Kölpin | Spinnentanz | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 280 Seiten

Reihe: Kommissar Rothko

Kölpin Spinnentanz

Küsten-Krimi
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-8392-6474-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Küsten-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 2, 280 Seiten

Reihe: Kommissar Rothko

ISBN: 978-3-8392-6474-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Die drei Frauen Antke, Monika und Esther van der Kaark leben als Drei-Generationen-Haushalt in scheinbar perfekter Harmonie auf dem Seehof, einer Pferdepension im Wangerland. Diese Idylle wird durch das plötzliche Auftauchen einer fremden Frau empfindlich gestört. Als Antkes Enkelin Esther beginnt, an der Fassade der Familienidylle zu kratzen, um herauszufinden, wer die Unbekannte ist und was sie auf dem Seehof sucht, überschlagen sich die Ereignisse: Die Leiche einer Frau treibt eines Morgens im Hooksmeer und Monika ist spurlos verschwunden. Kommissar Rothko nimmt die Ermittlungen auf.

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1.
Es war viel zu heiß und trocken an diesem Julitag. Antke van der Kark stand am Küchenfenster vom »Seehof«, einem großen Islandpferdehof in der Nähe der Nordsee, und schaute hinaus. Die Hitze ließ die Steine im Sonnenlicht flirren, jede Bewegung war schweißtreibend. Es wurde Zeit, dass es regnete. Die Wiesen waren bereits gelb verfärbt. Der Wetterbericht hatte eine Gewitterfront angekündigt und Antke hoffte, dass sie das Wangerland auch erreichen würde. Eine Abkühlung wäre wunderbar und würde allen gut tun. Sie war froh, dass sie im Frühjahr ihr graues Haar raspelkurz hatte schneiden lassen. Nun sah sie zwar ein bisschen aus wie ein Igel, der sich kurz vor dem Winterschlaf ordentlich gemästet hatte, aber damit konnte sie leben. Sie musste keinem Mann mehr gefallen. Auf dem Hof war es ohnehin praktisch, wenn man weite Kleidung trug, und die umspielte dabei praktischerweise Bauch und Hüften ganz wunderbar. Momentan war Hauptsaison und ihre Pension war bis zum letzten Zimmer ausgebucht. Heute waren die meisten allerdings am Strand, denn zum Reiten war es viel zu warm. Antke zuckte zusammen, als ein kleiner, roter Flitzer auf den Hof brauste und abrupt stoppte. Die Tür öffnete sich eher vorsichtig und das Erste, was Antke von der Fahrerin sah, waren lange Beine, die in roten Lederpumps steckten und sich aus dem Wagen schoben. Darauf folgte der Körper einer überaus schlanken Frau. Der schwarze Rock klebte an ihr wie eine zweite Haut und eine wallende blonde Mähne umspielte ein Gesicht, das sich fast ganz hinter einer großen Sonnenbrille versteckte. Antke lupfte den Vorhang mit dem Zeigfinger zur Seite, um die Frau besser in Augenschein nehmen zu können. Diese beugte sich gerade ins Innere des Wagens und zog eine weiße Tasche, passend zur Bluse, heraus. Die Fremde stand unschlüssig auf dem Hof und sah sich suchend um. Ob die sich wohl verfahren hat?, fragte sich Antke. So eine wird ja wohl kaum auf einem Islandpferdehof Ferien machen wollen. Sie ließ die Gardine wieder vor das weiße Sprossenfenster gleiten. Sicher würde ihre Tochter Monika, die für den Ablauf auf dem »Seehof« verantwortlich war, gleich aus dem Stall kommen und die Frau fragen, was sie hier wollte. Antke setzte sich wieder auf die Kücheneckbank, legte ein Kluntje in die Tasse und goss etwas Tee nach. Während sie trank, schweifte ihr Blick erneut nach draußen. Die Frau taxierte den Hof noch immer, als suche sie nach etwas, das ihr vertraut vorkam. Kurz war Antke versucht, doch rauszugehen und sie zu fragen, wen oder was sie suchte, doch dann entschied sie sich fürs Abwarten. Mit