Kent Clone Rebellion 3: Allianz
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-86425-723-0
Verlag: Cross Cult Entertainment
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 3, 380 Seiten
Reihe: Clone Rebellion
ISBN: 978-3-86425-723-0
Verlag: Cross Cult Entertainment
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gestrandet auf einem Grenzplaneten, versucht der Klon Wayson Harris verzweifelt, sich wieder zurück in den Kampf zu stürzen. Als eine Gruppe, die sich wieder dem Kommando und dem Schutz der Vereinigten Obrigkeit anschließen will, ihn darum bittet, ihr Angebot zu übermitteln, kann Harris einmal mehr in die Uniform der V.O.-Marines schlüpfen. Doch während er einen Angriff auf den Feind anführt, entdeckt Harris, dass die Rebellen einen mächtigen Verbündeten gefunden haben, mit dem niemand hätte rechnen können ...
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1
Erddatum: 12. September 2512 Galaktische Position: Scutum-Crux-Arm
Ein Buch.
Als wir die Kolonie auf dem Kleinen Mann verließen, überreichte einer der Neo-Baptisten mir ein Geschenk. Anhand seiner Form und Größe konnte ich erkennen, dass es sich um ein Buch handelte. Da alle Bücher auf dem kleinen Planeten mit seinen Landwirten religiöser Natur waren, machte ich mir nicht die Mühe, es auszupacken.
Nachdem die Neo-Baptisten mich monatelang nicht beachtet hatten, während ich unter ihnen gelebt hatte, machten sie sich plötzlich Sorgen um mein Seelenheil. Wie rührend. Aber weshalb sollte es sie kümmern? Ich war schließlich ein Klon. Soweit es sie betraf, war ich ein Lebewesen ohne Seele.
Mein Partner Ray Freeman und ich waren nach dem Untergang der Vereinigten Obrigkeit – dem Imperium, das von der Erde aus die Galaxis bevölkert und regiert hatte – auf diesen Planeten gekommen. Diese neo-baptistischen Siedler waren sein Volk. Er war unter ihnen aufgewachsen und hatte ihnen als Teenager den Rücken gekehrt. Ich weiß nicht, wie Religion mit seiner Psyche vereinbar war, aber er verdiente sich seinen Lebensunterhalt jetzt als Söldner. Töten fiel Freeman leicht.
Auch mir fiel Töten leicht. Was mir nicht leichtfiel, war das Leben unter religiösen Landwirten. Wir waren monatelang auf dem Kleinen Mann gefangen. Dann hatte Freeman den Geistesblitz, der uns entweder zurück in die Gesellschaft bringen oder uns töten würde. Beide Optionen waren einem Leben auf dem Kleinen Mann vorzuziehen. Er wollte einen auf Kurzflüge ausgelegten Militärtransporter für pangalaktische Flüge umbauen. Genauso gut hätten wir versuchen können, unsere Arme als Flügel zu gebrauchen und so die einhundert Lichtjahre zur Erde zurückzulegen.
Die Siedler bedachten uns mit einem beiläufigen »Danke fürs Kommen« und gaben mir ein in strahlend weißes Baumwolltuch eingeschlagenes Geschenk. Sie verabschiedeten sich und gingen ohne einen Blick zurück davon. So verließen Freeman und ich auch den Planeten – ohne einen Blick zurück.
»Meinst du, es gibt auch nur die geringste Chance, dass das funktioniert?«, fragte ich Freeman, während wir durch den Kessel – den fensterlosen Fracht- und Passagierraum – in unseren Transporter kletterten.
»Spielt das eine Rolle?«, fragte er. So war Freeman, immer direkt auf den Punkt. Er hatte nichts für Geplauder übrig, also hämmerte er dem sprichwörtlichen Nagel immer gleich auf den Kopf. Für uns beide war es belanglos, ob unser Plan aufging oder ob wir im Weltraum in die Luft flogen, solange wir von den Neo-Baptisten wegkamen.
Das Militärshuttle wurde zum Instrument unseres passiven Selbstmords – ein Kurzstreckenschiff, das Entfernungen von vierzig- oder fünfzigtausend Lichtjahren mit der Höchstgeschwindigkeit von dreihundertzwanzigtausend Kilometern pro Stunde zurücklegen sollte. Wir wollten die Geschwindigkeit noch heraufsetzen, vorzugsweise auf respektable fünfzehn Millionen Kilometer pro Stunde, während wir es zu einem Satelliten in ungefähr sechs Milliarden Kilometern Entfernung von diesem Planeten flogen.
In dem unwahrscheinlichen Fall, dass wir es zu dem Satelliten schafften, würden wir die nächste Phase unseres Selbstmords einleiten. Wir würden versuchen, Spezialausrüstung, die dazu verwendet wurde, Schiffe innerhalb der Galaxis an einen anderen Ort zu versetzen, für unseren Transporter zu modifizieren. Man stelle sich vor, man nimmt ein U-Boot und klebt ihm ein paar Flügel und einen Raketenantrieb an. Das U-Boot hat jetzt zwar Flügel und einen Raketenantrieb, aber es würde nicht im Weltraum funktionieren. Das fasst in etwa zusammen, was wir mit unserem Transporter vorhatten. Selbst wenn wir eine Übertragungsmaschine einbauen konnten, hieß das nicht, dass wir damit übertragen konnten.
Eigentlich wollte ich das Geschenk, das die Neo-Baptisten mir beim Einsteigen in den Transporter gegeben hatten, nicht öffnen; aber während der Reise mit Ray Freeman fühlte ich mich einsamer, als wenn ich wirklich allein gewesen wäre. Noch bevor ich das Cockpit betreten und gesehen hatte, wie er schweigend die Instrumente bediente, wusste ich, ich würde etwas Ablenkung brauchen.
