Köster-Lösche | Mord in der Vogelkoje | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 288 Seiten

Reihe: Niklas Asmus ermittelt

Köster-Lösche Mord in der Vogelkoje

Ein Sylt-Krimi
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8412-0661-9
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Sylt-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 2, 288 Seiten

Reihe: Niklas Asmus ermittelt

ISBN: 978-3-8412-0661-9
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Tote von Sylt. 

Vogelkojen zum Zweck des Entenfangs zu betreiben lohnt sich im Jahr 1924 nicht mehr: Die Zahl der einfliegenden Enten hat rapide abgenommen. Niklas Asmus, zum Schutzmann auf Sylt degradiert, und seine Verlobte Ose kämpfen im Stillen um ihren Erhalt. Als sie einen Toten in einem Abendanzug in einer der Fallen entdecken, begreifen sie, dass selbst die Vogelkojen das Interesse von skrupellosen Investoren gefunden haben. Am Ufer liegt versteckt im Schilf eine Lockente, die auf Sylt unüblich ist. Hat der Tote sie mitgebracht?



Kari Köster-Lösche, geboren 1946, wuchs in Schweden am Meer auf und lebt heute in Nordfriesland und auf der Hallig Langeness. Nach einem Studium der Tiermedizin promovierte sie in Bakteriologie. Seit 1985 arbeitet sie als freie Autorin. Bekannt wurde sie mit ihren zahlreichen historischen Romanen.
Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Kriminalromane um den auf Sylt ermittelnden Kommissar Niklas Asmus »Tod auf dem Hindenburgdamm« und »Mord in der Vogelkoje« lieferbar, bei Aufbau Digital »Alfons, die Weihnachtsgans«.

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KAPITEL 1

»Es ist hier ja still wie in einem Grab. Müsste man nicht das Quaken von Enten hören?«, erkundigte sich Niklas Asmus leise. Was eigentlich launig gemeint war, geriet zu seinem eigenen Erstaunen eher misstrauisch, ohne dass er wusste, warum.

Ose Godbersen, seine Verlobte und als Naturschützerin bestens mit den örtlichen Gegebenheiten in der Vogelkoje von Kampen vertraut, schüttelte den Kopf und winkte ihn in einen schmalen Pfad hinein, der vom Hauptweg abging. Sie ließen zwei kleine Backsteinbauten hinter sich. »Der Pirschweg des Kojenmanns«, sagte sie leise.

Asmus folgte ihr schweigend. Gegenwärtig, im Frühjahr 1924, war er Schutzpolizist auf der Insel Sylt, versetzt aus Rostock. Er hatte das Glück gehabt, nur degradiert zu werden, er war nicht wie so viele andere im Polizeidienst der Weimarer Republik aus politischen Gründen entlassen worden. Aber seine lange Tätigkeit als Kriminalinspektor hatte ihn niemals dazu verführt, in seiner Wachsamkeit nachzulassen. Auch wenn er sich in seiner neuen Position hauptsächlich um einen ruhigen Straßenverkehr in Westerland zu kümmern hatte.

Hier im Wald, der die Entenkoje umgab, war es Asmus entschieden zu still. Erlen und Pappeln umgaben sie, manches Schlingengewächs wand sich um die bemoosten Bäume, und auf dem Boden wuchsen hohe Farne. Es war fast gespenstisch.

Andererseits war die Stille erholsam gegenüber der Hektik, die mit den eintreffenden Sommergästen in Westerland Einzug hielt. Armut und Not unter den einheimischen Arbeitern, die fast alle arbeitslos waren, wuchsen zwar, die nächtlichen Straßen aber waren erfüllt vom Lärm betrunkener Gäste, die sich stark vom Publikum der Vorkriegszeit unterschieden, wie man Asmus erzählt hatte. Westerland war nicht mehr der elegante, friedliche Badeort. Asmus stolperte über eine Baumwurzel, was ihn aus seinen umherwandernden Gedanken riss. Er hörte Ose wieder zu.

