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E-Book, Deutsch, 290 Seiten

Koder Die Byzantiner

Kultur und Alltag im Mittelalter

E-Book, Deutsch, 290 Seiten

ISBN: 978-3-205-20434-3
Verlag: Böhlau
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Wie lebten die Byzantiner vor über 1000 Jahren? Was aßen und tranken sie? Welches Handwerk übten sie aus? Wo verbrachte die Bevölkerung ihre Freizeit? Wie sah die Einrichtung eines einfachen Hauses aus? Mit der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen zeichnet der Byzantinist Johannes Koder ein informatives und lebendiges Bild vom Alltag und der Kultur der Menschen im byzantinischen Reich nach.

Dieses Überblickswerk behandelt die Alltagskultur, die Existenzgrundlagen und das tägliche Leben der Bauern, Handwerker und Händler, der Mönche und Nonnen - jener ländlichen und städtischen sozialen Schichten, die mehr als drei Viertel der Bevölkerung des byzantinischen Reiches ausmachten. Koder schreibt unter anderem über Ernährung, Landwirtschaft und Viehzucht, Jagd und Fischerei, Behausungen und Haushalt oder Berufsmöglichkeiten im mittelalterlichen Byzanz und beeindruckt mit interessanten Details: So betrug die durchschnittliche Lebenserwartung knapp vierzig Jahre, über 50-jährige wurden bereits als Greise bezeichnet. Für den Großteil der Bevölkerung bildeten Brot und Breie die Grundlage der täglichen Ernährung. Tavernen servierten neben Speisen auch Wein und eine billige Mischung aus Weinessig und Wasser. Ein einfaches Haus bestand aus einem Wohnraum, der auch als Schlafraum und Küche diente. Ärztlicher Beistand galt als kostspielig und oft nutzlos, die Glatze als Krankheit und hässlich.
Mit dieser Fülle an Details entfacht Johannes Koder ein lebendiges Panorama byzantinischer Alltagskultur im Mittelalter. Eine Kultur, die mitunter erstaunliche Parallelen zur Gegenwart aufweist.
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Vorwort Was bedeutet Byzanz? Die Bezeichnung »Byzanz« leitet sich vom Namen der um 660 v. Chr. von dorischen Griechen gegründeten Kolonie Byzantion auf der europäischen Seite des Bosporus her. Im heute geläufigen Sinn bezeichnet »Byzanz« jenes Reich, das sich nahezu bruchlos aus dem Imperium Romanum der Spätantike entwickelte und daher im Mittelalter den griechischen Namen Basileia ton Romaion, also »Kaiserreich der Römer« trug. In diesem Sinn wurde der Begriff wahrscheinlich zuerst von dem Humanisten Hieronymus Wolf (1516–1580) verwendet, der an der Geschichte und Kultur des Oströmischen Reiches großes Interesse zeigte und es in dessen kontinuierlich stärker hervortretenden Eigenständigkeit zu verstehen suchte. Die Byzantiner bezeichneten sich selbst über elf Jahrhunderte hinweg, bis zum Ende des Byzantinischen Reiches im Jahr 1453 und darüber hinaus, ganz selbstverständlich als Römer (griech. Romaíoi oder volkssprachlich Romioí). Dieses ursprünglich tatsächlich »Oströmische« Reich veränderte sich im Verlauf seiner mehr als tausendjährigen Geschichte oftmals in territorialer, politischer und gesellschaftlicher Hinsicht, blieb jedoch dank seiner »römischen« Staatsideologie, der christlichen Religion und der Vorherrschaft der griechischen Sprache ein weitgehend einheitlich geprägter Kulturraum. Sozial war Byzanz deutlich durch drei kulturelle Phänomene bestimmt: die nach den Ethnien auf dem jeweiligen Reichsgebiet differenzierte Volkskultur, die Hofkultur, die prägende Züge des spätantiken Kaiserkultes im Römischen Reich trug, und die im Wesentlichen bald nach dem Christentum entstandene einflussreiche monastische Kultur in ihrer orthodoxen Ausprägung. Wie aktuell ist