Kelton | Der Defizit-Mythos | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 420 Seiten

Kelton Der Defizit-Mythos

Die Modern Monetary Theory und die Gestaltung einer besseren Wirtschaft
Erste Auflage 2021
ISBN: 978-3-944203-61-4
Verlag: Lola Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Modern Monetary Theory und die Gestaltung einer besseren Wirtschaft

E-Book, Deutsch, 420 Seiten

ISBN: 978-3-944203-61-4
Verlag: Lola Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Stephanie Kelton räumt in diesem wegweisenden Buch mit den Defizit-Mythen auf, die sich hartnäckig um den Staatshaushalt ranken: Dass Sozialleistungen über Steuereinnahmen finanziert werden müssen, dass Staatsschulden langfristiges Wachstum untergraben und zu Lasten kommender Generationen gehen. Mit Hilfe der Modern Monetary Theory verändert sie unseren Blick auf Politik und Wirtschaft für immer. Wer einmal verstanden hat, dass die schwäbische Hausfrau in vielen Fällen kein gutes Vorbild für den Staatshaushalt ist, weiß auch, dass die Bekämpfung von Armut, Arbeitslosigkeit und Klimawandel nicht an fehlenden Mitteln, sondern an fehlendem politischen Willen und falschen ökonomischen Lehrsätzen scheitert.

Stephanie Kelton ist eine der einflussreichsten Vertreterinnen der Modern Monetary Theory und Professorin für Wirtschaft an der Stony Brook University. Während der Präsidentschaft von Barack Obama arbeitete sie zeitweise auf Seiten der Demokraten als Chefökonomin im US-Haushaltsausschuss des Senats. Politico bezeichnete sie als eine der 50 einflussreichsten Denkerinnen des Jahres 2016, Bloomberg listete sie als eine der 50 Personen, die das Jahr 2019 prägen, Barron's nannte sie eine der 100 einflussreichsten Frauen in der Finanzwelt 2020 und das Prospect Magazine zählte sie im gleichen Jahr zu den 50 einflussreichsten Denkerinnen der Welt.

