E-Book, Deutsch, Band 97, 64 Seiten
Reihe: Mythor
Kneifel Mythor 97: Tempel der Rache
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8453-9849-5
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 97, 64 Seiten
Reihe: Mythor
ISBN: 978-3-8453-9849-5
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für das Bestehen der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Erst war Gorgan, die nördliche Hälfte der Welt, die Szene seines Wirkens, nun ist es schon seit Monden Vanga, die von den Frauen beherrschte Südhälfte der Lichtwelt, wo unser Held von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Abenteuer verstrickt wurde. Diese Geschehnisse nahmen ihren Anfang im Reich der Feuergöttin, wo Mythor für Honga, einen aus dem Totenreich zurückgekehrten Helden gehalten wurde. Es kam zur Begegnung mit Vina, der Hexe, und Gerrek, dem Mann, der in einen Beuteldrachen verwandelt worden war. Es folgten Kämpfe mit Luftgeistern und Amazonen, es kam wiederholt zu Mythors Gefangenschaft, zur Flucht und zu erneuten Kämpfen mit denen, die sich an Mythors Fersen geheftet hatten. Während Mythor nach dem 'Duell am Hexenstern' nun ungeduldig auf den Moment wartet, da er Fronja, der Tochter des Kometen, gegenübertreten darf, verlassen wir die Szene in Vanga und blenden um nach Gorgan, der Welt der Männer. Dort naht für viele die Stunde der Entscheidung - für Hadamur, den falschen Shallad, ebenso wie für Luxon, den hilflosen Gefangenen. Er, der rechtmäßige Shallad, gelangt in den TEMPEL DER RACHE ...
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3.
Vergangenheit
Jegliches Zeitgefühl hatte ihn seit langem verlassen. Er wusste nicht, ob es Tag oder Nacht war.
Er hatte nach einiger Zeit nicht mehr gewusst, wie viel Stunden vergangen waren, wie viel Tage oder Monde – er schwamm in der verstreichenden Zeit, ohne zu wissen, wie schnell er sich darin bewegte oder wie langsam.
Für ihn gab es weder Dunkelheit noch Helligkeit.
Aber er lebte.
Luxons Augen sahen nichts, weil sie vom Salz eingeschlossen waren wie von massivem Stein. Wie oft hatte er gehofft, dass man die Salzsäule, in der er eingeschlossen war, auf ein Schiff brachte, das im Sturm unterging! Dann würde das Wasser das Salz auflösen und ihn entweder ersäufen oder befreien.
Er hatte Bewegungen gespürt, dann wieder lange Zeiten der Unbeweglichkeit, dann abermals Schaukeln, Schwanken und andere Arten von Erschütterungen, die er nicht richtig deuten konnte.
Die Säule aus kristallenem Salz, in die er seit einer Ewigkeit eingeschlossen war, hatte sich auf eine lange, dunkle Wanderschaft begeben. Mit ihm, der blind, stumm und taub war. Alles, was er besaß, waren finstere Gedanken voller Verzweiflung und der winzige Trost, die Augen seines Augenbruders, seines Augenpartners benutzen zu können. Wann immer es ihm gefiel: und nur so konnte er bestimmen, ob es dunkel oder hell war, Nacht oder Tag. Um ihn herum war es immer dunkel. Ständige Nacht.
Selbst seine Lippen waren versiegelt.
Er, der Sohn des Shallad Rhiad, der rechtmäßige Shallad von Logghard und Hadamur, der Albtraumritter, einst der König der Diebe von Sarphand, konnte nicht einmal Selbstgespräche führen!
Wie lange dauerte seine Irrfahrt schon?
Wohin wurde diese Salzsäule transportiert? Nach Logghard oder nach Hadam? Seit wie viel Tagen schleppten sie ihn im Land umher? Wer schleppte ihn? Auf wessen Auftrag hin war das Salz weggebracht worden? Immer wieder, unablässig peinigten ihn die gleichen Fragen.
Luxons Leid war vielfältig.
Er sagte sich immer wieder, dass Berife nicht bei Sinnen gewesen war, dass sie ihn ebenso wie ihre Liebhaber und Ehemänner behandelt hatte, dass sie ihn als Werkzeug benutzt hatte und benützte – aber er vermochte sich nicht aus ihrem Bann zu lösen. Sie war schön, klug und jung, und sein Herz war schmerzhaft übervoll von ihr.
