Kessler / Dietrich / Berlin | Amos | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Kessler / Dietrich / Berlin Amos

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

ISBN: 978-3-17-039359-2
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



This commentary interprets the book of Amos as handed down in the Hebrew Bible: as a collection of the words of a prophet who emerges in the eighth century BCE and proclaims the end of the kingdom of Israel due to the social and ritual transgressions of its upper class, but in the end announces a safe future in abundant prosperity for survivors of the catastrophe from Judah and Israel. Diachronic analysis traces a path from the message of the eponymous prophet, which is recognizable only in outline, through the adaptations made by the first transmitters of the text following the end of the northern kingdom of Israel, to the final figure, who probably dates from the Persian era. Texts witnessing to the reception of the book & from other Old Testament writings to the present day & presented in highlights.
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Überschrift und Motto (Am 1,1–2)
1 Die Wortea des Amos,
der unter den Schafzüchtern von Tekoa war,
dieb er über Israelc schaute
in den Tagen Usijas, des Königs von Juda,
und in den Tagen Jerobeams, des Sohnes Joaschs, des Königs von Israel,
zwei Jahre vor dem Erdbeben.
2 Er sagte:
Jhwha – von Zion brüllt er
und von Jerusalem erhebt er seine Stimme,
da verdorrenb die Weideplätzec der Hirten,
und es vertrocknet der Gipfel des Karmel. Anmerkungen zu Text und Übersetzung
1a „Die Worte des Amos“: Durch den Eigennamen wird auch das davor stehende Nomen im status constructus determiniert, also „die Worte“ und nicht „Worte des Amos“. 1b Das zweimalige ???? (?ašær) bezieht sich im ersten Fall eindeutig auf den Namen „Amos“ („der unter den Schafzüchtern … war“). Die zweite Verwendung ist hingegen formal nicht so eindeutig. Auch hier könnte man auf „Amos“ beziehen: „der über Israel schaute / der Visionen über Israel hatte“.1 Aber dann müsste man das Verb „schauen“ ohne direktes Objekt konstruieren, was ganz ungewöhnlich ist (allein Ps 11,4 käme als Analogie in Frage – mit Jhwh als Subjekt –, sonst hat „schauen“ als Verb immer ein direktes Objekt, vgl. Ex 24,11; Num 24,4.16 u.?ö.). Besonders deutlich sind verschiedene Überschriften über oder in Prophetenbüchern. Hier ist auch die Vorstellung belegt, dass neben der „Vision“ oder „Schauung“ (Jes 1,1; Ez 12,27) auch das „Wort“ (Jes 2,1; Mi 1,1) oder der „Spruch“ (Jes 13,1; Hab 1,1) Gegenstand des Schauens sein können. Folglich bezieht sich der zweite Relativsatz in Am 1,1 nicht wie der erste auf „Amos“, sondern auf „die Worte des Amos“. 1c „über Israel“: Die Präposition ?? (?al) kann auch mit „gegen“ wiedergegeben werden. Aufgrund der anschließenden synchronen Datierung nach Königen von Juda und Israel muss hier das Nordreich gemeint sein. Die Septuaginta liest „Jerusalem“ statt „Israel“ und gibt damit ihrer gesamten Amosübersetzung eine neue Stoßrichtung. Es geht nicht mehr um das zur Zeit der Übersetzung längst untergegangene Nordreich, sondern um das gegenwärtige Gottesvolk, für das Jerusalem als sein Zentrum steht.2 2a V. 2a (nach wajjomar) bildet einen zusammengesetzten Nominalsatz.3 Aus diesem Grund habe ich in der Übersetzung das – in der Terminologie der traditionellen Grammatik sogenannte – Subjekt an den Anfang gezogen: „Jhwh (ist es, von dem gilt): von Zion brüllt er ...