Kneifl | Der Tod fährt Riesenrad | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 240 Seiten

Reihe: Historische Wien-Krimis

Kneifl Der Tod fährt Riesenrad

Ein historischer Wien-Krimi
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-85218-907-9
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein historischer Wien-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 1, 240 Seiten

Reihe: Historische Wien-Krimis

ISBN: 978-3-85218-907-9
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



MORD IM WIENER PRATER!

WIEN UM 1900: Die fünfzehnjährige Leonie ist verschwunden. Alle Indizien deuten darauf hin, dass das Mädchen entführt wurde. Kurz darauf geschieht ein zweites Verbrechen: In einer Gondel des Riesenrades wird ein toter Zwerg entdeckt.

Der Privatdetektiv Gustav von Karoly wird von der besorgten Mutter Leonies mit den Ermittlungen beauftragt. Unterstützung bekommt er von Artisten und Hellseherinnen, Jockeys und Praterstrizzis.

Nur der reiche, tyrannische Großvater Leonies hält nichts von Karolys Bemühungen. Hat er gar etwas mit dem Fall zu tun?

Spannend und mit viel Zeitkolorit erzählt Edith Kneifl einen historischen Kriminalroman, der die LeserInnen bis zur letzten Seite fesselt.

LESERSTIMME:

"Ein hervorragend recherchierter historischer Krimi! Edith Kneifl zeichnet ein lebendiges Bild vom alten Wien und schafft es mit ihren authentischen Figuren und einer spannenden Krimiszenerie den Leser in eine andere Welt zu entführen."

WEITERE HISTORISCHE WIEN-KRIMIS MIT PRIVATDETEKTIV GUSTAV VON KAROLY:

"Die Tote von Schönbrunn"
"Totentanz im Stephansdom (erscheint im Herbst 2015)"

