Labore für einen neuen Manchesterkapitalismus
E-Book, Deutsch, 178 Seiten
ISBN: 978-3-95405-122-9
Verlag: Unrast Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Vor allem gebürtige Deutsche wie der Investor Peter Thiel (Paypal), der Architekt Patrik Schumacher (Zaha Hadid Architects) oder der Privatstadtunternehmer Titus Gebel treiben diese Entdemokratisierungsprojekte voran und setzen dabei auf Blockchain-Technologien, um Anteile an ihren Unternehmungen zu verkaufen. Die AfD forderte unlängst die Ausrichtung der deutschen Entwicklungspolitik auf die Förderung solcher Modellstädte.
Diese Privatstädte mit eigenen Gesetzen, eigener Gerichtsbarkeit und Polizei dienen als Labore für einen neuen Manchesterkapitalismus in einer postfordistischen Brave New World, wo Demokratie auf »Abstimmung mit dem Geldbeutel« zurückgefahren wird. Doch die Netzwerke dieser selbsternannten ›Libertarians‹ mit ihren konspirativen Privatstadt-Bestrebungen stoßen allmählich auch auf Widerstand …
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Proprietaristische Thinktanks, Akademien und Hochschulen
Die proprietaristische Ideologie speist sich sehr viel stärker aus dem Geld der Vermögenden als wahrscheinlich jede andere Weltanschauung. Für Reiche bietet es sich an, einen Teil ihres Vermögens in Stiftungen, Thinktanks, Institute oder Hochschulen zu investieren, die ideologisch das Vermögen absichern. Daher soll hier auf die Thinktanks und Netzwerke eingegangen werden, die im Zusammenhang mit den Privatstadtprojekten stehen. Atlas Network, Cato Institute und Mises Institute
Die ? Foundation for Economic Education (FEE) wurde bereits 1946 gegründet und ist der erste proprietaristische Thinktank. Es ging zunächst darum, die sozialpolitischen Maßnahmen des New Deals von Roosevelt wieder zurückzudrängen. Relevant für die Entwicklung der Privatsstadt-Bewegung sind bspw. ? Mark Skousen, der zum Ende seiner Präsidentschaft 2001/02 die jährliche Konferenz ? FreedomFest etablierte oder FEE-Mitglied ? Mort Taylor, der beim Aufbau der honduranischen ? Fundacion Eleutera und der ? ZEDE Orquidea involviert war. Eines der ältesten dieser Netzwerke ist die ? Mont Pelerin Society von 1947. Ursprünglich kamen hier die verschiedenen neoliberalen Strömungen des Ordoliberalismus, der Chicagoer und der Österreichischen Schule zusammen. Später setzte sich die ? Hayek-Linie durch, Friedrich Augst Hayek blieb bis in die 1960er Jahre hinein Vorsitzender. Zu den weiteren Vorsitzenden zählten u.a. ? Milton Friedman (1970-72) und 1978-80 ? Manuel Francisco Ayau Cordon (Gründer der ? Universidad Francisco Marroquín) (Mont Pelerin Society 2021). Stellvertretender Vorsitzender war zudem ? Enrique Ghersi, der zum Mitglied des Privatstadt-Aufsichtsrats ? CAMP in Honduras ernannt wurde. Mitglieder sind u.a. ? Massismo Mazone (3C-Group 2021) vom Privatstadtprojekt ? Ciudad Morazán und ? Roberto Blum, Vortragender während der ? The Future of Free Cities-Konferenz auf der Insel ? Roatán (Universidad Francisco Marroquín 2012b), ? Richard Rahn, CAMP-Mitglied. Relevant sind auch die Millionen US-Dollar der ? Koch-Brüder, mit denen sie zahlreiche proprietaristische Institute gründeten, wie bspw. das von ? Murray Rothbard und Charles Koch 1977 gegründete ? Cato Institute. Leitender Wissenschaftler am Cato Institute war Richard Rahn, der zum Mitglied im Aufsichtsrat der honduranischen Privatsstadtprojekte (CAMP) gewählt worden ist. ›Adjunct Scholar‹ beim Cato Institute war Enrique Ghersi, ebenfalls CAMP-Mitglied. ›Policy Director‹ war ? Tom W. Bell, der zugleich das ? Ulex-System für die Privatstädte entwickelte und bei den privatistischen Organisationen Tipolis, Seasteading Institute und ? Institute for Decentralized Governance (dem ehem, ?Institute for Competetive Governance) beteiligt ist. Nach einem Streit gründeten Murray Rothbard und Lew Rockwell das Ludwig von Mises Institute, welches sich an der ? Auburn University in Alabama ansiedelte; hier war u.a. der Schüler von Rothbard, ? Hans-Hermann Hoppe, schwerpunktmäßig tätig, bis er in der Türkei die ? Property and Freedom Society als Alternative zur Mont Pelerin Society gründete (Titus Gebel hielt 2017 in der PFS einen seiner ersten Vorträge). Hans-Hermann Hoppe strebt mit der PFS eine Zusammenarbeit mit den »Konservativen«, eine verharmlosende Umschreibung der Alt-Right Bewegung, an. Auch in anderen Staaten entstanden Mises Institute. In Deutschland bspw. 2012 in enger Kooperation mit Degussa Goldhandel. Das deutsche Mises Institut führte 2017 die Konferenz Small is beautiful durch, bei der neben dem ? Fürsten von Liechtenstein auch Titus Gebel sprach. Das ? Atlas Network wurde 1981 gegründet. Der Name Atlas bezieht sich auf den proprietaristischen Roman Atlas Shrugged von ? Ayn Rand. Atlas Network versteht sich als Vernetzungsplattform von proprietaristischen Initiativen und unterstützt diese in ihrer Entstehungsphase. Der Präsident des Atlas Network von 1991 bis 2018, ? Alejandro Chaufen, wurde in den Vorstand des honduranischen Privatstadtaufsichtsrats CAMP berufen. Wichtig für den Entstehungsprozess der Privatstadtprojekte war auch ? Guillermo Pena Pantings (? ZEDE Qrquidea) Atlas Network-Mitgliedschaft, der 2013 die honduranische ? Fundación Eléutera gründete. Auch ? Gonzola Schwarz war Atlas Network-Mitglied und steht im Zusammenhang mit Eleútera. In dem Zusammenhang hielt ? Mort Taylor 2015 für das Atlas Network den Vortrag The energy market in the Caribbean. Unternehmer-Unis und Students of Liberty