etwas Glück fuhr die Frau gleich einfach wieder weg. Als ihre Tochter auch nach weiteren zwei Minuten nicht aus dem Stall auftauchte, wurde Antke unruhig. Komisch, dachte sie seufzend. Wo steckt sie denn? Ich muss mich wohl doch selbst bemühen. Sie wollte gerade aufstehen, als die Frau die Brille abnahm und sich der Haustür näherte. Dieses Gesicht kannte sie! Elisabeth Holzer war zurück! Antke zuckte zusammen und sog die Luft scharf ein. Ihr Herz raste und stolperte. Das Auftauchen dieser Frau grenzte an eine Katastrophe. Was tat sie hier? Die Blonde erreichte jetzt den Schatten des Vordaches. Es dauerte eine Weile, ehe Antke sich gefangen hatte. Über ihre Haut kroch eisige Kälte. Etwas in ihr schrie, sie solle aufspringen, alles verrammeln, damit Elisabeth dieses Haus nicht betreten konnte und wieder fortfuhr. Aber sie saß einfach nur da und versuchte, ruhig zu bleiben. Antke griff zum Henkel ihrer Teetasse, verfehlte ihn aber, weil ihre Hand so zitterte. Elisabeth würde nicht klingeln, sondern einfach in die Küche kommen und lächeln. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie damals. Doch dann war das Knirschen von Schritten, die sich eilig vom Haus entfernten, zu hören. Der Motor sprang an, und das Auto raste mit durchdrehenden Reifen davon. Antkes Kinn zitterte heftig und zu ihren Füßen verteilte sich weißes Porzellan in einer braunen Pfütze. * Als Monika die Küche betrat, fiel ihr Blick als Erstes auf die Scherben. Danach auf ihre Mutter, die das Wollknäuel mit der Häkelnadel vor sich auf den Tisch gelegt hatte und mit stumpfem Blick aus dem Fenster sah. »Mama, warum hast du die Tasse fallen lassen?« Keine Antwort. »Du hättest die Scherben aufsammeln können.« Ihre Mutter reagierte wieder nicht. Monika kannte das schon. Wenn Antke van der Kaark nicht reden wollte, dann schwieg sie und war durch nichts in der Welt dazu zu bewegen, das zu ändern. Monika strich ihr langes, blondes Haar hinter das Ohr, sammelte das zerschlagene Porzellan auf und wischte den Teefleck weg. Ihre Mutter sah teilnahmslos zu. »So, fertig.« Monika setzte sich zu ihrer Mutter an den Tisch. »Was ist passiert? Du benimmst dich merkwürdig.« Antke schüttelte fast unmerklich den Kopf. »Mutter, nun rede doch mit mir!« Doch Antke schwieg. So wie sie es immer tat, wenn es brenzlig wurde. Monika zuckte genervt mit den Schultern. Dann eben nicht! Sie würde ohnehin nicht herausfinden, was ihre Mutter derart aus der Fassung gebracht hatte. Es wäre besser das Thema zu wechseln. »Wer war das denn gerade? Mit dem Auto, meine ich?« Die Lippen ihrer Mutter öffneten sich leicht, und für den Augenblick hatte es den Anschein, als wollte sie etwas sagen. Doch dann schlug die Tür auf und die Nachbarin Gerda Wiese trat in die Küche. Sie strahlte so breit, dass man fast das Gefühl hatte, ihr Lächeln habe gar nicht genug Platz auf dem Gesicht. So sah sie immer aus, nur erreichte dieses Lächeln meist ihre Augen nicht. »Hier lebt man ja wirklich gefährlich«, sprudelte sie mit ihrer lauten, schnarrenden Stimme los, die immer ein wenig an ein Blechschild erinnerte, das im Wind knarrte. »Da komme ich doch ganz harmlos eure Allee hochgelaufen und werde fast von einer Verrückten totgefahren. Wäre ich nicht in die Büsche gesprungen …« Gerda deutete auf ihren Rock, der grünliche Schlieren aufwies. »Ist diese Kamikaze-Frau Feriengast bei euch?« Monika warf einen Blick zu ihrer Mutter, die auf Gerdas Wortschwall gar nicht reagierte, sondern unbeirrt nach draußen starrte. Hatte ihr Schweigen mit der Frau zu tun? Gerda wartete die Antwort ohnehin nicht ab – sie hörte sich selbst viel zu gern reden – und wandte sich an Monika. »Du siehst auch so bedröppelt aus. Ist das wegen der Raserin«, sie warf einen Blick auf Antke. »oder weil Mudder wieder so verquer ist? Ach nein, es ist wie immer wegen Esther? Die Deern braucht einen Vater, dann wird das schon.