Kihn | Paula & ich | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Kihn Paula & ich

Wie der frechste Hund der Welt mein Leben veränderte
14001. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8437-0764-0
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie der frechste Hund der Welt mein Leben veränderte

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-0764-0
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kurz nach seinem vierzigsten Geburtstag befindet sich Martin Kihn in einer handfesten Krise: Sein Boss will ihn feuern, seine Frau droht, ihn zu verlassen, er selbst hat jeglichen Lebensmut verloren. Außerdem sorgt Martins heißgeliebter, aber ungezogener Vierbeiner ständig für Ärger, so dass Herrchen beschließt: Die stürmische Paulasoll auf die Hundeschule und endlich Manieren lernen. Ganz nebenbei wird Martin mit dieser Aufgabe klar, wie er sein eigenes Leben wieder in den Griff bekommt. Und wie er seine Frau davon überzeugt, dass wirklich jeder eine zweite Chance verdient hat ...

Martin Kihn, 42, studierte an der Columbia- und der Yale-Universität und war Unternehmensberater. Heute arbeitet er als Journalist und Kolumnist u.a. für die New York Times, GQ, Cosmopolitan und das Forbes Magazine. Außerdem ist er als Autor für diverse TV-Unterhaltungsformate tätig, 2004 war er als Best Comedy Writer für den Emmy Award nominiert. Mit seiner Frau Julia und seinem Hund Hola wohnt Kihn in Minneapolis.
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Prolog

Einzug in den Ring

»Kommt das nur mir so vor«, frage ich meine gut vierzig Kilo schwere Copilotin, die vom Rückspiegel eingerahmt ist wie eine haarige Warhol-Marilyn, »oder drehen allmählich alle durch?«

Ich sag’s ja nur ungern, scheint sie nur ungern zu sagen, aber es kommt nur dir so vor.

»Haben wir unsere Abzweigung verpasst? Ich kann die Schilder nicht sehen.«

Und ich, sagt sie, kann nicht lesen.

Eins möchte ich Ihnen raten: Wenn Sie irgendwohin wollen und der Weg nicht so leicht zu finden ist, lassen Sie bloß nicht mich ans Steuer.

Es gibt nur wenige Dinge im Leben, auf die man sich so verlassen kann wie auf eines: Ich verfahre mich. Gründlich. Ich bringe Sie so weit weg von Ihrem Ziel, dass Sie aus dem Fenster blicken, während die Dämmerung hereinbricht, und feststellen, dass die Straßenschilder inzwischen in einer anderen Sprache geschrieben sind. Während meiner Zeit als undankbarster Unternehmensberater der Welt irrte ich einmal in einem gemieteten Ford Fiesta mit einem Vorgesetzten durch London. Nach einer Reihe hirnloser Abbiegemanöver drehte er sich wutentbrannt zu mir und fragte: »Wer hat Sie noch mal eingestellt?«

Resigniert streckt sich meine Copilotin – eine fünf Jahre alte Berner Sennenhündin namens Paula – auf dem Rücksitz des bedenklich kleinen Autos aus, gleichmütig wie ein Schmetterling, der sich im Wind wiegt.

»Du bist keine große Hilfe«, sage ich zu ihr, während meine Angst allmählich alles überdeckt.

Du auch nicht. Hast du Käse dabei?

»Wenn Sie jetzt mit dem Auto unterwegs sind«, sagt der Typ im Radio, »denken Sie darüber nach, irgendwo haltzumachen. Wir haben eine ernsthafte Unwetterwarnung. Bald wirds hässlich da draußen.«

Nicht so hässlich wie White Plains.

Die Stadt, eine graue Ödnis, vollgestopft mit alten Einkaufszentren, behauptet auf ihrer Webseite, dreißig Minuten nördlich von Manhattan zu liegen. Neunzig Minuten nachdem wir uns auf den Weg gemacht haben, schlittern Paula und ich schließlich auf den Parkplatz unseres Hundesportvereins, des Port Chester Training Clubs, wo wir vor zehn Minuten unsere Begleithundeprüfung hätten ablegen sollen.

Der Verein ist eine legendäre Institution, die von Port Chester in ein Industriegebiet bei White Plains gezogen ist, ohne den Namen zu ändern. Dort werden kleine Wauwaus und ihre Besitzer auf alle wichtigen Etappen im Leben eines Hundes vorbereitet: von der Gewöhnung an eine Transportbox bis hin zur Teilnahme an Turnieren. Vor fünf Jahren hatte sich Paula hier dadurch ausgezeichnet, dass sie als einziger Hund ihrer Welpenschulklasse aufgefordert worden war, den Unterricht zu verlassen. Zweimal.