“ Jhwh ist die bekannte Größe, von der nun im „Prädikat“ des Nominalsatzes Neues ausgesagt wird. Der Gottesname steht betont am Anfang. 2b Die erste Satzhälfte hat Imperfekte, die zweite perfecta consecutiva. Damit ist eine Folge angezeigt.4 Das Imperfekt bezeichnet weder ausschließlich die Vergangenheit (so die Septuaginta) noch ausschließlich die Zukunft (so die Vulgata und in ihrem Gefolge Luther und die Zürcher Bibel), sondern ist überzeitlich zu verstehen und am besten mit dem zeitlosen Präsens wiederzugeben (so NRSV). 2c „Da verdorren die Weideplätze“: Das Hebräische hat zwei homonyme Wurzeln 1??? (?abal) = „trauern“ und 2??? „vertrocknen, verdorren“. Wegen des Parallelismus mit ???? (jabeš) liegt hier die Bedeutung „vertrocknen“ nahe. Dennoch liegen auch die Septuaginta und die Vulgata nicht falsch, wenn sie mit pe???? bzw. lugeo = „trauern“ übersetzen.5 Sie wissen, dass das Wort ??? noch einmal in Am 8,8; 9,5 vorkommt, wo es „trauern“ heißt, weil „die Bewohner der Erde“ sein Subjekt sind. Auch diese Wiedergabe hat ihr Recht. Wir stoßen hier zum ersten Mal auf das Phänomen, dass sich im Amosbuch neue Sinndimensionen erschließen, wenn man es „von hinten“ liest. Synchrone Analyse
1In Am 1,1 haben wir die Überschrift zum Amosbuch vor uns. Sie stellt keinen Satz dar, sondern besteht aus dem Registervermerk „Die Worte des Amos“, der mehrfach erweitert ist. Die erste Erweiterung, mit ???? (?ašær) eingeleitet, bezieht sich auf die Person des Amos. Es heißt von ihm, er sei „unter den Schafzüchtern“ von Tekoa gewesen. Das Wort ??? (noqed) kommt in der Hebräischen Bibel außer hier nur noch in 2 Kön 3,4 vor.6 Dort wird Mescha, der König von Moab, als ??? (noqed) bezeichnet, der (angeblich) Hunderttausende von Kleintieren als Tribut an den König von Israel lieferte. Er ist jedenfalls nicht als Hirte, sondern als Besitzer oder Züchter gewaltiger Herden vorgestellt. Dem entspricht die Verwendung des Wortes in ugaritischen Texten. „Taking the Ugaritic evidence as a whole, it seems clear enough that the nqdm had something to do with sheep, but that their status was considerably higher than that of ordinary shepherds or r?ym.“7 Mit der Wahl des Wortes ??? (noqed) wird Amos also eher als der Besitzer von Schafherden denn als Wanderhirt präsentiert. Trotz des anderen Wortes lässt sich 1,1 nicht von 7,14f. trennen, wo sich Amos – der fiktive Amos der Erzählung von 7,10–17 – als einer bezeichnet, der Rinder züchtet oder hütet und von seinem Kleinvieh weg zum Prophezeien gebracht wurde. Vielleicht wählt 1,1 das Wort ??? (noqed), das semantisch mit Kleinviehzucht in Verbindung steht, um die Spannung zwischen der Rinderzucht von 7,14 und dem Kleinvieh von 7,15 in Richtung auf die Kleinviehzucht aufzulösen.8 Die Aussagen von 1,1 und 7,14f. lassen kaum zuverlässige historisch-biographische Rückschlüsse zu, weil schon 7,10–17 ein fiktionaler Text ist und 1,1 diesen vorauszusetzen scheint. Dass Amos als Herdenbesitzer vorgestellt wird, widerspricht jedenfalls nicht seiner Botschaft, derzufolge er sich für die Schwachen und Armen einsetzt. Es wäre eine in der Geschichte vielfach widerlegte sozialromantische Unterstellung, dass nur Arme sich für Arme einsetzen könnten.9 