Kent Clone Rebellion 1: Republik
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-86425-488-8
Verlag: Cross Cult Entertainment
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1, 450 Seiten
Reihe: Clone Rebellion
ISBN: 978-3-86425-488-8
Verlag: Cross Cult Entertainment
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Erde im Jahre des Herrn 2508. Die Menschen bevölkern alle sechs Arme der Milchstraße. Die despotische Vereinigte Obrigkeit kontrolliert die Erdkolonien mit eiserner Hand. Aufstände werden mithilfe eines mächtigen Militärs bereits im Keim erstickt. Dieses besteht fast ausschließlich aus ersetzbaren Klonen, die als Massenware hergestellt werden. Private first class Wayson Harris wuchs in einem Waisenhaus der Vereinigten Obrigkeit unter Tausenden von Klonen auf, die als ultimative Soldaten herangezu¨chtet wurden. Im Gegensatz zu den anderen Marines, die darauf programmiert sind, erst zu gehorchen und später zu denken, hat Harris seinen eigenen Kopf. Als er den Angriff eines abtru¨nnigen Generals abwehrt, wird Harris mitten in einen galaktischen Konflikt geworfen, der ihn dazu zwingt, sowohl seine Existenz als Waffe der VO als auch den Preis der Rebellion in Frage zu stellen.
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1
2508 A. D.
Station Gobi
»Name?« Der Sergeant brüllte die Frage und machte sich nicht die Mühe, von seinem Schreibtisch aufzusehen. Ich hörte die Gleichgültigkeit in seiner Stimme und konnte ihm seine kaltschnäuzige Art nicht einmal übel nehmen. In ausgetrockneten, stinkenden Löchern wie Gobi geschah niemals etwas Wichtiges. Sobald es einen auf einen Planeten wie diesen verschlug wurde, gab es nur noch die Möglichkeit, herumzusitzen und auf eine Versetzung zu warten. Das konnte Jahre dauern. Ich hatte Gerüchte gehört, dass Marines ihre gesamte Laufbahn auf entlegenen Planeten verbracht hatten. Sie hatten um einen guten Grund zum Fortgehen gebetet, und sei es ein Krieg.
»Private First Class Wayson Harris meldet sich wie befohlen, Sir.« Ich salutierte und übergab Sergeant Godfrey die versiegelte Akte, die meine Befehle enthielt.
Ich war in meiner kurzärmligen Dienstuniform angetreten und nicht in voller Montur mit Panzerung. Die Uniform setzte mich der Wüstenluft aus und der Stoff unter meinen Armen war schweißgetränkt. Nicht, dass dieser Kerl das bemerkt hätte. Mit seiner abgewetzten Panzerung und seinem Stoppelbart sah der Sergeant so aus, als hätte er jahrelang nicht gebadet. Dennoch konnte ich es kaum erwarten, mich in meine Schutzkleidung zu begeben. Die Schutzweste und der Helm waren nicht das, was ich wollte, sondern der klimatisierte Kampfanzug, der mich bei Temperaturen, die noch unerträglicher waren als in dieser Wüste, immer gekühlt hatte.
»PFC Harris«, wiederholte er leise und hielt es immer noch nicht für nötig, aufzusehen. Das Salutieren hätte ich mir sparen können. Wenn man erst einmal aus der Grundausbildung raus ist, salutiert man nur noch vor Offizieren oder Marines, die eine kommandierende Funktion innehaben. Man salutiert nicht vor Sergeants und man nennt sie erst recht nicht »Sir«, aber die Macht der Gewohnheit ist schwer zu durchbrechen.
Da ich gerade erst drei Monate in der Disziplin eines Ausbildungslagers verbracht hatte, fürchtete ich Drillsergeants als die Götter, die sie waren. Dieser Sergeant erschien mir aber geradezu ketzerisch. Die Tarnfarbe seiner Panzerung war abgewetzt und die Scharniere mit Sand und Öl verkrustet. Sein Helm lag auf dem Boden neben seinem Stuhl. Ich hatte noch nie einen Marine gesehen, der während des Dienstes seinen Helm abnahm. Wenn man Kampfpanzerung anlegen musste, dann hatte man alles zu tragen oder man war quasi in Zivilkleidung.
