen Institut in Warschau und lebt seit 2010 als Historiker und Autor in Berlin. Auf seine historischen Darstellungen Masurens (2001) und Ostpreußens (2005) erhielt er begeisterte Reaktionen. Zuletzt erschienen von ihm der Bestseller »Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945« (2008), »Ostpreußen. Geschichte einer historischen Landschaft« (2014) sowie »Flucht - Eine Menschheitsgeschichte« (2020). Für seine Arbeit wurden ihm der Georg Dehio-Buchpreis 2008, der NDR Kultur Sachbuchpreis 2020 und der Preis für »Das politische Buch« 2021 der Friedrich-Ebert-Stiftung verliehen.



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