Klewe | naiv aber ehrlich | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 392 Seiten

Klewe naiv aber ehrlich

Mein Leben in Ost & West
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-347-20368-6
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Mein Leben in Ost & West

E-Book, Deutsch, 392 Seiten

ISBN: 978-3-347-20368-6
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kurzgeschichten von einer historisch wichtigen Zeit vor und nach dem Mauerfall in Berlin. Erzählungen über das wahre Leben und Arbeiten im Osten Deutschlands. Neubeginn nach dem Mauerfall am 09.November 1989 im Westen Deutschlands. Ein Leben in Ost und West wird mit einfachen Worten und allgemein verständlich dargestellt.

Horst Klewe wurde kurz vor Kriegsende 1943 - südlich von Berlin - in der Niederlausitz geboren. Gab es Erinnerungen an seinen Vater? Sein Tod als Kriegsopfer lässt ihn nicht los. Vieles erinnert an eine frühere, unbeschwerte Zeit. Obwohl er es selbst nicht merkt, er lebt in einer unsagbar armen und dem Verfall preisgegebenen Bergbauregion, die nun eben seine Heimat ist. Vorgezeichnet ist sein Werdegang in einer Elektriker - Familie. Lustige und bedrückende Geschichten erzählen von Jugendstreichen - Ausbildung - Arbeit im Bergbau - Wehrdienst - Familiengründung - Studium - Wohnung und Arbeit in Mecklenburg. Mit 26 Jahren beginnt seine prägende Zeit in der Enge des Arbeiter- und Bauernstaates. Ausführlich und kritisch wird das wirkliche Leben und Arbeiten als Ingenieur in VEB - Projektierungseinrichtungen beschrieben. An das System angepasst kritisiert er mutig und offen das Unrecht und sehnt sich nach Freiheit. Geschickt werden Lücken für ein privates Glück gefunden und genutzt. Der DDR - Staat ermöglicht seiner eingesperrten Familie lange ein kompliziertes Leben ohne Freiheit. Eine genehmigte Geburtstagsreise in den Westen ändert alles. Es ist die Reaktion seiner Kinder, als er zurückkehrt. Es darf nicht sein, dass auch den Kindern ein Leben in Freiheit verwehrt wird. Die Familie rückt zusammen und stellt Ausreiseanträge. Naiv glaubt er dies zu erreichen. Nur der Fall der Berliner Mauer führt zum Weg in die Freiheit. Mit 46 Jahren beginnt sein Neuanfang mit 13 Holzkisten und viel Arbeit. Kritisch beleuchtet werden - die Schwierigkeiten von neu in den Markt dringenden Freiberuflers - die Stolpersteine beim Akquirieren Öffentlicher Aufträge - die Situation der Ingenieurbüros. Der schwere Beginn aber auch der Weg zum Glück wird dem Leser nähergebracht. Viele Geschichten erzählen vom Leben in Ost und West.

