Kirchhoff | Nietzsche, Hitler und die Deutschen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 324 Seiten

Kirchhoff Nietzsche, Hitler und die Deutschen

Die Perversion des Neuen Zeitalters
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7693-6017-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Perversion des Neuen Zeitalters

E-Book, Deutsch, 324 Seiten

ISBN: 978-3-7693-6017-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nietzsche, Hitler und die Deutschen. Die Perversion des Neuen Zeitalters. Vom unerlösten Schatten des Dritten Reiches. Vorwort von Rudolf Bahro Erstausgabe 1990 in der edition dionysos. Neuausgabe 2024 (ohne das letzte Kapitel) "Die Lösung der globalen Krise heute, dies meine innerste Uberzeugung, ist auch mit einer adäquaten geistigen Auseinandersetzung mit dem Hitlerismus verknüpft, insbesondere mit seinen Voraussetzungen und Wurzeln sowie mit den seelischen und geistigen Bewegungsenergien, die hier zum Tragen kamen. Ich bin überzeugt, dass da etwas durchzubrechen und Gestalt zu werden versuchte, das auch uns heute angeht." "Der Nationalsozialismus war die Perspektive einer Revolte gegen den Nihilismus und die lebensfeindliche Grundtendenz des modernen Industriesystems, ein verhunzter und darum gescheiterter Versuch, den Ausrottungsfeldzug gegen die Natur zu stoppen, der sich schon damals abzeichnete. Diese Revolte gegen den Nihilismus stand im Zeichen der Vision eines Neuen Zeitalters, einer anthropologischen Wende, eines weltgeschichtlichen Umbruchs in Richtung auf die Versöhnung von Natur und Geist." Jochen Kirchhoff. Jochen Kirchhoff gelingt in diesem Werk eine umfassende geistesgeschichtliche Einordnung des Nationalsozialismus unter Einbeziehung der Kategorien lebendiger Mythos, Vision eines Friedenszeitalters und Charakterologie des deutschen Geistes. Dabei stehen die Denkweise und die Impulse Friedrich Nietzsches als Kritiker der abendländischen Kultur und als Vorbereiter einer umfassenden geistigen, seelischen und kulturellen Transformation im Mittelpunkt. Die These, dass das Dritte Reich als Perversion des Neuen Zeitalters aufgefasst werden kann, wird überzeugend dargelegt und begründet. Jochen Kirchhoff greift in diesem Werk auf seine zeitlebens stattfindende Auseinandersetzung mit Nietzsche, seine eigenen umfassenden geistesgeschichtlichen Kenntnisse und seine einzigartige philosophische Durchdringung der Weltbewusstseinskrise zurück. Das Werk besticht durch eine Vielzahl an Verweisen auf das Zeitkolorit und die naturphilosophischen, erdgeschichtlichen und wissenschaftlichen sowie politischen Diskussionen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Nietzsche, Hitler und die Deutschen ist ein Werk von bleibendem Wert, das der Selbsterkenntnis und der Vision der Deutschen dient.

Jochen Kirchhoff, geb. 1944, lebt als Philosoph und Schriftsteller in Berlin. Veröffentlichungen über Kopernikus, Giordano Bruno, Schelling und Nietzsche. Autor der Bücher (u.a.): «Klang und Verwandlung. Klassische Musik als Weg der Bewusstseinsentwicklung.», «Die Erlösung der Natur», «Räume, Dimensionen, Weltmo- delle», «Was die Erde will», «Das kosmische Band», neueste Veröffentlichung: «Anti-Geschichte der Physik»