Die demokratiefeindliche Ideologie des Proprietarismus wird nicht nur in privat finanzierten Thinktanks verbreitet, sondern auch an Hochschulen. Und eine ganze Reihe von Hochschulen, bzw. Hochschulprojekten, ausgelagerten Gesellschaften oder Instituten, ist auch maßgeblich an der Entwicklung der Privatstädte beteiligt. Wie gefährlich Hochschulen sein können, zeigte sich in Deutschland, wo bereits 1932 der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund einen Großteil der Wahlen gewann, bevor es gesamtgesellschaftlich zur Machtergreifung der Nazis kam. Entsprechend zeigte sich die Relevanz für einen elitaristischen Umsturz an der ? Universidad Católica de Chile. An der katholischen Hochschule fanden sich seinerzeit viele Unterstützer für den Putsch des späteren Diktators Pinochet. Zu nennen wären hier zunächst einige Hochschulen in den USA, wie z.B. die Auburn University in Alabama. Das ebenfalls in Auburn angesiedelte Mises Institute schreibt in diesem Zusammenhang: »Im Jahr 1982, als das Mises Institute gegründet wurde, war die Auburn University eine der wenigen Universitäten der Welt, deren Mitglieder der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der österreichischen Tradition gegenüber besonders tolerant oder sogar an ihr interessiert waren. Die School of Business war gastfreundlich und wies überzeugend darauf hin, dass das Institut in Auburn aufgrund der Schönheit, der Erreichbarkeit und der Erschwinglichkeit der Stadt gedeihen würde. Schließlich sind niedrige Mieten und ein angenehmes Leben sehr wichtig, wenn wir ständig Gastwissenschaftler und Studenten zu Gast haben wollen. Wir öffneten unsere Türen hier 1983 in einem Kellerraum, zogen in einen Schuppen hinter dem Football-Stadion, dann 1992 in die Business School und schließlich 1998 in unsere eigene Wohnung in der Nähe der School of Business.« (Ludwig von Mises Institute Alabama 2014) Eine weitere proprietaristisch orientiere Hochschule ist die George Mason University. Hier sind das ? Institute for Humane Studies (Institute for Humane Studies 2021) und das ? Mercatus Center (Kamen 2006) angesiedelt. Das Mercatus Center wurde mit einem zweistelligen Millionenbetrag von den ? Koch-Brüdern finanziert (Kamen 2006). Ein Name, der im Zusammenhang mit Privatstädten immer wieder fällt, ist ? Alexander Tabarrok. Tabarrok lehrt Wirtschaftswissenschaften an der George Mason University und ist »Scholar« am Mercatus Center (Mercatus Center 2021). Auch der Gründer und Exekutiv-Direktor vom ? Charter Cities Institute, ? Mark Lutter, machte an der George Mason University seinen Doktor. ? Gonzalo Melián, ? Ricardo Valenzuela und ? Robert H. Nelson, die während der ? The Future of Free Cities-Konferenz auf Roatán Vorträge hielten, waren an der George Mason University beschäftigt. ? Auch Loren A. Smith, der in die honduranische Aufsichtsbehörde der Privatstädte, ? CAMP, berufen wurde, war zuvor außerordentlicher Professor an der George Mason University. Schließlich wäre noch die Privathochschule ? Babson College zu nennen. Diese Hochschule lieferte die ersten Grundlagen für die Entwicklung des Privatstadtprojekts ? Próspera in Honduras. In einem späteren Kapitel wird darauf gesondert eingegangen werden. Auch die Privatuniversität ? Universidad Francisco Marroquín in Guatemala soll hier nur erwähnt werden, da ich später gesondert auf diese Hochschule und ihre Relevanz für die Entstehung der Privatstadtprojekte eingehen werde. Ebenfalls proprietaristisch ausgerichtet scheint die honduranische Hochschule ? Universidad de San Pedro Sula zu sein. Sie spielt aber eine untergeordnete Rolle. Relevanter ist für die Verbreitung der proprietaristischen Ideologie der wirtschaftswissenschaftliche Zweig der spanischen Hochschule ? Universidad Rey Juan Carlos in Madrid mit den Professoren ? Jesus Huerta de Soto und ? Philipp Bagus. Zum Schluss sei die Technische Universität München erwähnt, deren hundertprozentige Tochter, die ? TUM international gGmbH das Privatstadtprojekt Próspera wesentlich mitentwickelt hat. Vor knapp 15 Jahren formierten sich im Zusammenhang mit den proprietaristisch ausgerichteten Hochschulen auch entsprechende Studierendengruppen, die ? Students for Liberty. Auf der Homepage heißt es zur Entstehungsgeschichte: »Die Ursprünge von Students for Liberty gehen auf den Sommer 2007 zurück, als mehrere Studenten während des Koch-Summer-Fellowships des ? Institute for Humane Studies am 24. Juli...