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Gründe für diese Zeilen. Meine Überzeugung ist, dass das, was ich erleben durfte und noch erlebe, etwas ganz Besonderes ist. Ein kleiner geschichtlicher Abschnitt, den bisher nur meine Generation erlebt hat. Die friedliche Vereinigung der beiden Teile Deutschlands und viele Jahrzehnte lang ein Leben ohne Krieg. Für mich ist es zusätzlich ein halbes Leben in einer besonderen Diktatur und fast ein halbes Leben in Freiheit. Über die Zeit in der sogenannten DDR (Deutsche Demokratische Republik) hätte ich ganz sicher niemals etwas aufschreiben können, wenn es diesen Staat noch heute gäbe. Heute ist für mich diese verlogene DDR-Zeit nur noch komisch. Aber darauf komme ich später noch zurück. Einige lustige, aber auch bedrückende Geschichten aus dieser Zeit will ich festhalten. Das ist der eigentliche Sinn meiner Zeilen. Es muss etwas aus dem Kohlepott berichtet werden, aus dieser erbärmlichen, ärmlichen Niederlausitz, aus meiner Heimat und meinem Heimatort, der heute unter Wasser liegt. Aber natürlich will ich auch über meine Eltern und Geschwister und über meine Familie schreiben. Vielleicht werden meine Zeilen auch meinen Kindern und Enkelkindern etwas Neues erzählen. Später werde ich ausführen, warum und wie ich meiner Familie den Weg in die Freiheit erkämpft habe. Eigentlich ein Witz, denn als wir am 17. November 1989 endlich aus der DDR ausreisen konnten, da konnte es eigentlich jeder andere auch. Aber bei uns gab es eine Vorgeschichte, von der ich später noch erzählen werde. Und ein weiterer Grund war mein sehr guter Kontakt zu einem öffentlichen Auftraggeber – oder besser gesagt zum Fachbereichsleiter und einigen Mitarbeitern. Wenn nichts Fachliches zu besprechen war, dann habe ich von der DDR erzählt. Das war alles neu für sie und unglaublich. „Schreiben Sie doch das auf“, hörte ich oft. Und auch wegen diesem Rat tat ich es. Dann hat meine Schwester Sigrid lange vor dem Ende der DDR davon erzählt, dass eine einfache Bäuerin – ich glaube aus Bayern – ihre Lebensgeschichte aufgeschrieben hat, die dann zum Bestseller wurde. War es „Herbstmilch“ von 1985 oder schon ein früherer Roman? Unsere Mutti hatte ihre Kindheit und einige Jugendjahre in einer Zeit erlebt, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Immer wieder hörte sie den Wunsch ihrer Kinder, besonders von ihrer Tochter: „Schreib doch bitte deine Lebensgeschichte auf.“ Beim jährlichen Familientreffen am letzten Wochenende im September, tafelte unsere Mutti jedes Jahr all das auf, was zuvor lange vom Munde abgespart wurde. Kuchen, Torten, sogar im Konsum bestellten Rollschinken und immer zwei Enten mussten es sein. Wir feierten den Geburtstag der Else mit integrierter Elsebirnenernte. „Hast du schon etwas geschrieben?“, fragten die Kinder jedes Jahr. Dann fuhren die großen Kinder mit Enkelkindern wieder nach Berlin und nach Schwedt zurück, natürlich mit Birnen im Kofferraum. Das ging einige Jahre so und wirklich, Mutti hat 1985 in Schönschrift ein wenig zu Papier gebracht. Dazu benutzte sie noch leere, alte DDR-Schulhefte ihrer Kinder. Meine Mutter wurde am 23.09.1907 in Lieske, wie damals üblich, zu Hause geboren. Wir kannten alles aus ihrer Kindheit und Jugend. Die Schinderei in der Landwirtschaft zu Hause, aber auch als ausgeliehene Hilfskraft bei entfernten Verwandten und Bekannten. Wie der Vater als Musikus dem Alkohol verfiel und die Mutter und alle Geschwister darunter litten. Immer half der Großvater. Aber wir kannten auch die schönen und lustigen Geschichten, die sie uns erzählte. Auch als sie als junges Mädchen „in Stellung“ in Berlin war. So hieß es als Mutti und ihre Schwester Friedel bei „Herrschaften“ etwas Geld verdienten. Keiner kann sich heute diese ärmliche und ungerechte Zeit wirklich vorstellen. Heute würde man von einer unsozialen Zeit sprechen. Das Ergebnis waren schließlich die bekannten Parteiengründungen und Arbeiterbewegungen. Dann auch noch die zwei Weltkriege mit dem unendlichen Leid und Verbrechen. So schrieb eben meine Mutter ihre sechzehn Seiten im Heft 1, „ Kinderjahre“, sowie wenige Zeilen als Fortsetzung im Heft 2, „Jungmädchenjahre“, die auf Seite 5 abrupt abbrachen. Mir kommen immer die Tränen, wenn ich das lese. Schade, dass meine Mutti offensichtlich keine Zeit mehr hatte, dies bis zum Erwachsenenleben fortzusetzen. Es gab dafür bestimmt viele