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Donnerstag, 2. Juli 1897
1 Gustav von Karoly war ein großer Freund der Frauen. Er sah dem schwachen Geschlecht so manchen Fehler nach. Doch er hasste Unpünktlichkeit. Obwohl er momentan nichts Besseres zu tun hatte, als sich dem Müßiggang hinzugeben, konnte er es nicht leiden, wenn jemand seine Zeit verschwendete. Ungeduldig rutschte er auf der mit braunem Leder überzogenen Sitzbank im Café Schwarzenberg hin und her und zupfte so lange an der weißen Blume in seinem Knopfloch, bis nur mehr zwei Blütenblätter übrig waren. Die restlichen Blätter der Gardenie lagen verstreut unter dem wackeligen Marmortischchen auf dem schmutzigen Boden. Seine Augen wanderten immer wieder zwischen der Eingangstür und dem großen Porträt von Kaiser Franz Joseph I., das über der Theke hing, hin und her. Zu Hause hatte er das Konterfei Seiner Majestät aus seinem Zimmer entfernt. Da seine Tante es ebenfalls nicht aufhängen wollte, hatte sein ehemaliges Kinder­mädchen Josefa das Bild in ihrem Kabinett hängen. In den öffentlichen Gebäuden, den Cafés und Geschäften der Residenzstadt aber konnte man dem väterlichen Blick des Herrschers nicht entkommen. Der erste Tisch im Café Schwarzenberg, gleich links neben dem Eingang, diente Gustav als provisorisches Büro. Lieber wäre ihm der Tisch in der Fensternische, rechts von der Eingangstür, gewesen, denn dort war es wesentlich ruhiger als hier, gegenüber der Theke. Doch das war der Stammtisch von Josef Hoffmann, einem Architekten und Künstler, der gerade, gemeinsam mit Joseph Maria Olbrich, Gustav Klimt und anderen Künstlern, die Wiener Secession gegründet hatte. Der Anblick all der hübschen Damen der Halbwelt und der besseren Gesellschaft, die vor seinem Fenster vorbeiflanierten, ließ ihn die Benachteiligung gegenüber dem bekannten Architekten leichter in Kauf nehmen. Der Ringstraßenkorso begann an der Sirkecke, beim feinen Lederwarengeschäft des Herrn August Sirk, gegenüber des k.k. Hofoperntheaters, und endete am Schwarzenbergplatz, quasi vor seinem Fenster. So mancher Blick aus himmelblauen oder rehbraunen Augen streifte wohlwollend seine ebenmäßigen Züge und seinen sorgfältig gekämmten, dichten, schwarzen Schnurrbart. Dennoch fand er es höchst ärgerlich, dass sich seine Tante weigerte, ihm das Kabinett, das früher sein Kinderzimmer gewesen war, als Büro zu überlassen. Sie hatte nach dem Tod seiner Mutter Zimmer und Kabinett, die vom Vorraum aus separat begehbar waren, untervermietet. Bis vor kurzem hatten Hermann Baier und seine Frau dort gewohnt. Als dem alten Grantscherben die Frau davongelaufen war, hatte er das Kabinett aufgegeben. Gustav hatte sogleich darauf gespitzt. Vor einem Monat hatte seine Tante Vera es jedoch an Eduard vermietet, einen Bierkutscher aus Brünn, der für einen Fiakerbesitzer arbeitete. Von allen Wiener Kaffeehäusern war Gustav das Café Schwarzenberg am liebsten. Die mit dunkelbraunem Holz getäfelten Wände, die marmornen Tische, die mit tabakbraunem Leder überzogenen Clubsessel und die schönen Luster, die an der mit kleinen weißen Kacheln gefliesten Decke hingen, erinnerten ihn an die Einrichtung britischer Männerclubs. Nach seinem Abschied vom Militär hatte er ein Jahr in London verbracht. Anstatt an der neu gegründeten London School of Economics ernsthaft zu studieren, hatte er seine Tage in den Londoner Clubs verbracht. Allerdings hatte er im Herbst 1895 doch einige Vorlesungen in der John Street besucht und notgedrungen etwas von den Diskussionen um Klassenunterschiede und die neuen Wege des sozialen Fortschritts mitbekommen. Der Besuch dieses Colleges war die Idee seiner Tante gewesen. Eine englische Freundin hatte ihr diese fortschrittliche Institution empfohlen. Als Gustav seinen Kleinen Schwarzen ausgetrunken hatte und bereits beim zweiten Glas Wasser angelangt war, hatte er die Hoffnung aufgegeben, dass die Dame noch kommen würde. Vielleicht war es keine so gute Idee gewesen, sich hier mit ihr zu verabreden. Damen der besseren Gesellschaft gingen höchstens nach einer Soiree oder einem Ball in ein Kaffeehaus, und dann nur in Herrenbegleitung. Plötzlich erschien eine verschleierte Frau in der Tür. Er wusste sofort, dass es sich um seine neue Klientin handelte. Sie blickte sich hastig um, bevor sie unsicheren Schrittes das Lokal betrat. Offensichtlich fühlte sie sich unwohl. Trotz der Hitze war sie ganz in Schwarz gekleidet. Ein hauchdünner schwarzer Schleier hing von ihrer ausladenden Kopfbedeckung herab. Ihre Figur war tadellos. An den richtigen Stellen gut gepolstert. Ein kritischer Blick auf ihr Gesicht, das trotz des raffinierten Netzwerks zu sehen war, und er konstatierte, dass sie einige Jahre jünger sein musste als er. Als sie zögernd auf seinen Tisch zutrat, sprang er auf und verbeugte sich tief. „Gustav von Karoly. Sehr erfreut!“ Sie reichte ihm die Hand. Er ergriff sie sanft und hauchte einen Kuss auf ihre behandschuhten Finger. „Bitte nehmen Sie Platz. Was kann ich für Sie tun?