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1
DENKEN SIE NICHT AN EINEN HAUSHALT
Familien im ganzen Land schnallen die Gürtel enger und treffen schwere Entscheidungen. Die Bundesregierung sollte es genauso machen. PRÄSIDENT OBAMA, REDE ZUR LAGE DER NATION, 2010 MYTHOS NR. 1: Die Bundesregierung muss wie ein Haushalt budgetieren. REALITÄT: Im Gegensatz zu einem Haushalt emittiert die Bundesregierung das Geld, das sie ausgibt. Wie viele von Ihnen bin ich mit der Fernsehsendung Die Sesamstraße aufgewachsen. Sie brachte kleinen Kindern unter anderem bei, Objekte nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zu sortieren. „Eins von diesen Dingen ist anders als die anderen“, erklang das Lied, bevor es losging. Auf dem Bildschirm erschienen matrixförmig angeordnet vier Bilder: eine Banane, eine Orange, eine Ananas und ein Sandwich. „Das Sandwich! Das Sandwich!“, brüllten meine Schwester und ich dann den Fernseher an. Ich bin zwar kein Kind mehr, aber noch immer brülle ich jedes Mal den Fernseher an, wenn jemand vom Budget der Bundesregierung spricht, als würde es sich in nichts von dem eines Haushalts unterscheiden. Wenn Sie jemals die Forderung gehört haben, dass Washington seinen Haushalt in Ordnung bringen muss, dann haben Sie eine Version des Haushalts-Mythos gehört. Er beruht auf dem fehlerhaften Gedanken, dass wir Uncle Sams Budget durch dieselbe Brille sehen müssen, durch die wir unser eigenes Familienbudget betrachten. Von allen Mythen, die wir auf den folgenden Seiten behandeln werden, ist dieser hier zweifellos der schädlichste. Unter Politikern, die sich beim Kontakt zu ihren Wählern für gewöhnlich der simpelsten Rhetorik bedienen, ist er ein Favorit. Und was könnte einfacher sein, als die Finanzen der Regierung so darzustellen, wie sie uns anderen bereits vertraut sind – wie unsere eigenen. Wir alle wissen, wie wichtig es ist, unsere persönlichen Ausgaben nach unserem Gesamteinkommen zu richten. Wenn also jemand daherkommt und auf eine uns vertraute Art über Staatsfinanzen spricht, dann spricht uns das aus der Seele. Es fühlt sich heimelig an, so, als säße man gemeinsam um den Küchentisch. Wir haben es alle miterlebt. Auf Wahlplakaten und Versammlungen in ganz Amerika stellen uns Politiker den Kleinunternehmer oder die schwer arbeitende Kellnerin als leuchtende Vorbilder für verantwortungsvolle Haushaltsführung hin. Mitfühlend sprechen sie von den Bemühungen der Durchschnittsamerikaner und davon, dass wir alle wissen, wie es ist, um den Küchentisch zu sitzen und die Haushaltsabrechnung zu machen. Um im Publikum Empörung auszulösen, lenken sie dann das Gespräch auf die Bundesregierung und erzählen uns, dass Uncle Sams Bücher fast nie stimmen, weil verantwortungslose Ausgaben in Washington, D.C. zur Lebensart geworden sind. Solche Geschichten sprechen uns an, weil uns die Sprache so vertraut ist. Wir wissen, dass wir nach unseren Verhältnissen leben und unsere Finanzen so verwalten müssen, dass wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Wir wissen, dass wir für die Zukunft etwas auf die hohe Kante legen und beim Aufnehmen von Darlehen besonders umsichtig sein müssen. Zu hohe Schulden können Bankrott, Zwangsvollstreckung und sogar Gefängnis zur Folge haben. Wir wissen, dass man pleite gehen kann, und haben miterlebt, wie so renommierte Firmen wie RadioShack und Toys „R“ Us in den Bankrott getrieben wurden, als sie ihre Rechnungen nicht länger bezahlen konnten. Selbst Städte (Detroit) und Staaten (Kansas) können in große Schwierigkeiten geraten, wenn sie nicht genug einnehmen, um ihre Ausgaben zu finanzieren. Das versteht jede Familie, die gemeinsam am Küchentisch sitzt. Was sie nicht versteht, ist, warum dies bei der Bundesregierung (Uncle Sam) anders ist. Um das zu verstehen, begeben wir uns direkt ins Herz der MMT. WÄHRUNGSEMITTENTEN UND WÄHRUNGSNUTZER