Der Sergeant saß zusammengesunken auf seinem Stuhl. Die Panzerung hatte er gelockert, um sie seiner nachlässigen Haltung anzupassen. Mein Drillsergeant hätte mir eine Woche in der Arrestzelle verpasst, wenn er mich so sitzen gesehen hätte, aber es schien nicht so, als ob der Kerl hier sich Sorgen über den Knast machte. Man wurde vom Lametta nur bestraft, wenn man erwischt wurde. Ich bezweifelte, dass irgendein Offizier diesen Außenposten in den letzten Jahren betreten hatte. Wieso sollte jemand einen Ort wie die Station Gobi besuchen und sich dem Risiko aussetzen, dass ein Vorgesetzter ihm den Befehl erteilte, zu bleiben? Das konnte das Ende der Laufbahn bedeuten.
»PFC Harris … PFC Harris … schau’n wir mal, was wir hier haben«, murmelte er und brach das rote Siegel meiner Akte. Er blätterte die Seiten durch. Hin und wieder hielt er inne und las eine Zeile. Offensichtlich fand er, was er suchte, denn er breitete die Akte auf dem Schreibtisch aus und umfasste geistesabwesend mit den Fingern sein stoppelbärtiges Kinn. Dabei sah er weiter auf meine Unterlagen. »Frisch von der Grundausbildung«, murmelte er. Etwas erregte seine Aufmerksamkeit. Er stutzte und verarbeitete die Information, bevor er zu mir aufsah. »Eine Eins in Kampfbereitschaft?« Er klang, als wollte er lachen. »Ich habe noch nie jemanden gesehen, der unter vierhundert erzielt hat.«
»Das ist eine Leistungsbewertung, Sir«, sagte ich.
Er grinste höhnisch, als er das Wort »Sir« hörte. »Haben Sie etwas gesagt, Private?«
Godfrey zog eine Augenbraue hoch und wandte sich wieder meinen Unterlagen zu. »Verdammte Scheiße, Bestnoten«, murmelte er. »Warum sollte man einen guten Marine an einen Drecksplaneten wie diesen verschwenden?«
Er sah zu mir hoch. »Haben Sie ein Problem damit, Befehlen zu folgen, Harris?«
»Nein, Sir«, sagte ich. Nach menschlichen Maßstäben war ich sogar ziemlich gehorsam. Das Militär hatte allerdings beträchtlich höhere Ansprüche. Die meisten Wehrpflichtigen entstammten Klonfarmen, die die Regierung beschönigend »Waisenhäuser« nannte. Sie waren ausschließlich für das Leben im Militär ausgelegt. Die in diesen Waisenhäusern aufwachsenden Klone reagierten reflexartig auf Befehle, noch bevor ihr Bewusstsein den Sinn dessen, was man von ihnen verlangte, erfassen konnte. Wenn ein Offizier ihnen befahl, ein Loch mitten auf dem Bürgersteig zu graben, flogen Betonsplitter und Funken schon bevor die Wehrpflichtigen das Kommando analysiert hatten. Die Klone waren nicht dumm; sie waren lediglich darauf programmiert, erst zu gehorchen und später zu denken. Als natürlich geborener Mensch konnte ich mit ihrer vom Unterbewusstsein regierten Gehorsamkeit nicht mithalten. Mein Gehirn brauchte einen Moment, um Befehle zu ordnen.
Meine Unfähigkeit, ohne zu denken auf Befehle zu reagieren, hatte mir, seit ich denken konnte, Probleme beschert. Ich wuchs in einem militärischen Waisenhaus auf. Jedes Kind, das ich kannte, war ein Klon. Ich war auf die altmodische Weise ins Waisenhaus Nr. 553 der Vereinigten Obrigkeit geraten – meine Eltern waren tot –, aber als Insasse des WVO 553 wuchs ich mit zweitausend Klonen auf.
