E-Book, Deutsch, 180 Seiten
Kessler Weihnachten darf nicht sterben
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7431-1958-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 180 Seiten
ISBN: 978-3-7431-1958-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Markus Kessler ist freier Autor und Werbetexter. Er lebt mit seiner Familie im Appenzellerland in der Schweiz. Seine Leidenschaft gilt dem Grusligen, den Alpträumen und der Science Fiction.
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Die Einladung zum Essen
Daniel saß auf seinem Bett und schaute hinaus in die verschneite Berglandschaft. Die Sonne stand hoch am Himmel und ließ alles glitzern und funkeln. Sigi amüsierte sich bestimmt ganz toll – und musste hier zwischen Bett und Toilette hin und her pendeln. Warum musste dieses elende Magen-Darm-Virus ihn ausgerechnet jetzt erwischen?
Wie gerne wäre er jetzt mit Sigi zusammen über die Pisten getobt und hätte Skihasen aufgerissen. Aber in dieser Hinsicht konnte er sich ja auf Sigi verlassen. Der würde bestimmt zwei süße Girls anquatschen. Nur würde Daniel damit trotzdem nichts anfangen können, solange sein Magen verrückt spielte.
Dabei hatten sie es sich so schön ausgemalt. Zwei junge, ungebundene Kerle im besten Alter machen Weihnachtsurlaub in einem schönen Skiort, wo es nichts gab außer kilometerlange Skipisten und Après-Ski mit jungen, ungebundenen Skihasen. Daraus würde nichts werden für Daniel – zumindest bis auf Weiteres.
Er schaute noch dem Treiben auf der Piste zu, bis die Sonne hinter den Bergen verschwand. Dies war normalerweise die Zeit, wo es erst richtig losging. Après-Ski!
Wie auf Kommando flog die Türe auf, und Sigi trampelte herein. „Na, mein Alter, hast du dich gut amüsiert?“, rief er, noch bevor er aus seinen Skistiefeln gestiegen war.
„Klar, was hast du denn gedacht. Silvia und Biggi sind grad zur Tür raus. Du hättest sie eigentlich noch sehen müssen.“
Sigi hielt inne und starrte ihn an. „Echt?“
Daniel lachte. „Natürlich nicht. Aber dein Gesicht gerade war toll.“
„Aber jetzt im Ernst. Du solltest sehen, dass du gesund wirst. Ich habe uns nämlich wirklich zwei süße Girls klar gemacht: Denise und Heidi. Sie haben uns morgen Abend zum Essen eingeladen.“
„Klasse. Ich wollte morgen sowieso zur Apotheke und mir Medizin besorgen. Dann kauf ich uns gleich noch zwei Flaschen Wein.“
„Tu das. Und ich hüpfe jetzt schnell unter die Dusche, wenn's recht ist. Ich will danach noch hinunter in die Hotelbar. Es macht dir doch nichts aus?“
„Nein, geh nur. Aber sieh zu, dass du morgen wieder fit bist.“
Am nächsten Morgen gab sich Daniel alle Mühe, leise aus dem Bett zu steigen und sich anzuziehen. Sigi war tatsächlich erst spät ins Zimmer zurückgekommen; so wie es immer noch roch, hatte er ganz schön einen in der Krone gehabt.
So schlich Daniel aus dem Zimmer und machte sich auf den Weg zur Apotheke.
Dort war so früh am Morgen noch nichts los. Zwei Frauen in weißen Kitteln standen da und lächelten ihm freundlich zu. Er wandte sich an die Hübschere der beiden und erzählte ihr von seinem Magen-Problem.
Sie hatte süße Fältchen in den Augenwinkeln, als sie ihm zuzwinkerte: „Aha, Magenprobleme?“
„Ja. Wirklich.“ Dann schilderte er einige der Symptome, auch die unappetitlichen.
Ihr Blick wurde ernster. „Das scheint tatsächlich eine Magen-Darm-Grippe zu sein.“ Dann verschwand sie hinter einem Vorhang und kam kurz darauf mit zwei Medikamentenschachteln zurück. „Diese Tabletten können die Symptome etwas lindern. Normalerweise sollte die Krankheit nach ein paar Tagen von alleine abklingen. Falls nicht, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.“
Daniel nahm die Pillen entgegen und bezahlte.
„Ach, und noch etwas“, meinte die Apothekerin, „selbstverständlich sollten Sie keinen Alkohol trinken, solange Sie noch krank sind.“
„Natürlich“, antwortete Daniel, doch in Gedanken war er schon bei den zwei Flaschen Wein, die er noch besorgen wollte.
Die Frau schien ihn durchschaut zu haben, denn sie insistierte noch einmal. „Wirklich! Der Alkohol verkürzt Ihr Leben, auch wenn Sie nicht krank sind. Und das wäre doch schade.“ Jetzt schenkte sie ihm wieder ihr Lächeln mit den süßen Fältchen in den Augenwinkeln. Himmlisch!
Er dachte kurz darüber nach, sie um eine Verabredung zu bitten, ließ es dann aber doch bleiben. Zuerst sollte er dafür sorgen, dass er wieder gesund würde.
Als er ins Zimmer zurückkam, war Sigi wach und frisch geduscht. Er hatte den Geruch von altem Tabakrauch und noch älterem Whisky abgewaschen und durch den Duft einer herben Männerseife ersetzt. „Guten Morgen“, krächzte er, immer noch heiser von der offenbar wilden Party.