»Im Kojenteich werden sich jetzt höchstens ein paar Stockenten aufhalten«, erklärte Ose aufgeräumt. »Die schnattern nur ganz leise, wenn sie sich unterhalten. Und die Scharen von Spieß-, Pfeif- und Krickenten, an die du wahrscheinlich denkst, fallen erst auf dem Durchzug in die Winterquartiere hier ein, im Herbst also. Die machen wirklich Lärm, besonders wenn sie eine neue Schar begrüßen.«

»Aha. Eigentlich war es eine interessante Art des Vogelfangs.«

Ose blieb abrupt stehen, und dem Polizisten, der ihr gefolgt war, schlugen die Zweige des mittlerweile fast zugewachsenen Pirschweges ins Gesicht. »Aber Nis! Du wirst doch nicht allen Ernstes behaupten, dass du das Ende dieses scheußlichen Vogelfangs bedauerst!«

Asmus drückte Äste in die Höhe, unter denen Ose leicht hindurchkam, aber er nicht, weil er noch größer als sie war. »Ich habe lediglich bemerkt, dass er interessant im Sinne von ungewöhnlich war. Ich wusste bis dahin nur, dass man in anderen Ländern große Vögel schießt und kleine in Netzen fängt.«

»Ja, leider. Dort wie hier fallen der Jagdleidenschaft jedes Jahr Tausende Tiere zum Opfer.«

Die Anteilseigner an diesen Vogelkojen hatten gutes Geld verdient, so viel wusste Asmus schon. Ähnlich wie früher die Gesellschafter bei Schiffen, die ihm als Reedersohn viel vertrauter waren. Anreiz war immer das Geld. Auf den armen Inseln konnte man das allerdings niemandem verübeln. Jeder musste zusehen, wie er unter den gegebenen Möglichkeiten seine Familie ernährte.

Kurze Zeit später standen sie vor einer Bretterwand, in der eine Öffnung den Blick auf den Teich zuließ. »Wir sind da«, flüsterte Ose. »Und ein paar Enten auch.«

Eine Entenmutter führte einige Küken. Sie nahm keine Notiz von den verborgenen Besuchern, auch nicht, als sie sich durch das Unterholz den Weg zu dem viereckigen Teich inmitten des Hains bahnten. Er war weitaus größer, als Asmus ihn sich vorgestellt hatte.

»Man merkt, dass es keinen Kojenmann mehr gibt. Jetzt im Mai hätte er sich um das Wäldchen kümmern müssen, tote Bäume entfernen, neue anpflanzen, die Wege gut begehbar machen  …« Ose stieß einen wehmütigen Seufzer aus. »Komm weiter.«

»Tut es dir jetzt doch leid um die Entenkoje?«

»Wegen der Enten, die nun geschont werden, nicht. Aber es war ein Stück Kultur auf der Insel, zwar durch Menschenhand entstanden, aber fremd wirkte sie nicht. Und nun verwildert sie einfach.«

»Deshalb wollt ihr euch ja darum kümmern.«

»Stimmt«, sagte Ose lächelnd. »Beinahe hätte ich vergessen, weshalb wir hier sind.«

»Es ist ja eine Riesenanlage«, sagte Asmus und ließ seinen Blick über den Teich und den angrenzenden Wald wandern.

Neben sich sah Asmus eine Art trockenen Graben, aber Ose zog ihn weiter. »Das zeige ich dir später«, meinte sie.

»Auf dem See könnte man segeln. Mit einer kleinen Jolle.«

»Untersteh dich.«

Asmus grinste.

»Das Problem wird sein, den zukünftigen Verwalter zu bezahlen, vorausgesetzt, wir schaffen es, die Koje zum Naturschutzgebiet erklären zu lassen.« Ose krauste sorgenvoll die Stirn. »Der Kojenmann hatte das ganze Jahr zu tun, auch außerhalb der Fangzeiten zwischen August und Oktober.«

»Preußen wird nichts erübrigen können …«

»Für solchen Tand, meinst du  … Ja, das ist wahr.« Ose seufzte wieder. »Wir werden uns nach jemandem umsehen müssen, der Erfahrung in Waldarbeit hat. Kartoffeln kann er auf dem zur Koje gehörenden Gelände anbauen wie früher der Kojenmann und den Überschuss verkaufen, ebenso wie das Reet, das er ernten darf. Wenn er dazu noch fischt, wird  es für ihn allein reichen, bis die Zeiten wieder besser sind.«

Asmus nickte nur. Im Augenblick sah es nicht danach aus, dass die Zeiten sich jemals ändern würden: Die galoppierende Inflation traf jeden, die Arbeitslosigkeit nahm auch auf Sylt zu, im deutschen Kaiserreich hatte es mehrere Putschversuche und Separationsbewegungen einzelner Länder gegeben, und die Reichskanzler gaben einander die Klinke in die Hand. Nichts war beständig.