Angefügt wird eine Ortsangabe: Amos sei „unter den Schafzüchtern von Tekoa“ gewesen. Der Ort Tekoa gehört zum judäischen Kernland (Jer 6,1; Neh 3,5.27; 2 Chr 11,6). Er liegt etwa 15 km südlich von Jerusalem. In den Erzählungen über die Königszeit spielt er eine herausgehobene Rolle; man erzählt sich, dass von dort eine „weise Frau“ stammt, die mit Davids General Joab zusammenwirkt (2 Sam 14,2.4.9), ebenso wie einer der dreißig „Helden Davids“ (2 Sam 23,26 = 1 Chr 11,28).10 Eine zweite, ebenfalls mit ???? (?ašær) eingeleite Erweiterung qualifiziert die Worte als etwas, das Amos „geschaut“ hat und gibt dann an, „über“ wen er diese Worte geschaut hat, nämlich (das Nordreich) Israel. Zusammen mit der voranstehenden Angabe des Herkunftsortes des Amos entsteht dadurch eine Spannung: Amos stammt aus Juda, aber seine Worte richten sich gegen Israel. Die Spannung zwischen der Herkunft des Amos und seiner Anrede an Israel ist für die gesamte Komposition des Buches bestimmend. Das Gewicht der zweiten Näherbestimmung liegt auf den Zeitangaben. Sie sind doppelt. Zum einen wird Amos in die Chronologie der Könige von Juda und Israel eingereiht, zum andern wird eine relative Datierung vor „dem Erdbeben“ gegeben. Die Datierung nach der Synchronie der Könige von Juda und Israel findet sich in einer ganzen Reihe von Buchüberschriften. Sie hat dabei immer die gleiche Form: „in den Tagen von NN, König von Juda, (und NN, König von Israel)“. Einzig bei den Propheten, die im Nordreich gewirkt haben, also Hosea und Amos, steht neben dem König von Juda auch der von Israel, und zwar in beiden Fällen Jerobeam ben-Joasch (Jerobeam II.). Beide Male steht er an zweiter Stelle nach dem bzw. den Königen Judas, was auf die judäische Perspektive der Angaben verweist. Bei den Südreichspropheten Jesaja (1,1), Micha (1,1) und Zefanja (1,1) – und in eine komplexe Überschrift eingebettet auch bei Jeremia (1,2) – stehen dagegen jeweils nur judäische Königsnamen. Die Gleichförmigkeit der Formulierungen ist ein Hinweis darauf, dass hier bewusste redaktionelle Tätigkeit vorliegt. Sie setzt die Sammlung von Prophetenschriften – nicht nur des späteren Zwölfprophetenbuches – voraus und verfolgt deren Eingliederung in die Geschichte der Königszeit vom 8. Jh. bis zum babylonischen Exil. Explizit erwähnt werden so die Herrschaften von Jerobeam II. in Israel (Hos 1,1; Am 1,1) und von Usija (Jes, 1,1; Hos 1,1; Am 1,1), Jotam, Ahas, Hiskija (Jes 1,1; Hos 1,1; Mi 1,1) und Joschija (Jer 1,2; Zef 1,1) in Juda. Für Amos kommt man aufgrund der Angaben in die Zeit vor 750 v. Chr. Neben der Datierung nach den Königen Usija und Jerobeam II. enthält der Vers noch eine weitere Zeitangabe: „zwei Jahre vor dem Erdbeben“. Sie gliedert die „Worte des Amos“ nicht in große geschichtliche Zusammenhänge ein, sondern bezieht sie auf ein singuläres Ereignis. Dieses ist nicht geschichtlicher Art, wie in der einzigen Datierungsangabe, die entfernt mit Am 1,1 vergleichbar ist, nämlich Jer 1,3, wo die Wegführung nach Babel als Endpunkt des prophetischen Wirkens genannt ist. Am 1,1 nennt eine Naturkatastrophe: „das...


Emeritus Prof. Rainer Kessler is a retired professor of Old Testament at the University of Marburg and Research Fellow at the University of the Free State in Bloemfontein, South Africa.


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