Byzanz? Der US-amerikanische Militärhistoriker und Strategietheoretiker Edward N. Luttwak war offensichtlich davon überzeugt, dass dies im höchsten Ausmaß der Fall sei, denn im Jahr 2009 schrieb er angesichts unmittelbar vorangegangener und nach wie vor aktueller weltweiter Krisen einen Essay mit dem Titel: »Take Me Back to Constantinople« – der Titel ist übrigens dem Text eines in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts erfolgreichen Schlagers der Four Lads entliehen. Näher an Luttwaks Anliegen führt der Untertitel »How Byzantium, [<<11||12>>] Not Rome, Can Help Preserve Pax Americana« heran: Darin lehnt er das Imperium Romanum, dem er eine skrupellose Reichsexpansion, die Beherrschung von Fremdvölkern und das knochenbrechende Kainsmal des totalen Krieges vorwirft, als Vorbild für die Vereinigten Staaten von Amerika ab und rät nachdrücklich zu einer seriösen strategischen Beratung durch die Byzantiner; er empfiehlt: Besser ist es, stattdessen einen Blick auf des Reiches östliche Inkarnation zu werfen: Byzanz, das seinen römischen Vorgänger acht Jahrhunderte überdauerte. Es sind die Lehren der großartigen Strategie der Byzantiner, die Amerika heute wieder entdecken muss. Ob man tatsächlich so umfassend und zugleich konkret aus der Geschichte lernen kann, sei dahingestellt. Ein vielfältiges Interesse an Byzanz, seiner Geschichte und Kultur, ist allerdings auch in der unmittelbaren Vergangenheit und bis heute unbestritten, wie zahlreiche Byzanzbücher, die Präsenz in den Medien und insbesondere in Ausstellungen mit hoher Besucherfrequenz bezeugen, so z. B. »Byzanz. Pracht und Alltag« in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn (2010), »Das Goldene Byzanz und der Orient« in der Schallaburg, Niederösterreich (2012), »Heaven and Earth – Art of Byzantium from Greek Collections« in der National Gallery of Art, Washington, D.C. und im J. Paul Getty Museum, Los Angeles (2013/2014), und »Byzance en Suisse« in Genf (2015/2016). Welche Vorstellungen verbindet man mit Byzanz? Dazu der irische Dichter William Butler Yeats (1865–1939): Wenn mir ein Monat der Antike gegeben würde und es bliebe mir die Wahl, wo ich ihn zu verbringen wünschte, ich verbrächte ihn in Byzanz, kurz bevor Justinian die Hagia Sophia eröffnete und die Akademie Platons schloss. Ich denke, ich könnte in einem kleinen Weinlokal ein paar philosophierende Mosaik-Handwerker finden, die alle meine Fragen beantworten könnten. Yeats’ Bild verklärt Byzanz, und seine an die Byzantiner gestellten Erwartungen, wenngleich anders geartet als die Luttwaks, würden sich vermutlich ebenfalls nur zu einem geringen Teil erfüllen. Doch trifft er intuitiv die bis heute verbreitete Vorstellung von Byzanz als einer politischen Weltmacht, zugleich einem Höhepunkt der Kultur, der Kunst und der christlichen Religiosität, und dies für eine Zeit, im Jahrhundert des Kaisers Justinian I. (reg. 527–565), als lebendige Traditionen der Antike und der Spätantike bereits seit langem eine kreative Symbiose mit dem Christentum eingegangen waren. Diese vorwiegend positiven Einschätzungen der byzantinischen Kultur kontrastieren zu einer Kritik durch die Etikettierung »Byzantinismus« und »byzantinisch« im Sinne von Korruption, Kriechertum, Unterwerfung unter die politische und religiöse Obrigkeit und die enge Verbindung von Staat und Kirche, etwa unter dem Schlagwort des »Cäsaropapismus«. Das Negativbild ist insbesondere unter dem Eindruck von Voltaire, Edward Gibbon und Jacob Burckhardt seit dem [<<12||13>>] 19. Jahrhundert verbreitet und gilt auch den ideologischen Nachfolgern von Byzanz in Ost- und Südosteuropa. Hierbei