Mein Herzpfänder, sagte er sich bewusst, vielmehr dachte er es intensiv, will, dass ich leide! Mutlosigkeit soll mich packen und niederdrücken, soll mich zermalmen wie einen hilflosen Wurm. Ich sollte mich aus tiefem Leid und aus der Einsicht heraus, mein Leben sei unwürdig und am Ende, selbst umbringen.
Aber wie soll ich dies anfangen? Ich kann nicht einmal eine Wimper bewegen.
Gerade, weil die Gedanken oder Worte des rätselhaften und unbekannten Herzpfänders in ihm wie ferne Echos nachschwangen, dachte Luxon an Hadam.
Hadam!
Augenblicke oder kleine Ewigkeiten, Monde oder Tage vergingen in absoluter Abgeschiedenheit und Eingeschlossenheit. Waren es die Entsprechungen von Atemzügen oder Tage, viele Tage oder ein Mond später ...
... plötzlich fühlte, spürte und erfuhr Luxon eine Änderung seines Zustands.
Er hörte!
Etwas oder jemand beschäftigte sich mit der Salzsäule. Seine Ohren, tief hinein von den Kristallen verkrustet und erfüllt, fingen knisternde und raspelnde Geräusche auf.
Jemand kratzte am Salz!
Luxon zuckte zusammen. Gleichzeitig merkte er, dass er sich nicht bewegen konnte – welch ein Irrsinn! Das Empfinden des Zusammenzuckens war etwas gewesen, das in seinem völlig unbeweglichen Körper vor sich gegangen war. Dennoch! Das Geräusch blieb. Jemand schabte, kratzte, entfernte knisternd und schürfend Salzkristalle in der Gegend seines rechten Ohres. Da er nicht einmal wusste, wie dick diese verdammte Säule aus salzigen Kristallen war, hatte seine Erregung keine Möglichkeit, sich in Hoffnung zu verwandeln.
Er ahnte, nein, in seiner Verzweiflung wusste er es genau, dass dieses Kratzen und Schaben gleich wieder aufhören würde.
Es gab keine Erlösung aus diesem absolut tiefsten Punkt seiner Erniedrigung.
Verzweifelt dachte er:
Gleich hört es auf. Sofort werden sie ... wer? Sie? ... Waren es Tiere, war es ein Mensch gewesen ...? Es wird aufhören.
Luxon fühlte, wie eisige und heiße Schauer durch seinen Körper rasten.
Unverändert machte sich jemand an der Salzsäule zu schaffen. An seinem rechten Ohr. Das Geräusch wurde schärfer, lauter und deutlicher. Das konnte nur bedeuten, dass die Menge der Kristalle an dieser Stelle geringer wurde, dass die Schicht dünner wurde.
Jemand hilft mir!, dachte er.
Und noch während er, halb offen und halb verzweifelt, diesem Geräusch lauschte und von inneren Zweifeln fast zerrissen wurde, ertönte genau das gleiche Geräusch nahe seinem linken Ohr.
Dies konnte kein Zufall sein, kein Versehen.
Er hoffte weiter.
Bald darauf hatte der oder hatten die Fremden dort draußen, in der wirklichen Welt, in der Salzsäule zwei runde, hohle Kanäle ausgekratzt. Von rechts ertönte eine seltsam verfremdete Stimme:
»Ich bin Escuber, der Diener deines Gönners.«
Zu spät dachte er daran, dass jeder Laut – abgesehen von tiefen, rumpelnden Geräuschen während seiner langen Irrfahrt – für ihn fremd sein musste.
»Ich nenne mich Sokar. Auch ich bin Diener!«, sagte eine andere, zweite Stimme durch den Hohlraum.
Wie kann ich antworten?, dachte Luxon. Nun war er sicher, dass zumindest einer seiner Sinne nicht mehr länger gelähmt war.