Das Wäldchen lichtete sich und endete an einem Deich, den sie hochstiegen, nachdem sie über zwei Gräben gesprungen waren, in denen Wasser stand. »Die Klappe ist jetzt geschlossen, weil wir Hochwasser haben«, erklärte Ose. »Bei Niedrigwasser fließt das überschüssige Teichwasser in die See. Gespeist wird der Teich von Quellen.«

Unmittelbar unterhalb der Deichkrone liefen träge Wellen auf einem Sandstreifen aus. Am Horizont lag das Festland im Dunst. »Na, so was«, wunderte sich Asmus. »Die Koje so nah am Meer.«

»Ja, das ist ungewöhnlich. Aber die Enten fliegen diese Koje genau deshalb so gern an  – die Futterplätze sind ja gleich in der Nachbarschaft. Der Seedeich hat den Bau natürlich teurer gemacht als jede andere Entenkoje.«

»Aber das war es den Eignern offenbar wert. Übrigens glaube ich, dass Schlechtwetter aufzieht.«

»Dann lass uns zum Teich zurückgehen, Nis. Ich zeige dir die Pfeifen, die das Kernstück der Fängerei bilden.«

Der Teil der Anlage, den Asmus für einen Graben gehalten hatte und der die Pfeife hieß, begann in einer Ecke des Teichs. Zunächst breit, verschmälerte er sich und verschwand hinter einer Krümmung. Geduckt folgten sie dem Pfad neben der Pfeife.

»Wenn die Wildenten erst einmal auf dem Teich gelandet sind, lockt der Kojenmann seine zahmen Tiere in diesen Graben, der im Herbst natürlich Wasser führt. Die Wildenten folgen ihnen, ohne sich bewusst zu sein, dass die Pfeife mit Netzen abgedeckt ist, so dass kein Vogel auffliegen kann.«

»Und die Lockenten?«

»Die haben ein Schlupfloch, durch das sie die Pfeife verlassen können, während der Kojenmann, der sich bis dahin hinter Stellwänden aus Reetgeflecht verbirgt, sich plötzlich zeigt und die Wildenten dadurch zum Ende der Pfeife treibt. Dort befindet sich eine Reuse.«

»In der die Enten feststecken«, ergänzte Asmus.

»Ja. Der Kojenmann greift sie sich einzeln heraus und ringelt sie. Will heißen, er packt sie am Kopf und lässt den Körper rotieren. Die Wirbelsäule knackt dann und bricht … Neben der Reuse steht ein Fass für die getöteten Tiere.«

»Alle Schlachttiere werden wohl auf mehr oder minder grausame Weise getötet«, sagte Asmus nach einer Weile wie zum Trost.

»Beim Ringeln tritt der Tod wenigstens schnell ein. Von sechs- bis siebentausend Enten an einem guten Fangabend.« Ose schüttelte es.

Asmus zog Ose sanft auf den Pfad zurück. Deprimierende Gedanken blieben bei solchen Zahlen nicht aus. »Deshalb haben sie die Koje ja nun geschlossen.«

»Nein, keineswegs«, begehrte Ose auf. »Mit Tierschutz oder Vernunft hat das nichts zu tun. Es fliegen immer weniger Enten die Kampener Koje an, heißt es. Der Fang lohnt den Aufwand nicht mehr. Die Eidumer Koje hier auf Sylt wird weiter betrieben. Auch auf Amrum und Föhr fangen sie weiterhin, dort haben die Bestände nicht abgenommen.«

»Und warum nehmen sie ab?«

»Das weiß man nicht. Es könnte sein, dass es den Enten zu laut und wirbelig in der Gegend wird. Wir haben mal ein altes Schild gefunden, auf dem stand, dass in der Fangzeit das Schießen im Umkreis von einer Viertelmeile verboten ist und dass man auch die Dünen in der Nähe nicht besteigen darf. Sie haben schon vor fünfzig Jahren gewusst, dass Enten, die sich gestört fühlen, ausbleiben. Eine andere Erklärung wäre, dass die Enten aus unbekannten Gründen die Flugroute geändert haben. Womöglich fehlt ihnen unterwegs das Futter.«

Wasserläufe änderten auch von Jahr zu Jahr ihre Strömung, und mit ihnen kamen oder gingen Fischarten, wovon die Fischer ein Lied singen konnten. Dasselbe fand bei den Wasserpflanzen statt....



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