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Vorwort
Die Freundschaft, durch die ich zu diesem Vorwort komme, verdanke ich meiner «Logik der Rettung», dem Wesensausdruck darin, der Jochen Kirchhoff als verwandt berührte. Seine Bücher über Giordano Bruno, über Schelling, über Beethoven und Mozart («Klang und Verwandlung») haben dann auch mich angerührt, nicht so sehr auf der Ebene der Meinungen, die differieren mögen, als in der Charakterverfassung. Was in solchen Freundschaften im Spiegel erscheint, ist aufklärend nach innen, besonders wenn man sich nicht einfach der Eitelkeit überlässt, endlich mal «erkannt» worden zu sein. Als ich mit siebzehn wegen eines Fahrradunfalls liegen musste, brachte mir ein Lehrer den in der frühen DDR natürlich verpönten Nietzsche, und ich las mit roten Ohren «Zarathustra», «Ecce homo» und den «Antichrist». «Verwechselt mich vor allem nicht!», blieb mir am meisten hängen. Der DDR, der SED (immer Menschen natürlich, Kommunisten in der Regel) und meiner ersten Frau habe ich es zu verdanken, dass der kompensatorische Größenwahn nicht mit mir durchging. Wir hatten zu viel zu tun. In dieser westlichen Gesellschaft hier ist die Versuchung dazu ungleich größer, die Hemmung geringer. Nietzsche ist virulent, weil sich der emotional unreife Intellekt, zumal der tatenlose, erhöht in ihm wiedererkennt. Ja, da ist viel Richtiges, unendlich Scharfsinniges bei Nietzsche; unwahr aber ist es im Ganzen. Das macht uns Kirchhoff konzentrisch anschauen, in kreisenden Variationen. Es geht wohl einfach darum, die Ambivalenzen bewusstzumachen, in die wir schattenhaft verstrickt sind. Während ich in der DDR lernte, dass der Faschismus hauptsächlich «die offene terroristische Diktatur der am meisten aggressiven und reaktionären Kreise des Finanzkapitals» war, gab es dort doch zugleich noch einen anderen, dem Kirchhoffschen ähnlichen Zugang, den man als geistesgeschichtlich bezeichnen könnte. Johannes R. Becher, über dessen Deutschlanddichtung ich meine philosophische Diplomarbeit schrieb, hatte in den Jahren der Emigration seine Identität als deutscher Dichter auf die Unterscheidung zwischen dem «wahren» und dem «falschen» Deutschland gegründet, und es gab in seinen Gedichten wie in seinen vielen Schriften zur «Verteidigung der Poesie» so manche Brücke zu der Ansicht Thomas Manns, mit dem Hitlerismus sei den Deutschen viel von ihrem Besten zum Bösesten ausgeschlagen. Becher schrieb in Anlehnung an ein Gryphius-Gedicht aus der Zeit des 30jährigen Krieges ein Doppelsonett, «Tränen des Vaterlandes anno 1937», das so anhob: «Du mächtig deutscher Klang, Bachs Fugen und Kantaten, Du zartes Himmelsblau, von Grünewald gemalt, Du Hymne Hölderlins, die feierlich uns strahlt! 0 Farbe, Klang und Wort, geschändet und verraten! Und anstatt Hölderlin auch nur dafür zu kritisieren, dass er in Nazitornistern vorfindlich war, schrieb Becher schon in Moskau ein illusionsgeladenes Stück, das Drama «Winterschlacht», wo ein junger Deutscher in Russland dahin gelangt, seine Rolle als Verrat an Deutschland zu begreifen. Aus Hölderlins Gedicht «Der Tod fürs Vaterland», zitierte Becher, natürlich mit bestimmter Interpretation, immer wieder die Zeilen: «Denn die Gerechten schlagen wie Zauberer, und ihre Vaterlandsgesänge lähmen die Knie der Ehrelosen.» In meiner «Logik der Rettung», auf die sich Jochen Kirchhoff in den nachfolgenden Vorbemerkungen bezieht, habe ich (u. a.) angedeutet, wir müssten uns dem Nationalsozialismus als einem notwendigen, d. h. zumindest nachträglich indisponiblen, unvermeidlichen Ereignis stellen. Es muss da eine Herausforderung gegeben haben, auf die er die psychologisch nächstliegende Antwort war, und es muss massenhaft, mehrheitlich, gerade auch in der Intelligenz, eine seelische Disposition gegeben haben, die keiner besseren Antwort fähig war – vielleicht noch nicht; denn wieso erweisen sich Werke wie die Heideggers, C. G. Jungs, Ernst Jüngers, Carl Schmitts heute, in der ökologischen Krise, als im Theoretischen aufschlussreich, während so manche antifaschistische Analyse ihren Impuls erschöpft hat? Diese mehr oder weniger dem Nationalsozialismus Verfallenen müssen dichter an elementaren Realitäten der Epoche gewesen sein. Wie vehement die fürchterliche Antwort ausfiel, auf die sie sich eingelassen hatten, das lässt ja auch auf die Stärke der Tiefenkräfte schließen, die durch die bereits damals manifeste Grundlagenkrise der kapitalistischen Industriezivilisation