Ausgangspunkt der MMT ist eine simple und unbestreitbare Tatsache: unsere nationale Währung, der US-Dollar, kommt von der US-Regierung und kann von nirgendwo sonst herkommen – zumindest nicht auf legalem Weg. Zur Emission des US-Dollar sind sowohl das Finanzamt der Vereinigten Staaten als auch dessen Fiskalagent, die Federal Reserve, ermächtigt. Dazu gehört das Prägen der Münzen in Ihrer Tasche, das Drucken der Geldscheine in Ihrer Brieftasche oder die Schaffung digitaler Dollars, die Reserven genannt werden und nur als elektronische Beträge auf Bankbilanzen existieren. Das Finanzamt produziert die Münzen, und die Federal Reserve stellt den Rest her. Hat man die Bedeutung dieser Tatsache erst einmal begriffen, dann durchschaut man viele der Defizit-Mythen ganz von selbst. Obwohl Sie bisher vielleicht nicht viel darüber nachgedacht haben, sind Sie sich dieser grundlegenden Wahrheit im Grunde bereits bewusst. Denken Sie einmal darüber nach. Können Sie US-Dollars herstellen? Sicher, Sie können sie verdienen, aber herstellen? Vielleicht mit einer Hightech-Gravieranlage, die Sie bei sich im Keller aufstellen und damit etwas fabrizieren, das dem US-Dollar stark ähnlich sieht. Oder Sie könnten sich in den Rechner der Federal Reserve hacken und dort digitale Dollars eintippen. Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass Sie in einem orangefarbenen Overall enden, wenn Sie beim Geldfälschen erwischt werden. Das liegt daran, dass die Verfassung der Vereinigten Staaten der Bundesregierung das ausschließliche Recht zur Emission der Währung verleiht.1 Um es mit den Worten der Federal Reserve Bank von St. Louis zu sagen, die US-Regierung ist „Alleinhersteller für Dollars“.2 Der Begriff des Monopols bezieht sich natürlich auf einen Markt, auf dem es für ein Produkt nur einen Anbieter gibt. Da nun die Bundesregierung der einzige Hersteller von US-Dollars ist, können wir sagen, dass sie auf den Dollar ein Monopol hat. Das ist ungefähr so, als hätte sie auf die Fähigkeit zur Herstellung zusätzlicher Kopien des Dollar ein Super-Copyright (das nie erlischt). Es handelt sich hierbei um eine ausschließliche Befugnis, die von unseren Gründervätern festgelegt wurde. Haushalten, Unternehmen, lokalen oder bundesstaatlichen Regierungen steht sie nicht zu. Nur die Bundesregierung kann unsere Währung emittieren. Alle anderen sind lediglich Nutzer der Währung. Das ist eine besondere Fähigkeit, die mit großer Umsicht genutzt werden muss. Wie bei der Sesamstraße ist hier leicht zu erkennen, welches Ding in Figur 1 anders als die anderen ist. Figur 1. Nutzer und Emittenten der Währung Die Unterscheidung zwischen den Nutzern und dem Emittenten der Währung bildet das Herzstück der MMT. Und wie wir auf den folgenden Seiten sehen werden, hat dies tiefgreifende Auswirkungen auf einige der wichtigsten politischen Debatten der Gegenwart, wie Gesundheitsversorgung, Klimawandel, Sozialversicherung, internationale Handelsbeziehungen und Ungleichheit. Um die besonderen Befugnisse, mit denen der Währungsemittent ausgestattet ist, gänzlich wahrzunehmen, müssen Länder mehr tun, als sich lediglich das ausschließliche Recht zur Währungsemission zu verleihen. Sie dürfen auch kein Versprechen ablegen, ihre Währung in etwas umzutauschen, dessen Vorrat zu Ende gehen könnte (z.B. Gold oder die Währung eines anderen Landes). Und sie müssen davon absehen, Darlehen in einer anderen Währung als ihrer eigenen aufzunehmen (d.h. sich zu verschulden).3 Wenn ein Land seine eigene nicht konvertible (Fiat-)Währung emittiert und nur Darlehen in seiner eigenen Währung aufnimmt, dann hat dieses Land monetäre Souveränität erlangt.4 Monetär souveräne Länder brauchen ihre Budgets also nicht so zu führen, wie dies ein Haushalt tut. Sie können ihre Befähigung zur Währungsemission für politische Maßnahmen nutzen, die die Vollbeschäftigung in der Wirtschaft bewahren. Gelegentlich werde ich gefragt, ob die MMT auch außerhalb der Vereinigten Staaten anwendbar ist. Ja! Obwohl der US-Dollar als globale Reservewährung einen besonderen Status genießt, sind viele weitere Länder befähigt, ihre Währungssysteme in den Dienst ihrer Bevölkerung zu stellen. Wenn Sie dieses Buch außerhalb der USA lesen, glauben Sie also bitte nicht, dass Sie hier keine wichtigen Erkenntnisse für Sie und Ihr Land finden werden. Ganz im Gegenteil, mit der MMT lassen sich die politischen Möglichkeiten jeden Landes mit einem hohen Maß an monetärer Souveränität – die Vereinigten Staaten, Japan, das Vereinigte Königreich, Australien, Kanada und viele andere – darstellen und verbessern. Und wie wir in Kapitel 5 sehen werden, liefert die MMT auch Erkenntnisse für Länder mit begrenzter oder keiner monetären Souveränität – Nationen wie Panama, Tunesien, Griechenland,...



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