Gründe. Nach 27 Jahren zog ihr Jüngster mit seiner Familie fort. Mutti war dann ganz allein. Der Bergbau fraß sich in Richtung unseres Heimatortes. Mit den Geburtstagsfeiern mit Birnenernte bei meiner Mutter ging es zu Ende. Jetzt musste sie sich mit dem Verlassen ihrer Heimat und dem ungeliebten Umzug in eine Neubauwohnung abfinden. Ja und dann kam schon bald das, was wirklich niemand mehr erhoffen konnte: das Ende der DDR 1989. Aber darüber will ich später ausführlich berichten. Da kann man verstehen, dass meine Mutti wirklich keine Zeit mehr hatte, über ihr Leben weiter zu schreiben. Jetzt hieß es, endlich die vielen neuen Rechte im demokratischen Deutschland selbst in Anspruch zu nehmen, ohne jede Hilfe. Dass war schon eine tolle Leistung meiner Mutter, wie sie die notwendigen bürokratischen Formalitäten bewältigte. Wie gesagt: ohne Hilfe. Wie stolz sie jetzt war. Endlich bekam sie für unseren in den letzten Kriegswirren verstorbenen Vater eine kleine Rente, die man ihr in der sogenannten DDR verweigerte. Von der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie wurde meine Mutter nun für fünfzig Jahre Mitgliedschaft geehrt. Die Anstecknadel habe ich an ihr Bild angeheftet. Den Hutschenreuther Wandteller „Rauchquarz Amazonit“ habe ich vor der Haushaltsauflösung gerettet. Den Stolz meiner Mutter nach der Wende kann man ohne ausführliche Schilderungen nicht richtig verstehen. Das Elend nach dem Krieg ohne den „Verdiener“ war groß. Plötzlich stand sie, als alleinstehende Frau ohne Beruf, mit drei Kindern da. Als es endlich Arbeit gab, da hieß es sich durchzusetzen. Es waren hauptsächlich Frauen die als Hilfskräfte in der Ankerwickelei für wenig Geld arbeiteten. Die Zwietracht zwischen den Frauen wurde, mittels Auszeichnungen und Prämien für linientreue Arbeitskräfte, noch verstärkt. So waren eben die ungerechten Bedingungen und Verhältnisse im „Volkseigenen Betrieb“ (VEB). Meine Mutter wurde niemals „Bestarbeiterrin“ oder gar als „Aktivistin ausgezeichnet, obwohl sie das bestimmt damals hoffte. Sie schuftete um ihre Kinder zu ernähren und „um etwas aus ihnen zu machen“, sagte man bei uns. Meine biografischen Erinnerungen schreibe ich gewiss auch wegen meiner großen Schwester nieder. Sie war immer eine Kämpferin für die Gerechtigkeit. Diese Erinnerung blieb mir aus der Zeit, als sie schon zur Oberschule ging. Mein Onkel war mit seiner Liebe durchgebrannt. Er war mit ihr „nach den Westen abgehauen“, sagte man bei uns. Er hatte seine Kinder nebst Frau sitzenlassen. Meine Schwester hatte sich wie eine Löwin im Briefwechsel mit dem Onkel eingesetzt, um dieses, in ihren Augen, unglaubliche Unrecht wieder aufzulösen. Meine Schwester hatte immer so wunderschöne Briefe geschrieben. Sie kann es einfach. Ihre Zeilen sind immer erfrischend und oft spaßig. Sie sprach früher vom „illustriert Erzählen“. Sie sagte es, wenn einer etwas so erzählt, dass man es sich richtig vorstellen kann. Genauso schreibt sie auch. Briefe schrieb man in diesen Zeiten. Was blieb einem auch anderes übrig ohne Telefon? Nachdem ich lange immer wieder rumgequengelt habe, sie möge mir doch öfter mal schreiben, hat sie mich richtig überrascht. Erinnerungen aus ihrer Kindheit war mein Geschenk zum 70. Geburtstag, es kam per E-Mail. Sie sagte mir, dass sie die unendlich vielen Seiten auf ihrem Apple Smartphone geschrieben hat. Eigentlich kann ich mir das gar nicht vorstellen. Da muss sie ja dann genauso gut darauf schreiben können wie Angela Merkel. Die sah ich oft im Bundestag. Immer wenn ein politischer Gegner Kritik übt, dann vertieft sie sich mit ihrem Vier-Finger-Suchsystem auf ihrem Smartphone und schreibt SMS oder tut nur so. Nun war ja zum Glück mein Enkel auch zu Besuch. Da er ein Apple Smartphone hat, konnte er am Telefon erklären, wie das Geschriebene zu senden ist. Die Erklärungen waren sicher kompliziert und das Telefonat war für alle lustig anzuhören. Egal, es hatte geklappt. So habe ich jetzt Familiengeschichten aus einer Zeit, die auch zu mir gehören, die mir so viel bedeuten. Bisher habe ich nicht um Erlaubnis gebeten, ob ich diese hier verwenden darf. Aber ich bin ganz sicher, dass meine große Schwester sich wundern würde, wenn ich solch eine Frage stelle. Als Kind und Jugendlicher habe ich oft den überwiegend lustigen und spannenden Erzählungen meines Bruders...



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