Freeman zündete die Triebwerke und wir hoben in einem Bogen ab. Wolkenschleier wichen erst einem blauen Himmel und bald Schwärze, als wir die Atmosphäre verließen. Dann war der Kleine Mann verschwunden.
Als Erstes mussten wir auf Geschwindigkeit kommen. Transporter bewegen sich üblicherweise mit dreihundertzwanzigtausend Kilometern pro Stunde fort. Kommandanten benutzten Transporter wie diesen, um Marines und Soldaten während einer Invasion zwischen Kampfschiffen und Planeten hin- und herzufliegen. Das Schiff verfügte über unglaublich starke Schilde, aber keinerlei Waffen. Was Annehmlichkeiten anging, so befand sich die einzige Polsterung im gesamten Transporter auf dem Pilotensitz.
Es dauerte nicht einmal eine Minute, um von der Oberfläche des Kleinen Mannes die gesamte Atmosphäre hinter uns zu lassen, und ich fühlte mich jetzt schon neben Freeman einsam. Ich verließ das Cockpit und kletterte in den Stahlkessel. Er war eine gedämpft beleuchtete Höhle mit Stahlwänden, einer Stahldecke und Stahlboden. Ich setzte mich auf die Holzbank, die an allen Wänden entlanglief, und wickelte das Buch aus. Das viereckige Baumwolltuch glitt zurück und gab den Blick auf einen schwarzen Einband aus Leder frei. Ich betrachtete die schmucklose Rückseite des Buchs und erkannte die Bibel, noch bevor ich sie umdrehte und die goldenen Lettern sah.
Vor einhundert Jahren hatten alle größeren Kirchen die Religiöse Übereinkunft von 2391 unterzeichnet. In diesem Dokument wurde festgeschrieben, dass Klone vom Menschen und nicht von Gott geschaffen seien, weshalb sie keine Seelen hätten. Da ich mir über eine wohlwollende Vergabe meines Aufenthaltsorts im nächsten Leben keine Sorgen mehr machen musste, kehrte ich der Religion einfach den Rücken. Ich zählte mich zu den wahren Ungläubigen und wusste, dass ich schon verdammt verzweifelt sein musste, bevor ich mich an dieses Buch setzte.
»Harris«, rief Rays Stimme aus der Gegensprechanlage an der Wand.
Ich ließ die Bibel auf der Bank liegen und ging zur Sprechanlage. »Alles in Ordnung?«, fragte ich.
»Ich werde mir die Maschine ansehen und mit dem Treibstoff herumspielen«, sagte Freeman. »Meinst du, du kannst die Instrumente im Auge behalten?«
»Ich habe so einen Vogel noch nie geflogen«, entgegnete ich.
»Du wirst ihn nicht fliegen«, meinte Freeman. »Du musst mir nur die Geschwindigkeit ansagen.«
»Bin unterwegs«, sagte ich.
Ich kletterte die Leiter hinauf und betrat das Cockpit. Freeman ging wortlos hinaus. Vierhundert Stunden, dachte ich. Das schien eine endlose Zeit zu sein. Dann wurde mir klar, dass es nur dann vierhundert Stunden waren, wenn wir das Schiff dazu überreden konnten, fünfzigmal schneller zu fliegen, als es eigentlich sollte. Anderenfalls hatten wir einen Flug von zwanzigtausend Stunden vor uns. Die gute Nachricht war, ich würde keine zwanzigtausend Stunden durchhalten müssen. Ich würde vorher verhungern.
Ich saß auf dem Pilotensitz und beobachtete die kleine, rot beleuchtete Anzeige. Ray ließ uns mit dreihundertzwanzigtausend Kilometern pro Stunde dahindümpeln. Das Schiff fing an zu stottern. Ich weiß nicht, was Ray mit den Maschinen anstellte, aber der Transporter schüttelte sich, zuckte und wurde dann langsamer. Wir waren unter hundertsechzigtausend gefallen, als er etwas Neues ausprobierte und die Geschwindigkeit sich wieder aufbaute.
»Wie schnell sind wir?«, rief Freeman über die Gegensprechanlage.
»Was hast du gemacht?«, fragte ich. »Wir sind auf siebenhundertachtzigtausend mit steigender Tendenz.« Schwerkraft im All beruht auf Beschleunigung. Bei diesem Tempo hätten wir unseren Schwerkraftgenerator ausschalten können und wären prima zurechtgekommen.
»1,5 Millionen«, rief ich. Ich war hingerissen. Die Zeit, die ich mit Ray in diesem Transporter festsaß, war gerade von zwanzigtausend auf viertausend Stunden zusammengeschrumpft. Wir würden bei dieser Geschwindigkeit zwar immer noch verhungern, aber immerhin würden wir näher an der Übertragungsstation sterben.
»Drei Millionen.« Eine Minute später konnte ich schon viereinhalb Millionen Stundenkilometer verkünden. Leider war die Obergrenze bei fast sechseinhalb Millionen Kilometern pro Stunde erreicht. Das bedeutete tausend Stunden … eine sechswöchige Reise mit Nahrungsvorräten für vier Wochen.
Nachdem er den Transporter überredet hatte, mit mehreren Millionen Kilometern pro Stunde zu fliegen, verbrachte Freeman den größten Teil seiner Zeit mit dem Elektrosystem und versuchte herauszufinden, wie er Teile einer Übertragungsstation mit den Systemen im Transporter verbinden konnte. Wir sprachen nur selten miteinander. Um nicht den Verstand zu verlieren, begann ich, die Bibel zu lesen, die die Neo-Baptisten mir gegeben hatten. Eigentlich hatte ich beschlossen, das nicht zu tun. Ich wurde immer...