stehen vor allem die Beziehungen zwischen Politik und Religion, zwischen Staat und Kirche sowie das politische »System« als bis heute formende Kräfte im Vordergrund der Kritik. In letzter Zeit traten diese negativen Stereotypen unter der Bezeichnung »Neobyzantinismus« erneut ins Bewusstsein. Die Quellenlage zur byzantinischen Volkskultur ist, im Vergleich zum westlichen Mittelalter oft unbefriedigend, nach Perioden unterschiedlich und in vieler Hinsicht unausgewogen. Über Sachverhalte und Gegenstände des Alltagslebens wird man in schriftlichen Quellen meist nur durch mehr oder weniger zufällige Hinweise informiert. Auch die Dokumentation des byzantinischen Alltags durch archäologische Quellen ist lückenhaft, nicht zuletzt deswegen, weil die Erforschung der Denkmäler im byzantinischen Raum allzu lange auf die klassischen Altertümer ausgerichtet war und erst seit der Mitte des 20. Jahrhunderts angemessen auf die Eigenständigkeit der nachklassischen materiellen Hinterlassenschaft Rücksicht nimmt, also erst seit wenigen Jahrzehnten alle Entwicklungen und Veränderungen im Verlauf des byzantinischen Jahrtausends angemessen würdigt. Zudem waren viele christliche Baudenkmäler auch nachbyzantinisch bis in die Gegenwart in Funktion und wurden mehrfach verändert und erneuert. Der vorliegende Versuch, die Realität des Alltagslebens annähernd darzustellen, beansprucht keine Vollständigkeit, weder bezüglich der Vielfalt der Gegenstände noch in zeitlicher oder in räumlicher Hinsicht. Er soll lediglich die aus den Quellen fließenden, meist punktuellen Nachrichten über Phänomene der Alltagskultur möglichst sachgerecht darstellen und interpretieren. Dabei soll auch die Reichweite der Gültigkeit der Quelleninformationen geprüft werden, wobei eine »Allgemeingültigkeit« kaum einmal reklamiert werden kann, wenngleich die allgemein zutreffende Beobachtung, dass sich jeder Wandel in der Volkskultur in vorindustrieller Zeit langsam und traditionsverbunden vollzog, auch für Byzanz zutrifft. Die chronologische Schwerpunktsetzung im Zeitraum vom ausgehenden 6. bis zum 12. Jahrhundert ergibt sich aus dem Anliegen, das Alltagsleben im mittelalterlichen, wesentlich griechisch geprägten Byzanz darzustellen, also nach der Antike und bevor ab dem ausgehenden 11. Jahrhundert türkische bzw. islamische und »lateinische« (westliche) europäische Faktoren auf die byzantinische Kultur mehr und mehr Einfluss nahmen. Neben der zeitlichen Einschränkung verfolge ich auch eine soziale: Geht man von den drei oben genannten dominanten kulturellen Ebenen in Byzanz aus, der Volkskultur, der Hofkultur und der monastischen Kultur, so soll hier der Alltag der höchsten Gesellschaftsschichten, also des Kaiserhofes und der hohen Würdenträger der Verwaltung, des Militärs und der Kirche, weitgehend außer Betracht [<<13||14>>] bleiben. Dies gilt auch generell für eine soziale Gruppe, die wegen ihrer besonders gearteten Lebensgestaltung bereits in vieler Hinsicht eigenständig untersucht wurde, das Militär. Im Mittelpunkt soll der Alltag des Großteils der Bevölkerung stehen, also der auf dem Land und in den Städten lebenden Menschen, Familien und Gemeinschaften, deren Existenz – unter störungsfreien natürlichen und politischen Bedingungen – durch eine regelmäßige Berufsausübung gesichert war, ohne ihnen Luxus als etwas Selbstverständliches oder Alltägliches zu gestatten. (Daher ist wertvoller Schmuck beispielsweise kein Thema, während Amulette kurz besprochen werden.)...


Koder, Johannes
Johannes Koder ist emer. Professor ür Byzantinistik an der Universität Wien.


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