Zielorientierte Einführungsstrategie mit Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, Fallbeispielen und Checklisten
E-Book, Deutsch, 294 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-540-34311-0
Verlag: Springer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Zielgruppe
Professional/practitioner
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Die Anforderungen an die moderne Fertigung.- Häufige Schwachstellen in der Fertigung.- MES: IT-Lösung zur Prozessoptimierung.- myMES: Zielorientierte Modulauswahl eines MES.- Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und ROI — Analyse.- Einführung eines MES im Unternehmen.- Fallbeispiel Firma Legrand-BTicino GmbH.- Fallbeispiel Firma Swiss Caps AG.
2 Häufige Schwachstellen in der Fertigung (S. 13)
2.1 Schwachstellen im Überblick
Der Focus der modernen Fertigung im globalen Umfeld verschiebt sich weg vom Produkt und seiner Herkunft (Fertigungstiefe) hin zur Wahrnehmung des Anbieters (OEM). Dieser Wandel hat entscheidende Folgen für den unternehmerischen Alltag: Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit und damit der Marktpositionen, die in der Vergangenheit über eine Verbesserung der Bearbeitung und der dazu eingesetzten Fertigungstechnologie versucht wurden, müssen in der Zukunft über völlig andere Leistungsparameter gelöst werden.
Der Kunde entscheidet sich zunehmend weniger für die Produkte – diese werden im globalen Markt von vielen Herstellern in vergleichbarer Qualität angeboten – als für den Anbieter. Damit muss jeder Anbieter versuchen, im gesamten Wertschöpfungsprozess auf diese Anforderungen hin zu reagieren. Die Schwachstellen in vielen Unternehmen entstehen durch das Abkoppeln der internen Produktionsziele von den Kunden- und Marktanforderungen. Das zeigt sich drastisch in der Durchlaufzeit.
Eine Aufteilung der Durchlaufzeit in 5 Prozent Bearbeitungs- und damit Werterhöhungszeit, die vom Kunden bezahlt werden gegenüber 95 Prozent Warte- und Liegezeiten, die von Kunden nicht vergütet werden, signalisiert betriebliches Chaos. Läger entstehen durch den Unterschied zwischen Lieferlosen und Fertigungslosen. Läger sind erhebliche Ertragsfresser, die aber in die Berechnung der Kosten kaum eingehen.
Bestände (Work in Process) sind Missmanagement. Sie entstehen durch eine nicht synchronisierte Fertigung, also Bearbeitungsschritten mit unterschiedlichen Taktzeiten, durch die Staus im Materialfluss entstehen. Die Termintreue wird erheblich durch interne Kostenziele wie Maschinenauslastungen und optimale Fertigungslose beeinträchtigt. In vielen Unternehmen ist die dominante Zielgröße die Anlagenproduktivität.
Aus der Sicht des Kunden aber ist nichts so teuer, wie eine hohe Maschinenauslastung – auch hier stoßen Kundenforderungen und interne Kostenanforderungen aufeinander. Flexibilität bedeutet, schnell auf Kundenwünsche wie Lieferfähigkeit und Termine reagieren zu können. Dem stehen in den Unternehmen aber die oben genannten internen Ziele wie Anlagennutzung, und daraus resultierende Bestände sowie der unproduktiven Liege- und Wartezeiten gegenüber.
Transparenz gibt es im traditionellen Unternehmen nicht. Die internen Abläufe werden überwiegend manuell durch Aufschreibungen und Berichte erfasst. Die internen Abläufe werden damit entweder gar nicht, oder zu spät oder verfälscht dargestellt. Die Planungsqualität ist eine Funktion des Planungshorizontes. Bei Lieferzeiten im Wochen- und Monatsbereich ist keine Planung mehr möglich. Planung ersetzt dann Zufall durch Irrtum. Das führt dann im betriebli- chen Alltag dazu, dass die Arbeit der Fertigungssteuerung eine permanente Baustellenarbeit ist.
Mitarbeiterproduktivität ist eine gefühlte Größe. Mitarbeiter wissen – im Gegensatz zum Sportler – nicht, wie gut sie sind, und was sie tun können, um sich und das Unternehmen zu verbessern. Produktqualität ist im heutigen Fertigungs- und Marktumfeld keine Zielgröße, sondern eine Voraussetzung, um weiter mitspielen zu können. Qualität ist damit eine Eigenschaft des operativen Geschäftes. Trotzdem führt die Qualitätssicherung in den Unternehmen zu einer aufwändigen Parallelbürokratie.
Ressourcenlenkung im Sinne einer Ausrichtung der immer knappen Ressourcen am Prozessergebnis spielt in den Unternehmen keine Rolle. Durchgängig wird die Wirtschaftlichkeit an den Zahlen des betrieblichen Rechnungswesens mit der Zielgröße Stückkosten ausgerichtet. Dazu unterstellt die Kostenrechnung eine verursachungsgerechte Zuordnung der Verbräuche auf den Kostenträger. Im heutigen Fertigungsumfeld haben die Unternehmen ca. 80 Prozent Gemeinkosten (ohne Material), damit lassen sich 80 Prozent aller Kosten nicht auf den Kostenträger verursachungsgerecht zuordnen. Die Ausrichtung der Wirtschaftlichkeit an den Stückkosten führt zu riesigen Verschwendungen.