Kleinknecht | Bist du nicht willig | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 384 Seiten

Reihe: Reporter Jan Fischer und Fotografin Charlotte Sander

Kleinknecht Bist du nicht willig

Thriller
2024
ISBN: 978-3-8392-7908-3
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Thriller

E-Book, Deutsch, Band 3, 384 Seiten

Reihe: Reporter Jan Fischer und Fotografin Charlotte Sander

ISBN: 978-3-8392-7908-3
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Charlotte Sander hat ihren ersten Tag als Fotografin bei der ältesten Zeitung Hamburgs und tritt dem erfahrenen Reporter Jan Fischer direkt auf den Schlips. Das ungleiche Paar kommt sich bei den Recherchen zu einer vermissten Sängerin näher - und fragt sich bald, ob Anna Horn wirklich bei einem Segeltörn von Bord gefallen und ertrunken ist. Gemeinsam gelingt es ihnen, einem Frauenfänger auf die Spur zu kommen, der einen perfiden Plan verfolgt. Doch den Frischverliebten bleibt nicht viel Zeit. Jan muss schnell sein, wenn er Charlotte nicht gleich wieder verlieren will …

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1
Charlotte Sander pflügte im Hallenbad durch das Wasser, als gelte es, eine neue Welt zu erobern. Und das stimmte auch. Der Fotografin stand ihr erster Arbeitstag beim Harburger Tageblatt bevor. Bisher hatte sie hauptsächlich Fotos für eine Werbeagentur gemacht und mit viel Herzblut einige großformatige Bildbände mit Hamburg-Motiven veröffentlicht. Ihre neueste Arbeit sollte diese Serie mit einem Buch über Lost Places fortsetzen. Von der Werbefotografie hatte sie schon lange die Nase voll. Immer nur künstliche Bilder von künstlichen Objekten, zu denen Charlotte irgendwann auch die entsprechenden Models zählte, hatten bisher zwar erfolgreich ihr Portemonnaie gefüllt, aber nicht ihr Herz. Da erschien ihr die Jobausschreibung der Tageszeitung viel spannender. Neben einer Liste mit gewünschten Qualifikationen hieß es, dass man durch die Themenvielfalt bei einer Lokalzeitung an Orte gelangen würde, von denen andere nicht einmal wussten. Besser ging’s nicht. Nach ihrer letzten Bahn zog sich Charlotte an den Beckenrand und schob ihre Schwimmbrille auf die Stirn. Da das Schwimmbad früh öffnete, hatte sie die Gelegenheit genutzt, noch vor der 9-Uhr-Konferenz ihr tägliches Pensum zu erfüllen: zwei Kilometer schwimmen oder wenigstens eine halbe Stunde im Wasser sein. Motiviert stemmte sie sich in die Höhe, duschte kurz und bändigte ihre Haare beim Föhnen. Die blonden Korkenzieherlocken machten sonst mit ihr, was sie wollten. Um 8.30 Uhr rollte sie mit ihrem alten Renault vom Harburger Ring auf den Redaktionsparkplatz hinter einem Geschäftsgebäude. Das Personal benutzte hauptsächlich den Hintereingang, während die Schaufensterfront des Harburger Tageblatts mit der jeweils neuesten Ausgabe nach vorn zur Fußgängerzone zeigte. Im Erdgeschoss war die Anzeigenannahme untergebracht, zur Redaktion führte eine Wendeltreppe in den ersten Stock. Eine quietschende Wendeltreppe, wie Charlotte bereits bei ihrem ersten Besuch im Gebäude festgestellt hatte. Automatisch hatten ihre grün schimmernden Augen, die bei vielen Gesprächspartnern eine gewisse Unruhe auslösten, die Treppenaufhängung geprüft. Doch mit der schien alles in Ordnung zu sein. Es quietschten offenbar nur die auf ein Metallskelett geschraubten Holzstufen. Charlotte winkte in das Büro des Chefredakteurs, bei dem sie ihr Vorstellungsgespräch gehabt hatte. Der Raum war vom Rest der Redaktion durch eine Glasfront getrennt, die sich mit einem Vorhang blickdicht schließen ließ. Petersen saß an seinem Schreibtisch und winkte kurz zurück. Der Chefredakteur wirkte beschäftigt, also ging Charlotte zur kleinen Küche. Dort versorgten sich