Von rechts kamen die Worte:
»Wir haben den Auftrag, dich hören zu lassen ...«
Links sagte Sogar:
»... was um dich herum vorgeht. Wir wollen dich von all deinen Leiden befreien ...«
Rechts:
»... im Auftrag dessen, dem wir dienen ...«
Links:
»... der aber noch unerkannt bleiben will. Noch nennt dein Gönner nicht seinen Namen.«
Seltsam, sagte sich Luxon. Aber schon schöpfte er mehr als nur ein wenig Hoffnung. Viel schlechter konnte es nicht mehr werden. Wollte Berife ihren schweren Fehler wieder rückgängig machen? Sicher war es so.
Dennoch: noch musste er warten.
Er wartete förmlich darauf, dass ihm Sokar und Escuber mitteilten, wo er sich befand und in wessen Macht. Trotzdem hörte er das Flüstern von rechts.
»Wir dürfen dir nichts sagen. Höre genau zu, und vieles wirst du erraten können!«
»Lausche schweigend«, spottete die andere Stimme an seinem linken Ohr, »und denke daran, dass jemand dir durch uns hilft und schon geholfen hat.«
Luxon hörte von links und rechts, wie sich leise Schritte matt entfernten. Dann war er wieder mit sich allein und spannte seine Sinne an. Sinne? Nur das Gehör konnte er einsetzen, nicht mehr ... mehr noch nicht.
Escuber und Sokar. Nun denn. Vielleicht erfuhr er noch, wer diese beiden Diener waren, und wem sie gehorchten.
Schweigen. Eine weitere Ewigkeit fing für ihn an.
Eine Zeit, in der er lebte und trotzdem nicht wusste, was alles sollte. Er nahm Laute und Geräusche wahr. Fremde Laute, unbekannte Geräusche, die er nicht verstand und trotz tiefer Bemühungen nicht entschlüsseln konnte.
Plötzlich:
Gleichzeitig mit dem ersten Wort oder Begriff, der sich in seinen Gedanken bildete, sah Luxon vor seinem inneren Auge eine kleine, schwarze Gestalt, nicht greifbar, seltsam wesenlos und nur als Phantom in seinem Verstand vorhanden.
Der Herzpfänder.
Du hast noch nicht genug gelitten, mein Freund, mein Feind, sagte die lautlose Stimme in eisiger Hartnäckigkeit. Noch scheint deine Seele, dein Herz und dein Verstand also, nicht gänzlich zerstört zu sein. Ich werde diese Zerstörung weiter vorantreiben, Luxon-Arruf! Ich habe dich nicht vergessen. Von Schritt zu Schritt, von Stufe zu Stufe abwärts, wirst du dich mehr und mehr dem Punkt nähern, an dem ich dich haben will.
Noch wird viel Zeit vergehen!
Vieles wird auf dich einstürmen. Du wirst zwischen Hoffnung und abgrundtiefer Verzweiflung hin und her gerissen werden wie ein dünnes Rohr im Sturm!
Du wirst warten und zittern müssen!
Lange! Niemand weiß, wie lange es sein wird. Wenn es allein nach mir ginge, würden deine Qualen äonenlang dauern. Aber die Wellen und Strömungen des Schicksals werden dich im Maß ihres ewigen Atems ans Ziel tragen. Das Ziel aber kenne ich. Und du sollst es kennenlernen, und schon sage ich dir, dass es die vollkommene Vernichtung von Luxon bedeutet.
Erfreue dich daran, durch die Augen Necrons noch einen Blick auf die wirkliche Welt werfen zu können!
Für eine kleine Ewigkeit wird dies das einzige sein, das du tun kannst, ohne dich in meinen Netzen der Angst, der Furcht und der Panik zu verstricken.
Lebe wohl, Luxon. Dein Leben im Salzblock ist nur die erste Stufe des endgültigen Untergangs ...
Die Stimme des Herzpfänders schwieg.
Ihm war, als greife eine eiserne Hand nach seinem Herzen und hielte es für einige Schläge an. Todesfurcht machte ihn halb besinnungslos. Es war ihm versagt, ganz sein Bewusstsein verlieren zu können!
Wie würde es enden?
Der Ratschlag des unbarmherzigen Pfänders des Herzens war alles, was aus dem Chaos seiner Gedanken hervorwuchs wie eine Frühlingsblume, die verwelkte, bevor sie richtig erblüht war.
Luxon verkrampfte sich, griff wieder nach Necrons Augen und bemächtigte sich für lange Augenblicke dieses zweiten...