Da soll noch einer sagen, sie wäre keine Legende in der Welt des Hundetrainings.

Sie ist eine wunderschöne, dreifarbige, reinrassige Hündin, eine spektakulär flauschige, optimistische Kreatur mit wahren Broadway-Allüren und einer unbändigen Hingabe an das Hier und Jetzt.

Ich rechne ständig damit, dass sie sich auf die Hinterbeine stellt und ihre Dankesrede für den Tony-Award hält: »Ich erinnere mich noch, wie ich als kleiner Welpe in meinem Körbchen lag und ›Ein Hund namens Beethoven‹ auf DVD gesehen habe und mir dachte: ›Das kann ich auch!‹«

Und bei allem Respekt muss ich sagen, dass sie, alles in allem, langfristig und mit dem allergrößten Wohlwollen betrachtet, früher eine schreckliche Plage war.

Das unentschiedene Grau der Gewitterwolken verwandelt sich in öliges, bedrohliches Rostbraun, während das Schneevolumen pro Quadratzentimeter Luft stetig zunimmt.

»Paula, komm!«, sage ich, während ich die hintere Tür des Autos aufhalte.

Weil ich genug rohe Leberwürfel in der Tasche meiner Daunenjacke habe, um einen Metzgerladen aufzumachen, springt sie heraus.

Ich lege ihr das Geschirr um, schließe das Auto ab und sehe nach, ob ich ihren Heimtierausweis, die Tollwutimpfmarke, die Bürste und – der einzig kritische Punkt – ihre volle Aufmerksamkeit habe. Dann nehme ich die klassische Hundeführer-Grundhaltung ein: linker Arm angewinkelt, Hand auf Höhe des dritten Chakras, Oberkörper aufgerichtet.

Ich setze energisch mit dem linken Fuß zum Gehen an, flüstere Paula »Bei Fuß« zu und mache mich auf den Weg zu unserem Bestimmungsort.

Wundersamerweise folgt sie mir.

Schritt, Schritt. Kopf hoch. Augen geradeaus. Während meine Jeans lose um meinen vom Stress gebeutelten Körper schlackern, kann ich endlich ausatmen.

Wir schlittern die Stahlrampe hinauf und schaffen es an der äußeren Schwingtür irgendwie an einem Boxerwelpen vorbei. Vor der zweiten Tür fordere ich Paula auf, sich zu setzen, damit ich als Erster hindurchgehen kann.

Geh immer voraus, denn: Wer dem Hund folgt, folgt dem Zweifel.

»Paula, sitz.«

Nicht vergessen: Erst ansprechen, dann das Kommando.

Ich sage: »Grrr.«

Aversives Geräusch, Bedeutung: Im Ernst jetzt, sitz.

Paula setzt sich.

Als ich die Tür aufziehe und den Ring sehe, der aus weißen Scherengittern für die Prüfung aufgebaut worden ist, die offiziellen Protokollführer, den Ablenkungshund für die gefürchtete Aufgabe Nr. 8 (Reaktion auf einen anderen Hund), etwa ein Dutzend unserer Trainingskumpels, die sich nervös an den Wänden drängen, den Richter, der die mit Polymermatten ausgelegte Fläche abschreitet und nach übriggebliebenen Leckerli vom Familienhund-Kurs Ausschau hält, die wunderschönen Golden Retriever, Labradore und Havaneser, die wie im Chor hechelnd die Welt begrüßen – nun, da haben Paula und ich nur einen Gedanken:

Wir sind zu Hause.

Ich entlasse Paula aus dem Gehorsam: »Okay.«

Sie zerrt mich hinein.

Dass wir das hier machen, ist ein Hundewunder.

Wenn Sie mir vor einem Jahr gesagt hätten, dass wir zwei hier als zugelassene Anwärter für eine Begleithundeprüfung auflaufen würden, hätte ich gedacht, Sie hätten Ihr Hirn in Katzenminze gerollt und dann in Brand gesteckt.

Seit 1989 gibt es dieses Zertifikat, das einem Hund einen ausgeglichenen Charakter und eine Grundausbildung bestätigt. Um zu bestehen, muss ein Hund in der Lage sein, ruhig sitzen zu bleiben und sich streicheln zu lassen, auch in Gegenwart anderer Hunde, sich führen zu lassen und Ablenkungen zu tolerieren. Er muss an lockerer Leine durch eine Menschenmenge gehen können und zeigen, dass er die grundlegenden Kommandos wie Sitz, Platz, Bleib und Hier befolgen und ein paar Minuten Trennung von seinem Besitzer aushalten kann.