mobilisiert wurden. Nicht die Existenz, sondern die Kultur oder vielmehr Unkultur, Unkultiviertheit, vor allem Unbewusstheit, Unaufgeklärtheit, Unkritisiertheit, regressive Spontaneität dieser Kräfte ist das Problem. Ich setze freilich voraus, dass es eine Chance gibt, diese psychische «Kernfusion» zu steuern, dass wir uns beherrschen können, dass ich mich beherrschen kann (denn zuerst muss die Frage grundsätzlich an uns selber gehen). Dann aber hat Kirchhoff völlig recht: Wir werden die inzwischen noch bedrohlichere (als noch bedrohlicher vorgeahnte, wenn auch nicht wirklich erlebte) Krise, die jetzt als «ökologische» – auf die Störung der Naturgleichgewichte durch den naturwüchsigen Menschengeist zurückgehende – erkannt ist, nicht lösen, wenn wir nicht wagen, diese Kräfte zu rufen, d. h. mit unserem ganzen Potential zur Stelle zu sein. Die kritische Ratio allein, zudem vorrangig als Komplizin der großen Maschine eingesetzt, macht nicht frei und führt nicht zu rettender Tat. Andererseits aber wird das physische Überleben keinen Sinn machen, eher auf neue Barbarei hinauslaufen, wenn wir Zauberlehrlinge die Geister der Unterwelt rufen, ohne uns der Anwesenheit des Alten Meisters zu versichern, der den Besen in die Ecke schicken kann. Wenn aus dem Kirchhoffschen Buche etwas eindeutig hervorgeht, dann über seine ausgesprochene Absicht hinaus auch dies: dass Revolte gegen was auch immer, sei es noch so «böse» (wie etwa der moderne sciento- und technokratische Nihilismus), luziferisch bleibt. Revolte lässt grundsätzlich darauf schließen, dass das Protestpotential erst egozentrisch-dämonisch qualifiziert ist. Erich Fromms Studie über den rebellischautoritären Charakter in den Massenbewegungen auf das Jahr 1933 zu hat gezeigt, Revolte ist (unter den Bedingungen unserer imperialen Situation) faschistoid. Will sagen, es rettet nichts, Nietzsche verhunzt zu finden, sobald einer auf seiner Linie tatsächlich Nägel mit Köpfen macht und die entsprechenden Befehle in weniger brillante Worte kleidet. Geistig gesehen ist Nietzsche die Atombombe, Hitler bloß deren empirische Explosion. Wo wäre je der nachfolgende Vulgarisator ausgeblieben? Im Kontext des abendländischen Individualismus ist «echte Genialität» selbst, für nichts als sich und ihre schwertkämpferische Selbstbehauptung zuständig, die übergreifende und eigentliche Ungeheuerlichkeit, ist der Skandal des aus der kosmischen Ordnung nicht geworfenen, sondern subjektivistisch ausgebrochenen Subjekts. Wie qualifizieren, wie bezähmen wir unsere überlebenswilligen Energien? Wie weit gelingt es uns, die eigene Lebensgier, das eigene Ressentiment zurückzustellen? Gerade in dieser Stunde unserer Geschichte machen die Deutschen (Ost) unter verhältnismäßig günstigen nationalen und internationalen Experimentierbedingungen den nächsten Test auf das innerseelische Kräfteverhältnis zwischen – was die Pole betrifft dem racheschnaubenden Berserker und dem Meister in uns. Im Allgemeinen ist heute in «Mitteleuropa» klarer als früher, dass niemand anderes als wir selbst die Ursache der heraufziehenden Totalkatastrophe und der einzelnen Konvulsionen sind. Hoffentlich gibt es genügend viele Menschen in der DDR, denen aufrichtig bewusst ist, dass die Politikbürokratie, die bis dato das Land regiert hat, ihr eigener Schatten ist. Wenn es zu mehr nicht gereicht hat in der DDR, an wem liegt das? An «denen» allein? Wird das in uns zur Vernunft, d. h. zum Stehen kommen, was im Ergebnis der Staatskrise massivere Weltzerstörung, nämlich so oder so die gesamtdeutsche Vollendung der Autogesellschaft will? Wenn die SED nicht genügt, dann braucht es offenbar eine anders konstituierte «führende Kraft». In der DDR haben wir eine vielleicht doch nicht ganz so dünne Humusschicht, auf der Pflanzen wachsen wie Johannes Bechers «Karl Marx, der den Friedrich Hölderlin gelesen hätte». Und was den «König der Welt» und seine Königin betrifft, so gibt es mehrere Auflagen von Ernst Schwarz’ wunderbarer Erklärung und Übersetzung von Laotses Taoteking. Es gedeihen Kreuzungen von russischer Revolution und deutscher Klassik. Thomas Mann, an den Kirchhoffs Umgang mit Nietzsche, Hitler und den Deutschen am meisten erinnert, ist in der DDR weit gegenwärtiger als hier. Ich sehe, dass ich von Kirchhoffs Buch andauernd auf das andere, östliche Deutschland komme, wo halt die nationalkulturelle Substanz noch viel unverbrauchter...



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