Man kann kaum glauben, welche Vielfalt unter zweitausend doch angeblich identischen Wesen herrscht. Die Vereinigte Obrigkeit »erschuf alle Klone gleich«, indem sie DNA aus einem einzigen Behälter verwendete. Doch sobald sie das Reagenzglas verlassen hatten, wurden die Lücken ihrer Persönlichkeiten durch Zeit und Erfahrung ausgefüllt. Wenn man sich eine Kantine mit zweitausend Klonen ansieht, scheinen diese auf den ersten Blick vollkommen gleich zu sein; wenn man mit ihnen eine Zeit lang zusammenlebt, werden die Unterschiede deutlich.
»In Ihrer Akte steht, dass Sie Befehle nur langsam ausführen«, sagte Godfrey.
»Ich werde mit Klonen verglichen«, sagte ich.
Er nickte und legte das müde Grinsen auf, das Sergeants benutzen, wenn sie der Meinung sind, dass man Blödsinn von sich gibt. »Haben Sie die Tochter eines Offiziers flachgelegt?«
»Nein, Sir«, antwortete ich.
»Nein«, brummte er und wandte sich wieder meiner Akte zu. »Ich frage mich nur, warum die einen guten Rekruten auf einem Planeten wie diesem vergeuden.«
»Zufällige Abkommandierung, nehme ich an, Sir«, sagte ich.
»Sicher«, sagte er und sein Grinsen wurde sarkastisch. »Nun, Private First Class Harris, ich bin Glan Godfrey. Sie können mich ›Glan‹, ›Godfrey‹ oder ›Gosse‹ nennen. Nennen Sie mich nicht ›Sir‹. Gobi ist mehr oder weniger eine Langzeitstationierung. Wer hierher geschickt wird, hängt sein Leben lang hier fest. Solange Sie wissen, dass ich der Sergeant bin, dem Sie Gehorsam schulden, können Sie alles andere vergessen, das man Ihnen in der Grundausbildung beigebracht hat.«
Wenn man in einem Waisenhaus aufgewachsen ist, lernt man, Klone zu erkennen – sie sind alle aus derselben Helix konstruiert. Bei Gosse Godfrey konnte ich das nicht so einfach beurteilen. Sein sonnengebleichtes, blondes Haar hing fast bis auf die Schultern herab. Jeder Klon, den ich kannte, hatte braune Haare und den obligatorischen Bürstenhaarschnitt. Ich nahm an, dass ein Jahrzehnt auf einem Wüstenplaneten die Farbe in Godfreys Haar vielleicht verbrannt hatte. Aber die gelockerte Panzerung und die dicken Bartstoppeln auf seinem Kinn … Ich hatte gedacht, dass die Hochglanzpolierung in ihre DNA einprogrammiert worden war. Konnten zehn Jahre auf einem Wüstenplaneten die Programmierung eines Mannes so ausbleichen wie sein Haar?
Godfrey drückte einen Knopf auf seiner Konsole. »Habt ihr ’ne Koje frei?«, fragte er, ohne sich zu identifizieren.
»Frischfleisch angekommen?«, fragte eine Stimme zurück.
»Oder etwas, was man dafür halten könnte.«
»Schick ihn runter, ich stecke ihn in Hutchins’ alte Koje«, sagte die Stimme.
»Hutchins?«, fragte ich, nachdem Godfrey die Kommunikation beendet hatte. »Ausgeflogen?«
»Nö«, sagte Godfrey.
»Im Kampf gefallen?«, fragte ich.
»Nö. Selbstmord«, sagte Godfrey. »Corporal Dalmer wird Sie am Ende des Flurs in Empfang nehmen.« Er zeigte geradeaus.
»Danke, Sir«, sagte ich instinktiv und vergeudete einen...