Manche Hunde schaffen das nach ein paar Trainingsstunden und einer eindringlichen Ansprache.

Nicht so Paula.

Jeder wusste, was mit meinem Hund nicht stimmte.

Ich konnte sie überallhin mitnehmen, sogar ins Kino, ganz besonders gefielen ihr Filme aus dem Hause Pixar. Meinen geflüsterten Kommandos Folge zu leisten war für sie so selbstverständlich wie Atmen, und manchmal kam mir der Verdacht, sie könne meine Gedanken lesen. Ihre »Sitz« waren so gerade, dass man einen Schrank damit hätte in die Waage bringen können, ihre »Platz-Bleibs« so beständig, dass sie schon an Trance grenzten. Manchmal hätte ich sie ins Bleib bringen, weggehen, mich im Krankenhaus einer OP unterziehen und meine Mutter in West Virginia besuchen können, und wenn ich vom Flughafen wiedergekommen wäre, hätte sie immer noch da gelegen und geduldig mein Auflösungswort erwartet: »Okay! Braves Mädchen.«

Naja, nicht ganz.

In Wahrheit gab es bis vor einem Jahr überhaupt kein Wort, das Paula wiedererkannt hätte, auch nicht ihren Namen. Freunde und Fremde wurden gleichermaßen mit vollem Körpereinsatz begrüßt, der gerade eben noch nicht justitiabel war. Die einzige Einladung, die sie benötigte, war ein Lächeln, ein Herzschlag oder eine Babytrage. Meine Wohnung war ein Schlachtfeld aus angekauten Fußleisten und pipifleckigen Kissenbezügen. Spaziergänge waren zufallsgesteuerte Todestänze, denn sie stürzte sich wahllos auf alles: ein vorbeiwehendes Sandwich-Papier, einen unangeleinten Zwergspitz, ein bewaffnetes Mitglied einer Straßengang.

»Sie meint es nicht böse«, sagte einer der Trainer, die meine Frau und ich in Paulas ersten Erdenjahren zu Rate gezogen hatten. »Sie ist nur ein bisschen überdreht.«

Es gibt noch andere Bezeichnungen dafür.

»Warum rennt sie immer rum und springt Leute an und hört nicht auf uns?«, fragte ich einen Mann, der Polizeihunde ausbildete.

»Ganz einfach«, antwortete er. »Ihr habt keine Ahnung von Hunden.«

Ah.

Dabei hatten wir so große Hoffnungen gehabt, meine Frau Gloria und ich. Es tut mir immer noch weh, daran zu denken, mit welch elterlicher Vorfreude wir die Fachliteratur zur Hundeerziehung und zum Berner Sennenhund gelesen haben. Wie wir Baumärkte nach jenen seltsamen Dingern namens Babygitter durchforstet hatten. Gloria bestellte eine für Berner Sennenhunde geeignete Version dessen, was Hundeleute eine Box nennen – in Wirklichkeit ein Käfig –, und mich traf beinahe der Schlag. Das Ding war größer als unser Toyota.

Träume sterben nur langsam, so auch unserer. Welpen sind immer anstrengend, und wir schoben viel auf Paulas Übermut. Schüchtern war sie jedenfalls nicht. Fragen Sie mal unsere Nachbarn, denen sie unzählige Male bei den Einkäufen geholfen und die sie bis in ihre Wohnungen begleitet hat. Ein Jahr nach dem anderen zog ins Land.

An einem bestimmten Punkt, ohne dass es uns...


Kihn, Martin
Martin Kihn, 42, studierte an der Columbia- und der Yale-Universität und war Unternehmensberater. Heute arbeitet er als Journalist und Kolumnist u.a. für die New York Times, GQ, Cosmopolitan und das Forbes Magazine. Außerdem ist er als Autor für diverse TV-Unterhaltungsformate tätig, 2004 war er als Best Comedy Writer für den Emmy Award nominiert. Mit seiner Frau Julia und seinem Hund Hola wohnt Kihn in Minneapolis.

Martin Kihn, 45, arbeitet als Autor, Journalist und Kolumnist u.a. für die New York Times, GQ und das Forbes Magazine. Sein Buch Asshole war wochenlang in den deutschen Bestsellerlisten vertreten und hat sich über 200.000 mal verkauft. Kihn lebt mit seiner Frau Julia und der Hündin Paula in New York.



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