“ Er war sich bewusst, dass er ein bisschen zu schnell vorging. Es mangelte ihm eben noch an Erfahrung in seinem neuen Beruf. Die Dame in Schwarz würde erst sein dritter Fall sein, wenn es ihm überhaupt gelänge, sie davon zu überzeugen, dass er der richtige Mann für die Lösung ihres Problems war. Er vermutete ein Liebesdrama. Waren doch seine ersten beiden Klienten engstirnige, eifersüchtige Ehemänner gewesen. Dass dieses Mal ein weibliches Wesen seine Dienste beanspruchen könnte, erregte ihn ungemein. Vor zwei Tagen war ihr Brief in einem zart parfümierten champagnerfarbenen Kuvert bei ihm eingelangt. Er hatte ihr durch einen Boten umgehend eine Antwort geschickt. Und nun war sie tatsächlich zu dem Treffpunkt, den er vorgeschlagen hatte, erschienen. So viel Glück musste man erst einmal haben, dachte er und bemühte sich, seinen Fehler von vorhin wieder gutzumachen. „Was darf ich Ihnen bestellen? Eine Melange und einen Apfelstrudel vielleicht? Der Apfelstrudel hier ist sehr empfehlenswert.“ „Nein, danke. Ich möchte lieber ein Glas Tokajer.“ Ihre heisere rauchige Stimme jagte köstliche kleine Schauer über seinen Rücken. Energisch winkte er den Kellner herbei und bestellte zwei Achterl, obwohl es erst zwölf Uhr mittags war und er normalerweise tagsüber keinen Alkohol trank. Aber er wollte keinesfalls als Weichling dastehen. „Margarete von Leiden“, stellte sie sich überflüssigerweise vor. Er hatte nach ihrem Brief bereits recherchiert, wusste, dass sie die Witwe des Barons von Leiden war. Viel interessanter als ihren verstorbenen Ehemann fand er allerdings ihren Vater. Herr von Schwabenau war ein stadtbekannter Wiener Fabrikbesitzer, der beim Bau der neuen Eisenbahnlinien viel Geld verdient hatte. Sein Stahl- und Eisenwerk hatte einen Großteil des österreichischen Schienennetzes hergestellt. Neben Eisenbahnschienen und Waffen wurden in seiner Fabrik auch komplizierte technische Apparaturen für den Wiener Vergnügungspark erzeugt. Viele der wundersamen neumodischen Attraktionen im Volksprater, wie der Wurstelprater seit 1873 offiziell hieß, waren von Schwabenaus Ingenieuren entwickelt worden. Nur zuletzt, beim Bau des größten Wunderwerks der Technik, dem Riesenrad, war er laut Zeitungsberichten von Gabor Steiner ausgebootet worden. Seither hatten sich die Schwabenau-Werke draußen in Hernals wieder mehr auf die Waffenproduktion verlegt. Auf einmal bildete sich Gustav ein, dass Margarete von Leiden weniger nach Veilchen als nach tödlichem Pulver roch. Dennoch schwebte er im siebten Himmel und wusste nicht, bei welchem Heiligen er sich für diese Klientin bedanken sollte. Ihre Vornehmheit schien nicht gespielt zu sein. Gustav meinte, ein gutes Gespür für Menschen zu haben. Auch wenn ihr Vater, ursprünglich ein einfacher Wagner, wahrscheinlich wegen seiner Verdienste um die Waffenproduktion im letzten Krieg geadelt worden war, hatte sie Klasse. Bestimmt hatte der Alte bei der Erziehung seiner einzigen Tochter keine Kosten gescheut. Gustav tippte auf ein Schweizer Internat. Da das Schweigen zwischen ihnen bereits unangenehm wurde, fragte er noch einmal, was er für sie tun könne. „Entschuldigen Sie, ich bin ein bisschen verwirrt. Hier ist es so laut. Ich war noch nie in einem Kaffeehaus.“ Sie warf einen neugierigen Blick in den benachbarten Salon, der mit seinen hellen marmornen Wänden und riesigen Spiegeln viel luftiger wirkte. Gustav dachte nicht im Traum daran, seinen Stammtisch gegen eines der filigranen Messingtischchen dort drüben einzutauschen. Dies war schließlich kein privates Stelldichein, sondern ein rein geschäftlicher Termin. „Meine Tochter ist spurlos verschwunden“, seufzte sie endlich. „Mein Vater hat all seine Beziehungen spielen lassen, aber leider nichts in Erfahrung bringen können.“ Sie nahm ein mit Spitzen besetztes Taschentuch aus ihrem Beutel, hob ihren Schleier und trocknete ihre feuchten Wangen. Schneeweißer Teint, eine süße kleine Stupsnase, geheimnisvolle hellviolette Augen, sinnliche Lippen. Gustav malte sich aus, wie er diese Lippen mit seinen Küssen zum Glühen bringen würde. Sein Blick wanderte zu ihren hohen festen Brüsten. Ihm wurde ganz heiß und seine Schenkel begannen zu vibrieren. „Sollten Sie mich nicht fragen, seit wann ich meine Tochter vermisse?“ Ihr leicht ironischer Ton riss ihn aus seinen süßen Träumen. „Ja, natürlich, ja …, wann und wo haben Sie Ihr Kind zum letzten Mal gesehen?“ „Vorigen Sonntag. Wir waren im Lusthaus zu einem Galadiner eingeladen. Kurz bevor wir...


Edith Kneifl, geboren 1954 in Wels, lebt und arbeitet als Psychoanalytikerin und freie Schriftstellerin in Wien. Zahlreiche Literaturpreise und -stipendien, erhält u.a. 1992 als erste Frau den Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman des Jahres. Übersetzungen in mehrere Sprachen. ROMY 2003 für die Verfilmung des Romans Ende der Vorstellung, Regie Wolfgang Murnberger. 12 Kriminalromane und ca. 50 Kurzgeschichten. Bei Haymon: Glücklich, wer vergisst. Krimi (2009), Schön tot. Ein Wien-Krimi (2010), Stadt der Schmerzen. Ein Florenz-Krimi (2011) und Zwischen zwei Nächten. Kriminalroman (2011).



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