Redakteure, Volontäre und Fotomitarbeiter wahlweise mit Kaffee oder Tee. Besonders vor den Konferenzen war hier das Gedränge groß. Charlotte lächelte in verschiedene Gesichter, tauchte einen Beutel Schwarztee in einen Becher mit heißem Wasser und ging dann wieder in die Redaktion. Am ersten Tag gedachte sie, vorbildhaft pünktlich zu sein. Sobald sie sich eingewöhnt hatte, würde eine Dose mit echtem Tee in einen der Hängeschränke wandern, damit es in der Redaktion zukünftig etwas zivilisierter zugehen konnte. Ein Kollege hob den Blick vom Schreibtisch, als sie sich im Raum nach einer Sitzmöglichkeit umsah. Der Mann trug ein ordentlich gebügeltes blaues Hemd und eine Bundfaltenhose mit dünnem Gürtel, dazu braune Lederschuhe. Eine senkrecht verlaufende Falte auf der Stirn ließ ihn zunächst mürrisch aussehen, doch der Eindruck verschwand sofort, als er zu lächeln begann und dabei eine kleine Lücke zwischen den beiden oberen Schneidezähnen entblößte. Mit einem Kopfnicken deutete er auf den freien Drehstuhl an einem Schreibtisch, mit dem sein eigener Tisch eine kleine Insel bildete. Es gab hier fünf Gruppen mit je zwei Schreibtischen, die mit den Stirnseiten zusammenstanden und deren Computermonitore, Tastaturen und Telefone sich somit spiegelten. »Danke«, sagte Charlotte, bevor sie sich mit ihrem Tee auf dem freien Stuhl niederließ. »Charlotte Sander«, fügte sie dann noch hinzu. »Schultheis«, entgegnete der Redakteur, den Charlotte auf Mitte 40 schätzte. Da er offenbar genauso wenig wie sie zur Quasselstrippe taugte, blieb es bei der kurzen Begrüßung. Ein Blick nach rechts durch eine Panoramascheibe zeigte Charlotte zwischen zwei hohen Gebäuden hindurch, wie der Verkehr auf dem Harburger Ring dahinfloss. Dann bemerkte sie, dass jemand neben ihr stand. Charlotte musste nach oben gucken, um die Augen des Mannes zu finden, der sie sichtlich etwas ratlos ansah. Es war ein dünner Kerl mit einem Kaffeebecher in der Hand. Er war mindestens ein Meter 90 groß und damit sogar noch größer als Charlotte selbst, sein Gesicht kantig und unrasiert. Sein Körper wirkte eher zäh, als durch Sport gestählt, trotzdem wohnte seiner Haltung eine Lässigkeit inne, die Charlotte gefiel. »Mein Platz«, sagte er nun. Charlotte sah zu Schultheis hinüber, dem sie den Sitzplatz zu verdanken hatte, doch dieser versteckte sich hinter seinem Monitor und tat so, als habe er nichts damit zu tun. Ihr erster Impuls war es, den Stuhl kampflos zu räumen. Immerhin war dies ihr erster Tag. Da wollte sie nicht gleich mit den internen Gewohnheiten brechen. Doch dann entschied sie sich anders. »Wo kann ich sonst während der Konferenz sitzen?«, fragte sie den langen Kerl. Der sah sich nun selbst suchend um, hob fragend die Augenbrauen. »Schon gut«, sagte er dann, trat an Charlotte vorbei und setzte sich auf einen niedrigen Heizkörper vor der Panoramascheibe. Da die Heizung nur etwa 30 Zentimeter hoch war, musste er seine langen Beine aufwendig sortieren. Auch danach sah die Sitzhaltung nicht besonders bequem aus, aber es schien ihrem Kollegen zu genügen. Charlotte roch den Kaffee in seiner Hand und den Hauch eines angenehmen Herrenparfüms. »Charlotte. Die Neue fürs Foto«, sagte sie. »Jan«, erwiderte Jan Fischer und prostete ihr mit dem Kaffeebecher zu. Im selben Moment begann ein Pager auf der Schreibtischoberfläche zu rappeln. Er war auf lautlos gestellt, trotzdem verursachte sein Vibrieren ein alarmierendes Geräusch. »Gib mal«, bat Jan und streckte die Hand aus. Charlotte reichte ihm das Gerät und sah dabei die Meldung auf dem Display. »Person in Wasser. Lotsekanal«, las Jan vor. »Sollte vielleicht jemand hin. Schultheis, was ist mit dir?