„Na, ausgeschlafen?“, fragte Daniel und zog die Augenbrauen hoch. „Wohl noch nicht ganz.“
„Naja, ist halt spät geworden. Und du? Was macht dein Magen?“
„Ich hab grad Medizin geholt. Die sollte helfen, dass ich heute Abend einigermaßen fit bin und vielleicht sogar etwas essen kann.“ Er klaubte eine Pille aus jeder Schachtel, steckte sie sich in den Mund und biss zweimal drauf, bevor er sie ohne Wasser hinunterschluckte. „Pfui! So wie die schmecken, müssen sie gut wirken“, murmelte er vor sich hin.
„Kommst du heute mit auf die Piste?“, fragte Sigi. „Oder muss ich wieder alleine auf Hasenjagd?“
„Ich bleibe besser heute noch im Bett.“
„Schade. Sag mal, hast du eigentlich den Wein besorgt?“
So ein Mist! Den Wein hatte er tatsächlich vergessen. Die hübsche Apothekerin hatte ihn so durcheinandergebracht, dass er daran nicht mehr gedacht hatte. „Noch nicht“, rief er zurück. „Das mache ich gleich noch, bevor ich mich wieder aufs Ohr haue.“
„Alles klar, vergiss es bloß nicht wieder. Bis später!“, rief Sigi noch, bevor er mit seinen schweren Skistiefeln aus dem Zimmer stapfte.
Daniel war wieder alleine. Die Tabletten begannen langsam zu wirken, sein Kopf fühlte sich angenehm schwer an, und seine Beine bewegten sich ganz mechanisch, als er in seine Schuhe schlüpfte. Nur noch schnell zwei Flaschen Cabernet aus dem Supermarkt holen, dann konnte er sich wieder hinlegen.
Dies war schnell erledigt, und er hatte nur ganz kurz ein schlechtes Gewissen, als er damit an der Apotheke vorbeiging. Aber hey, er hatte den Wein ja nur gekauft, um ihn zu verschenken.
Den Rest des Tages verschlief er. Die Medikamente wirkten insofern, dass er schlafen konnte. Als Sigi am frühen Abend von der Piste zurückkam, fühlte sich Daniel ausgeruht, und sein Magen hatte ihm kaum Probleme bereitet. Die Krankheit schien wirklich langsam abzuklingen. Als er sich für das Weihnachtsessen bei den Frauen anzog, fühlte er sich so frisch, wie er sich in diesem Urlaub noch nie gefühlt hatte. Er betrachtete sich im Spiegel: Das hellblaue Hemd war sauber und hatte die Reise im Koffer mehr oder weniger faltenfrei überstanden. Die schwarze Jeans war zwar nicht so festlich, doch das ging in Ordnung.
Im Spiegel sah er, wie Sigi sich mit den Knöpfen seines Hemds abmühte. Offensichtlich hatte er schon ein paar Biere Vorsprung. Vorglühen nannte er das immer. Wenn Daniel dabei mitgemacht hatte, fand er es jeweils lustig, jetzt aber war es ihm eher peinlich. Irgendwie war es nicht in Ordnung, bereits halb angetrunken zu einer schönen Einladung zu erscheinen. Obwohl er natürlich nicht wissen konnte, ob die Mädchen vielleicht auch schon vorgeglüht hatten. Er kannte sie ja noch gar nicht.
Kurze Zeit später saßen sie im Taxi. Sigi hatte seine Bierfahne mit Mundwasser und einem kräftigen Schuss Davidoff Cool Water überlagert.
Die beiden Frauen wohnten wirklich weitab vom Rest der Welt. Hier im hintersten Winkel des Tals fuhr das Taxi erst durch einen dichten Wald und danach noch ein gutes Stück durch die schneeweiße Einöde bergauf, bis es an einer einfachen, kleinen Behausung hielt, die mehr wie eine Alphütte als wie ein richtiges Haus aussah.
Daniel fröstelte, nicht nur von der Kälte. Wie sollten sie hier wieder wegkommen? Ob der Taxifahrer wirklich noch einmal diesen Weg auf sich nehmen würde? Nun, bestimmt konnten sie auch hier übernachten. Vermutlich war dies von Sigi längst so arrangiert. Trotzdem blickte Daniel dem davonfahrenden Taxi hinterher und wünschte sich, er säße darin. Etwas an dieser einsamen Hütte war ihm unheimlich, wenn er auch nicht sagen konnte, was.
Dann ging die Türe auf, und alle seine Bedenken waren zerstreut. Vor ihnen standen die zwei schönsten Frauen, die er je gesehen hatte: eine Blondine, die sich als Heidi vorstellte, und eine Rothaarige mit neckischen Sommersprossen um die Nase, die Denise hieß.
Kein Wunder, dass Sigi so hin und weg gewesen war. Er liebte rothaarige Frauen.
Denise verschwand gleich wieder, meinte, sie hätte noch viel in der Küche zu tun.
Heidi bat die beiden Männer ins Haus, half ihnen aus den Mänteln und brachte sie ins Wohnzimmer, wo es erstmal einen Aperitif gab.
Sie schenkte großzügig von dem Champagner ein, und Daniel gab sich redlich Mühe, zu widerstehen. Die Erinnerung an die letzten beiden Tage half ihm dabei; und wenn es ganz schwierig wurde, dachte er an die wundervollen Lachfalten der Apothekerin. Wenn er jetzt Alkohol trinken würde, wäre dies, wie die...