« »Kein Kerl in Sicht«, wiegelte Monika ab. Gerda sollte sich da einfach raushalten. Die Beziehung zwischen ihrer Tochter Esther und ihr war nicht optimal, daran würde auch ein Mann nichts ändern. Ihr Pro­blem war ein anderes, aber darüber wollte Monika mit der Nachbarin ganz sicher nicht debattieren. Monika war schon mit 19 Jahren schwanger geworden, und es war nicht einfach gewesen, in so jungen Jahren ein Kind ohne Vater großzuziehen, vor allem nicht nach dem, was alles passiert war. Wir van der Kaarks haben eine Menge Geheimnisse, dachte Monika. Aber oft ist es besser, nicht daran zu rühren. Gerda rückte lautstark einen Stuhl zurecht und ließ sich ächzend darauf fallen. Monika sah zu ihrer Mutter. Die hatte nun zumindest ihre Häkelei wieder in der Hand und schien völlig konzentriert bei der Arbeit. Ein alltägliches Bild, mit dem sich ihre Mutter seit jeher ausklinkte. Trotzdem bohrte es in Monikas Bauch. Irgendetwas war geschehen. Und inzwischen war sie davon überzeugt, dass es mit der Frau zusammenhing, die wie der Teufel vom Hof gerast war. Der unstete Blick ihrer Mutter erinnerte sie an eine Zeit, die sie lieber vergessen wollte. Aber vielleicht lag es auch nur an der Hitze, dass sie sich so verrückt machte. Man glaubte förmlich, dass das Gehirn zerkochte. Gerda wandte sich an Antke und stichelte in ihrer unnachahmlich nervigen Art weiter. »Bist du auch wieder griesgrämig, was? Ihr solltet das Leben ruhig mal leichter nehmen. Eure Weiberwirtschaft ist nicht gut. Drei Frauen unter einem Dach und dann von alt nach jung …« Sie wiegte den Kopf und griff mit den speckigen Fingern nach einem der umgedrehten Wassergläser, die stets zusammen mit einer Flasche Mineralwasser auf dem Tisch standen. »Gut, dass es wenigstens Hajo mit euch aushält. Aber der ist ja auch nur euer Stallbursche.« »Wir brauchen keinen Mann.« Die Stimme von Monikas Mutter klang scharf. »Nicht für den Hof, nicht für uns. Wir haben nie einen gebraucht. Das ist anders als bei dir. Lass das Thema!« Gerda zog einen Schmollmund. Monika rollte mit den Augen, weil ihre Nachbarin nie zu bemerken schien, wenn sie störte oder übergriffig wurde. »So als langjährige Freundin darf ich euch sagen, was ich denke.« Gerda hielt einen Augenblick inne. »Ja, wenn einer was sagen darf, dann ich. Immerhin habe ich Monika schon in Windeln gesehen.« Monika versuchte, Gerda durch einen Themenwechsel abzulenken. »Das ist alles lieb gemeint, aber wir haben viel zu tun. Ich muss die Zimmer für die Gäste noch fertig machen.« Gerda winkte ab und goss sich ein zweites Wasserglas voll. »Nein. Aber wie ich vorhin schon sagte …« Sie brach ab, als ihr Blick auf Monikas Mutter fiel, die einfach weiterhäkelte. Im vertraulichen Ton raunte sie Monika zu: »Ich meine … Jede...


Kölpin, Regine
Regine Kölpin, geboren 1964 in Oberhausen, lebt seit ihrer Kindheit in Friesland an der Nordsee. Sie hat für namhafte Verlage zahlreiche Romane und Kurztexte publiziert und ist auch als Herausgeberin tätig. Regine Kölpin wurde mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Bronzenen »Homer« 2020 (mit Gitta Edelmann). Mit ihrem Mann Frank Kölpin lebt sie in einem kleinen idyllischen Dorf an der Küste. Dort konzipieren sie gemeinsam Musik- und Bühnenprojekte und genießen ihr Großfamiliendasein mit fünf erwachsenen Kindern und mehreren Enkeln oder lassen sich auf ihren Reisen mit dem Wohnmobil zu Neuem inspirieren.



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