« Der Mann im blauen Oberhemd versteckte sich noch immer hinter seinem Monitor und schien sich nicht angesprochen zu fühlen. Dafür schob Petersen seinen übergewichtigen Körper aus dem Büro des Chefradakteuers und sah Jan erwartungsvoll an. »Person in Wasser. Gleich um die Ecke«, sagte Jan. »Kann aber alles Mögliche sein.« »Dann guck mal nach. Was Aktuelles können wir noch gebrauchen«, entgegnete der Chefredakteur. Petersens Alter ließ sich wegen seiner Körperfülle nur schwer schätzen. In seinem runden Gesicht wurden die Falten von innen geglättet. Dafür machte ihn ein Vollbart wieder etwas älter. Charlotte hatte ihn schon beim Bewerbungsgespräch Mitte 50 bis Mitte 60 geschätzt. »Ich höre erst mal, was der Lagedienst sagt. Vielleicht liegen da wieder nur Klamotten am Kai.« Jan stellte den Kaffee ab und griff zum Telefon, während Charlotte mit dem Stuhl ein Stück zurück rollte, um ihm Platz zu machen. Für den Lagedienst der Feuerwehr gab es eine Kurzwahltaste. Jan meldete sich, als säße am anderen Ende der Leitung ein guter Bekannter, nickte dabei und legte dann wieder auf. »Könnte tatsächlich einer im Wasser sein«, sagte er zu Petersen. »Da treiben Kleidungsstücke im Hafenbecken.« »Dann los. Und nimm Charlotte mit. Sieht sie gleich, wie es hier läuft.« So viel zu einer entspannten Vorstellungsrunde bei der Redaktionskonferenz, dachte die Neue im Raum. Eine Aufwärmzeit gab es bei der Zeitung offenbar nicht. »Kommst du?«, fragte Jan. »Hole nur meine Sachen«, entgegnete Charlotte und lief zu der Tasche mit ihrem Fotoequipment, die sie in Sichtweite an einer Wand abgestellt hatte. Ihre Schritte waren lang und ausholend. Charlotte trug Cowboystiefel, Jeans und eine Jeansjacke über einer roten Bluse. Auffallend große Ohrringe wippten auf Höhe ihrer Kieferknochen, als sie Jan bei der Wendeltreppe einholte. Wieder quietschten die Stufen unter ihren Schritten. Um zum Lotsekanal zu gelangen, mussten Jan und Charlotte die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Bremen überwinden, deren Schienenstrang die Harburger Innenstadt vom Hafengebiet trennte. Charlotte steckte sich eine Zigarette in den Mundwinkel und kurbelte das Fenster runter. »Was?«, fragte sie, als sie Jans Blick auf sich spürte. »Brauchst nicht nervös zu sein«, antwortete er und begann, wie schon in der Redaktion, seine Beine zu sortieren. »Wir drucken sowieso keine Fotos von Toten. Wenn da was ist, reichen Bilder von den Tauchern oder einem Feuerwehrboot mit Hafenpanorama. Alles ganz entspannt. Wir sind nicht von der Boulevardpresse. Unsere Leserschaft ist im Schnitt über 50. Da darf es nichts allzu Aufregendes mehr sein.« Charlotte blies Rauch aus dem Fenster. »Wer sagt, dass ich nervös bin? Bin ich nämlich nicht.« »Musst du auch nicht.« Charlotte fragte sich, ob der Typ sie verschaukeln wollte, konnte aber kein verstecktes Grinsen entdecken. Dann war seine Bemerkung vielleicht einfach nur nett gemeint. »Schon lange dabei?« Jan schien endlich eine passende Position für seine Beine gefunden zu haben. »Schon ewig«, antwortete er. Für ewig sah Jan zu jung aus. Charlotte schätzte ihn auf Mitte 30. Damit war er...


Kleinknecht, Markus
Markus Kleinknecht ist Fernsehjournalist und Autor. Polizeigeschichten und Gerichtsberichte gehören seit über 20 Jahren zu seiner täglichen Arbeit. Viele Details hieraus fließen in seine Thriller rund um das Hamburger Journalistenpaar Charlotte Sander und Jan Fischer, denn das wahre Leben scheint ihm oft viel wahnsinniger, als er es sich ausdenken kann. Nach „Sturmgepeitscht“ und „Hamburg im Zorn“ nimmt er auch in „Bist du nicht willig“ die menschlichen Abgründe ins Visier. Kleinknecht lebt mit seiner Frau, zwei Kindern und einem Border Collie in Buchholz bei Hamburg.



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